Im September 2024 versuchte ein Notar, für einen nicht eingetragenen Idealverein ein Nießbrauchrecht und eine Grundschuld im Grundbuch einzutragen. Das zuständige Grundbuchamt lehnte den Antrag jedoch ab, da es den nicht eingetragenen Idealverein nach der Gesetzesreform 2024 als nicht mehr grundbuchfähig ansah. Damit stand plötzlich die Frage im Raum, ob diese Art von Verein zukünftig überhaupt noch Rechte an Immobilien im Grundbuch sichern kann.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Kann ein einfacher Verein ein Recht an Immobilien besitzen?
- Was wollte der Rechtsvertreter eintragen lassen?
- Warum lehnte das Grundbuchamt den Antrag ab?
- Warum sah der Notar die Entscheidung als falsch an?
- Wie sah das Oberlandesgericht die Rechtslage?
- Welche Argumente des Grundbuchamtes wies das Gericht zurück?
- Wichtigste Erkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Das Urteil in der Praxis
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was ist ein nicht eingetragener Verein und welche grundlegende rechtliche Stellung hat er?
- Können nicht eingetragene Vereine Rechte an Immobilien erwerben oder damit belasten?
- Inwiefern hat das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) die Rechtsstellung von Vereinen im Hinblick auf Immobilienrechte beeinflusst?
- Welche Bedeutung hat die rechtliche Einordnung eines Idealvereins für dessen Fähigkeit, im Rechtsverkehr aufzutreten?
- Wer vertritt einen nicht eingetragenen Verein und wie wird dessen Vertretungsbefugnis nachgewiesen?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 34 Wx 329/24 e | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 10.02.2025
- Aktenzeichen: 34 Wx 329/24 e
- Verfahren: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Vereinsrecht, Zivilrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Gläubigerin und zwei Einzelpersonen, die Mitglieder eines Idealvereins sind. Sie wollten ein Nießbrauchrecht und eine Grundschuld für diesen Verein in das Grundbuch eintragen lassen.
- Beklagte: Das Grundbuchamt Memmingen. Es hatte die beantragte Eintragung abgelehnt.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Ein Notar beantragte für eine Gläubigerin und Mitglieder eines nicht eingetragenen Idealvereins die Eintragung von Rechten im Grundbuch. Das Grundbuchamt lehnte dies ab, weil es der Meinung war, der Verein sei nach einer neuen Gesetzesänderung nicht mehr grundbuchfähig.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Kann ein Idealverein, der nicht im Vereinsregister eingetragen ist, nach der Gesetzesänderung zum MoPeG (Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) weiterhin in das Grundbuch eingetragen werden?
Entscheidung des Gerichts:
- Urteil im Ergebnis: Die Beschwerde wurde zugelassen und der ablehnende Beschluss des Grundbuchamtes aufgehoben.
- Zentrale Begründung: Ein nicht eingetragener Idealverein ist auch nach der Gesetzesänderung weiterhin grundbuchfähig, da der Gesetzgeber durch die Anpassung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) den Idealverein explizit dem Vereinsrecht zugeordnet hat und keine Änderung der bisherigen Rechtsprechung beabsichtigt war.
- Konsequenzen für die Parteien: Das Grundbuchamt muss den Antrag nun weiter bearbeiten und darf ihn nicht aus den ursprünglich genannten Gründen ablehnen; es sind jedoch noch andere Nachweise für die Eintragung zu erbringen.
Der Fall vor Gericht
Kann ein einfacher Verein ein Recht an Immobilien besitzen?
Viele Menschen schließen sich zu Vereinen zusammen, um gemeinsame Ziele zu verfolgen – sei es im Sport, in der Kultur oder für soziale Zwecke. Oft sind diese Vereine nicht im offiziellen Vereinsregister eingetragen, weil sie keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führen und eine solche Eintragung für ihre Arbeit nicht zwingend notwendig erscheint. Doch was passiert, wenn ein solcher, Nicht eingetragener Verein ein Recht an einem Grundstück erwerben oder damit belasten möchte?

