Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Notar haftet für Kosten bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Welche Rechte habe ich, wenn ich unwissentlich geschäftsunfähig bin und dennoch notarielle Dienstleistungen in Anspruch nehme?
- Wer trägt die Kosten für notarielle Dienstleistungen, wenn im Nachhinein festgestellt wird, dass ich geschäftsunfähig war?
- Was muss ein Notar tun, um die Geschäftsfähigkeit eines Mandanten zu prüfen?
- Kann ich nachträglich gegen eine Gebührenrechnung des Notars vorgehen, wenn sich meine Geschäftsunfähigkeit herausstellt?
- Welche Konsequenzen hat das Urteil zur Kostenhaftung bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit für zukünftige notarielle Praxis?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Fall betrifft die Kostenhaftung im Zusammenhang mit einer unerkannten Geschäftsunfähigkeit bei notariellen Geschäften.
- Eine geschäftsunfähige Person hatte unbewusst notarielle Beratungsleistungen in Anspruch genommen.
- Schwierigkeit bestand darin, ob die geschäftsunfähige Person wirksam einen Beratungsauftrag erteilen konnte.
- Das Gericht entschied, dass die geschäftsunfähige Person aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit nicht zur Kostenschuldnerin werden konnte.
- Das Gericht erklärte, dass somit die Kostenaufstellung des Notars ungültig ist.
- Der Notar hat eine besondere Sorgfaltspflicht und hätte die Geschäftsunfähigkeit erkennen müssen.
- Wichtig: Der Notar kann daher die entstandenen Kosten nicht von der geschäftsunfähigen Person einfordern.
- Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Prüfung der Geschäftsfähigkeit durch Notare vor Abschluss von Verträgen.
- Die Entscheidung hat weitreichende Auswirkungen auf notarielle Praktiken und ihre Pflichten gegenüber Mandanten.
Notar haftet für Kosten bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit
Die Frage der Kostenhaftung ist im Rechtsverkehr allgegenwärtig. Nicht selten entstehen Streitigkeiten über die Frage, wer für die Kosten eines Geschäftes verantwortlich ist. Besonders kompliziert wird die Situation, wenn ein Vertragspartner aufgrund einer Krankheit oder einer anderen Beeinträchtigung die Tragweite seines Handelns nicht richtig erfassen kann. Dies wirft die Frage nach der Geschäftsfähigkeit auf, also die Fähigkeit, rechtliche Handlungen wirksam vornehmen zu können. Ein Sonderfall stellt der unerkannte Geschäftsunfähige dar, der zwar rechtlich geschäftsunfähig ist, seine Einschränkung aber nicht offenkundig ist. In solchen Fällen kommt es besonders darauf an, wie der andere Vertragspartner, beispielsweise der Notar, mit dem potentiellen Geschäftsunfähigen umgegangen ist.
Gerade bei notariellen Geschäften, die von besonderer Bedeutung sind, stellt sich die Frage der Kostenhaftung des unerkannten Geschäftsunfähigen besonders deutlich. Ob ein Notar in so einem Fall die Kosten für das Geschäft tragen muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die im Detail zu betrachten sind. Besonders interessant ist dabei die Frage, ob der Notar aufgrund seiner besonderen Funktion eine erhöhte Sorgfaltspflicht hat. Im folgenden wird ein aktuelles Gerichtsurteil zur Kostenhaftung des unerkannten Geschäftsunfähigen gegenüber dem Notar vorgestellt.
Der Fall vor Gericht
Notar haftet für Kosten bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit
In einem aktuellen Fall hat das Kammergericht Berlin eine wichtige Entscheidung zur Kostenhaftung bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit getroffen. Der Fall dreht sich um eine Frau, die im August 2021 einen Notar aufsuchte, um verschiedene rechtliche Angelegenheiten zu regeln. Zu diesem Zeitpunkt war die Frau bereits geschäftsunfähig, was jedoch weder ihr noch dem Notar bewusst war.
Die Frau erschien teilweise in Begleitung ihres ehemaligen Bankberaters beim Notar. Sie beabsichtigte, den Bankberater zu adoptieren, ihn als Alleinerben einzusetzen und ihm eine umfassende Vollmacht zu erteilen. Der Notar beriet die Frau in mehreren Terminen zu diesen Vorhaben. Im September 2021 teilte die Frau dann mit, dass sie von ihren Plänen Abstand nehmen wolle.
Notar stellt Rechnung trotz Geschäftsunfähigkeit
Obwohl die geplanten Rechtsgeschäfte nicht zustande kamen, erstellte der Notar im Dezember 2021 eine Kostenberechnung über 3.531,32 Euro für seine Beratungsleistungen. Er setzte dabei eine Beratungsgebühr gemäß der Kostenordnung für Notare an.
Das Landgericht Berlin hob diese Kostenberechnung jedoch auf. Die Begründung: Da die Frau zum Zeitpunkt der Beratung bereits geschäftsunfähig war, konnte sie keinen wirksamen Beratungsauftrag erteilen. Folglich sei sie auch nicht Kostenschuldnerin geworden.
Kammergericht bestätigt Entscheidung des Landgerichts
Der Notar legte gegen die Entscheidung des Landgerichts Beschwerde ein. Das Kammergericht Berlin wies diese Beschwerde nun zurück und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz. Die Richter am Kammergericht stellten klar, dass der Notar die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Dies umfasst sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Kosten der geschäftsunfähigen Frau.
Bedeutung der Entscheidung für Notare und Mandanten
Diese Entscheidung des Kammergerichts Berlin hat weitreichende Konsequenzen für die notarielle Praxis. Sie verdeutlicht, dass Notare bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit ihrer Mandanten besondere Sorgfalt walten lassen müssen. Erkennen sie eine vorliegende Geschäftsunfähigkeit nicht, tragen sie das Risiko, für ihre Leistungen keine Vergütung zu erhalten.
Für Mandanten bedeutet das Urteil einen gewissen Schutz. Selbst wenn sie aufgrund einer nicht erkannten Geschäftsunfähigkeit eigentlich keine wirksamen Rechtsgeschäfte tätigen können, müssen sie nicht für die Kosten der notariellen Beratung aufkommen. Dies gilt auch dann, wenn die Geschäftsunfähigkeit erst im Nachhinein festgestellt wird.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Kammergerichts Berlin unterstreicht die zentrale Bedeutung der Geschäftsfähigkeitsprüfung in der notariellen Praxis. Es verdeutlicht, dass Notare das Risiko tragen, wenn sie eine vorliegende Geschäftsunfähigkeit nicht erkennen. In solchen Fällen können sie weder Vergütung verlangen noch Kosten geltend machen. Dies stärkt den Schutz geschäftsunfähiger Personen und betont zugleich die hohe Verantwortung des Notars bei der Beurteilung der Geschäftsfähigkeit seiner Mandanten.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie oder ein Angehöriger aufgrund einer Krankheit oder Beeinträchtigung nicht in der Lage sind, die Tragweite von Rechtsgeschäften zu verstehen, sind Sie möglicherweise geschäftsunfähig. Das bedeutet, dass Sie rechtlich nicht in der Lage sind, Verträge abzuschließen oder andere wichtige Entscheidungen zu treffen. In diesem Fall müssen Sie für notarielle Dienstleistungen nicht bezahlen, selbst wenn die Geschäftsunfähigkeit erst später festgestellt wird. Notare sind verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit ihrer Mandanten sorgfältig zu prüfen. Dieses Urteil stärkt Ihre Rechte und schützt Sie vor ungerechtfertigten Kosten. Wenn Sie Zweifel an Ihrer Geschäftsfähigkeit oder der eines Angehörigen haben, sollten Sie unbedingt rechtlichen Rat einholen, um Ihre Interessen zu schützen.
FAQ – Häufige Fragen
Wer kennt das nicht: Man möchte ein Dokument beurkunden lassen und vertraut dabei auf die Expertise des Notars. Doch was passiert, wenn man sich im Nachhinein herausstellt, dass man zum Zeitpunkt der Beurkundung gar nicht geschäftsfähig war? Die Kostenhaftung bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. In unserer FAQ-Rubrik klären wir Sie über Ihre Rechte und Pflichten auf, um Ihnen einen besseren Überblick über diese rechtliche Grauzone zu verschaffen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Welche Rechte habe ich, wenn ich unwissentlich geschäftsunfähig bin und dennoch notarielle Dienstleistungen in Anspruch nehme?
