LG Düsseldorf – Az.: 25 OH 6/17 – Beschluss vom 04.06.2019
Auf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 127 GNotKG wird die geänderte Kostenrechnung Nr. 3037 in der Fassung vom 31.10.2018 des Notars Dr. D. aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Beteiligte zu 3. erhielt am 11.07.2017 von der Maklerin E. von F. (nachfolgend: Maklerin) auf Veranlassung der Kaufinteressenten G. und H. den Auftrag zur Fertigung eines Kaufvertragsentwurfs betreffend Grundbesitz der Beteiligten zu 1. und zu 2. in K. .
Mit E-Mail vom 12.07.2017 teilte der Beteiligte zu 3., vertreten durch seinen Bürovorsteher, dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und zu 2. mit, dass er einen Vertragsentwurf erst erstellen werde, wenn er dessen Mitteilung über das Ergebnis der Abstimmung des Verfahrensbevollmächtigten mit den die Zwangsversteigerung betreibenden Gläubigern und dem Finanzamt Viersen erhalten hat. Hintergrund war, dass für die Beteiligten zu 1. und zu 2. bereits seit geraumer Zeit versucht worden war, ein Sanierungskonzept zu entwerfen, welches unter anderem die Veräußerung des erheblich belasteten und zwischenzeitlich mit einem Zwangsversteigerungsvermerk versehenen Grundbesitz der Beteiligten zu 1. und zu 2. vorsah.
Mit E-Mail vom 19.07.2017 bestätigte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. und zu 2. dem Beteiligten zu 3. nochmals, dass der beabsichtigte Kaufvertrag auf einer Basis von 300.000,00 EUR abgewickelt werden könne und teilte gleichzeitig mit, wie mit den Belastungen verfahren werden könne. Die Nachricht beendete er wie folgt: „Wie gesagt kann der Kaufvertragsentwurf damit aus diesseitiger Sicht erstellt werden.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die in Ablichtung zur Akte gereichte E-Mail verwiesen (Bl. 11 f. GA).
Am 20.07.2017 übersandte der Beteiligte zu 3. den Beteiligten zu 1. und zu 2. sowie den Erwerbsinteressenten den vollständigen Kaufvertragsentwurf. Ein anberaumter Termin zur Beurkundung wurde von den Käufern abgesagt, weil die Finanzierung noch nicht hinreichend fixiert war.
Am 14.08.2017 teilte der Erwerbsinteressent dem Beteiligten zu 3. fernmündlich mit, dass der Kaufvertrag nicht mehr beurkundet werde, weil das Vertragsobjekt vom den Beteiligten zu 1. und zu 2. anderweitig veräußert worden sei.
Der Beteiligte zu 3. nahm mit seiner Kostenrechnung vom 14.08.2017 über 1.530,94 EUR wegen vorzeitiger Beendigung eines Beurkundungsverfahrens die Beteiligten zu 1. und zu 2. in Anspruch, weil seiner Auffassung nach das Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten vom 19.07.2017 die Qualität eines weiteren Auftrages besessen habe. Die Beteiligten zu 1. und zu 2. haben gegenüber dem Beteiligten zu 3. eine Begleichung der Kostenrechnung abgelehnt, da sie keinen Auftrag zur Erstellung eines notariellen Kaufvertrages erteilt hätten. Der Beteiligte zu 3. hat daraufhin mit Schreiben vom 05.10.2017 die Kostenrechnung dem Landgericht zugeleitet und auf den Antrag der Beteiligten zu 1. und zu 2. eine Entscheidung des Landgerichts erfordert.
Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 18.10.2018 Stellung genommen und die Rechnung unter anderem wegen Verstoßes gegen das Zitiergebot beanstandet.
Daraufhin hat der Beteiligte zu 3. unter dem 31.10.2018 eine korrigierte Kostenrechnung erstellt, zu der der Präsident des Landgerichts unter dem 13.11.2018 erneut Stellung genommen hat.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der Antrag des Notars auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, § 127 Abs. 1 GNotKG, sachlich handelt es sich um einen Antrag der Kostenschuldner (Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., § 127 GNotKG, Rn. 10; Korintenberg-Sikora, GNotKG, 19. Aufl., § 127 Rn. 68). Denn § 127 Abs. 1 Satz 2 GNotKG gibt dem Notar die Möglichkeit, eine Entscheidung des Landgerichts herbeizuführen, sofern – wie im vorliegenden Fall – der Kostenschuldner die Kostenberechnung jenem gegenüber beanstandet.
Auf Antrag der Beteiligten zu 1. und zu 2. nach § 127 Abs. 1 GNotKG war die streitgegenständliche geänderte Kostenrechnung vom 31.10.2018 aufzuheben.
1.
Die Kostenrechnung ist zwar nunmehr rechnerisch nicht zu beanstanden und entspricht dem Zitiergebot gemäß § 19 Abs. 2, 3 GNotKG.
2.
Die Beteiligten zu 1. und zu 2. schulden dem Beteiligten zu 3. jedoch nicht die abgerechneten Notarkosten gemäß § 29 Nr. 1 GNotkG für die Fertigung des Kaufvertrags.