Darf er beispielsweise eine Hypothek aufnehmen oder das Recht erhalten, eine Immobilie zu nutzen, ohne selbst der Eigentümer zu sein? Genau diese Frage stand im Mittelpunkt eines aufschlussreichen Rechtsstreits, der sich nach der Einführung eines neuen Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts im Jahr 2024 entspann.
Was wollte der Rechtsvertreter eintragen lassen?
Im September 2024 wandte sich ein Notar an das zuständige Grundbuchamt. Er hatte im Auftrag der künftigen Rechteinhaber und eines nicht eingetragenen Idealvereins zwei wichtige Eintragungen im Grundbuch beantragt. Zum einen ging es um ein Nießbrauchrecht: Dieses Recht erlaubt es jemandem oder einer Organisation, eine Immobilie zu nutzen und von ihr zu profitieren, ohne ihr Eigentümer zu sein – vergleichbar mit einem Pachtvertrag, der direkt im Grundbuch vermerkt wird. Zum anderen sollte eine Briefgrundschuld eingetragen werden. Eine Grundschuld ist eine Belastung auf einem Grundstück, die üblicherweise als Sicherheit für ein Darlehen dient. Der Notar gab dabei an, dass der Verein, für den diese Rechte eingetragen werden sollten, als „Verein ohne Rechtspersönlichkeit“ existiere – er war also nicht im Vereinsregister eingetragen. Dem Antrag waren die entsprechenden, notariell beurkundeten Verträge beigefügt.
Warum lehnte das Grundbuchamt den Antrag ab?
Das Grundbuchamt sah sich mit einer neuen Rechtslage konfrontiert und lehnte den Eintragungsantrag ab. Es vertrat die Auffassung, dass ein nicht eingetragener Verein, der ja keine eigene, offizielle „Rechtspersönlichkeit“ besitzt, nach dem Inkrafttreten des neuen Modernisierungsgesetzes (MoPeG) nicht mehr ohne Weiteres grundbuchfähig sei. Das Amt argumentierte, dass in einer vergleichbaren Situation, nämlich bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (kurz GbR, eine einfache Form der Personengesellschaft), seit dem neuen Gesetz eine vorherige Eintragung in ein spezielles Gesellschaftsregister Pflicht ist, bevor sie Rechte im Grundbuch eintragen lassen kann. Das Grundbuchamt meinte, diese Regelung müsse sinngemäß auch auf nicht eingetragene Vereine angewandt werden. Es war der Ansicht, der Gesetzgeber habe hier eine unbeabsichtigte Lücke gelassen, die durch diese entsprechende Anwendung geschlossen werden sollte. Daher forderte das Amt, dass der Verein zuerst im Vereinsregister eingetragen werden müsste, bevor er im Grundbuch als Rechteinhaber vermerkt werden konnte.
Warum sah der Notar die Entscheidung als falsch an?
Der Notar war mit dieser Einschätzung des Grundbuchamtes nicht einverstanden. Er legte im Namen der Beteiligten Beschwerde ein und legte seine Argumente ausführlich dar. Seine zentrale Botschaft: Das neue Modernisierungsgesetz habe die Rechtslage für nicht eingetragene Idealvereine, was deren Fähigkeit betrifft, Rechte im Grundbuch zu besitzen, nicht geändert. Er verwies darauf, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des Paragrafen 54 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Idealvereine nun ausdrücklich dem Vereinsrecht zuordne und nicht mehr dem Gesellschaftsrecht, wie es früher indirekt der Fall war.
Damit sei der spezielle Paragraf im Grundbuchgesetz, der eine Voreintragung für Gesellschaften bürgerlichen Rechts vorschreibt, nicht auf Vereine ohne Rechtspersönlichkeit anwendbar. Der Notar stützte sich auf eine frühere Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2016, die die Grundbuchfähigkeit solcher Vereine bejaht hatte, und argumentierte, dass der Gesetzgeber diese etablierte Rechtslage beibehalten wollte, ohne sie explizit neu zu regeln, weil er sie als gegeben ansah.