- Wer trägt die Kosten für notarielle Dienstleistungen, wenn im Nachhinein festgestellt wird, dass ich geschäftsunfähig war?
- Was muss ein Notar tun, um die Geschäftsfähigkeit eines Mandanten zu prüfen?
- Kann ich nachträglich gegen eine Gebührenrechnung des Notars vorgehen, wenn sich meine Geschäftsunfähigkeit herausstellt?
- Welche Konsequenzen hat das Urteil zur Kostenhaftung bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit für zukünftige notarielle Praxis?
Welche Rechte habe ich, wenn ich unwissentlich geschäftsunfähig bin und dennoch notarielle Dienstleistungen in Anspruch nehme?
Die Rechte einer Person, die unwissentlich geschäftsunfähig ist und notarielle Dienstleistungen in Anspruch nimmt, sind im deutschen Recht klar geregelt. Geschäftsunfähigkeit liegt vor, wenn jemand aufgrund einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, geistiger Behinderung oder Bewusstseinsstörung seinen Willen nicht frei bestimmen kann. In solchen Fällen sind die von der geschäftsunfähigen Person abgeschlossenen Rechtsgeschäfte grundsätzlich nichtig.
Bei notariellen Dienstleistungen ergibt sich eine besondere Situation. Der Notar hat die Pflicht, die Geschäftsfähigkeit der Beteiligten zu prüfen. Allerdings kann eine unerkannte Geschäftsunfähigkeit in manchen Fällen auch für einen Notar nicht offensichtlich sein. Wenn die Geschäftsunfähigkeit erst im Nachhinein festgestellt wird, kann die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts geltend machen.
Bezüglich der Kostenhaftung gegenüber dem Notar ist die Rechtslage komplex. Grundsätzlich schuldet der Auftraggeber dem Notar eine Vergütung für seine Dienstleistungen. Bei nachträglich festgestellter Geschäftsunfähigkeit kann jedoch argumentiert werden, dass kein wirksamer Auftrag zustande gekommen ist. In diesem Fall könnte die Zahlungspflicht entfallen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die konkrete rechtliche Beurteilung vom Einzelfall abhängt. Faktoren wie die Art der notariellen Dienstleistung, die Umstände der Geschäftsunfähigkeit und das Verhalten des Notars spielen eine Rolle. In manchen Fällen kann trotz Geschäftsunfähigkeit eine Zahlungspflicht bestehen, etwa wenn die Dienstleistung im Interesse des Geschäftsunfähigen lag oder wenn Dritte von der Leistung profitiert haben.
Betroffene Personen oder ihre gesetzlichen Vertreter sollten sich umgehend rechtlichen Rat einholen, wenn sie von einer möglichen Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt einer notariellen Handlung erfahren. Ein Rechtsanwalt kann die spezifische Situation prüfen und die besten Handlungsoptionen aufzeigen.
Die Beweislast für die Geschäftsunfähigkeit liegt grundsätzlich bei demjenigen, der sich darauf beruft. Es kann hilfreich sein, medizinische Gutachten oder andere Nachweise zu sammeln, die den Zustand zum fraglichen Zeitpunkt belegen. In einigen Fällen kann auch eine gerichtliche Klärung erforderlich sein.
Für Notare ergibt sich aus dieser Problematik eine besondere Sorgfaltspflicht. Sie müssen bei Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit einer Person besonders gründlich prüfen und im Zweifel ihre Dienstleistung verweigern. Dies dient dem Schutz aller Beteiligten und der Rechtssicherheit.
Es ist ratsam, bei wichtigen Rechtsgeschäften vorsorglich die eigene Geschäftsfähigkeit durch ein ärztliches Attest bestätigen zu lassen. Dies kann spätere Streitigkeiten vermeiden und gibt allen Beteiligten mehr Sicherheit.
Im Falle einer festgestellten Geschäftsunfähigkeit können auch bereits gezahlte Notarkosten unter Umständen zurückgefordert werden. Hier greift das Bereicherungsrecht, nach dem eine Leistung ohne Rechtsgrund zurückgewährt werden muss.
Die rechtliche Situation bei unwissentlicher Geschäftsunfähigkeit und notariellen Dienstleistungen ist komplex und erfordert oft eine individuelle Beurteilung. Betroffene sollten sich nicht scheuen, fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, um ihre Rechte bestmöglich zu wahren.
Wer trägt die Kosten für notarielle Dienstleistungen, wenn im Nachhinein festgestellt wird, dass ich geschäftsunfähig war?
Die Kostentragung für notarielle Dienstleistungen bei nachträglich festgestellter Geschäftsunfähigkeit ist eine komplexe rechtliche Frage. Grundsätzlich gilt, dass Geschäftsunfähige nicht für Rechtsgeschäfte haften, die sie während ihrer Geschäftsunfähigkeit abgeschlossen haben. Dies betrifft auch Verträge mit Notaren.
Bei nachträglich festgestellter Geschäftsunfähigkeit sind die vom Notar erbrachten Dienstleistungen als nichtig zu betrachten. Der Notar kann in diesem Fall seine Gebühren nicht von der geschäftsunfähigen Person verlangen. Die Kosten müssen daher vom Notar selbst getragen werden, sofern kein anderer Kostenträger gefunden werden kann.
Notare sind verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit ihrer Klienten zu prüfen. Allerdings ist diese Prüfung oft schwierig, insbesondere wenn die Geschäftsunfähigkeit nicht offensichtlich ist. Notare können sich in solchen Fällen auf den äußeren Anschein verlassen, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine Geschäftsunfähigkeit vorliegen.
Es ist wichtig zu betonen, dass die nachträgliche Feststellung der Geschäftsunfähigkeit bewiesen werden muss. Dies geschieht in der Regel durch medizinische Gutachten oder gerichtliche Feststellungen. Ohne einen solchen Nachweis bleibt die Kostenpflicht bei der Person, die die notariellen Dienstleistungen in Anspruch genommen hat.
In bestimmten Fällen können die Kosten auch von anderen Beteiligten übernommen werden. Wenn beispielsweise ein Betreuer für die geschäftsunfähige Person bestellt wurde und dieser den Notar beauftragt hat, könnte der Betreuer zur Kostenübernahme verpflichtet sein. Ebenso könnten in einigen Situationen Angehörige oder andere Beteiligte, die von der notariellen Dienstleistung profitiert haben, zur Zahlung herangezogen werden.
Für Personen, die befürchten, in der Vergangenheit geschäftsunfähig gewesen zu sein, ist es ratsam, frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen. Ein Fachanwalt für Familienrecht oder Erbrecht kann dabei helfen, die rechtliche Situation zu klären und gegebenenfalls notwendige Schritte einzuleiten.
Die rechtliche Bewertung solcher Fälle ist oft komplex und hängt von den spezifischen Umständen ab. Faktoren wie der Zeitpunkt der Geschäftsunfähigkeit, die Art der notariellen Dienstleistung und das Verhalten aller Beteiligten spielen eine wichtige Rolle bei der Beurteilung.
Es ist zu beachten, dass die Feststellung der Geschäftsunfähigkeit weitreichende Folgen haben kann, die über die Frage der Notarkosten hinausgehen. Sie kann Auswirkungen auf andere Rechtsgeschäfte haben, die während des betreffenden Zeitraums getätigt wurden. Daher ist eine sorgfältige Prüfung und Beratung durch Fachleute unerlässlich.
Für Notare bedeutet diese Rechtslage, dass sie besonders sorgfältig bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit ihrer Klienten vorgehen müssen. Sie tragen ein gewisses Risiko, wenn sie Dienstleistungen für Personen erbringen, deren Geschäftsfähigkeit später angezweifelt wird.
Was muss ein Notar tun, um die Geschäftsfähigkeit eines Mandanten zu prüfen?
