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Kaufpreisfinanzierungsgrundschuld – Voreintragung von Erben Pflicht?

OLG Oldenburg – Az.: 12 W 38/21 – Beschluss vom 23.03.2021

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Nordhorn vom 01.02.2021 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 280.000,- €.

Gründe

I.

Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Erben zu je ½ ihres am TT.MM.2020 verstorbenen Vaters EE. Dieser ist als Eigentümer des im Grundbuch von (…), Blatt (…), verzeichneten Grundstückes eingetragen.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 22.01.2021 (UR-Nr. …/2021 des Notars (…)) veräußerten die Antragsteller zu 1) und 2) vorgenannten Grundbesitz an die Antragsteller zu 3) und 4). Unter IX. des Kaufvertrages wurden die Antragsteller zu 3) und 4) durch die Antragsteller zu 1) und 2) bevollmächtigt, das Grundstück zur Kaufpreisfinanzierung bereits vor Eigentumsumschreibung mit einer Grundschuld zu belasten und die Antragsteller zu 1) und 2) bei den hierfür erforderlichen Rechtshandlungen zu vertreten. Sodann bestellten die Antragsteller zu 3) und 4) mit gesonderter Urkunde (UR-Nr. …/2021 des Notars (…)) im eigenen Namen sowie aufgrund vorstehender Belastungsvollmacht handelnd zugunsten der Kreissparkasse eine Grundschuld i.H.v. 280.000,- € an dem vorgenannten Grundstück. Mit Notarerklärung vom 27.01.2021 beantragten die Antragsteller die Eintragung der Grundschuld.

Mit Beschluss vom 01.02.2021 hat das Grundbuchamt diesen Antrag zurückgewiesen. Voraussetzung für die Eintragung sei, dass die Antragsteller zu 1) und 2) als Erben voreingetragen seien. Hieran fehle es. Ein Ausnahmefall des § 40 GBO liege nicht vor, da die Eintragung des Grundpfandrechtes keine Übertragung oder Aufhebung eines Rechts darstelle. Auch könne die fehlende Voreintragung derzeit nicht bewirkt werden, da ein Erbschein noch nicht erteilt worden sei.

Gegen diesen Beschluss wenden sich die Antragsteller mit ihrer Beschwerde. Sie vertreten die Ansicht, dass eine Voreintragung der Eigentümer nicht erforderlich sei. Der Erbschein, der die Antragsteller als Erben zu je ½ ausweise, sei inzwischen erteilt.

II.

Die nach § 71 Abs. 1 GBO statthafte Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Grundbuchamt hat mit der angefochtenen Entscheidung zu Recht die beantragte Eintragung einer Grundschuld mangels Voreintragung der bewilligenden Eigentümer zurückgewiesen.

An dieser Voraussetzung fehlt es weiterhin. Auch wenn inzwischen die Erbfolge durch den am 23.02.2021 erteilten Erbschein (Az. 9 VI 842/20, AG Nordhorn), der am 02.03.2021 in beglaubigter Abschrift zur Grundakte gelangte, nachgewiesen werden kann (§§ 29 Abs. 1, 35 Abs. 1 S. 1 GBO), fehlt es weiterhin an der erforderlichen Voreintragung der bewilligenden Eigentümer, deren Vornahme auch im Rahmen der Beschwerde nicht beantragt worden ist (§ 13 GBO). Die Erforderlichkeit der Voreintragung wird von der Beschwerde vielmehr ausdrücklich in Abrede genommen.

Tatsächlich ist die Frage, ob zur (isolierten) Eintragung einer Grundschuld, die im Rahmen der Veräußerung eines Grundstücks von den Erben des eingetragenen Grundstückseigentümers auf Dritte zur Kaufpreisfinanzierung bewilligt wird, die Erben vorab als Eigentümer des Grundstücks eingetragen werden müssen, in Literatur und Rechtsprechung weiterhin umstritten.

