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Grundstücksveräußerung – Reichweite einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung

Oberlandesgericht Naumburg – Az.: 12 Wx 16/19 – Beschluss vom 29.04.2019

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Aschersleben – Grundbuchamt – vom 1. April 2019 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung über den Löschungsantrag der Beteiligten vom 20. März 2019 betreffend das im vormaligen Grundbuch von B., Blatt 104 in Abteilung III unter lfd. Nr. 5 und nunmehr im Grundbuch von B. , Blatt 1780 in Abteilung III unter lfd. Nr. 2 eingetragene Recht an das Grundbuchamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1), zu deren Gunsten unter anderem für den Aufgabenkreis „Grundstücksangelegenheiten“ eine gerichtliche Betreuerin bestellt wurde, ist im Grundbuch von B. , Blatt …, als Alleineigentümerin des Grundstücks der Gemarkung B. , Flur 1, Flurstück 96/58 eingetragen seit 26. März 2018. Das Grundbuchblatt … ist am 13.07.2016 an die Stelle des geschlossenen Grundbuchs von B. , Blatt 104, getreten.

Mit Urkunde der Notarin I. R. in St. vom 15. Januar 2019 verkaufte die Betreuerin, das eingangs genannte Grundstück im Namen der Beteiligten zu 1) an die Beteiligte zu 2). Der Kaufvertrag enthielt zum Grundbuchbestand unter Ziff. I u.a. folgende Erklärung:

„(…)

Abteilung III (Grundpfandrechte, Hypotheken)

lfd. Nr. 1) 460,16 Euro Kaufgeld – ohne Brief – für A. E. geb. K. und F. E.

lfd. Nr. 2) 10.225,84 € Grundschuld – ohne Brief – für die Bausparkasse H.

Die Notarin hat den Grundbuchinhalt am heutigen Tag elektronisch festgestellt und die Markentabelle eingesehen.

Das in dem Grundbuch eingetragene Recht in Abteilung III laufende Nr. 1 soll durch Sicherungshinterlegung eines Betrages von 613,55 € nach § 10 GBBerG weggefertigt werden. Hierzu hat Frau P. heute einen entsprechenden Antrag beim Amtsgericht Aschersleben gestellt.

Unter Vorlage der Löschungsbewilligung wird die Löschung des Rechts Abteilung III lfd. Nr. 2 beantragt.“

Ziff. III der Kaufvertragsurkunde enthielt hinsichtlich der Rechte des Käufers bei Sach- und Rechtsmängeln u.a. folgende Regelung:

„(…)

b)

Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer ungehinderten Besitz und lastenfreies Eigentum zu verschaffen, soweit in dieser Urkunde nichts anderes vereinbart ist.

(…)“

Ziff. VI des Vertrages hat folgenden Inhalt:

„VI.

Auflassung/Eigentumsvormerkung

der Verkäufer und der Käufer sind sich über den vorvereinbarten Eigentumsübergang einig und bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch.

Zur Sicherung des Anspruchs des Käufers auf Eigentumsübertragung bewilligt der Verkäufer und beantragt der Käufer die Eintragung einer Vormerkung gemäß § 883 BGB – bei mehreren im angegebenen Anteilsverhältnis – in das Grundbuch. Der Käufer beantragt schon heute, die Vormerkung mit Eigentumsumschreibung zu löschen, vorausgesetzt, dass seit Eintragung der Vormerkung keine Rechte ohne seine Mitwirkung eingetragen wurden.

Allen zur Lastenfreistellung bewilligten Löschungen oder Rangänderungen wird mit dem Antrag auf Vollzug zugestimmt, auch soweit weiterer Grundbesitz betroffen ist.“

Mit Beschluss vom 21. Februar 2019, rechtskräftig seit 15. März 2019, genehmigte das Betreuungsgericht des Amtsgerichts Bernburg, Az. 7 XVII 152/18, die durch die Betreuerin für die Betroffene in der o.g. Urkunde abgegebenen Erklärungen. Der Tenor des Beschlusses lautet wie folgt:

„In der Betreuungssache (…)

