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Grundstücksverkehrsrecht – Verpachtungs- anstatt Veräußerungsauflage – Genehmigungsversagung

Eine Wende im Grundstücksverkehrsrecht: Verpachtung vor Veräußerung

In einer neuesten Entwicklung des Grundstücksverkehrsrechts, die das Amtsgericht Bautzen betrifft, gibt es eine bemerkenswerte Änderung, die weitreichende Auswirkungen haben könnte. In der Kernfrage stand die Auflage zur Verpachtung eines Grundstücks im Gegensatz zur ursprünglichen Veräußerungsauflage.

Im April 2021 stellte das Landratsamt Bautzen einen Bescheid aus, der in der Gerichtssitzung vom 20. Juli 2021 modifiziert wurde. Dabei handelte es sich um einen notariellen Vertrag, der am 25. August 2020 geschlossen wurde und nun mit einer speziellen Auflage genehmigt wurde: Das betreffende Grundstück muss bis mindestens zum 31. Dezember 2033 an einen Landwirt verpachtet werden.

Direkt zum Urteil Az: 30 XV 12/21 springen.

Die Auflage zur Verpachtung im Detail

In diesem speziellen Fall wandten sich die Beteiligten gegen eine ursprüngliche Veräußerungsauflage, die mit der Genehmigung eines notariellen Vertrages erteilt wurde. Die Erben eines Nachlasses, die in diesem Vertrag als Beteiligte aufgeführt wurden, schlossen den Vertrag mit der Verpflichtung zur Erfüllung eines Vermächtnisses. Die Zustimmung zur Veräußerung wurde von der zuständigen Genehmigungsbehörde in Bautzen erteilt.

Der Hintergrund: Die Erben übertrugen zehn Grundstücke – vorwiegend Landwirtschaftsfläche, aber auch Wald-, Gewässer- und Verkehrsflächen – an andere Beteiligte. Die neuen Eigentümer wurden jeweils zur Hälfte Miteigentümer der Grundstücke.

Das Eingreifen der Genehmigungsbehörde

Die Genehmigungsbehörde wurde in den Prozess einbezogen und es wurden Änderungen am ursprünglichen Vertrag vorgenommen. Eine Besonderheit des Falls war die Ankündigung der Erben, die landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke beibehalten zu wollen. Infolgedessen zeigten einige Landwirte ihr Interesse am Kauf der Grundstücke.

Die Genehmigungsbehörde entschied sich jedoch für eine Fristverlängerung und die Umwandlung der ursprünglichen Veräußerungsauflage in eine Verpachtungsauflage. Dies bedeutet, dass die Erben die Grundstücke bis mindestens Ende 2033 an einen Landwirt verpachten müssen.

Die Konsequenzen des Urteils

Die Entscheidung des Amtsgerichts Bautzen hat weitreichende Auswirkungen auf das Grundstücksverkehrsrecht. Die Richter haben den Weg für eine flexible Nutzung von Grundstücken geebnet und damit ein wichtiges Zeichen gesetzt.

Die Entscheidung ermöglicht es den Erben, ihre Grundstücke weiterhin landwirtschaftlich zu nutzen und gleichzeitig den Anforderungen der Verpachtungsauflage zu entsprechen. Zugleich wird die Tür für weitere Diskussionen und Änderungen im Grundstücksverkehrsrecht geöffnet.


Das vorliegende Urteil

AG Bautzen – Az.: 30 XV 12/21 – Beschluss vom 20.07.2021

1. Der Bescheid des Landkreises Bautzen, Landratsamt, Kreisentwicklungsamt vom 12.04.2021, Registernummer … wird wie folgt abgeändert:

Der notarielle Vertrag vom 25.08.2020 (Notar … mit Amtssitz in …, Urkundenrolle Nummer …) wird unter der Auflage genehmigt, dass der Vertragsgegenstand bis mindestens 31.12.2033 an einen Landwirt zu verpachten ist.

2. Gerichtliche Kosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Verfahrenswert beträgt … €.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 2. bis 3. wenden sich gegen die mit der Genehmigung eines notariellen Vertrages erteilte Veräußerungsauflage.