Nach dem reinen Gesetzeswortlaut bedarf es, wie das Grundbuchamt in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, einer derartigen Voreintragung. Nach § 39 GBO kann eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Vorliegend haben die Antragsteller zu 1) und 2) die Eintragung der Grundschuld als Grundstückseigentümer bewilligt, ohne als solche im Grundbuch eingetragen zu sein. Das Erfordernis einer derartigen Voreintragung besteht nach § 40 Abs. 1 1. Alt GBO allerdings nicht, wenn die Person, deren Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eigengetragenen Berechtigten ist und die Eintragung eine Übertragung oder Aufhebung des Rechtes betrifft. Vorliegend sind die Antragsteller zu 1) und 2) zwar Erben des eingetragenen Grundstückseigentümers – was inzwischen auch durch Erbschein nachgewiesen ist -, jedoch richtet sich die begehrte Grundbucheintragung nicht auf eine Übertragung oder Aufhebung ihres Eigentumsrechtes, sondern auf eine Belastung desselben. Diese Belastung ist vom Wortlaut der Ausnahmevorschrift des § 40 GBO nicht umfasst, sodass es grundsätzlich weiterhin der Voreintragung des die Belastung bewilligenden Grundstückseigentümers im Grundbuch nach § 39 GBO bedarf, was von Rechtsprechung und Literatur zunächst auch für die Eintragung einer – auch hier verfahrensgegenständlichen – Finanzierungsgrundschuld anerkannt war (vgl. KG Berlin, FGPrax 2011, 270, hier zit. aus juris RN 7ff m.w.N.).

Mit einer Entscheidung aus dem Jahre 2017 hat das Oberlandesgericht Frankfurt eine abweichende Auffassung hierzu vertreten. Im Falle einer Finanzierungsgrundschuld, die der Besicherung des im Rahmen der angestrebten Übertragung Grundstücks zu finanzierenden Kaufpreises diene, könne § 40 Abs. 1 GBO entsprechend angewandt werden. Nach dem Gesetzeszweck des § 40 GBO solle die Eintragung des Erben und damit verbundene Kosten vermieden werden, wenn dieser durch Übertragung des ererbten Rechts ohnehin alsbald wieder aus dem Grundbuch ausscheide. Diese Konstellation treffe auch für die Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld zu, bei der ebenfalls von vornherein feststehe, dass eine Eintragung im Grundbuch auf den Käufer innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit nachfolgen werde. Die Finanzierungsgrundschuld sei dabei ohne weiteres identifizierbar, da sie entweder bei Abschluss des Erwerbvorganges von dem Erben oder binnen kurzer Zeit nach Abschluss des Kaufvertrages vom Käufer aufgrund einer im Kaufvertrag erteilten Finanzierungsvollmacht gestellt werde. Vor dem Hintergrund dieses Gesetzeszweckes sei es allgemein anerkannt, dass es auch zur Eintragung einer Auflassungsvormerkung keiner Voreintragung des Erben bedürfe, auch wenn mit dieser Vormerkung noch keine Übertragung des Rechtes, sondern lediglich dessen Absicherung bewirkt werde. Eine Differenzierung zwischen der Eintragung der Auflassungsvormerkung und der Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld, die beide die vom Gesetz privilegierte Übertragung des Eigentumsrechtes sicherstellen sollen, sei nicht gerechtfertigt (OLG Frankfurt, ZfIR 2017, 833, juris RN 21).

Dieser Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt haben sich in jüngerer Zeit mehrere Oberlandesgerichte angeschlossen (vgl. OLG Köln, FGPrax 2018, 106 RN 26f; OLG Stuttgart, ZErb 2018, 337 RN 14; OLG Celle, RNotZ 2019, 633, RN 20; jw. zit. aus juris). Auch in weiten Teilen der Literatur hat diese Rechtsprechung Zustimmung gefunden (vgl. Meikel/Böttcher, GBO (12. Aufl.) § 40 RN 28; Becker, ZNotP 2018, 225 (226); Cramer ZfIR 2017, 834 (835); Joachim/Lange, ZEV 2019, 62 (65f)). Andere Teile der Literatur lehnen dagegen die entsprechende Anwendung von § 40 Abs. 1 GBO auf die Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld auch vor dem Hintergrund der neuen obergerichtlichen Rechtsprechung weiterhin ab (vgl. Demharter, GBO (32. Aufl.) § 40 RN 18; Hügel/Zeiser, GBO (4. Aufl.) § 40 RN 20; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht (16. Aufl.) RN 142c; Jurksch RPfleger 2019, 70 (71); Weber, DNotZ 2018, 884 (895ff)).