Werden die Erklärungen der V. P. als Betreuerin für die Betroffene C. M. in der notariellen Urkunde vom 15.1.2019 der Notarin I. R. in St. (Urkunden Nr. 65/2019) betreffen den Verkauf des im Grundbuch von B. Bl. … unter lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundbesitzes Flur 1 Flurstück 96/58 durch das Betreuungsgericht genehmigt.“

(Hervorhebungen im Original enthalten)

Bereits mit notariell beglaubigter Erklärung vom 22. Mai 2013 hatte die Bausparkasse H. AG die Löschung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld von 10.245,480 € bewilligt, die heute in Abteilung III lfd. Nr. 2 im Grundbuch Bl. 1780 eingetragen ist.

Mit Schriftsatz vom 20. März 2019 beantragte die Notarin, die durch die Parteien des Kaufvertrages mit dem Vollzug desselben beim Grundbuchamt beauftragt worden war, im Namen der Beteiligten, das in Abteilung III unter laufende Nr. 2 eingetragene Recht auf Kosten des Verkäufers zu löschen und die im Vertrag bewilligte Eigentumsvormerkung für den Erwerber einzutragen. Mit ihrem Antrag legte sie eine beglaubigte Abschrift der Urkunde vom 15. Januar 2019, des Beschlusses des Betreuungsgerichts vom 21. Februar 2019 sowie der Löschungsbewilligung vom 22. Mai 2013 vor.

Mit Zwischenverfügung vom 1. April 2019 wies das Grundbuchamt die antragstellende Notarin darauf hin, dass die vorgelegte betreuungsgerichtliche Genehmigung nicht die Löschung der Rechte in Abteilung III abdecke. Hierzu sei eine ergänzende Genehmigung durch das Betreuungsgericht nachzureichen.

Hiergegen legte die Notarin im Namen der Beteiligten mit Schriftsatz vom 8. April 2019 Beschwerde ein. Zur Begründung vertrat sie die Auffassung, mit der vom Grundbuchamt bemängelten betreuungsgerichtlichen Genehmigung würden die Erklärungen der Betreuerin betreffend den Verkauf genehmigt. Hierzu gehörten ausweislich der Kaufvertragsurkunde Nr. 65/2019 auch die Verpflichtung zur Verschaffung lastenfreien Besitzes, wozu es unzweifelhaft erforderlich sei, die in Abteilung III unter lfd. Nr. 2 eingetragene Grundschuld zu löschen und die Löschung dieses Rechts durch die Verkäuferin zu beantragen.

Mit Beschluss vom 10. April 2019 hat das Grundbuchamt der Beschwerde gegen die Zwischenverfügung nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung an das Beschwerdegericht abgegeben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass für die beantragte Löschung des Rechts in Abteilung III lfd. Nr. 2 eine auf die Löschung gerichtete betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich sei, wie sich aus § 1821 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. § 1812 BGB ergebe. Die durch die Notarin vorgelegte betreuungsgerichtliche Genehmigung betreffe aber nur „den Verkauf“ des Grundbesitzes. Nicht inbegriffen sei die Löschung der Rechte in Abteilung III des Grundbuchs, denn von einem „lastenfreien Verkauf“ sei in der betreuungsgerichtlichen Genehmigung nicht die Rede.

II.

Die Beschwerde ist nach §§ 71, 73 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die angefochtene Zwischenverfügung des Grundbuchamts nach § 18 Abs. 1 GBO kann keinen Bestand haben.

1. Im Ansatz zutreffend geht das Grundbuchamt indes davon aus, dass eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist, wenn ein Betreuer wirksam über ein Grundstück des Betreuten oder über ein Recht an einem solchen Grundstück, zu denen auch Grundschulden gehören, verfügen will. Dies ergibt sich aus §§ 1908 i Abs. 1, 1821 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB.