Die Beteiligten zu 1. als Testamentsvollstrecker des Nachlasses der am 01.12.2019 verstorbenen Frau … und die Beteiligten zu 2. und 3. schlossen am 25.08.2020 vor dem Notar … in N. zur Urkundenrolle Nr … für 2020 einen notariellen Vertrag zur Vermächtniserfüllung, mit welchem zehn Flurstücke der Gemarkung …, Gesamtgröße … ha (vorwiegend Landwirtschaftsfläche, zum Teil auch Wald-, Gewässer- und Verkehrsfläche) an die Beteiligten zu 2. und 3. zum Miteigentum zu je 1/2 Anteil übertragen und aufgelassen wurden. Der Wert des Grundbesitzes wurde mit … € angegeben.

Der Vertrag wurde der Genehmigungsbehörde zusammen mit der notariellen Genehmigungserklärung der Beteiligten zu 2. und 3. vom 02.09.2020 am 19.01.2021 vorgelegt. Eine notarielle Nachtragsurkunde wegen der Berichtigung der Bezeichnung eines Flurstückes (Nr. … anstelle (…) ging am 17.02.2021 bei der Genehmigungsbehörde ein.

Die Beteiligten zu 2. und 3. wurden als Erwerber am 18.02.2021 angehört und teilten am 25.02.2021 mit, dass es sich bei dem Erwerb um eine Erbschaft handelt und dass die landwirtschaftliche Nutzung erhalten bleibt.

Auf den öffentlichen Hinweis vom 01.03.2021 bekundeten die Landwirte … zu einem Preis von … € und … zu einem Preis von … € ihr Erwerbsinteresse.

Mit Bescheid vom 01.03.2021 verlängerte die Genehmigungsbehörde die Frist, innerhalb der die Entscheidung zu treffen ist, auf zwei Monate. Der Bescheid wurde dem insoweit bevollmächtigten Notar am 05.03.2021 zugestellt.

Mit Bescheid vom 17.03.2021 verlängerte die Genehmigungsbehörde die Entscheidungsfrist auf drei Monate und legte den Vertrag sodann der Siedlungsbehörde vor. Diese teilte am 30.03.2021 mit, dass die Ausübung des Vorkaufsrechtes nicht möglich ist.

Mit Bescheid vom 12.04.2021 wurde die Genehmigung unter der Auflage erteilt, den Vertragsgegenstand bis zum 31.12.2023 an einen Landwirt oder einen von der Siedlungsbehörde zu bezeichnendes Siedlungsunternehmen zu veräußern. Der Bescheid wurde den Beteiligten am 14.04.2021 zugestellt.

Gegen die Auflage wenden sich die Beteiligten 2. und 3. mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 21.04.2021.

Die Beteiligten zu 2. und 3. sind der Auffassung, dass die Genehmigungsbehörde die Aufstockungsbedürftigkeit und die Erwerbsfähigkeit der sich bewerbenden Landwirte nicht geprüft habe, sodass ein Versagungsgrund, der durch eine Auflage ausgeräumt werden müsse, nicht vorliege. Außerdem würde eine Verpachtungsauflage ausreichen.

Für die Beteiligten zu 2. und 3. wurde der Antrag gestellt, den notariellen Kaufvertrag auflagenfrei, hilfsweise unter einer Verpachtungsauflage zu genehmigen.

Der Beteiligte zu 1. hat keinen eigenen Antrag gestellt, jedoch mit Schriftsatz vom 23.06.2021 das Anliegen der Antragsteller unterstützt. Er hat dargestellt, dass die Erblasserin als Erbin nach ihrem Ehemann Eigentümerin der hiesigen Vertragsflächen geworden ist und dass zwischen ihr und ihrem Ehemann vereinbart war, dass der überlebende Ehegatte testamentarisch dafür sorgen soll, dass die jeweiligen Vermögenswerte in den jeweiligen Familienzweig zurückgeführt werden. In diesem Sinne habe die Erblasserin testiert. Er als Testamentsvollstrecker habe dies mit dem vorliegenden Vertrag an die Eheleute … erfüllt; Herr …, der Beteiligte zu 3. gehöre dem Familienzweig des vorverstorbenen Ehemannes der Erblasserin an.

Die Genehmigungsbehörde verteidigt den angefochtenen Bescheid. Sie ist der Auffassung, dass die Erwerbsfähigkeit zumindest der Landwirte … gegeben sei und dass eine Verpachtungsauflage zur Ausräumung des Versagungsgrundes nicht ausreiche.

Im Übrigen wird auf das weitere mündliche und schriftliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen. Die landwirtschaftlichen Berufsvertretungen wurden gehört.

II.