Ein Notar hat die Pflicht, die Geschäftsfähigkeit der an einer Beurkundung beteiligten Personen zu prüfen. Dies ergibt sich aus § 11 des Beurkundungsgesetzes. Bei der Prüfung muss der Notar mit der gebotenen Sorgfalt vorgehen.
Grundsätzlich darf der Notar bei volljährigen Personen von deren Geschäftsfähigkeit ausgehen. Eine vertiefte Prüfung ist erst erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Geschäftsfähigkeit vorliegen. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus dem Verhalten oder Auftreten der Person ergeben.
Bei älteren oder erkrankten Personen ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Der Notar muss hier genauer hinsehen und prüfen. Er führt in der Regel ein ausführliches Gespräch mit der betreffenden Person. Dabei achtet er auf deren geistige Präsenz und Orientierung. Er stellt Fragen zum Inhalt und den Folgen des zu beurkundenden Rechtsgeschäfts. Anhand der Antworten kann er beurteilen, ob die Person die Tragweite ihres Handelns erfasst.
In Zweifelsfällen kann der Notar die Vorlage eines ärztlichen Attests zur Geschäftsfähigkeit verlangen. Bei schwerer Erkrankung ist er sogar verpflichtet, ein solches Attest einzuholen. Das Attest sollte möglichst aktuell sein und sich konkret auf die Geschäftsfähigkeit beziehen.
Der Notar muss seine Wahrnehmungen zur Geschäftsfähigkeit in der Urkunde vermerken. Dies gilt besonders, wenn Zweifel bestanden oder die Person schwer erkrankt war. Der Vermerk dient als Nachweis für die durchgeführte Prüfung.
Bestehen ernsthafte Zweifel an der Geschäftsfähigkeit, muss der Notar die Beurkundung ablehnen. Er darf keine Rechtsgeschäfte beurkunden, bei denen er von der Geschäftsunfähigkeit eines Beteiligten überzeugt ist.
Die Prüfung der Geschäftsfähigkeit stellt hohe Anforderungen an den Notar. Er muss einerseits sorgfältig vorgehen, um Geschäftsunfähige zu schützen. Andererseits darf er geschäftsfähige Personen nicht in ihrer Handlungsfreiheit einschränken. Ein ausgewogenes Vorgehen ist daher wichtig.
Zu beachten ist, dass der Notar als Jurist kein medizinischer Experte ist. Seine Einschätzung zur Geschäftsfähigkeit hat daher nur begrenzte Aussagekraft. Im Streitfall kann ein medizinisches Sachverständigengutachten erforderlich werden.
Für den Notar ergeben sich aus der Prüfungspflicht auch haftungsrechtliche Risiken. Versäumt er die gebotene Prüfung, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Dies gilt etwa, wenn er die Beurkundung trotz offensichtlicher Geschäftsunfähigkeit vornimmt.
Die sorgfältige Prüfung der Geschäftsfähigkeit dient dem Schutz aller Beteiligten. Sie soll verhindern, dass unwirksame Rechtsgeschäfte beurkundet werden. Gleichzeitig wahrt sie die Interessen geschäftsfähiger Personen an der Vornahme wirksamer Rechtshandlungen.
Kann ich nachträglich gegen eine Gebührenrechnung des Notars vorgehen, wenn sich meine Geschäftsunfähigkeit herausstellt?
Ein nachträgliches Vorgehen gegen eine Gebührenrechnung des Notars ist grundsätzlich möglich, wenn sich herausstellt, dass zum Zeitpunkt der notariellen Dienstleistung eine Geschäftsunfähigkeit vorlag. Die rechtliche Grundlage hierfür bildet das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), welches die Geschäftsfähigkeit als Voraussetzung für wirksame Rechtsgeschäfte definiert.
Geschäftsunfähigkeit liegt vor, wenn eine Person aufgrund einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, geistiger Behinderung oder Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, freie Willensentscheidungen zu treffen. In solchen Fällen sind abgeschlossene Rechtsgeschäfte nichtig, was bedeutet, dass sie von Anfang an keine rechtliche Wirkung entfalten.
Bei einer nachträglich festgestellten Geschäftsunfähigkeit zum Zeitpunkt der notariellen Dienstleistung ergeben sich folgende rechtliche Konsequenzen: Der Vertrag über die notarielle Dienstleistung ist nichtig. Dies hat zur Folge, dass auch die daraus resultierende Gebührenrechnung des Notars ihre Rechtsgrundlage verliert. Die betroffene Person ist in diesem Fall nicht verpflichtet, die Notarkosten zu tragen.
Um gegen die Gebührenrechnung vorzugehen, sollten Betroffene zunächst Beweise für ihre Geschäftsunfähigkeit zum fraglichen Zeitpunkt sammeln. Dies können ärztliche Gutachten, Krankenakten oder Zeugenaussagen sein. Mit diesen Nachweisen ist es ratsam, sich schriftlich an den Notar zu wenden und die Situation darzulegen. Dabei sollte die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts aufgrund der Geschäftsunfähigkeit erklärt und die Rücknahme der Gebührenrechnung gefordert werden.
Reagiert der Notar nicht oder lehnt er die Forderung ab, besteht die Möglichkeit, eine Beschwerde bei der zuständigen Notarkammer einzureichen. Die Notarkammer kann in solchen Fällen vermittelnd tätig werden und eine Lösung herbeiführen.
Als letztes Mittel steht der Rechtsweg offen. Hierbei kann vor dem zuständigen Gericht eine Feststellungsklage erhoben werden, um die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts und damit die Unwirksamkeit der Gebührenrechnung feststellen zu lassen. Es ist wichtig zu beachten, dass für solche gerichtlichen Verfahren Fristen gelten können.
In der Praxis gestaltet sich die nachträgliche Anfechtung einer Notarrechnung aufgrund von Geschäftsunfähigkeit oft komplex. Notare sind verpflichtet, die Geschäftsfähigkeit ihrer Klienten zu prüfen. Wenn keine offensichtlichen Anzeichen für eine Geschäftsunfähigkeit vorlagen, kann es schwierig sein, dem Notar ein Fehlverhalten nachzuweisen.
Ein anschauliches Beispiel verdeutlicht die Problematik: Eine Person leidet an einer beginnenden Demenz, die zum Zeitpunkt des Notartermins noch nicht diagnostiziert war. Die Symptome waren subtil und für den Notar nicht erkennbar. In diesem Fall könnte es herausfordernd sein, die Geschäftsunfähigkeit nachträglich zu beweisen und erfolgreich gegen die Gebührenrechnung vorzugehen.
Es ist ratsam, bei Zweifeln an der eigenen Geschäftsfähigkeit oder der eines Angehörigen, diese Bedenken dem Notar vor der Beurkundung mitzuteilen. So kann der Notar gegebenenfalls zusätzliche Vorkehrungen treffen oder die Beurkundung verschieben, bis die Geschäftsfähigkeit zweifelsfrei feststeht.
Die rechtliche Situation bezüglich der Kostenhaftung unerkannt Geschäftsunfähiger gegenüber Notaren entwickelt sich stetig weiter. Aktuelle Rechtsprechung tendiert dazu, die Interessen der geschäftsunfähigen Personen stärker zu berücksichtigen und die Sorgfaltspflichten der Notare bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit zu betonen.
Für Betroffene ist es wichtig, schnell zu handeln, sobald sich die Geschäftsunfähigkeit herausstellt. Je mehr Zeit vergeht, desto schwieriger kann es werden, die notwendigen Beweise zu erbringen und erfolgreich gegen die Gebührenrechnung vorzugehen. In komplexen Fällen ist es empfehlenswert, rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen, um die Erfolgsaussichten zu maximieren und alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.
Welche Konsequenzen hat das Urteil zur Kostenhaftung bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit für zukünftige notarielle Praxis?
Die Entscheidung zur Kostenhaftung bei unerkannter Geschäftsunfähigkeit wird voraussichtlich weitreichende Auswirkungen auf die notarielle Praxis haben. Notare werden künftig noch sorgfältiger prüfen müssen, ob bei ihren Mandanten möglicherweise eine Geschäftsunfähigkeit vorliegen könnte. Dies betrifft insbesondere ältere oder kranke Personen, bei denen ein erhöhtes Risiko besteht.