Ein entsprechender Auftrag der Beteiligten zu 1. und zu 2., vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, an den Beteiligten zu 3. zur Erstellung sowie Beurkundung des Vertrages kann nicht festgestellt werden.
Unter dem Begriff des Auftrags ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung jedes an den Notar gerichtete Ansuchen zu verstehen, das auf die Vornahme einer notariellen Amtstätigkeit gerichtet ist. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es nicht. Der Beurkundungsauftrag kann auch durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Das Verhalten des Kostenschuldners muss sich aus dem objektivierten Empfängerhorizont des Notars als eigenständiges Ersuchen um amtliches Tätigwerden darstellen, nicht lediglich als notwendige Mitwirkung an der Vorbereitung der Beurkundung. Maßgeblich ist, ob das Verhalten für den Notar nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt; dies kann nur unter Heranziehung und Wertung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden (vgl. zum Ganzen nur statt vieler Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. Januar 2017 – V ZB 79/16 -, Rn. 6, juris, mit zahlreichen Nachweisen).
Unterbleibt – wie vorliegend – die Beurkundung, so ist gemäß § 29 Nr. 1 GNotKG für die Gebühren allein der Auftraggeber Kostenschuldner. Von wem – gegebenenfalls stillschweigend – ein Auftrag erteilt worden ist, ist eine Frage des Einzelfalls (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2017 – I-10 W 28/17 -, Rn. 3, juris).
In einer Situation, in der sämtliche Beteiligte das Bewusstsein besitzen, dass dem Notar bereits ein Beurkundungsauftrag erteilt ist, kann dem Verhalten eines Beteiligten nur dann eine Auftragsqualität zukommen, wenn zusätzliche Umstände hinzutreten, die erkennbar den Schluss zulassen, der Beteiligte wolle einen zweiten, daneben stehenden Beurkundungsauftrag erteilen oder einem bereits bestehenden Auftrag beitreten. Der Beurkundungsauftrag ist – anders als die Aufforderung zur Erstellung eines Entwurfes – seiner Natur nach darauf gerichtet, ein notarielles Verfahren in Gang zu setzen. Wenn dieses Verfahren aber bereits existiert, bedarf es besonderer Umstände, eine daneben stehende selbständige Ursache – mit der entsprechenden gesetzlichen Kostenfolge – zu setzen und auch setzen zu wollen. Die in § 30 GNotKG normierte Haftung beider Urkundsbeteiligten dagegen tritt von Gesetzes wegen erst dann ein, wenn die Beurkundung vollendet ist (vgl. zum Ganzen nur KG Berlin, Beschluss vom 22.11.2016 – 9 W 30/16 -, Rn. 10, juris).
Für solche besonderen Feststellungen spricht vorliegend nichts. Vielmehr ist auch in dem hiesigen Verfahren der Kontakt zwischen dem Beteiligten zu 3. und dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und zu 2. dadurch in Gang gesetzt worden, dass der Beteiligte zu 3. selbst bzw. sein Mitarbeiter an den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und zu 2. herangetreten ist. Die sich daran anschließende Korrespondenz konnte der Notar nicht ohne Weiteres als einen solchen expliziten Beitritt zum Beurkundungsauftrag deuten (vgl. allg. ebenso KG Berlin, Beschluss vom 22.11.2016, a.a.O.).
Hieran vermag auch nicht als einziger konkret benannter Anknüpfungspunkt die Formulierung „der Kaufvertrag kann aus diesseitiger Sicht erstellt werden“ aus der E-Mail vom 19.07.2017 in Erwiderung auf die Anfrage des Beteiligten zu 3. etwas zu ändern. Ein eigener, selbstständiger Beurkundungsauftrag der Beteiligten zu 1. und zu 2. ist damit bereits dem Wortlaut nach nicht hinreichend eindeutig belegt. Gewichtig kommt es indes auf den Gesamtzusammenhang an. In diesem hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1. und zu 2. keinerlei Änderungs- oder sonstige Ergänzungswünsche hinsichtlich des Vertrages eingebracht. Zwar kann in der Bitte um Abänderung eines bestehenden Vertragsentwurfes eine – zumindest konkludente – Auftragserteilung liegen (vgl. nur statt vieler OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2017 – I-10 W 28/17 -, juris). Eine solche lag hier indes nicht vor. Unstreitig kam auch die Initiative zur Hinzuziehung des Beteiligten zu 3. aus I. in keiner Weise von den in J. wohnhaften Beteiligten zu 1. und zu 2, die über Grundbesitz in K. verfügten.
Nicht zuletzt hätte es im eigenen Gebühreninteresse des Notars gelegen, auf die Klärung möglicher Missverständnisse dadurch hinzuwirken, dass er die Frage der Auftragserteilung offen ansprach und sich beantworten ließ. Gerade auf Grund der Interessenabwägung einerseits und der Gestaltungshoheit des Notars hinsichtlich des Beurkundungsverfahrens andererseits wiegt seine Verantwortung insoweit stärker und fallen Unklarheiten über die mögliche Auftragserteilung zu seinen Lasten aus (vgl. explizit: KG Berlin, Beschluss vom 22.11.2016, a.a.O.).
Die Kostenrechnung war daher aufzuheben.