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Kostenprivileg für Miterben bei Eigentumsübertragung aufgrund Vorausvermächtnisses

OLG Braunschweig – Az.: 2 W 158/17 – Beschluss vom 04.01.2018

1. Auf die Beschwerde vom 04.01.2017 wird der Kostenansatz in der Kostenrechnung des Grundbuchamts bei dem Amtsgericht Göttingen vom 27.12.2016 betreffend die Eintragung von Miteigentümern nach Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG aufgehoben.

2. Das Beschwerdeverfahren ist kostenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Der Notar D. O. beantragte mit Schreiben vom 20.12.2016 zum Grundbuch von G. Blatt 3442 und Blatt 3471 unter anderem die Eigentumsumschreibung zum Miteigentum je zu ½ Anteil auf G. und I. F..

In dem Grundbuch des Amtsgerichts Göttingen von G. war Herr Dr. H. F. zu Blatt 3442 als Eigentümer des Grundbesitzes Flur 8 Flurstück 28/40, Hof- und Gebäudefläche, S. 4a und zu Blatt 3471 als Miteigentümer zu ½-Anteil des Grundbesitzes Flur 8 Flurstück 28/42, Weg, S., eingetragen.

Herr Dr. H. F. ist am 17.9.2016 verstorben und gemäß Erbschein des Amtsgerichts Göttingen vom 25.10.2016 (Az: 9 VI 1035/16) von seiner Ehefrau E. I. F., G. H. F. und I. M. G. F. zu je 1/3 beerbt worden.

In dem notariellen Grundstücksübertragungsvertrag vom 15.12.2016 (Urkundenrolle Nr. .. ..) übertrug die aus den vorgenannten Personen bestehende Erbengemeinschaft die oben genannten Grundbesitze zum Miteigentum je zu ½-Anteil auf G. H. F. und Frau I. M. G. F.. Die Übertragung des Grundbesitzes erfolgte gemäß § 4 des Grundstücksübertragungsvertrages in Erfüllung des Grundstücksvermächtnisses des verstorbenen Eigentümers aus dem privatschriftlichen Testament vom 14.10.2007.

Nach erfolgter Eintragung erstellte das Grundbuchamt die Kostenrechnung vom 27.12.2016, in der für die Eintragung von Miteigentümern eine Gebühr nach Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG in Ansatz gebracht wurde.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 4.1.2017. Für die Eigentumsumschreibung sei im vorliegenden Fall keine Gebühr in Ansatz zu bringen. Das in Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG enthaltene Kostenprivileg für die Eintragung von Erben des eingetragenen Eigentümers gelte auch für einen Vermächtnisnehmer. Auf die Einzelheiten der Beschwerdebegründung vom 4.1.2017 wird Bezug genommen (Bl. 73, 74 d.A.).

Das Amtsgericht Göttingen hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung führt das Amtsgericht Göttingen aus, eine Kostenbefreiung bezüglich der Erfüllung von Vermächtnissen lasse sich dem Wortlaut des Kostenverzeichnisses zu Nr. 14110 GNotKG nicht entnehmen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die Beschwerdeführer sind im vorliegenden Fall nicht nur Vermächtnisnehmer, sondern zugleich auch Miterben des verstorbenen Grundstückseigentümers. Es kommt deshalb nicht auf die Frage an, ob das Kostenprivileg der Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG auf den „isolierten“ Vermächtnisnehmer anwendbar ist. Es liegt vielmehr der Fall eines Vorausvermächtnisses im Sinne des § 2150 BGB vor. Auf den Fall einer Eigentumsumtragung aufgrund eines Vorausvermächtnisses eines Miterben ist das Kostenprivileg nach Nr. 14110 Anl. 1 GNotKG nach inzwischen ganz überwiegender Auffassung anwendbar (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 8 W 255/15 –, juris; OLG München, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 34 Wx 334/15 Kost –, juris; Reymann in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 2150 BGB Rn. 72; Böhringer, Anmerkung zu OLG Stuttgart 8 W 255/15, Rpfleger 2015, 730; Korintenberg/Hey´l, GNotKG, 20. Aufl., KV 14110 Rn. 61).

Die kostenrechtliche Privilegierung gilt nach dem Wortlaut der Bestimmung für alle Formen der Erbauseinandersetzung (OLG Stuttgart, a.a.O.; OLG München, a.a.O.). Sie erfasst insbesondere nicht lediglich – wie Abs. 1 Satz 1 der Anmerkung zu Nr. 14110 KV – die Tatbestände berichtigender Grundbucheintragungen.

Zwar stellt der Vollzug des einem Miterben zugewendeten Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) durch dingliche Übertragung des vermachten Gegenstands keine (Teil-)Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft dar, sondern die Erfüllung einer gegen die Erbengemeinschaft gerichteten und schon vor Erbauseinandersetzung zu befriedigenden Nachlassverbindlichkeit (vgl. OLG München, a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Diese rechtsdogmatische Sicht rechtfertigt es aber nicht, das Kostenprivileg dem (Mit-)Erben zu versagen, dessen Eigentumserwerb auf der Erfüllung eines Vorausvermächtnisses beruht. Eine an der erbrechtlichen Dogmatik orientierte kostenmäßige Differenzierung insbesondere zwischen einem Eigentumserwerb des Erben in Ausführung einer Teilungsanordnung (§ 2048 BGB) einerseits und in Erfüllung eines Vorausvermächtnisses (§ 2150 BGB) andererseits ist sachlich nicht zu rechtfertigen und vom Wortlaut der kostenrechtlichen Bestimmung nicht zwingend vorgegeben (vgl. OLG München, a.a.O.).

Diesen überzeugenden Ausführungen des Oberlandesgerichts München schließt sich der Senat an.

Das Beschwerdeverfahren ist gemäß § 81 Abs. 8 GNotKG gebührenfrei und Kosten sind nicht zu erstatten.

 

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