Um sich abzusichern, werden Notare vermutlich verstärkt auf Anzeichen für eine eingeschränkte Geschäftsfähigkeit achten. Dazu gehören beispielsweise Verwirrtheit, Orientierungslosigkeit oder Schwierigkeiten, dem Gespräch zu folgen. In Zweifelsfällen könnte es häufiger vorkommen, dass Notare ein ärztliches Attest zur Geschäftsfähigkeit verlangen, bevor sie eine Beurkundung vornehmen.
Die Dokumentation der Prüfung der Geschäftsfähigkeit wird aller Voraussicht nach ausführlicher erfolgen. Notare werden vermutlich detaillierter in ihren Akten festhalten, wie sie zu der Einschätzung der Geschäftsfähigkeit gekommen sind. Dies dient nicht nur dem Schutz des Mandanten, sondern auch der Absicherung des Notars selbst.
Für die Mandanten könnte dies bedeuten, dass notarielle Beurkundungen in manchen Fällen aufwendiger und zeitintensiver werden. Die zusätzlichen Prüfungen und Dokumentationen könnten zu längeren Wartezeiten und eventuell auch höheren Kosten führen. Andererseits profitieren die Mandanten von einem verbesserten Schutz vor nachteiligen Rechtsgeschäften im Falle einer unerkannten Geschäftsunfähigkeit.
Notare werden möglicherweise verstärkt Fortbildungen zum Thema Geschäftsfähigkeit und deren Beurteilung besuchen. Das Erkennen von Anzeichen für eine eingeschränkte Geschäftsfähigkeit erfordert neben juristischem Fachwissen auch medizinische und psychologische Kenntnisse. Entsprechende Schulungen könnten daher an Bedeutung gewinnen.
Die Zusammenarbeit zwischen Notaren und Ärzten oder anderen medizinischen Fachkräften könnte sich intensivieren. In komplexen Fällen oder bei Unsicherheiten bezüglich der Geschäftsfähigkeit eines Mandanten könnten Notare häufiger fachlichen Rat einholen.
Für die Rechtssicherheit notarieller Beurkundungen ergeben sich positive Effekte. Durch die erhöhte Sorgfalt bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit sinkt das Risiko, dass Rechtsgeschäfte im Nachhinein angefochten werden können. Dies stärkt das Vertrauen in notarielle Urkunden und deren Bestandskraft.
Notare werden vermutlich ihre Mandanten ausführlicher über die Bedeutung und Folgen der vorzunehmenden Rechtsgeschäfte aufklären. Dies dient einerseits dazu, die Geschäftsfähigkeit besser einschätzen zu können, andererseits aber auch dem Schutz des Mandanten vor übereilten Entscheidungen.
Die Haftungsrisiken für Notare könnten sich durch die Entscheidung verändern. Einerseits besteht ein erhöhtes Risiko, wenn eine Geschäftsunfähigkeit übersehen wird. Andererseits bietet eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation auch einen besseren Schutz vor ungerechtfertigten Haftungsansprüchen.
Notare werden möglicherweise häufiger die Hinzuziehung von Zeugen oder Vertrauenspersonen bei Beurkundungen empfehlen oder sogar verlangen. Dies kann dazu beitragen, die Geschäftsfähigkeit des Mandanten besser einzuschätzen und gleichzeitig einen zusätzlichen Schutz vor späteren Anfechtungen bieten.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Geschäftsunfähigkeit: Geschäftsunfähigkeit liegt vor, wenn eine Person aufgrund geistiger Störungen oder Bewusstseinstrübungen nicht in der Lage ist, die Bedeutung und Folgen ihrer Handlungen zu verstehen. Dies kann durch Krankheiten wie Demenz oder psychische Störungen verursacht werden. Geschäftsunfähige können keine rechtswirksamen Willenserklärungen abgeben. Ihre Rechtsgeschäfte sind nach § 105 BGB nichtig. Die Feststellung der Geschäftsunfähigkeit erfolgt im Einzelfall durch medizinische Gutachten.
- Unerkannte Geschäftsunfähigkeit: Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen eine Person zwar rechtlich geschäftsunfähig ist, dies aber für Außenstehende nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Der Betroffene kann nach außen hin „normal“ wirken, ist aber aufgrund geistiger Einschränkungen nicht in der Lage, die Tragweite seiner Handlungen zu verstehen. Dies stellt Vertragspartner wie Notare vor besondere Herausforderungen bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit. Unerkannte Geschäftsunfähigkeit kann zu komplizierten rechtlichen Situationen führen, wie im vorliegenden Fall.
- Kostenhaftung: Die Kostenhaftung regelt, wer für entstandene Kosten aufkommen muss. Im notariellen Bereich betrifft dies die Frage, wer die Gebühren des Notars zu tragen hat. Grundsätzlich ist der Auftraggeber kostenpflichtig. Bei Geschäftsunfähigkeit entfällt jedoch die Kostenhaftung, da kein wirksamer Auftrag erteilt werden konnte. Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin verdeutlicht, dass in solchen Fällen der Notar das Kostenrisiko trägt, wenn er die Geschäftsunfähigkeit nicht erkennt.
- Sorgfaltspflicht des Notars: Notare haben eine besondere Sorgfaltspflicht bei der Prüfung der Geschäftsfähigkeit ihrer Mandanten. Sie müssen sich durch geeignete Maßnahmen wie Gespräche und Beobachtungen von der Geschäftsfähigkeit überzeugen. Bei Zweifeln sind sie verpflichtet, weitere Nachforschungen anzustellen oder die Beurkundung abzulehnen. Die Sorgfaltspflicht ergibt sich aus der besonderen Stellung des Notars als unabhängiger und unparteiischer Betreuer. Eine Verletzung dieser Pflicht kann, wie im vorliegenden Fall, zu einem Verlust des Gebührenanspruchs führen.
- Beratungsauftrag: Ein Beratungsauftrag ist eine vertragliche Vereinbarung, bei der ein Auftraggeber einen Dienstleister (hier den Notar) mit einer Beratungsleistung beauftragt. Im notariellen Bereich umfasst dies die rechtliche Beratung zu geplanten Rechtsgeschäften. Für einen wirksamen Beratungsauftrag muss der Auftraggeber geschäftsfähig sein. Bei Geschäftsunfähigkeit kommt kein wirksamer Auftrag zustande, was im vorliegenden Fall zur Aufhebung der Kostenberechnung führte.
- Rechtsbeschwerde: Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel gegen Beschlüsse in der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu der auch Notarkostensachen gehören. Sie ermöglicht die Überprüfung der Entscheidung durch ein höheres Gericht. Im vorliegenden Fall wurde die Rechtsbeschwerde zugelassen, was bedeutet, dass der Notar die Möglichkeit hat, die Entscheidung des Kammergerichts Berlin vom Bundesgerichtshof überprüfen zu lassen. Dies unterstreicht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage für die notarielle Praxis.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 104 BGB (Geschäftsunfähigkeit): Dieser Paragraph definiert, wann eine Person geschäftsunfähig ist. Im vorliegenden Fall war die Frau aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit nicht in der Lage, einen wirksamen Beratungsvertrag mit dem Notar abzuschließen.
- § 105 BGB (Nichtigkeit der Willenserklärung): Dieser Paragraph regelt die Nichtigkeit von Willenserklärungen Geschäftsunfähiger. Da die Frau geschäftsunfähig war, konnte sie keinen wirksamen Auftrag zum Abschluss der geplanten Rechtsgeschäfte erteilen.
- § 29 GNotKG (Kostenschuldner): Dieser Paragraph bestimmt, wer für die Notarkosten aufkommen muss. Im vorliegenden Fall konnte die Frau aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit nicht zur Kostenschuldnerin werden, da sie keinen wirksamen Auftrag erteilt hatte.
- § 82 GNotKG (Kostenberechnung): Dieser Paragraph regelt die Kostenberechnung des Notars. Obwohl der Notar eine Kostenberechnung erstellt hatte, wurde diese vom Landgericht aufgehoben, da die Frau keinen wirksamen Auftrag erteilen konnte.
