OLG Frankfurt hebt Beschluss des Registergerichts auf: Eintragung der Gesellschaft nicht zurückzuweisen
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt hat in einem Beschluss vom 17.01.2022 (Az.: 20 W 254/21) einen angefochtenen Beschluss des Registergerichts aufgehoben und angewiesen, die Anmeldung zur Eintragung der Gesellschaft nicht aus dem in dem aufgehobenen Beschluss angegebenen Grund zurückzuweisen. In diesem Fall geht es um die Frage, ob das Registergericht die Ersteintragung der Gesellschaft von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen konnte.
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Übersicht
Hintergrund des Falles
Mit einer Verfügung vom 18.03.2021 hatte das Amtsgericht – Registergericht – die Ersteintragung der Gesellschaft von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht. Nachdem der angeforderte Kostenvorschuss nicht eingegangen war, wies das Registergericht den Notar darauf hin, dass die Anmeldung erst nach Eingang des Vorschusses geprüft werde und dauerhaftes Ausbleiben der Zahlung ein Zurückweisungsgrund sei.
Zurückweisung der Anmeldung durch Registergericht
Das Registergericht hat mit Beschluss vom 16.09.2021 den Antrag auf Wahrung der Anmeldung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Eintragung der Gesellschaft von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht worden sei, der bis dahin nicht geleistet worden sei. Gegen diesen Beschluss legte die bestellte Geschäftsführerin Beschwerde ein.
OLG Frankfurt entscheidet zugunsten der Gesellschaft
Die Beschwerde der Geschäftsführerin war zulässig und fristgemäß eingegangen. Das OLG Frankfurt hob den angefochtenen Beschluss des Registergerichts auf, da die Frage der Vorauszahlung des Kostenvorschusses offen ist. Nach § 13 S. 1 GNotKG „kann“ das Registergericht die beantragte Handlung von der Zahlung eines Vorschusses abhängig machen, hat jedoch einen größeren Spielraum bei der Entscheidung.
Auswirkungen des Urteils
Das OLG Frankfurt hat mit diesem Urteil klargestellt, dass das Registergericht nicht in jedem Fall die Eintragung einer Gesellschaft von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig machen kann. Die Entscheidung bietet einen wichtigen Leitfaden für Registergerichte und Gesellschaften, die sich in ähnlichen Situationen befinden.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 20 W 254/21 – Beschluss vom 17.01.2022
Der angefochtene Beschluss des Registergerichts wird aufgehoben und das Registergericht wird angewiesen, die Anmeldung zur Eintragung der Gesellschaft nicht aus dem in dem aufgehobenen Beschluss angegebenen Grund zurückzuweisen.
Gründe
I.
Mit an die Gesellschaft gerichteter Verfügung vom 18.03.2021 hat das Amtsgericht – Registergericht – die Ersteintragung der Gesellschaft von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht.
Nachdem der angeforderte Kostenvorschuss bis dahin nicht eingegangen ist, hat das Registergericht mit Verfügung vom 16.06.2021 (Bl. 5 d.A.) den die Anmeldung übermittelnden Notar u.a. darauf hingewiesen, dass die Anmeldung frühestens nach Eingang des Vorschusses geprüft werde, das Eintragungsverfahren bis zur Zahlung gemäß § 13 S. 1 GNotKG ruhe, eine Entscheidung über die Wahrung des Antrags erst nach Zahlung erfolge und dauerhaftes Ausbleiben ein Zurückweisungsgrund sei.
Mit Verfügung vom 04.08.2021 erinnerte das Registergericht den Notar nochmals an die Erledigung des Schreibens vom 16.06.2021 und kündigte an, dass die vorliegende Anmeldung kostenpflichtig zurückgewiesen werde, falls die Zahlung nicht bis zum 01.09.2021 nachgewiesen sei.