Wie sah das Oberlandesgericht die Rechtslage?
Nachdem das Grundbuchamt seine Haltung beibehalten und die Beschwerde dem Oberlandesgericht München zur Entscheidung vorgelegt hatte, prüfte das Gericht die Angelegenheit eingehend. Es hob den Beschluss des Grundbuchamtes auf und wies es an, den Antrag nicht aus den genannten Gründen zurückzuweisen. Damit gab das Oberlandesgericht dem Notar und den Antragstellern Recht: Ein Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit bleibt auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes im Jahr 2024 grundbuchfähig.
Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber mit der Neufassung des Paragrafen 54 Absatz 1 Satz 1 BGB lediglich eine Anpassung an eine schon lange bestehende und durch frühere Gerichtsentscheidungen bestätigte Rechtslage vornehmen wollte. Diese besagte, dass auch nicht eingetragene Idealvereine im Grundbuch als Berechtigte eingetragen werden können. Der entscheidende Punkt ist, dass der Gesetzgeber den Idealverein nun ausdrücklich dem Vereinsrecht zugeordnet hat. Dies bedeutet, dass der Paragraf im Grundbuchgesetz, der eine vorherige Eintragung im Gesellschaftsregister für Gesellschaften bürgerlichen Rechts vorschreibt, auf den Idealverein keine Anwendung findet. Es gab also keine Notwendigkeit für eine vorherige Eintragung des Vereins in das Vereinsregister.
Welche Argumente des Grundbuchamtes wies das Gericht zurück?
Das Oberlandesgericht setzte sich ausführlich mit den Argumenten des Grundbuchamtes auseinander und wies diese Punkt für Punkt zurück:
- Keine unbeabsichtigte Lücke im Gesetz: Das Grundbuchamt hatte eine unbeabsichtigte Lücke im Gesetz vermutet, die durch eine entsprechende Anwendung der Regeln für Gesellschaften bürgerlichen Rechts geschlossen werden müsste. Das Gericht stellte klar, dass eine solche Lücke nicht vorliegt. Der Gesetzgeber hatte bewusst entschieden, den Idealverein dem bekannten Vereinsrecht zuzuordnen. Die Frage der Grundbuchfähigkeit ergebe sich aus diesem Vereinsrecht selbst, sodass es keine spezielle, neue Regelung bedurfte. Wenn keine Lücke besteht, ist auch keine entsprechende Anwendung einer anderen Regel vorgesehen.
- Keine Pflicht zur Verweisung auf § 21 BGB: Das Grundbuchamt argumentierte, dass im Paragrafen 54 BGB keine direkte Verweisung auf den Paragrafen 21 BGB fehle, der die Eintragung rechtsfähiger Vereine ins Vereinsregister regelt. Das Gericht erklärte, dies sei ein Zirkelschluss. Auch für eingetragene Vereine gebe es keine spezielle Regelung zur Grundbuchfähigkeit, die sich direkt aus Paragraf 21 BGB ergäbe.
- Keine Relevanz von § 15 GBV: Das Grundbuchamt führte an, der nicht eingetragene Verein sei in einer bestimmten Vorschrift der Grundbuchverfügung (GBV) nicht erwähnt. Das Gericht wies dies zurück, da die Grundbuchverfügung lediglich eine Verordnung ist und den Inhalt eines höherrangigen Gesetzes, wie dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder dem Grundbuchgesetz, nicht bestimmen kann. Sie regelt nur, wie eine Eintragung im Grundbuch formuliert werden muss.