- § 19 Abs. 1 S. 1 GNotKG (Auftrag): Nach diesem Paragraphen entsteht der Anspruch des Notars auf Gebühren erst mit der Auftragserteilung. Da die Frau aufgrund ihrer Geschäftsunfähigkeit keinen wirksamen Auftrag erteilen konnte, hat der Notar keinen Anspruch auf Gebühren.
Das vorliegende Urteil
KG Berlin – Az.: 9 W 59/22 – Beschluss vom 27.03.2024
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Juni 2022 (82.OH.153/21) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin hat der Antragsgegner zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.531,32 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Im August 2021 suchte die bereits geschäftsunfähige Antragstellerin den Antragsgegner teilweise in Begleitung ihres ehemaligen Bankberaters, Herrn V, der ihr bei den Angelegenheiten des täglichen Lebens behilflich war, auf, weil sie beabsichtigte, diesen zu adoptieren und zum Alleinerben einzusetzen sowie ihm eine umfassende Vollmacht zu erteilen. Der Antragsgegner beriet die Antragstellerin in mehreren Terminen. Nachdem die Antragstellerin im September 2021 mitgeteilt hatte, von dem gewünschten Vorhaben Abstand genommen zu haben, erteilte der Antragsgegner seine Kostenberechnung vom 6. Dezember 2021 über 3.531,32 Euro, wobei er eine Beratungsgebühr gemäß Nr. 24201 KV-GNotKG ansetzte.
Das Landgericht hat die Kostenberechnung aufgehoben, weil die Antragstellerin infolge ihrer Geschäftsunfähigkeit einen Beratungsauftrag nicht wirksam habe erteilen können und deshalb auch nicht Kostenschuldnerin gemäß § 29 Nr.
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1 GNotKG sei. Die Geschäftsunfähigkeit der Antragstellerin sei nur im Falle einer Beurkundungstätigkeit des Antragsgegners unbeachtlich. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Begründung der Entscheidung des Landgerichts wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.
Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner der Antragstellerin eine korrigierte Kostenberechnung vom 6. September 2022 über wiederum über 3.531,32 Euro übersandt, mit der er nunmehr eine Gebühr für die vorzeitige Beendigung des Beurkundungsverfahrens gemäß Nr. 21301 KV-GNotKG angesetzt hat.
Der Antragsgegner meint, die Antragstellerin habe ihm einen Beurkundungsauftrag erteilt. Er behauptet, die Antragstellerin sei an den Antragsgegner „mit dem ausdrücklich – und nicht nur konkludent – artikulierten Wunsch“ herangetreten, „den zusammen mit ihr erschienenen Herrn V zu adoptieren, zu dessen Gunsten ein Testament zu errichten und ihm eine Vorsorgevollmacht zu erteilen“. Die Antragstellerin habe nicht geäußert: „ich möchte mich beraten lassen“, sondern „ich möchte Herrn V adoptieren und ihn zu meinem Erben machen“.
Der Antragsgegner meint, danach sei eine Gebühr entstanden, ohne dass es darauf ankomme, ob die Antragstellerin geschäftsfähig ist oder nicht. Ohnehin sei aber auch eine Beratungsgebühr als Vergütung für eine notarielle Tätigkeit, zu der ein Notar nicht gemäß § 15 Absatz 1 BNotO verpflichtet ist, unabhängig von der Geschäftsunfähigkeit eines Auftraggebers bzw. Antragstellers geschuldet. Die Differenzierung anhand von § 15 BNotO finde im Gesetz keine Stütze.
Der Antragsgegner beantragt, unter Aufhebung des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 08.06.2022 den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 8. Juni 2022 ist gemäß § 129 Absatz 1 GNotKG statthaft und auch sonst gemäß § 130 Absatz 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit den §§ 63, 64 FamFG zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
Auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens des Antragsgegners hat das Landgericht zu Recht entschieden, dass der Antragsgegner von der Antragstellerin Zahlung der zunächst berechneten Beratungsgebühr gemäß Nr. 24201 KV-GNotKG nicht verlangen kann. Zutreffend hat das Landgericht dies in Übereinstimmung mit der h.M. damit begründet, dass die Antragstellerin geschäftsunfähig im Sinne von § 104 Nr. 2 BGB und der erteilte Beratungsauftrag entsprechend dem Rechtsgedanken des § 105 Absatz 1 BGB nichtig waren. Die Antragstellerin war – was zwischen den Beteiligten außer Streit steht und woran auch der Senat keinen Anlass zu Zweifeln hat – bereits zur Zeit der Beauftragung des Antragsgegners geschäftsunfähig.
Nicht anders ist nach Auffassung des Senates jedoch zu entscheiden, hätte sich die Antragstellerin – was der Antragsgegner in Widerspruch zu seinem Vortrag vor dem Landgericht nunmehr in zweiter Instanz geltend machen will – von vornherein mit einem konkreten Beurkundungswunsch an den Antragsgegner gewandt hat. Denn auch der Erhebung einer danach in Betracht kommenden Gebühr für die vorzeitige Beendigung des Beurkundungsverfahrens gemäß Nr. 21301 KV-GNotKG steht die Geschäftsunfähigkeit der Antragstellerin entgegen. Der Senat kann daher offenlassen, ob dem Antragsgegner vorliegend von der Antragstellerin tatsächlich ein Beurkundungsauftrag oder ein Beratungsauftrag erteilt worden ist, denn in beiden Fällen ist eine Kostenhaftung der Antragstellerin wegen ihrer Geschäftsunfähigkeit ausgeschlossen.
1. Allerdings geht die nahezu einhellige Auffassung in der Literatur (Toussaint in: BeckOK KostR, 42. Ed. 1.7.2023, GNotKG § 29 Rn. 6; Gläser in: Korintenberg, 22. Auflage 2022, GNotKG § 29 Rn. 7; Neie in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt/, 4. Auflage 2021, GNotKG § 29 Rn. 8; Wudy in: Rohs/Wedewer, GNotKG, 122. Aktualisierung Dezember 2018, § 29 Rn. 36; Fackelmann in: Fackelmann/Heinemann, Gerichts- und Notarkostengesetz, Handkommentar, 2013, § 29 Rn. 10; Genske in: Renner/Otto/Heinze, Leipziger Gerichts- & Notarkosten-Kommentar, 3. Auflage 2021, § 29 Rn. 8 ff., der allerdings meint, dass die unerkannte Geschäftsunfähigkeit auch dann kein Hindernis für Kostenhaftung darstelle, wenn es sich nicht um eine Pflichtaufgabe des Notars handelt) und auch die herrschende Meinung in der Rechtsprechung (zu §§ 2 Nr. 1, 141 KostO: OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. Oktober 1972 – 20 W 312/72 –, KostRsp KostO § 2 Nr. 17; Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13 – 14, juris; Beschluss vom 09. Juni 1978 – 1 W 3283/78 –, MDR 1978, 1030 – 1031; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 28. Februar 1991 – BReg 3 Z 141/90 –, Rn. 9 f., juris; LG Köln, Beschluss vom 22. September 2004 – 11 T 43/04 –, Rn. 24, juris; OLG München, Beschluss vom 8. August 2011 – 32 Wx 286/11 –, Rn. 10, juris; zu § 22 GNotKG: OLG Köln Beschluss vom 11. September 2000 – 2 Wx 44/00, BeckRS 2000, 12802, Rn. 9 f., beck-online; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 11 Wx 61/16 (Wx) –, Rn. 11 – 20, juris; s.a. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12. Januar 2005 – 2 W 300/04 –, Rn. 9, juris) davon aus, dass die Geschäftsunfähigkeit einer Kostenhaftung des unerkannt Geschäftsunfähigen nicht generell entgegenstehe. Abgesehen von Fällen, in denen die Geschäftsunfähigkeit eines Auftraggebers bzw. Antragstellers für den Notar erkennbar sei und deshalb eine unrichtige Sachbehandlung oder eine schuldhafte Amtspflichtverletzung in Betracht komme, solle eine – auch entsprechende – Anwendung der Schutzvorschriften der §§ 104 ff. BGB dann ausscheiden, wenn der Notar zu seinem Tätigwerden – insbesondere im Falle einer Beurkundung – gemäß § 15 BeurkG verpflichtet war.
