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Grundstückskaufvertrag – Schadensersatzanspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung

LG Krefeld – Az.: 2 O 306/15 – Urteil vom 17.05.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen Feuchtigkeit im Keller des von ihr erworbenen Hauses geltend.

Mit notariellem Vertrag vom 15.08.2012 kaufte die Klägerin vom Beklagten das Hausgrundstück N-straße 29 in N. Der Vertrag, wegen dessen Inhalts auf Anlage K2 zur Klage verwiesen wird, enthält keine besonderen Vereinbarungen über den Zustand des Kellers, aber unter C.2.c.) folgenden Gewährleistungsausschluss:

„Die Rechte des Erwerbers gegen den Veräußerer aus Mängeln sind ausgeschlossen. Dies gilt nicht für die Ansprüche auf Schadensersatz bei Vorsatz des Veräußerers.“

Der Beklagte hatte das Grundstück über einen Makler anbieten lassen. In dessen Anzeige hieß es unter „Ausstattung“:

„Gehobene teilweise neuwertige Ausstattung, so wurde der Weinkeller und das Bad im EG gerade erst modernisiert, bzw. fertiggestellt.“

Das Haus wurde ca. im 1870 errichtet und verfügt über einen damals bauarttypischen Gewölbekeller. Vor Abschluss des Kaufvertrages hatte die Klägerin den Keller besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt wurden dort unter anderem Weinflaschen gelagert, der Boden war teilweise mit Matten ausgelegt, es stand dort ein Tisch. Wegen der Einrichtung (nicht wegen des Zustandes der Verfugung) wird auf die Fotos Anlage B 1 und 2 zum Beklagtenschriftsatz vom 18.11.2015 verwiesen. Vor dem Verkauf hatte der Beklagte jedenfalls einen Teil der Verfugung des Kellers erneuert und einen neuen Boden gießen lassen. Streitig ist, ob diese Maßnahmen unmittelbar vor dem Verkauf erfolgten (so die Klägerin) oder einige Jahre zuvor (so der Beklagte).

Die Klägerin hält den Keller wegen der dort herrschenden Feuchtigkeit für mangelhaft und begehrt mit der Klage Schadensersatz in Höhe von 37.388,14 € netto für die vom Privatsachverständigen B für notwendig gehaltene Sanierung des Kellers. Die Klägerin hatte dem Beklagten vor Klageerhebung eine Frist zur Nachbesserung gesetzt, die fruchtlos verstrichen ist. Überdies hat der Beklagte eine Mängelbeseitigung abgelehnt.

Die Klägerin behauptet: Der Gewölbekeller habe sich bei der Besichtigung in völlig trockenem Zustand gezeigt. Es sei zwar kühl gewesen, es sei aber weder Feuchtigkeit zu spüren gewesen, noch habe es feucht oder muffig gerochen. Sämtliche Verfugungen seien völlig trocken und hellgrau gewesen und hätten gepflegt ausgesehen. Der Weinkeller habe den Eindruck eines behaglichen Wohnraums vermittelt. Überdies habe die Lebensgefährtin des Beklagten, die Zeugin H, den Keller bei der Besichtigung als trocken bezeichnet und geschildert, dort früher ihre Wäsche getrocknet zu haben. Aufgrund dieser Informationen und den Informationen zur Sanierung des Kellers (Fugen, Boden), habe für die Klägerin keine Veranlassung bestanden, Fragen zur Feuchtigkeit des Kellers zu stellen, sie sei vielmehr davon ausgegangen, dass der Keller trocken und zur Lagerung aller üblichen Materialien geeignet sei. Das sei jedoch nicht der Fall, Papier sowie die Bürounterlagen ihres Mannes könnten dort – unstreitig – nicht gelagert werden. Der Beklagte habe dies – was wiederum unstreitig ist – gewusst. Er habe hierüber aber nicht aufgeklärt. Der Beklagte habe auch gewusst, dass nicht nur die Luftfeuchtigkeit hoch sei, sondern auch, dass die Mauern durchfeuchtet seien.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 37.388,14 € zu zahlen sowie sie von der Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.590,91 € freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet: Der Keller weise eine bauarttypische Luftfeuchtigkeit auf. Das sei der Klägerin bei der Begehung auch mitgeteilt worden. Er sei als Weinkeller genutzt worden, was auch ersichtlich gewesen sei, nicht aber als Lagerplatz für Papier. Die Angaben über die Modernisierung des Kellers in der Makleranzeige bezüglich der Modernisierung des Weinkellers stammten nicht von ihm, sondern vom Makler. Eine Klarstellung sei während der Besichtigung erfolgt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der eingeklagte Schadensersatzanspruch zu. Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen (§§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB bzw. §§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) sind nicht erfüllt.

I.

Ein Anspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB setzt voraus, dass das von der Klägerin erworbene Grundstück mangelhaft im Sinne von § 434 BGB ist. Das ist jedoch nicht der Fall.