Mit Beschluss vom 16.09.2021 hat das Registergericht den Antrag auf Wahrung der Anmeldung vom 10.03.2021 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Eintragung der Gesellschaft sei am 18.03.2021 von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht worden, der bis dahin nicht geleistet worden sei.
Gegen den am 30.09.2021 dem Notar zugestellten Beschluss hat die bestellte Geschäftsführerin mit Schreiben vom 17.10.2021 Beschwerde eingelegt, die am 01.11.2021 bei Gericht eingegangen ist. Wegen der Begründung wird auf das genannte Schreiben Bezug genommen (Bl. 11 d.A.).
Mit Schreiben vom 18.11.2021 wies das Registergericht die Beschwerdeführerin darauf hin, dass der Beschluss vom 16.09.2021 rechtskräftig sei. Die Beschwerde sei am 01.11.2021 eingegangen, Zahlung aber nicht erfolgt. Das Eintragungsverfahren sei durch rechtskräftigen Zurückweisungsbeschluss abgeschlossen.
Mit Beschluss vom 29.11.2021 hat das Registergericht der Beschwerde vom 27.10.2021 wegen Verfristung nicht abgeholfen. Der Beschluss sei am 02.11.2021 rechtskräftig geworden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beschwerde zwar eingegangen, das Eintragungshindernis jedoch nicht beseitigt gewesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 58 Abs. 1 FamFG), insbesondere fristgemäß eingegangen (§§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1 FamFG). Der angefochtene Beschluss ist dem die Anmeldung einreichenden Notar am 30.09.2021 zugestellt worden, die Beschwerde der bestellten Geschäftsführerin ist am 01.11.2021 (Montag), also innerhalb der Monatsfrist, bei Gericht eingegangen. Darauf, ob zu diesem Zeitpunkt der angeforderte Kostenvorschuss schon gezahlt war, kommt es nicht an.
Dabei ist davon auszugehen, dass die bestellte Geschäftsführerin die Beschwerde im Namen der Gesellschaft eingelegt hat. Diese stellt als Vorgesellschaft bereits ein eigenständiges, von ihren Gründern und Gesellschaftern verschiedenes Rechtsgebilde mit eigenen Rechten und Pflichten dar und ist selbst beschwerdeberechtigt gemäß § 59 Abs. 1 und 2 FamFG (vgl. Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 59 Rn. 86 m.w.N.).
Die Beschwerde hat auch Erfolg. Der angefochtene Beschluss des Registergerichts ist aufzuheben.
Ob vorliegend ein Fall gegeben ist, in dem das Registergericht sogleich mit der Vorschussanforderung vom 18.03.2021 die Vollziehung der vorgenannten Anmeldung von der vorherigen Zahlung der für die angemeldete Eintragung anfallenden Gerichtskosten durch die Gesellschaft abhängig machen konnte, kann dahinstehen.
Nach § 13 S. 1 GNotKG „kann“ in erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren, in denen der Antragssteller die Kosten schuldet (§ 22 Abs. 1 GNotKG), die beantragte Handlung – hier mithin der Vollzug der nur auf Anmeldung erfolgenden Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister – von der Zahlung eines Vorschusses in Höhe der für die Handlung oder der für das Verfahren im allgemeinen bestimmten Gebühr abhängig gemacht werden.
Die vorgenannte gesetzliche Regelung gestaltet somit die Frage der Vorauszahlung offener als früher in § 8 Abs. 2 KostO dem Wortlaut nach geregelt, wonach die beantragte Handlung von der Zahlung eines Vorschusses abhängig gemacht werden „sollte“. Dem Gericht soll dabei ein möglichst großer Spielraum eingeräumt werden (vgl. etwa Diehn in Pohlmann/Diehn/Sommerfeld, GNotKG, 3. Aufl. 2019, § 13 Rn. 3). Dabei dürfte es allerdings als ermessensfehlerhaft anzusehen sein, wenn etwa Eintragungen im Handelsregister durchgängig oder bei bestimmten Geschäften ausnahmslos – und ohne weitere Begründung – von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht würden, da hierdurch ein Hindernis geschaffen würde, das die Schnelligkeit des elektronischen Handelsregisters verkehrsempfindlich beeinträchtigen würde (so etwa Diehn, a.a.O.).