Danach sei eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschriften ausgeschlossen, weil auch bei notariellen Beurkundungsgeschäften die Stellung eines Beteiligten als Kostenschuldner nicht auf privatrechtlichen Willenserklärungen beruhe, sondern an einen gegenüber dem Notar als Amtsträger im Rahmen öffentlich-rechtlicher Vorschriften gestellten „Antrag“ anknüpfe. Die Inanspruchnahme eines Notars für die Vornahme einer Beurkundung sei weder in verfahrensrechtlicher noch in gebührenrechtlicher Sicht einem Vertragsabschluss, etwa der Beauftragung eines Rechtsanwalts, vergleichbar, sondern vom Gesetzgeber in jeder Beziehung der Einleitung eines gerichtlichen Antragsverfahrens gleichgesetzt. Zwar sei die sinngemäße Anwendung dieser bürgerlich-rechtlichen Schutzvorschriften auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse grundsätzlich geboten und werde nahezu allgemein befürwortet, soweit nicht die nach der besonderen Natur des jeweiligen Sachbereichs getroffene gesetzgeberische Wertung etwas Anderes besage. Eine solche Ausnahme stelle das Prozessrecht dar. Wenn es der Gesetzgeber hier für unvermeidbar hielt, bei der Normierung der rechtlichen Existenz und Bescheidungsbedürftigkeit von Verfahrenshandlungen an die natürliche Handlungsfähigkeit anzuknüpfen, so läge es nahe, auch die kostenrechtlichen Tatbestände entsprechend auszugestalten. Die verfahrensrechtliche Erheblichkeit eigener Handlungen Geschäftsunfähiger führe dazu, die Kostentragungspflicht hier nach denselben Maßstäben zu bestimmen wie bei gleichen Handlungen Geschäftsfähiger. Der innere Grund für die Abweichung von den Grundsätzen der §§ 104 ff. BGB läge darin, dass die Gerichte oder anderen Amtsträger in solchen Fällen ein Tätigwerden nicht ablehnen könnten und in gleicher Weise Leistungen zu erbringen und Auslagen aufzuwenden hätten, als wenn sie damit auf Antrag und im Interesse eines Geschäftsfähigen befasst worden wären. Entsprechendes gelte für die Erstattungsansprüche anderer Beteiligter, die aufgrund rechtlich zu beachtender eigener Verfahrenshandlungen Geschäftsunfähiger in ein Streitverfahren hineingezogen würden. Wie seit jeher allgemein anerkannt, habe auch die Abweisung der von einem Geschäftsunfähigen selbst erhobenen Klage notwendigerweise zur Folge, dass dem Kläger nach § 91 ZPO die Prozesskosten aufzuerlegen seien. Die privatrechtliche Verpflichtungsunfähigkeit entbinde deshalb in diesem Falle nicht von der Erstattung außergerichtlicher Kosten der Gegenpartei sowie von der Zahlung der gerichtlichen Kosten und Auslagen. Es bestehe kein Grund, die Kostenbestimmungen über die Antragsschuldnerhaftung in gerichtlichen Verfahren anders auszulegen (Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13 – 14, juris; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 28. Februar 1991 – BReg 3 Z 141/90 –, Rn. 9 – 10, juris).
Wenn der Notar allerdings seine Gebührenforderung aus einer Tätigkeit im Bereich der sonstigen Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege im Sinne von § 24 Absatz 1 Satz 1 BNotO herleite, zu der er nicht im Sinne von § 15 BeurkG verpflichtet sei, erscheine jedoch die entsprechende Anwendung der mit den §§ 104 ff. BGB, zum Ausdruck gekommenen Rechtsgrundsätze zugunsten schutzbedürftiger Geschäftsunfähiger gerechtfertigt und geboten. Der allgemeine und auch im öffentlichen Recht anwendbare Grundsatz des Schutzes Geschäftsunfähiger werde nur so weit zurückgedrängt, wie der innere Grund für eine die Interessen der Geschäftsunfähigen zurücksetzende Regelung reiche, der – wie oben bereits ausgeführt – darin gesehen wird, dass die Gerichte oder anderen Amtsträger ein Tätigwerden nicht ablehnen könnten und in gleicher Weise Leistungen zu erbringen und Auslagen aufzuwenden hätten, als wenn sie damit auf Antrag und im Interesse eines Geschäftsfähigen befasst worden wären. Deshalb bestehe hinsichtlich der Vergütung für Tätigkeiten im Bereich der sonstigen Betreuung auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege kein sachlicher Grund, den Interessen des Notars vor dem Anliegen des Schutzes geschäftsunfähiger Beteiligter einen Vorrang einzuräumen. Der Notar könne seine Tätigkeit in diesem Falle in gleicher Weise verweigern, wie ein Rechtsanwalt die Mandatsübernahme ablehnen könne. Dass ein Dritter auf die Willenserklärung eines unerkannt Geschäftsunfähigen vertraut und daraus ohne eigenes Verschulden Schaden erleidet, habe der Gesetzgeber mit der in § 104 Nr. 2 und § 105 Abs. 1 BGB getroffenen Regelung in Kauf genommen. Diese Wertung sei entsprechend auch zu Lasten des Notars anwendbar, sofern er sich rechtlich in gleicher Weise wie ein privater Vertragspartner zurückhalten könne (Kammergericht, Beschluss vom 09. Juni 1978 – 1 W 3283/78 –, MDR 1978, 1030 – 1031).
2. Diese Auffassung wurde von einer (soweit ersichtlich ausschließlich) von Lappe vertretenen Meinung abgelehnt (Lappe in: Korintenberg, KostO, 18. Auflage, § 2 Rn. 28 sowie in: KostRsp. § 2 KostO, Nr. 76 und Nr. 80).
Danach komme eine Kostenhaftung des unerkannt Geschäftsunfähigen bereits deshalb nicht in Betracht, weil es an dessen Verfahrensfähigkeit (§ 12 VwVfG; § 9 FamFG) fehle. Diese setze generell volle Geschäftsfähigkeit voraus. Fehle die Geschäftsfähigkeit und damit die Verfahrensfähigkeit, liege kein wirksamer Antrag vor und der „Antragsteller“ könne nicht Schuldner nach § 29 Nr. 1 GNotKG sein.
Die von der h.M. als „inneren Grund“ herangezogene „Leistungspflicht des Gerichts“ oder Notars (weil diese ihr Tätigwerden nicht ablehnen könnten) sei ein „Scheinargument“ (Lappe in: KostRsp. § 2 KostO Nr. 80). Der Gesetzgeber habe sich bei der Abwägung zwischen dem Schutz des Geschäftsunfähigen und dem des „Gegners“ für den Geschäftsunfähigen entschieden (§ 105 Absatz 1 BGB). Dies verliere nicht ohne weiteres dann seine Berechtigung, wenn der Gegner tätig werden muss. In solchen Fällen bedürfe es sogar vermehrt des Schutzes des Geschäftsunfähigen, weil er sein Vermögen weit mehr schädigen könne als beim „Umgang“ mit Personen, die sich auf ihn nicht einzulassen bräuchten. Erst recht gelte dies, wenn es sich dabei um die öffentliche Hand handele. Schützt das Gesetz schon Privatpersonen nicht vor der unerkannten Geschäftsunfähigkeit, so sei es „fast arglistig“, die öffentlichen Institutionen auszunehmen, obwohl sie die Folgen viel eher tragen könnten.
3. Der Senat hält die von Lappe vertretene Auffassung für zutreffend. Eine Kostenhaftung des unerkannt Geschäftsunfähigen gegenüber einem Notar scheidet in entsprechender Anwendung der Schutzvorschriften der §§ 104 ff. BGB auch dann aus, wenn der Notar zu seinem Tätigwerden gemäß § 15 BeurkG verpflichtet ist. Dies gilt daher auch für die vorliegende Beratung des Antragsgegners im Rahmen eines (abgebrochenen) Beurkundungsverfahrens.
a) Hierbei kann offenbleiben, ob es der von Lappe vorgenommenen dogmatischen Anknüpfung der Gegenmeinung an eine Auslegung des Antragsbegriffs in § 29 Nr. 1 GNotKG (früher § 2 KostO) – die der Senat ungeachtet dessen für zutreffend hält – überhaupt bedarf.