2. Entgegen der Auffassung des Grundbuchamtes liegt aber die notwendige Genehmigung vor.

a) Die Bewilligung zur Löschung der Grundschuld als Willenserklärung der Betreuerin ergibt sich unmissverständlich aus den oben zitierten Erklärungen in der Urkunde vom 15. Januar 2019, welche die Betreuerin im Namen der Beteiligten zu 1) abgegeben hat. Dies sind insbesondere die folgenden Formulierungen:

„Unter Vorlage der Löschungsbewilligung wird die Löschung des Rechts (in) Abteilung III lfd. Nr. 2 beantragt.“

„Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer (…) lastenfreies Eigentum zu verschaffen, soweit in dieser Urkunde nichts anderes vereinbart ist.“

„Allen zur Lastenfreistellung bewilligten Löschungen oder Rangänderungen wird mit dem Antrag auf Vollzug zugestimmt.“

b) Mit Beschluss vom 31. Februar 2019 hat das Betreuungsgericht „die Erklärungen“ der Betreuerin für die Betroffene in der notariellen Urkunde vom 15. Januar 2019 genehmigt. Nach dem Wortlaut und auch nach Sinn und Zweck erfasst die Genehmigung alle Erklärungen, die durch die Betreuerin in der genannten Urkunde abgegeben wurden, also auch die Bewilligung und Beantragung der Löschung des in Abteilung III lfd. Nr. 2 des Grundbuchs eingetragenen Rechts.

c) Der Senat vermag sich der Auffassung des Grundbuchamts nicht anzuschließen, dass für eine umfassende Genehmigung aller in der Urkunde abgegebenen Erklärungen durch das Betreuungsgericht die Formulierung „lastenfreier Verkauf“ in dem Gerichtsbeschluss vom 21.02.2019 hätte Verwendung finden müssen. Diese besondere verbale Anforderung findet im Gesetz keine Stütze. Vielmehr dürfte diese Ansicht auf einer fehlerhaften Auslegung des Genehmigungsbeschlusses vom 21.02.2019 beruhen. Möglicherweise bezieht das Grundbuchamt die Formulierung „betreffend den Verkauf“ als Attribut auf das Wort „Erklärungen“ statt auf das Wort „Urkunde“. Mit dem Satzteil „(…) betreffend den Verkauf des im Grundbuch von B. Bl. … unter lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundbesitzes Flur 1 Flurstück 96/58 (…)“ hat das Betreuungsgericht aber lediglich den unmittelbar davor genannten Vertrag, nämlich die „notarielle Urkunde vom 15. Januar 2019 der Notarin I. R. in St. (Urk.-Nr. 65/2019)“ näher bezeichnet. Es hat damit nicht etwa die Genehmigung dahingehend beschränkt, dass nur die Erklärungen der Betreuerin zum Abschluss des Kaufvertrages genehmigt werden sollten, nicht aber alle weiteren in der Urkunde enthaltenen Erklärungen. Gegen die Auslegung des Grundbuchamts sprechen der Wortlaut, der Satzbau, die Hervorhebungen im Text des Genehmigungsbeschlusses und vor allem der Sinn der betreuungsrechtlichen Genehmigung der in der Urkunde enthaltenen, voneinander abhängigen Erklärungen der Betreuerin. Hätte das Betreuungsgericht hingegen in dem vom Grundbuchamt verstandenen Sinne entscheiden wollen, hätte es die Beschränkung auf den schuldrechtlichen Kauf deutlich machen und den Antrag auf betreuungsgerichtliche Genehmigung aller Erklärungen aus der Urkunde im Übrigen abweisen müssen.

3. Auch die zur Durchführung der beantragten Löschung des Rechts in Abteilung III lfd. Nr. 2 notwendige Löschungsbewilligung der Bausparkasse H. AG als Grundschuldgläubigerin liegt vor. Bereits mit notariell beglaubigter Erklärung vom 22. Mai 2013 hatte die Bausparkasse die Löschung der zu ihren Gunsten im Grundbuch von B. , Bl. 104, Abteilung III lfd. Nr. 5 eingetragenen Grundschuld von 10.245,480 € bewilligt, die heute in Abteilung III lfd. Nr. 2 im Grundbuch Blatt … eingetragen ist.

III.

Eine Kostenentscheidung und eine Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren sind nicht veranlasst (§ 25 Abs. 1 GNotKG).

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