Vorliegend begründete das Sicherungsinteresse des Staates im Hinblick auf zu erwartende Beitreibungsprobleme gegenüber der Gesellschaft die Abhängigmachung der Eintragung von der Zahlung des Kostenvorschusses und rechtfertigte somit auch eine etwaige Verzögerung des Verfahrensablaufs (zu diesem Gesichtspunkt vgl. etwa Krafka, Registerrecht, 11. Aufl. 2019, Rn. 491; Klüsener in Korintenberg, GNotKG, 21. Aufl. 2020, § 13 Rn. 27). Denn die Beschwerdeführerin hat nach der Anforderung vom 18.03.2021 bis zum 16.06.2021 den Kostenvorschuss nicht einbezahlt. Das Registergericht hat infolgedessen mit Verfügung von 16.06.2021 den Notar angeschrieben und auf das Abhängigmachen hingewiesen sowie mit Verfügung vom 04.08.2021 an den Notar nochmals eine Frist zur Zahlung bis zum 01.09.2021 gesetzt. Darin kann ein erneutes Abhängigmachen der Eintragung von der Zahlung des angeforderten Kostenvorschusses gesehen werden. Wegen der Nichtzahlung bis zum 16.06.2021 konnte das Registergericht von Beitreibungsproblemen gegenüber der Gesellschaft ausgehen.
Eine Erklärung eines Notars, für die Kostenschuld der Gesellschaft die persönliche Haftung zu übernehmen, was dazu geführt hätte, dass die Anmeldung nicht von der Zahlung der Kosten hätte abhängig gemacht werden dürfen (§ 16 Nr. 3 GNotKG), ist der dem Senat vorgelegten Registerakte im Übrigen nicht zu entnehmen.
Die nicht erfolgte Zahlung der somit unter Beachtung der Anforderungen von § 13 GNotKG erfolgten Vorschussanforderung berechtigte das Registergericht nach Auffassung des Senats (so schon zu § 8 Abs. 2 KostO: Senat, Beschluss vom 29.07.1992, 20 W 292/91 – FamRZ 1994, 254; auch Senat, Beschluss vom 30.03.2021, 20 W 293/19 – n.v.; ebenso OLG Köln, Beschluss vom 05.08.2010, 2 Wx 116/10; OLG Hamm, Beschluss vom 24.03.2021, I-27 W 11/21, 27 W 11/21; – beide juris) jedoch nicht zur Zurückweisung der auf die Eintragung der Gesellschaft gerichteten verfahrensgegenständlichen Anmeldung.