- Schweigen in der Gesetzesbegründung ist kein Beweis für eine Änderung: Das Grundbuchamt sah das Schweigen der Gesetzesbegründung zum Modernisierungsgesetz über die Grundbuchfähigkeit als Hinweis, dass die bisherige Rechtslage nicht aufrechterhalten bleiben sollte, da die vorherigen Regelungen, auf denen die alte Rechtsprechung beruhte, grundlegend geändert wurden. Das Gericht hielt dem entgegen, dass die Gesetzesbegründung die Grundbuchfähigkeit des Idealvereins nicht explizit erwähnen musste. Es wurde lediglich eine Anpassung des Gesetzestextes an die bereits bestehende Rechtslage vorgenommen. Aus dem Fehlen einer expliziten Erwähnung kann nicht geschlossen werden, dass die etablierte Rechtsprechung aufgegeben werden sollte.
- Rechtspolitische Zweckmäßigkeit ist keine Rechtsgrundlage: Das Grundbuchamt hatte auch argumentiert, dass eine Voreintragung der Grundbuchämter entlasten und die Nachweisbarkeit der Existenz und Vertretung verbessern würde. Das Gericht erkannte zwar an, dass solche Überlegungen rechtspolitisch sinnvoll sein mögen, betonte aber, dass sich der Gesetzgeber für ein anderes Modell entschieden hat.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Gericht die Beschwerde als begründet ansah. Der Idealverein ohne Rechtspersönlichkeit bleibt weiterhin grundbuchfähig.
Obwohl das Oberlandesgericht die grundlegende Frage der Grundbuchfähigkeit klärte, konnte es die Eintragung nicht sofort anordnen. Es wies das Grundbuchamt an, den Antrag erneut zu prüfen, da noch weitere, jedoch behebbare, formelle Nachweise erforderlich waren. Dazu gehörte der Nachweis, wer den Vorstand des Vereins vertritt und dass der Verein tatsächlich keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt. Gerade für Vereine ohne Rechtspersönlichkeit, deren Satzung oft formlos sein kann, stellte das Gericht klar, dass für den Nachweis der Vertretungsbefugnis auch eine privatschriftliche Satzung ausreichen kann, um eine ansonsten unüberwindbare Beweisnot zu vermeiden.
Wichtigste Erkenntnisse
Die Auslegung aktueller Gesetzesreformen unterstreicht die dauerhafte Gültigkeit bewährter Rechtsgrundsätze.
- Beständigkeit der Grundbuchfähigkeit: Ein Idealverein, der nicht im Vereinsregister eingetragen ist, besitzt weiterhin die Fähigkeit, Rechte an Immobilien im Grundbuch einzutragen oder zu belasten, selbst wenn sich die Gesetzeslage für andere Rechtsformen anpasst.
- Grenzen der Analogieanwendung: Gerichte wenden Regeln aus vergleichbaren Rechtsbereichen nur dann an, wenn eine tatsächliche Gesetzeslücke vorliegt; eine solche Lücke entsteht nicht, wenn der Gesetzgeber eine Rechtsmaterie bewusst einer spezifischen Rechtsordnung zuordnet.
- Angemessener Nachweis von Vertretungsbefugnis: Wenn das Gesetz keine spezifische Form vorschreibt, können für nicht registrierte Organisationen auch informelle Dokumente, wie eine privatschriftliche Satzung, ausreichen, um die Vertretungsbefugnis nachzuweisen und praktische Hürden zu überwinden.
Diese gerichtliche Klärung unterstreicht, wie eine sorgfältige Gesetzesauslegung sicherstellt, dass die Rechtsentwicklung bestehende, bewährte Strukturen nicht unbeabsichtigt untergräbt.
Benötigen Sie Hilfe?
Das Urteil in der Praxis
Mit diesem Urteil beseitigt das OLG München eine drohende bürokratische Stolperfalle für tausende nicht eingetragene Idealvereine. Es stellt klar, dass das MoPeG ihre Fähigkeit, Rechte im Grundbuch zu erwerben oder zu belasten, eben nicht eingeschränkt hat – entgegen der restriktiven Lesart mancher Ämter. Diese Entscheidung ist ein deutliches Bekenntnis zum bewährten System und verhindert, dass Ehrenamtliche durch unnötige Registereintragungen belastet werden. Sie bekräftigt die rechtliche Flexibilität dieser wichtigen zivilgesellschaftlichen Akteure und schenkt ihnen weiterhin Vertrauen in ihre praktikable Handhabung von Immobilienangelegenheiten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist ein nicht eingetragener Verein und welche grundlegende rechtliche Stellung hat er?