1. Die Parteien haben eine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB über den Keller nicht getroffen. Dabei kann dahinstehen, welche Gespräche die Parteien über den Keller geführt haben, wie die Besichtigung des Kellers verlaufen ist oder wie der Beklagte den Keller beschrieben hat. Denn derartige Vorgänge oder Gespräche führen in aller Regel nur dann zu einer Beschaffenheitsvereinbarung, wenn sie in der notariellen Urkunde Niederschlag gefunden haben (vgl. BGH, NJW 2016, 1815; BGH, NJW 2017, 150; kritisch dazu Gsell, Festschrift Krüger 2017), was vorliegend nicht der Fall ist. Der BGH begründet dies mit der Warn- und Schutzfunktion der Beurkundung, die in Frage gestellt wäre, wenn schon die vorvertragliche Beschreibung ohne Beratung und Belehrung des Notars zu einer Beschaffenheitsvereinbarung führen könnte. Umstände, die vorliegend ein Abweichen von dem Grundsatz rechtfertigen würden, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

2. Ähnliches gilt, soweit die Klägerin nach den Angaben in der Makleranzeige gemäß § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB die Erwartung hegen durfte, der Keller sei trocken. Auch bei öffentlichen Äußerungen des Verkäufers können die Parteien nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, NJW 2017, 150 Rdn. 18) nicht davon ausgehen, dass öffentliche Äußerungen über das Grundstück oder das aufstehende Gebäude zum Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen werden, wenn die geschuldete Beschaffenheit im Kaufvertrag nicht erwähnt wird.

3. Auch ein Mangel im Sinne § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGB (Eignung für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung) liegt nicht vor.

Vertraglich vorausgesetzt ist nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, NJW-RR 2012, 1078 Rdn. 16) dabei die nicht vereinbarte (aus Rdn. 17 des Urteils ergibt sich aber immerhin, dass der BGH eine Vereinbarung für möglich hält), aber von beiden Parteien übereinstimmend unterstellte Verwendung der Kaufsache, die von der gewöhnlichen Verwendung abweichen kann. Diese Sicht ist nicht unbestritten, teilweise wird vielmehr davon ausgegangen, dass es eine (ausdrückliche oder stillschweigende) Einigung der Parteien über den Verwendungszweck geben müsse (so etwa Staudinger, Neubearbeitung 2013, § 434 Rdn. 76; MünchKommBGB, 7. Aufl., § 434 Rdn. 16).

Welche dieser Auffassungen richtig ist, braucht vorliegend nicht entschieden werden. Wenn eine Einigung über die Verwendungsabsicht notwendig oder im konkreten Fall zustande gekommen wäre, wäre sie ohne Weiteres formbedürftig und würde damit der oben erwähnten Rechtsprechung des BGH unterfallen, wonach grundsätzlich nur solche Absprachen bindend sein sollen, die auch im Notarvertrag enthalten sind. Das gleiche gilt bei einer nur übereinstimmend unterstellten Verwendungsabsicht jedenfalls dann, sofern Erklärungen der Parteien an dieser Übereinstimmung mitgewirkt haben, diese aber – anders als es in der Regel der Fall sein dürfte – nicht zu einer (stillschweigenden) Beschaffenheitsvereinbarung in Form der Vereinbarung eines bestimmten Verwendungszwecks geführt haben (ähnlich Staudinger, Neubearbeitung 2013, § 434 Rdn. 79). Denn die Parteien müssen bei einem beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäft alle Erklärungen in den Vertrag aufnehmen, die eine Regelung enthalten, das heißt Rechtswirkungen erzeugen sollen (vgl. BGH NJW 2016, 1815 Rdn. 16). Derartiges will ein Käufer, wenn er eine über eine bloße Kaufmotivation hinausgehende Verwendungsabsicht äußert. Hierdurch möchte er bewirken, dass die Kaufsache ggf. eine andere Beschaffenheit hat als sie für eine gewöhnliche Verwendung zu erwarten ist. Ähnlich ist es im umgekehrten Fall, dass der Verkäufer eine besondere Verwendungsmöglichkeit kundtut. Ergibt sich allerdings der Verwendungszweck aus den tatsächlichen Umständen (vgl. dazu etwa BGH, NJW-RR 2012, 1078 Rdn. 17), ist eine Beurkundung mangels Erklärung nicht notwendig.

Letzterer Fall ist vorliegend gegeben, weil die Klägerin nach ihrem Vortrag besondere Vorstellungen über die von ihr beabsichtigte Nutzung des Kellers dem Beklagten gegenüber nicht geäußert hat. Sie ergibt sich deshalb allein aus dessen Ausbauzustand und der konkreten Nutzung, weil ein Käufer grundsätzlich davon ausgehen kann, dass Räume zu der Verwendung geeignet sind, zu der sie hergerichtet sind und auch tatsächlich genutzt werden (vgl. dazu BGH, NJW-RR 2012, 1078).