Nach dieser Vorschrift schuldet die Notarkosten, wer den Auftrag erteilt oder den Antrag gestellt hat. Fehlt mangels Verfahrensfähigkeit ein wirksamer Antrag ist der Tatbestand des § 29 Nr. 1 GNotKG nicht erfüllt und es kann keine Kostenhaftung eintreten.
Dieser Argumentation bedarf es jedoch nicht, wenn – wie nach der h.M. lediglich im Falle einer notariellen Tätigkeit im Bereich der sonstigen Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege im Sinne von § 24 Absatz 1 Satz 1 BNotO, zu der ein Notar nicht im Sinne von § 15 BeurkG verpflichtet ist – die entsprechende Anwendung des Rechtsgedankens des § 105 Absatz 2 BGB eine Kostenhaftung des unerkannt Geschäftsfähigen auch dann ausschließt, wenn der Notar zu seinem Tätigwerden gemäß § 15 BeurkG verpflichtet ist. Diese von der h.M. vorgenommene Differenzierung ist durch nichts gerechtfertigt und überzeugt daher nicht.
b) Zuzustimmen ist der h.M. allerdings insoweit, als die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 104 BGB ff. nicht auf das öffentlich-rechtliche Kostenschuldverhältnis zwischen Kostenschuldner und Notar unmittelbar anwendbar sind. Für das Entstehen der Kostenhaftung gegenüber einem Notar sind allein die kostenrechtlichen Tatbestände der §§ 29, 30 GNotKG maßgeblich. Liegen deren Voraussetzungen vor, besteht Kostenhaftung.
Dies schließt aber die Berücksichtigung des Schutzgedankens bezüglich Geschäftsunfähiger nicht aus. Es ist allgemein anerkannt, dass – soweit keine spezielle öffentlich-rechtliche Regelung eingreift – die §§ 104 ff. BGB im öffentlichen Recht analog anwendbar sind, denn die Schutzwürdigkeit des betroffenen Personenkreises besteht hier in gleicher Weise wie im Privatrecht (Spickhoff in: Münchener Kommentar BGB, 9. Auflage 2021, BGB § 104 Rn. 24; Schneider in: beck-online Großkommentar BGB, Stand: 01.02.2024, § 104 BGB Rn. 6).
Schützt das Gesetz danach aber schon Privatpersonen nicht vor der unerkannten Geschäftsunfähigkeit, muss dies erst recht für die öffentliche Hand gelten. Öffentlich-rechtlichen Kostenkassen und auch Notaren ist es eher zuzumuten, das Risiko einer unerkannten Geschäftsunfähigkeit zu tragen (Lappe in: KostRsp. § 2 KostO, Nr. 80). Die Folgen beschränken sich hier auf den Ausfall von Kostenforderungen und ggf. bereits angefallener Auslagen, wobei die Höhe der Gebühren im Regelfall eher in einem lediglich überschaubaren Rahmen liegen dürfte. Ob ein Geschäftsunfähiger – wie Lappe meint – sein Vermögen bei Personen, die zu einem Tätigwerden verpflichtet sind, tatsächlich weit mehr schädigen könne, so dass er vermehrt des Schutzes bedürfe, kann hierbei dahinstehen.
Unabhängig davon hält auch die h.M. eine entsprechende Anwendung dieser bürgerlich-rechtlichen Schutzvorschriften der §§ 104 ff. BGB auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse grundsätzlich für geboten (Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13, juris) und im Bereich der sonstigen Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege im Sinne von § 24 Absatz 1 Satz 1 BNotO zugunsten schutzbedürftiger Geschäftsunfähiger auch ausdrücklich für gerechtfertigt. Dass ein Dritter auf die Willenserklärung eines unerkannt Geschäftsunfähigen vertraut und daraus ohne eigenes Verschulden Schaden erleidet, hat der Gesetzgeber mit der in § 105 Absatz 1 BGB getroffenen Regelung in Kauf genommen (Kammergericht, Beschluss vom 09. Juni 1978 – 1 W 3283/78 –, MDR 1978, 1030 – 1031). Diese Wertung kann zu Lasten eines Notars nicht anders ausfallen, und zwar unabhängig davon, ob er zu einem Tätigwerden verpflichtet ist.
c) Allein der Umstand, dass der Notar – wie im Falle einer Beurkundung – zu seinem Tätigwerden gemäß § 15 BeurkG verpflichtet ist, vermag es nicht zu rechtfertigen, dem unerkannt Geschäftsunfähigen den Schutz der Vorschriften der §§ 104 ff. BGB zu versagen.
Zu Recht weist Lappe darauf hin, dass sich der Gesetzgeber bei der Abwägung zwischen dem Schutz des Geschäftsunfähigen und dem des „Gegners“ mit der Regelung des § 105 Absatz 1 BGB für den Geschäftsunfähigen entschieden hat und dass diese Grundentscheidung des Gesetzgebers ihre Berechtigung nicht allein deshalb verliert, weil der Gegner zum Tätigwerden rechtlich verpflichtet ist (vgl. Lappe in: KostRsp. § 2 KostO, Nr. 80). Warum demgegenüber gerade dieser Umstand, „daß die Gerichte ein Tätigwerden nicht ablehnen können und in gleicher Weise Leistungen zu erbringen haben, als wenn sie von einem Geschäftsfähigen befaßt worden wären“ (Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 28. Februar 1991 – BReg 3 Z 141/90 –, Rn. 10, juris; Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13 – 14, juris), der „innere Grund“ für die Abweichung von den Grundsätzen der §§ 104 ff. BGB sein soll, wird von der h.M. nicht begründet und ist auch sonst nicht nachvollziehbar.
d) Die mit der h.M. verbundene Privilegierung des Notars, der zu seinem Tätigwerden gemäß § 15 BeurkG verpflichtet ist, lässt sich auch nicht aus prozessualen Regelungen rechtfertigen. Soweit sich die o.g. Rechtsprechung zur Begründung der h.M. darauf stützt, die sinngemäße Anwendung der Vorschriften der §§ 104 ff. BGB sei vorliegend ausgeschlossen, weil die nach der besonderen Natur des jeweiligen Sachbereichs getroffene gesetzgeberische Wertung durch getroffene Regelungen im Prozessrecht etwas Anderes besage (Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13, juris), vermag der Senat dem nicht zu folgen.
Es trifft zwar zu (vgl. BGH, Beschluss vom 4. März 1993 – V ZB 5/93 –, juris), dass es „seit jeher allgemein anerkannt“ ist, dass „auch die Abweisung der von einem Geschäftsunfähigen selbst erhobenen Klage notwendigerweise zur Folge [hat], daß dem Kläger nach § 91 ZPO die Prozeßkosten aufzuerlegen sind“ (Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13, juris; so auch OLG Köln Beschluss vom 11. September 2000 – 2 Wx 44/00 –, BeckRS 2000, 12802 Rn. 10, beck-online; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 28. Februar 1991 – BReg 3 Z 141/90 –, Rn. 9, juris). Derartige Regelungen über die Kostentragungspflicht sind jedoch ausschließlich prozessualer Natur und enthalten keine Vorschriften über die kostenrechtliche Haftung. Dass die privatrechtliche Verpflichtungsunfähigkeit den Geschäftsunfähigen nicht von der Erstattung außergerichtlicher Kosten der Gegenpartei sowie im Verhältnis zu dieser (!) von der Zahlung der gerichtlichen Kosten und Auslagen als Titelschuldner befreit (Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13, juris), findet seinen Grund denn auch allein in den prozessualen Kostenerstattungsvorschriften, nicht aber im Kostenrecht.
Die Kostenhaftung für Gerichtskosten im Zivilprozess ist vielmehr im GKG abschließend geregelt. So schuldet gemäß § 22 GKG die Kosten grundsätzlich, wer das Verfahren des Rechtszugs beantragt hat. Die kostenrechtliche Berücksichtigung einer prozessualen Kostenentscheidung (z.B. § 91 ZPO) ermöglicht aber erst die Regelung in § 31 Absatz 2 GKG, wonach der aufgrund gerichtlicher Entscheidung zur Kostentragung Verpflichtete vorrangig als Kostenschuldner in Anspruch zu nehmen ist. Entsprechendes gilt gemäß §§ 27 und 33 GNotKG für die Gerichtskosten in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Aus prozessualen Kostenregelungen lässt sich daher nichts für die Auslegung der kostenrechtlichen Vorschriften herleiten.