Ein nicht eingetragener Verein ist eine Gemeinschaft von Personen, die gemeinsam einen ideellen Zweck verfolgen, aber bewusst oder unbewusst auf eine formelle Eintragung in das Vereinsregister verzichtet haben. Obwohl er keine vollwertige „juristische Person“ wie ein eingetragener Verein ist, wird er rechtlich als „Verein ohne Rechtspersönlichkeit“ anerkannt.
Stellen Sie sich eine Nachbarschaftsinitiative vor, die sich trifft, um regelmäßig den Spielplatz im Viertel sauber zu halten oder ein jährliches Straßenfest zu organisieren. Sie haben einen gemeinsamen Plan, wählen vielleicht jemanden aus, der die Finanzen verwaltet, und kaufen gemeinsam Materialien. Obwohl diese Gruppe nicht offiziell registriert ist, kann sie Verträge abschließen, beispielsweise für die Miete eines Festzeltes oder den Kauf von Geräten, und ist für ihre Handlungen verantwortlich – genau so agiert ein nicht eingetragener Verein im rechtlichen Alltag.
Diese Art von Verein ist zwar nicht im offiziellen Vereinsregister vermerkt, kann aber dennoch Träger von Rechten und Pflichten sein und aktiv am Rechtsverkehr teilnehmen. Das bedeutet, er kann beispielsweise Verträge schließen, Spenden entgegennehmen oder – wie ein aktueller Gerichtsfall zeigte – sogar Rechte an Immobilien im Grundbuch eintragen lassen. Für solche Handlungen können jedoch spezifische Nachweise, etwa zur Vertretungsbefugnis des Vorstands, erforderlich sein. Der Gesetzgeber ordnet diese Idealvereine nun ausdrücklich dem Vereinsrecht zu, was ihre Handlungsfähigkeit unterstreicht.
Diese rechtliche Anerkennung ermöglicht es vielen kleinen Gemeinschaften und Initiativen, ihre nicht-kommerziellen Ziele unkompliziert zu verfolgen und dabei dennoch verlässlich im Rechtsverkehr agieren zu können.
Können nicht eingetragene Vereine Rechte an Immobilien erwerben oder damit belasten?
Ja, nicht eingetragene Vereine können auch nach dem Inkrafttreten des Modernisierungsgesetzes (MoPeG) im Jahr 2024 weiterhin Rechte an Immobilien erwerben und diese auch belasten. Solche Vereine gelten als „grundbuchfähig“ und dürfen als Berechtigte im Grundbuch eingetragen werden.
Man kann sich das so vorstellen: Eine Gruppe von Freunden bildet einen inoffiziellen Verein, um einen Gemeinschaftsgarten zu pflegen. Trotz fehlender Eintragung im Vereinsregister können sie dennoch ein dauerhaftes Nutzungsrecht an einem Grundstück erwerben oder sogar eine Grundschuld aufnehmen, wenn sie einen Kredit benötigen. Das Recht erkennt ihre Fähigkeit an, solche „Immobilien-Verträge“ einzugehen und im Grundbuch zu sichern.
Dies bedeutet konkret, dass sie zum Beispiel ein Nießbrauchrecht erwerben können, welches die Nutzung und den Ertrag einer Immobilie erlaubt, ohne Eigentümer zu sein. Auch die Eintragung einer Grundschuld, die üblicherweise als Sicherheit für ein Darlehen dient, ist für sie möglich.
Entgegen anfänglichen Annahmen hat das Modernisierungsgesetz (MoPeG), das 2024 in Kraft trat, die etablierte Rechtslage für nicht eingetragene Idealvereine in diesem Punkt nicht verändert. Eine vorherige Eintragung des Vereins im Vereinsregister ist somit weiterhin nicht erforderlich, um im Grundbuch Rechte eintragen zu lassen.