Auf den zulässigen insbesondere fristgerecht eingereichten Antrag ist die von der Genehmigungsbehörde erteilte Veräußerungsauflage aufzuheben und stattdessen eine Verpachtungsauflage zu erteilen.

a) Die Übereignung aufgrund der Vermächtniserfüllung ist genehmigungspflichtig (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.11.1974, Az.: Wb 1/74, OLG Hamm, Beschluss vom 22.04.1965, Az.: 10 WLW 6/65, OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.05.1988, Az.: 10 W 13/87, BGH, Beschluss vom 25.04.2014, Az.: BLW 6/13). Dies ist zwischen den Beteiligten letztlich auch nicht mehr streitig.

b) Es liegt ein Versagungsgrund aus § 9 GrdstVG vor.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 GrdstVG liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Dies ist nach regelmäßiger Rechtsprechung dann der Fall, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, während ein leistungsfähiger Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt, dessen Betrieb dringend aufstockungsbedürftig ist, zum Erwerb der Flächen zu den Bedingungen des Kaufvertrages bzw. zum Marktwert bereit und in der Lage ist.

Die Antragsteller sind unstreitig weder im Haupt- noch im Nebenerwerb Landwirte und beabsichtigen auch nicht, sich zu Landwirten zu entwickeln.

Auf den öffentlichen Hinweis haben sich zwei in der Umgebung ansässige Landwirtschaftsbetriebe mit ihrem Erwerbsinteresse gemeldet. Das Gebot von 1,20 €/m2 bzw. 1,24 €/m2 ist ausreichend; es spiegelt nach der Kenntnis des Landwirtschaftsgerichtes den Marktwert wider. Beide Landwirte sind aufstockungsbedürftig. Aus den jeweiligen Betriebsspiegeln geht hervor, dass der Eigentumsanteil an der bewirtschafteten Fläche eklatant niedrig ist (der Landwirt … hat keinerlei Eigentumsfläche; der Landwirtschaftsbetrieb … einen Eigenlandanteil von knapp 12 % hinsichtlich des Acker- und Grünlandes). Ein Zuerwerb würde den Eigenlandanteil erhöhen und somit der Verbesserung der Agrarstruktur dienen.

Die kaufinteressierten Landwirte müssen ferner erwerbsfähig sein und zwar in finanzieller, wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht. Dabei besteht insbesondere hinsichtlich des Landwirtschaftsbetriebes … kein Zweifel an ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Erwerbsfähigkeit. Die knapp … ha Acker- und Grünland, Forsten sowie sonstige unter anderem Gebäudeflächen bieten eine ausreichende Grundlage zur Sicherung des Erwerbs. Einer zusätzlichen Offenlegung der Vermögensverhältnisse durch die erwerbsbereiten Landwirte bedarf es nicht.

Nachdem das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann, ist zu prüfen, ob der Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden durch eine Auflage auszuräumen ist.

Zwar kommt eine Verpachtungsauflage in der Regel nur dann in Betracht, wenn dadurch eine absehbare Übergangszeit bis zum bevorstehenden Wegfall des Versagungsgrundes zu überbrücken ist (vgl.u.a. OLG Dresden, Beschluss vom 08.12.2014, Az. W XV 20/13). Eine Verpachtungsauflage würde auch nicht zur Erhöhung des Eigenlandanteils eines aufstockungsbedürftigen erwerbswilligen Landwirtes beitragen. Ein weiterer Anwendungsfall für die Verpachtungsauflage ist jedoch gegeben, wenn die Veräußerung an einen Nichtlandwirt zur Vermeidung einer erheblichen Härte für den Veräußerer genehmigt werden soll, § 9 Abs. 7 GrdstVG. Diese Regelung ist hier sinngemäß anzuwenden:

Die Erblasserin hat den Antragstellern die gegenständlichen Grundstücke vermächtnisweise zugedacht. Ihr Wille ging nach dem insofern eindeutigen Wortlaut des Testaments nicht dahin, den Antragstellern den Wert der Grundstücke zukommen zu lassen, sondern eben die Grundstücke selbst. Hintergrund ist, diese Grundstücke der Herkunftsfamilie ihres vorverstorbenen Ehegatten zu erhalten. Eine Veräußerungsauflage würde die Erfüllung des Vermächtnisses unmöglich machen. In sinngemäßer Anwendung des § 9 Abs. 7 GrdstVG ist daher nicht die an sich gebotene Veräußerungsauflage, sondern lediglich eine Verpachtungsauflage zu erteilen.

Entsprechend ist der Bescheid des Landkreises … abzuändern.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 44, 45 LWVG.

Der Verfahrenswert ergibt sich aus den Angaben zum Wert im notariellen Vertrag.

 

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