Im Übrigen wird gerade zu § 22 GKG (soweit ersichtlich überwiegend) vertreten, dass Anträge eines Prozessunfähigen keine Antragshaftung im Sinne dieser Vorschrift begründen (allerdings jeweils ohne Begründung: Semmelbeck in: BeckOK KostR, 44. Ed. 1.1.2024, GKG § 22 Rn. 11; Dörndorfer in: Binz/Dörndorfer/Zimmermann, 5. Auflage 2021, GKG § 22 Rn. 3; Volpert/Fölsch/Köpf in: Schneider/Volpert/Fölsch, 3. Auflage 2021, GKG § 22 Rn. 19; Hellstab in: Hellstab/Schneider/ Otto, GKG/FamFG, 131. EL Juni 2020, GKG § 22 Rn. 3; Kammergericht, Beschluss vom 9. Januar 2007 – 1 W 60/06 –, juris –; a.A. zu § 21 FamGKG: Siede in: BeckOK KostR, 44. Ed. 1.1.2024, FamGKG § 21 Rn. 16, die Antragstellerhaftung trete auch ein, wenn der Antragsteller bei Antragstellung nicht verfahrensfähig sei, weil rein formal darauf abgestellt werden müsse, wer das Verfahren durch seine Antragstellung veranlasst habe; nicht eindeutig: Volpert/Fölsch/Köpf in: Schneider/Volpert/Fölsch, 3. Auflage 2021, GKG § 22 Rn. 14 im Widerspruch zur oben zitierten Rn. 19). Die Vorschriften in § 22 GKG einerseits und §§ 22, 29 Nr. 1 GNotKG andererseits können aber nicht unterschiedlich ausgelegt werden. Ein Grund hierfür ist nicht ersichtlich.
e) Soweit die Privilegierung des Notars, der zu seinem Tätigwerden gemäß § 15 BeurkG verpflichtet ist, damit begründet wird, dass es auf die Zulässigkeit des Antrags nicht ankommen soll, weil auch über einen unzulässigen Antrag zu entscheiden sei (Wilsch in: Korintenberg, GNotKG, 22. Auflage 2022, § 22 Rn. 6; Sommerfeldt in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, GNotKG, 4. Auflage 2021, § 22 Rn. 7), werden wiederum kostenrechtliche und prozessuale Regelungen vermengt.
Dass ein unzulässiger Antrag zu bescheiden ist und zurückgewiesen werden muss, folgt allein aus verfahrensrechtlichen Vorschriften und hat nichts mit der kostenrechtlichen Haftung zu tun. Insoweit ist ein vom Geschäftsunfähigen gestellter Antrag selbstverständlich unzulässig und zu verwerfen. Dies besagt aber nichts über die Voraussetzungen der Kostenhaftung.
Ob der Gesetzgeber bei der Normierung der rechtlichen Existenz und Bescheidungsbedürftigkeit von Verfahrenshandlungen im Prozessrecht an die natürliche Handlungsfähigkeit anknüpft (Kammergericht, Beschluss vom 11. März 1977 – 1 W 1469/75 –, Rn. 13, juris) ist daher unerheblich. Insbesondere lässt sich daraus nicht herleiten, dass nach der gesetzgeberischen Wertung bei der Anwendung der kostenrechtlichen Tatbestände von dem generellen Schutz Geschäftsunfähiger abzusehen sei. Die verfahrensrechtliche Erheblichkeit von Handlungen Geschäftsunfähiger zwingt danach gerade nicht dazu, die kostenrechtliche Haftung nach denselben Maßstäben zu bestimmen wie bei gleichen Handlungen Geschäftsfähiger.
f) Soweit teilweise davon ausgegangen wird, die Kostentragungspflicht knüpfe ohne Rücksicht auf die Geschäftsfähigkeit des Antragstellers lediglich an die „prozessuale Veranlassung“ an und für diese sei kein rechtsgeschäftlicher Wille erforderlich, sondern vielmehr eine mit natürlichem Willen vorgenommene Handlung ausreichend (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 11 Wx 61/16 (Wx) –, Rn. 16, juris; Siede in: BeckOK KostR, 44. Ed. 1.1.2024, FamGKG § 21 Rn. 16), steht auch dies der Berücksichtigung des den §§ 104 ff. BGB zugrundeliegenden Schutzgedankens nicht entgegen. Der unerkannt Geschäftsunfähige ist bei einem lediglich vom natürlichen Willen getragenem Handeln, dem allerdings Rechtsfolgen zuerkannt werden sollen, gleichermaßen schutzbedürftig, was eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens des § 105 Absatz 1 BGB ebenso rechtfertigt. Auch in diesem Zusammenhang sei zudem darauf verwiesen, dass auch die h.M. eine entsprechende Anwendung im Bereich der sonstigen Betreuung der Beteiligten auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege im Sinne von § 24 Absatz 1 Satz 1 BNotO zugunsten schutzbedürftiger Geschäftsunfähiger ausdrücklich anerkennt.
g) Auch aus § 11 BeurkG lässt sich nichts für die h.M. herleiten (vgl. Neie in: Bormann/Diehn/Sommerfeldt, 4. Auflage 2021, GNotKG § 29 Rn. 8).
Nach § 11 BeurkG soll der Notar die Beurkundung nur dann ablehnen, wenn einem Beteiligten nach der Überzeugung des Notars die erforderliche Geschäftsfähigkeit fehlt, während er bei bloßen Zweifeln an der Geschäftsfähigkeit die Beurkundung unter Dokumentation seiner Zweifel vornehmen soll. Diese Vorschrift regelt nicht den Fall einer unerkannt gebliebenen Geschäftsunfähigkeit. Die Regelung ist auch nicht im Hinblick auf die Frage der Kostenhaftung des Geschäftsunfähigen erfolgt. Der Vermerk gemäß § 11 BeurkG über die Zweifel an der Geschäftsfähigkeit soll vielmehr den Rechtsverkehr davor schützen, dass später die sichere Überzeugung von der Geschäftsfähigkeit durch den öffentlichen Glauben der Urkunde suggeriert wird (OLG Frankfurt, Urteil vom 24. Juni 2014 – 2 Not 1/13 –, Rn. 133, juris).
h) Schließlich lässt sich daraus, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der noch zu Vorschriften der KostO entwickelten h.M. und der dazu ergangenen Rechtsprechung bei der Neuregelung des GNotKG in § 29 Nr. 1 lediglich den Grundsatz der Antragstellerhaftung bzw. Auftraggeberhaftung aus § 2 Nr. 1 KostO übernommen hat (BT-Drs. 17/11471, S. 162), nicht ableiten, dass damit dem unerkannt Geschäftsunfähigen zugleich der Schutz der Vorschriften der §§ 104 ff. BGB im Rahmen der Kostenhaftung versagt werden soll. Hierfür bedürfte es angesichts der allgemein anerkannten analogen Anwendbarkeit der Schutzvorschriften der §§ 104 ff. BGB im öffentlichen Recht einer ausdrücklichen Regelung. Der Umstand, dass der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden kann, dass der Gesetzgeber von der durch die Rechtsprechung ausgestalteten Kostenhaftung des § 2 Nr. 1 KostO abweichen wollte und anlässlich der Normierung des GNotKG keine Ausnahme von der Kostenhaftung des Geschäftsunfähigen vorgenommen hat (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 11 Wx 61/16 –, Rn. 17, juris), steht einer Fortentwicklung der Rechtsprechung nicht entgegen.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 130 Abs. 3 GNotKG in Verbindung mit § 84 FamFG.
Gemäß § 130 Abs. 3 GNotKG in Verbindung mit § 70 Absatz 2 FamFG war die Rechtsbeschwerde zuzulassen, da der Senat von einer herrschenden obergerichtlichen Rechtsprechung abweichen will und die Rechtssache daher grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.