Aus § 13 Abs. 1 S. 1 GNotKG ergibt sich vielmehr lediglich, dass die beantragte Handlung so lange unterbleibt, das Verfahren also ruht, bis der angeforderte Vorschuss gezahlt worden ist. Für die Zurückweisung der verfahrensgegenständlichen Anmeldung bei unterbliebener Vorschusszahlung fehlt es an einer verfahrensrechtlichen Grundlage, die nur dann gegeben wäre, wenn sich hier aufgrund gesetzlicher Vorschriften ein Ruhen des Verfahrens verbieten würde. Letzteres ist etwa bei einem Grundbucheintragungsantrag im Hinblick auf den in §§ 17, 45 GBO angeordneten Vorrang der zeitlich früheren Anmeldung der Fall, jedoch nicht bei dem hier vorliegenden Fall der Handelsregisteranmeldung der Gründung einer GmbH, so dass der Rechtsnachteil der kostenpflichtigen Zurückweisung des Eintragungsantrags nicht an die Nichtzahlung des Kostenvorschusses geknüpft werden kann. Die Verfahrenslage bei Nichtzahlung eines angeordneten Kostenvorschusses ähnelt dabei derjenigen, die besteht, wenn nach Einreichung einer Klage oder eines Antrages die nach § 12 Abs. 1 S. 1 GKG und § 14 Abs. 1 S. 1 FamFG geforderte Verfahrensgebühr nicht bezahlt wird. Bei Nichtleistung dieser Gebühren hat der Kläger/Antragsteller nur den prozessualen Nachteil einer Untätigkeit des Gerichts zu erleiden, und die Klage/der Antrag wird nicht abgewiesen, sondern die Akten werden nach fruchtlosem Ablauf der dem Kläger/Antragsteller gesetzten Frist zur Zahlung des geforderten Vorschusses weggelegt (vgl. insgesamt etwa bereits Senat, Beschluss vom 29.7.1992, a.a.O., zu einem güterrechtlichen Verfahren; OLG Köln, Beschluss vom 17.11.2017, 2 Wx 248/17, Rn. 3 – juris; BayObLG, Beschluss vom 06.12.2000, Az. 2Z BR 103/00 – juris; Klüsener, a.a.O., Rn. 21, 22; Diehn, a.a.O., Rn. 2; Klahr in BeckOK Kostenrecht, Stand 01.01.2021, § 13 GNotKG, Rn. 63; Büringer in Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2. Aufl. 2017, § 13 GNotKG, Rn. 11; Sternal in Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 21 Rn. 43 ergänzt um die Auffassung, dass in diesem Fall eine formelle Ruhensanordnung ergehen solle).
Der Gegenauffassung (KG, Beschlüsse vom 06.10.2021, 22 W 67/21, 22 W 73/21, Rn. 14, und vom 15.06.2017, 22 W 42/17, Rn. 5 – alle juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.12.2019 – I-3 Wx 177/19, Rn. 7 – juris), die im Falle der Nichtzahlung eines Kostenvorschusses bei Erstanmeldung einer GmbH zum Handelsregister eine Zurückweisung der Anmeldung für geboten erachtet, ist nicht zu folgen. Sie begründet ihre Ansicht damit, dass die Rechtssicherheit in diesen Fällen eine alsbaldige Entscheidung verlange, weil es im Hinblick auf die Folgen für Gläubiger und Gesellschafter alsbald erkennbar sein müsse, ob die gegründete Gesellschaft mit der Folge der Haftungsbeschränkung eingetragen werde (KG, Beschluss vom 15.06.2017, a.a.O., Rn. 5; OLG Düsseldorf, a.a.O., Rn. 3). Im Hinblick darauf, dass der Umstand, dass eine Gesellschaft (noch) nicht eingetragen ist, für jedermann jederzeit aus dem Handelsregister ersichtlich ist, und die Rechtsnatur einer Vorgesellschaft als Gesellschaft sui generis, auf die schon weitgehend das Recht der GmbH Anwendung findet, samt den Folgen daraus höchstrichterlich geklärt ist (vgl. etwa BGHZ 21, 242 ff.; 80, 129 ff.; 117, 323; 134, 333; 143, 314 ff.; auch Merkt, Münchener Komm. GmbHG, 4. Aufl. 2022, Rn. 9 ff.), ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit für die Gläubiger keine Zurückweisung geboten. Diesen steht unter den Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 GmbHG bis zur Eintragung zudem die sog. Handelndenhaftung zur Verfügung. Die Gesellschafter, die es durch die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Zahlung des Kostenvorschusses in der Hand haben, die Gesellschaft mit der Haftungsbeschränkung zum Entstehen zu bringen, sind insoweit nicht schutzbedürftig.
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ist das Verfahren der Beschwerde gerichtskostenfrei. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Anordnung der der Gesellschaft im Verfahren der Beschwerde etwa entstandenen notwendigen Aufwendungen liegen nicht vor.