Diese Regelung schützt die Handlungsfähigkeit informeller Gemeinschaften und fördert die Rechtssicherheit im Immobilienverkehr.
Inwiefern hat das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) die Rechtsstellung von Vereinen im Hinblick auf Immobilienrechte beeinflusst?
Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) hat die grundbuchrechtliche Stellung von nicht eingetragenen Idealvereinen nicht verändert. Diese Vereine bleiben somit weiterhin in der Lage, Rechte an Immobilien wie Nießbrauch oder Grundschulden im Grundbuch eintragen zu lassen.
Stellen Sie sich vor, ein Fußballverein spielt nach den Regeln des Fußballs und ein Handballverein nach Handballregeln. Obwohl beide Sportvereine sind, würden Sie nicht erwarten, dass die Abseitsregel des Fußballs plötzlich für den Handball gilt. Ähnlich verhält es sich hier: Neue Registrierungspflichten gelten für bestimmte Personengesellschaften, nicht aber für Vereine.
Die Unsicherheit bezüglich der Immobilienfähigkeit nicht eingetragener Vereine entstand, weil das MoPeG neue, strengere Registrierungspflichten für andere Rechtsformen, insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), einführte. Grundbuchämter nahmen fälschlicherweise an, diese Pflichten müssten sinngemäß auch auf nicht eingetragene Idealvereine angewandt werden.
Gerichte, wie das Oberlandesgericht München, haben jedoch klargestellt, dass Idealvereine einem eigenen, speziellen Vereinsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch unterliegen. Das MoPeG hat diese Zuordnung sogar ausdrücklich bestätigt und damit klar gemacht, dass die neuen Registrierungspflichten für Gesellschaften nicht auf Vereine ohne Rechtspersönlichkeit anwendbar sind. Dadurch bleibt die etablierte Rechtslage bezüglich der Fähigkeit dieser Vereine, Rechte im Grundbuch zu besitzen, unverändert bestehen und schützt das Vertrauen in die bestehende Zuordnung zum Vereinsrecht.
Welche Bedeutung hat die rechtliche Einordnung eines Idealvereins für dessen Fähigkeit, im Rechtsverkehr aufzutreten?
Die rechtliche Einordnung eines Idealvereins als dem Vereinsrecht zugehörig ist entscheidend dafür, dass dieser auch ohne Eintragung im Vereinsregister Rechte im Grundbuch eintragen lassen kann. Dies unterscheidet ihn von anderen Rechtsformen, die strengeren Registrierungspflichten unterliegen.
Man kann es sich vorstellen wie bei verschiedenen Sportarten: Ein Fußballspieler folgt den Regeln des Fußballs, ein Basketballspieler denen des Basketballs. Obwohl beide Sportler sind, gelten für sie unterschiedliche Regelwerke. Ähnlich verhält es sich im Recht: Je nachdem, welcher Kategorie ein Verein zugeordnet wird, gelten spezifische Gesetze und Pflichten für ihn.
Idealvereine, die keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgen, unterliegen speziellen Regelungen des Vereinsrechts. Diese sind oft weniger formal als die des Gesellschaftsrechts. Dies bedeutet, dass für einen nicht eingetragenen Idealverein andere Vorschriften gelten als beispielsweise für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Für die GbR ist seit der Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) eine vorherige Eintragung in ein Gesellschaftsregister notwendig, bevor sie Rechte im Grundbuch eintragen kann. Der Gesetzgeber hat den Idealverein aber bewusst dem Vereinsrecht zugeordnet, wodurch die strengeren Registrierungspflichten für Gesellschaften auf ihn nicht zutreffen.
Diese klare Unterscheidung schützt die etablierte Handlungsfähigkeit von Idealvereinen im Rechtsverkehr und stellt sicher, dass für sie die passenden rechtlichen Rahmenbedingungen gelten.
Wer vertritt einen nicht eingetragenen Verein und wie wird dessen Vertretungsbefugnis nachgewiesen?
