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Handelsregisterverfahren – Eintragungsfähigkeit der Gesellschafterliste einer GmbH

OLG Stuttgart – Az.: 8 W 120/11 – Beschluss vom 07.04.2011

1. Auf die befristete Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Ulm – Registergericht – vom 16. März 2011, HRB 640763, aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Behandlung der zur Aufnahme in das Handelsregister eingereichten Gesellschafterliste vom 20. Oktober 2010 (URNr. 1561 A/2010) nebst Feststellung zu dieser Urkunde vom 26. November 2010 – unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats – an das Amtsgericht Ulm zurückverwiesen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Kostenentscheidung im Übrigen ist nicht veranlasst.

Gründe

1.

Der Beteiligte Ziff. 2 reichte am 20. Oktober 2010 zum Handelsregister des Amtsgerichts – Registergerichts – Ulm eine notarbescheinigte Gesellschafterliste zur Aufnahme in das Handelsregister ein.

Die Notarbescheinigung hat folgenden Wortlaut:

„Die vorstehende Gesellschafterliste enthält mit Ausnahme der bislang nicht im Handelsregister vollzogenen Beschlüsse in Abschnitt B.I. meiner Urkunde vom 29. Juli 2010, URNr. 1114 A/2010, die Veränderungen, die sich aufgrund meiner vorgenannten Urkunde nach Vollzug der dort in Abschnitt B.II. beschlossenen Kapitalerhöhung im Handelsregister ergeben und stimmt ansonsten mit der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste vom 20. Dezember 2004 überein.“

Am 25. Oktober 2010 beanstandete die Rechtspflegerin:

„Die eingereichte Gesellschafterliste nach § 40 Abs. 1 GmbHG kann aus folgenden Gründen nicht anerkannt werden:

– Die übrigen Eintragungen stimmen nicht mit dem Inhalt der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Liste überein. Die zuletzt im Handelsregister aufgenommene Liste datiert vom 22. Dezember 2004.

– Die Bescheinigung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG hat lediglich den Gesetzestext zu enthalten.

Hinweis: Die Anmeldung vom 29. Juli 2010 – URNr. 1115 A/2010 – wurde in Ziffer I. zurückgenommen.

Die Gesellschafterliste ist nach Berichtigung erneut elektronisch einzureichen….“

Der Notar reichte die aufgrund der Feststellung vom 26. November 2010 zu seiner Urkunde vom 20. Oktober 2010, URNr. 1561 A/2010, korrigierte notarbescheinigte Gesellschafterliste ein, wonach nunmehr die Übereinstimmung mit der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste vom 22. Dezember 2004 bescheinigt wurde.

Zur zweiten Beanstandung wies er mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 darauf hin, dass § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG einen bestimmten Wortlaut der Bescheinigung nicht vorschreibe. Im einzelnen wird auf den Inhalt der Stellungnahme und das dortige Zitat (Link, RNotZ 2009, 193, 206) verwiesen.

Hierauf hat das Registergericht mit Beschluss vom 16. März 2011 die Liste der Gesellschafter vom 20. Oktober 2010 unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 25. Oktober 2010 zurückgewiesen.

Gegen die am 18. März 2011 zugestellte Entscheidung hat der Notar namens und in Vollmacht der Beteiligten Ziff. 1 Beschwerde eingelegt, auf deren Begründung verwiesen wird.

Die Rechtspflegerin hat – ohne Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen – nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt unter erneuter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 25. Oktober 2010 mit dem Zusatz, dass insbesondere die übrigen Eintragungen nicht mit dem Inhalt der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Liste übereinstimmten.

2.

Die befristete Beschwerde ist statthaft (§§ 374 Nr. 1, 382 Abs. 3, 58 Abs. 1 FamFG) und wurde form- und fristgerecht gem. §§ 58 ff FamFG erhoben. Die Beschwerdeberechtigung der beteiligten Gesellschaft, in deren Namen und mit deren Vollmacht der Notar das Rechtsmittel eingelegt hat, ergibt sich aus § 59 Abs. 1 FamFG.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Durch die Richtigstellung des Datums der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste auf den 22. Dezember 2004 und die elektronische Einreichung der berichtigten notarbescheinigten Gesellschafterliste hat der Notar die Beanstandung der Nichtübereinstimmung der übrigen Eintragungen mit dem Inhalt der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Liste ausgeräumt.

Dem Verlangen der Rechtspflegerin, dass die Bescheinigung des Notars genau dem Wortlaut des § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG entsprechen muss, kann nicht gefolgt werden.

Der Notar ist nicht gezwungen, die sich aus der Vorschrift ergebende Formulierung für die mit der Einreichung der Gesellschafterliste verbundene Bescheinigung zu verwenden. Der von ihm gewählte Wortlaut muss nur denselben Inhalt haben, d.h. es muss sich aus der Bescheinigung ebenso eindeutig wie aus dem Gesetzestext ergeben, dass die Eintragungen in der Gesellschafterliste – außer den vom Notar bescheinigten Veränderungen – mit dem Inhalt der sich aus dem Handelsregister ergebenden letzten Eintragung übereinstimmen (OLG Stuttgart/Senat, Beschluss vom 28. Juli 2010, Az. 8 W 176/10, vorgehend Amtsgericht Ulm, HRB 724783).