Auch das Kammergericht Berlin hält an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach es zur Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld ohne gleichzeitigen Eigentumsübergang grundsätzlich der Voreintragung der Erben nach § 39 GBO bedürfe, weiterhin fest (KG Berlin, MDR 2021, 162, zit. aus juris RN 7f). Es sei zwar richtig, dass es bei der Eintragung der Eigentumsvormerkung einer Voreintragung der Erben analog § 40 Abs. 1, 1. Alt. GBO nicht bedürfe, da sie allein dazu diene, die endgültige Übertragung vorzubereiten und zu sichern, und auch in ihrem rechtlichen Bestand vom Bestand des gesicherten Übertragungsanspruches abhängig sei. Ferner sei es richtig, dass auch die Finanzierungsgrundschuld im sachlichen Zusammenhang mit der beabsichtigten Übertragung eines Grundstückes eingetragen werde. Im Gegensatz zur Eintragung der Eigentumsvormerkung sei die Voreintragung des Berechtigten hier aber nicht zwecklos, sondern durch Interessen Dritter geboten. Anders als die Eigentumsvormerkung, die bei Scheitern des Übertragungsanspruches als unrichtig zu löschen wäre, bliebe die Finanzierungsgrundschuld auch im Falle eines Scheiterns der beabsichtigten Übertragung im Grundbuch eingetragen, ohne dass die Berechtigung des Bewilligenden aus dem Grundbuch nachvollzogen werden könne.

Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an, wonach § 40 GBO auf Fälle einer (isolierten) Belastung des Eigentumsrechtes – auch im Rahmen einer Finanzierungsgrundschuld – nicht angewendet werden kann, sodass es bei dem Erfordernis einer Voreintragung nach § 39 GBO verbleibt. Als Ausnahmevorschrift ist § 40 GBO schon von ihrem Charakter her eng auszulegen (vgl. OLGR München 2006, 501, zit. aus juris RN 17; Hügel/Zeiser, a.a.O.). Der Verzicht auf eine Voreintragung rechtfertigt sich in den gesetzlich bestimmten Fällen dabei aus dem Umstand, dass in den Fällen der Aufhebung bzw. Übertragung eines Rechtes die Einhaltung des Erfordernisses nach § 39 GBO bloße Förmelei wäre, da mit Eintragung der Aufhebung bzw. Übertragung des Rechts der Voreingetragene sofort wieder seine Rechtsposition verliert, sodass auch für den interessierten Rechtsverkehr kein Bedarf besteht, diesen Zwischenerwerb im Grundbuch zu verlautbaren. Hiervon unterscheidet sich die Eintragung einer Belastung, wie die einer Finanzierungsgrundschuld, grundlegend, da der Bewilligende seine Rechtsposition mit dieser Eintragung nicht verliert, sondern diese lediglich inhaltlich verändert wird. Es besteht die naheliegende Gefahr, dass beim Scheitern des Erwerbsvorganges ein Grundpfandrecht eingetragen bleibt, hinsichtlich dessen aus dem Grundbuch nicht erkennbar ist, auf wen die dauerhafte Belastung des Grundstücks zurückzuführen ist (vgl. Weber, a.a.O., S. 897). Diese Problematik besteht im Grundsatz zwar auch bei der Auflassungsvormerkung. Wie das Kammergericht aber in seiner vorstehend zitierten jüngeren Entscheidung überzeugend ausgeführt hat, unterliegt die Auflassungsvormerkung wegen ihrer Abhängigkeit vom Bestehen des zu sichernden Anspruches jedoch der Grundbuchberichtigung, sollte dieser Anspruch entweder erfüllt werden oder im Falle des Scheiterns des Übertragungsgeschäftes untergehen (MDR 2021, 162, zit. aus juris RN 8). Dies vermag einen Verzicht auf das Erfordernis der Voreintragung eher zu rechtfertigen als bei der Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld, die als abstraktes Sicherungsrecht auch beim Scheitern der angestrebten Eigentumsübertragung im Grundbuch eingetragen bliebe, ohne dass bei fehlender Voreintragung erkennbar wäre, auf wessen Bewilligung diese Belastung zurückzuführen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Wertfestsetzung ergeht nach §§ 61 Abs. 1, 53 Abs. 1 S. 1 GNotKG. Wegen der Abweichung der vorliegenden Entscheidung von der vorstehend zitierten Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Frankfurt, Köln, Stuttgart und Celle ist gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GBO die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

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