Ein nicht eingetragener Verein wird üblicherweise durch seinen Vorstand oder eine andere in den Gründungsdokumenten benannte Person vertreten, wobei man deren Vertretungsbefugnis mit einfachen schriftlichen Dokumenten nachweist. Stellen Sie sich eine private Initiative oder eine Interessengruppe vor, die gemeinsame Ziele verfolgt und dafür eine Person als Sprecher oder Leiter bestimmt. Obwohl diese Gruppe nicht offiziell registriert ist, ist intern klar, wer für sie handeln darf und wer sie nach außen repräsentiert.
Ähnlich verhält es sich bei einem nicht eingetragenen Verein: Für die Vertretung ist üblicherweise der Vorstand oder eine entsprechend in der Satzung oder den Gründungsdokumenten benannte Person zuständig. Um deren Befugnis im Rechtsverkehr, beispielsweise gegenüber Behörden oder Vertragspartnern, zu belegen, können eine schriftliche Satzung oder ein Protokoll über die Wahl des Vorstands ausreichen. Das Gericht stellte sogar klar, dass für diesen Nachweis auch eine privatschriftliche Satzung genügt, um eine sonst schwierige Beweisführung zu vermeiden.
Diese unkomplizierten Nachweismöglichkeiten erleichtern nicht eingetragenen Vereinen die Handlungsfähigkeit und die Teilnahme am Rechtsverkehr. Wichtig ist dabei stets, auch nachweisen zu können, dass der Verein tatsächlich keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verfolgt, da dies für seine rechtliche Einordnung als Idealverein entscheidend ist.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Grundbuchfähigkeit
Wenn etwas oder jemand „grundbuchfähig“ ist, bedeutet das, dass ein Recht, das diese Person oder Sache betrifft, im offiziellen Grundbuch eingetragen werden darf. Das Grundbuch ist ein öffentliches Verzeichnis, das Auskunft über Eigentumsverhältnisse und Rechte an Grundstücken gibt. Die Grundbuchfähigkeit stellt sicher, dass nur rechtlich anerkannte Entitäten oder bestimmte Rechte dort vermerkt werden können, um Klarheit und Sicherheit im Immobilienverkehr zu gewährleisten.
Beispiel: Im vorliegenden Fall ging es darum, ob ein nicht eingetragener Verein überhaupt grundbuchfähig ist, also ob er als Rechteinhaber für ein Nießbrauchrecht oder eine Grundschuld im Grundbuch eingetragen werden darf. Das Oberlandesgericht bestätigte, dass er dies ist.
Grundschuld
Eine Grundschuld ist eine Belastung auf einem Grundstück, die dazu dient, ein Darlehen oder eine andere Forderung abzusichern. Sie wird ins Grundbuch eingetragen und gibt dem Gläubiger das Recht, das Grundstück zu verwerten (z.B. durch Zwangsversteigerung), falls der Schuldner die vereinbarten Zahlungen nicht leistet. Die Grundschuld ist dabei unabhängig von der tatsächlich bestehenden Schuld und kann auch nach deren Tilgung bestehen bleiben, was eine flexible Wiederverwendung für neue Darlehen ermöglicht.
Beispiel: Der Notar wollte im Namen des nicht eingetragenen Vereins eine Briefgrundschuld im Grundbuch eintragen lassen, um vermutlich ein Darlehen abzusichern, das der Verein aufgenommen hatte.
Nicht eingetragener Verein
Ein nicht eingetragener Verein ist eine Gemeinschaft von Personen, die einen gemeinsamen ideellen (also nicht-wirtschaftlichen) Zweck verfolgt, aber bewusst oder unbewusst auf die offizielle Eintragung in das Vereinsregister verzichtet hat. Er besitzt keine formelle „Rechtspersönlichkeit“ wie ein eingetragener Verein, ist aber dennoch als „Verein ohne Rechtspersönlichkeit“ rechtlich anerkannt und kann am Rechtsverkehr teilnehmen, Verträge schließen und Rechte und Pflichten tragen. Diese Rechtsform ist gedacht für kleinere Gemeinschaften, die weniger formale Anforderungen erfüllen wollen und deren Zwecke nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet sind.