Zwar sind nach Krafka/Willer/Kühn, RegisterR, 8. Aufl. 2010, Rn. 1103 – unter Bezugnahme auf OLG München GmbHR 2009, 825 – über den Wortlaut des § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG hinausgehende oder diesen einschränkende Zusätze zu unterlassen.

Diese Aussage kann aber der vorgenannten Entscheidung so nicht entnommen werden. Vielmehr hatte das OLG München die folgende Bescheinigung beanstandet:

„Als Urkundsperson habe ich an einer Veränderung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 GmbHG mitgewirkt; bei Beurkundung dieser Veränderung wurde die hier im Anschluss an die gegenwärtige Bescheinigung in Kopie beigefügte Gesellschafterliste zugrundegelegt, bei der es sich nach Angabe der Beteiligten um die zuletzt im Handelsregister aufgenommene Liste handelt. Hiermit bescheinige ich, dass die in vorstehender Liste vorgenommenen Abweichungen den Veränderungen entsprechen, an denen ich als Urkundsperson mitgewirkt habe und die übrigen Eintragungen mit dem Inhalt der anliegenden Liste übereinstimmen. Diese Bescheinigung ist nach Aktenlage erstellt; weder für die vorstehende noch für die nachstehende Liste ist deren sachliche Richtigkeit Gegenstand meiner Bescheinigung.“

Das OLG München hat festgestellt, dass diese Bescheinigung nicht den Vorgaben des § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG entspricht. Entgegen der Auffassung des Notars sei diese auch zu erteilen, wenn die „alte“ Gesellschafterliste vor Inkrafttreten des MoMiG erstellt und eingereicht worden sei. Denn ohne Belang sei, dass zuvor an die Gesellschafterliste geringere Anforderungen gestellt worden seien. Die Prüfungspflicht des Notars sei begrenzt. Im Übrigen könne er Einsicht in die Registerakten nehmen, wenn er die elektronisch abrufbare Gesellschafterliste als nicht hinreichend verlässlich betrachte.

Die vom Registergericht vorliegend beanstandete Einschränkung: „… mit Ausnahme der bislang nicht im Handelsregister vollzogenen Beschlüsse in Abschnitt B.I. meiner Urkunde vom 29. Juli 2010, URNr. 1114 A/2010, …“, weil die Anmeldung vom 29. Juli 2010 -URNr. 1115 A/2010- in Ziffer I. zurückgenommen worden sei, ist mit den vom OLG München zu beurteilenden Einschränkungen nicht zu vergleichen.

Zu Recht weist der Notar darauf hin, dass ohne diesen Zusatz sich für den Leser der Bescheinigung der unrichtige Eindruck ergebe, auch dieser Teil der Urkunde sei wirksam geworden.

Der Notar bescheinigt ungeachtet seiner in § 40 Abs. 2 Satz 1 GmbHG zum Ausdruck kommenden Verantwortung für die Prüfung, ob die beurkundeten Veränderungen auch eingetreten sind, mit der Notarbescheinigung im Sinne des § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG nur, dass die geänderten Eintragungen in der Gesellschafterliste den Veränderungen entsprechen, an denen er mitgewirkt hat, nicht aber, dass diese Veränderungen wirksam sind. Legitimations- und Rechtsscheinsgrundlage ist dementsprechend nur die in das Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste und nicht die Notarbescheinigung (OLG Jena DNotZ 2011, 65, m.w.N.).

Nachdem aber die Bescheinigung selbst kein Rechtsscheinsträger ist (vgl. hierzu auch: OLG Stuttgart/Senat MDR 2009, 1313; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010, § 40 GmbHG Rn. 65; je m.w.N.), muss dem Notar zugestanden werden, Auslegungszweifel in Bezug auf den Inhalt seiner Bescheinigung zu vermeiden und – wie vorliegend – eine entsprechende Einschränkung aufzunehmen, ohne die von § 40 Abs. 2 Satz 2 GmbHG vom Notar verlangte Bescheinigung, dass die geänderten Eintragungen den Veränderungen entsprechen, an denen er mitgewirkt hat, und die übrigen Eintragungen mit dem Inhalt der zuletzt im Handelsregister aufgenommenen Liste übereinstimmen, in ihrem Sinngehalt irgendwie zu verändern.

Dies ist aber durch die Bescheinigung des Notars vom 20. Oktober 2010 berücksichtigt worden. Sie entspricht deshalb in vollem Umfang den Anforderungen der genannten Vorschrift.

Danach war der Zurückweisungsbeschluss des Registergerichts vom 16. März 2011 aufzuheben. Dieses hat erneut über die Handelsregisteraufnahme der eingereichten Gesellschafterliste unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG; Hüßtege in Thomas/Putzo, 31. Aufl. 2010, § 81 FamFG Rn. 2). Die Gerichtsgebührenfreiheit ergibt sich aus § 131 Abs. 3 KostO.

 

 

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