Beispiel: Der Rechtsstreit drehte sich genau um die Frage, ob ein solcher nicht eingetragener Verein, der keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt, ein Recht wie Nießbrauch oder eine Grundschuld im Grundbuch eintragen lassen darf.
Nießbrauchrecht
Ein Nießbrauchrecht erlaubt es einer Person oder Organisation, eine Immobilie umfassend zu nutzen und deren Erträge zu behalten, ohne selbst der Eigentümer zu sein. Es ist ein sehr weitreichendes Nutzungsrecht, das den Berechtigten in die Lage versetzt, das Grundstück zu bewohnen, zu vermieten oder zu verpachten und die daraus resultierenden Einnahmen zu behalten. Der Eigentümer behält zwar das formale Eigentum, ist aber stark in seinen Nutzungs- und Verwertungsrechten eingeschränkt. Dieses Recht wird ebenfalls ins Grundbuch eingetragen, um seine Verbindlichkeit gegenüber Dritten zu sichern.
Beispiel: Im Artikel beantragte der Notar die Eintragung eines Nießbrauchrechts für den nicht eingetragenen Verein, was dem Verein die Nutzung und Profitierung einer Immobilie ermöglichen sollte, ohne dass er selbst Eigentümer werden musste.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Grundbuchfähigkeit eines nicht eingetragenen Idealvereins (Grundprinzip)
Ein Verein, der nicht im Vereinsregister eingetragen ist und keine wirtschaftlichen Zwecke verfolgt, kann trotzdem Inhaber von Rechten an Grundstücken wie einem Nießbrauch oder einer Grundschuld sein.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Oberlandesgericht bestätigte, dass der nicht eingetragene Idealverein nach wie vor das Recht hat, im Grundbuch als Berechtigter für ein Nießbrauchrecht und eine Grundschuld eingetragen zu werden, entgegen der Annahme des Grundbuchamtes.
- Zuordnung des Idealvereins zum Vereinsrecht (§ 54 Abs. 1 S. 1 BGB)
Das Gesetz ordnet nicht eingetragene Idealvereine explizit dem Vereinsrecht zu, auch wenn sie keine formelle Rechtspersönlichkeit besitzen, und nicht dem Gesellschaftsrecht.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Diese klare Zuordnung war entscheidend dafür, dass die strengeren Regeln für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) – wie die Pflicht zur Voreintragung in ein Gesellschaftsregister – nicht auf den nicht eingetragenen Verein angewendet werden konnten.
- Ablehnung der Gesetzeslücke und Analogieanwendung (Prinzip der Gesetzesauslegung)
Gerichte wenden Regeln aus einem anderen Bereich nur dann analog an, wenn das Gesetz eine unbeabsichtigte Lücke aufweist, die der Gesetzgeber nicht bewusst gelassen hat.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht wies die Argumentation des Grundbuchamtes zurück, da keine unbeabsichtigte Lücke im Gesetz vorlag, die es erfordert hätte, die Regeln für Gesellschaften bürgerlichen Rechts auf den Idealverein zu übertragen.
- Erfordernis des Nachweises im Grundbuchverfahren (§ 29 Grundbuchordnung)
Wer Rechte im Grundbuch eintragen lassen möchte, muss seine Berechtigung und seine Vertretungsbefugnis gegenüber dem Grundbuchamt nachweisen, üblicherweise in öffentlich beurkundeter Form.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Trotz der Bestätigung der Grundbuchfähigkeit musste der Verein noch nachweisen, wer ihn vertritt und dass er tatsächlich keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt, wobei das Gericht klargestellte, dass hierfür ausnahmsweise auch eine privatschriftliche Satzung genügen kann.
Das vorliegende Urteil
OLG München – Az.: 34 Wx 329/24 e – Beschluss v. 10.02.2025
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