Vorliegend mag der Keller zwar, die entsprechende Behauptung der Klägerin als wahr unterstellt, trocken gewirkt haben. Der Keller wurde jedoch nicht auf eine Weise genutzt, wie es nur einem trockenen Keller entspricht. In einem Teil des Kellers wurden vielmehr Weinflaschen gelagert, was eine besondere Trockenheit nicht nur nicht erfordert, die Lagerung von Weinflaschen in feuchten Kellern ist vielmehr geradezu typisch. Die Einrichtung des Kellers mit einem Tisch und das Auslegen von Matten führen zu keinem anderen Ergebnis. Denn entgegen der Beschreibung der Klägerin handelt es sich, was sich aus den vorgelegten Fotos ergibt, tatsächlich nicht um Teppiche, sondern um gummierte Matten, wie man sie in Außenbereichen oder in feuchtigkeitsbelasteten Eingangsbereichen findet. Der Tisch ist in einer Weise massiv gebaut (mit einem Bierfass als Tischfuß und einer mehrere Zentimeter dicken, massiven Holzplatte), dass auch hier eine besondere Feuchtigkeitsresistenz unterstellt werden kann. Eine besondere Gemütlichkeit oder Bewohnbarkeit des Kellers wird jedenfalls nicht suggeriert, hierzu fehlt es schon an der dafür notwendigen Beheizung.

Überdies spricht gerade die Art des Kellers dafür, dass er nicht nur nicht trocken sein würde, dass vielmehr mit Feuchtigkeit zu rechnen sei. Denn es handelte sich ersichtlich um einen Gewölbekeller aus der Errichtungszeit des Gebäudes. Solche Gewölbekeller sind bekanntermaßen nicht gegen Feuchtigkeit abgedichtet. Aus einer Teilsanierung des Kellers (neue Bodenplatte, jedenfalls teilweise neue Verfugung) durfte die Klägerin nichts anderes folgern. Denn gerade die Feuchtigkeitsbelastung eines solchen Kellers führt dazu, dass mit der Zeit der Boden leidet und die Fugen porös werden und erneuert werden müssen. Mit einer solchen Erneuerung durfte die Klägerin nicht die Erwartung verbinden, dass der Abdichtungszustand des Kellers grundlegend verändert wurde. Hierzu hätte es vielmehr weiterer Anhaltspunkte bedurft. Auch aus den im anderen Kellerteil gelagerten Gegenständen konnte und durfte die Klägerin nicht schließen, dass der Keller trocken sein würde. Denn es ist weder Konkretes dazu vorgetragen oder ersichtlich, dass der Beklagte in diesem Bereich in besonderem Maße feuchtigkeitssensible Gegenstände gelagert hat; im Schriftsatz der Klägerin vom 12.11.2015 (Blatt 109) ist vielmehr nur von einer Werkbank, einem Metallregal, Farbeimern und Kisten mit Werkzeugen und Glühbirnen die Rede.

4. Schließlich liegt auch ein Mangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nicht vor. Der Keller entspricht vielmehr nach den Ausführungen des Sachverständigen R in seinem Haupt-Gutachten vom 20.05.2016 (dort S. 13/14) einem Keller gleicher Bauart und gleichen Alters, er ist danach für eine gewöhnliche Verwendung von Kellern dieser Art geeignet, nämlich der Lagerung nicht feuchtigkeitssensibler Gegenstände.

Soweit die Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung im Termin vom 18.01.2017 von Schimmel im Keller berichtet und soweit der Zeuge G, ihr Ehemann, dies bestätigt und darüber ausgesagt hat, es tropfe gelegentlich Wasser aus den Fugen, kann dahinstehen, ob diese Einlassungen glaubwürdig sind. Denn sie stehen den Feststellungen des Sachverständigen nicht entgegen. Die Klägerin und der Zeuge haben nur den aktuellen Zustand des Kellers bekundet, nicht aber den Zustand zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Sachverständigen, bei dem der Keller trockener war. Die Klägerin bestätigt nämlich selbst in ihrem Schriftsatz vom 04.07.2016, dass es in den Wochen vor dem Ortstermin nur wenig geregnet habe und der Grundwasserspiegel gesunken war. Dementsprechend führte der Sachverständige R in dem erwähnten Haupt-Gutachten auch aus, dass der Keller zum damaligen Zeitpunkt trockener als die meisten Gewölbekeller dieser Art gewesen sei. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine höhere Feuchtigkeitsbelastung, wie sie die Klägerin und der Zeuge bekundet haben, ebenfalls üblich und bei einem Gewölbekeller dieser Art zu erwarten ist und keinen Mangel gem. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB darstellt, weil sie die Lagerung nicht feuchtigkeitssensibler Gegenstände zulässt.

II.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten auch kein Anspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung wegen arglistig gemachter falscher Angaben über die Feuchtigkeit des Kellers gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB zu.

1. Ein solcher Anspruch ist schon grundsätzlich ausgeschlossen. Das folgt zwar nicht aus einem Vorgang des Gewährleistungsrechts vor sonstigen Ansprüchen eines Käufers, die in Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache stehen; denn Ansprüche wegen arglistiger Täuschung über die Beschaffenheit sind von diesem Vorrang nicht erfasst (vgl. BGH, NJW 2009, 2120). Der grundsätzliche Ausschluss gilt aber für solche Täuschungshandlungen über Eigenschaften der Kaufsache, die nicht zu einer Beschaffenheitsvereinbarung geführt haben (vgl. Erman, BGB, 14. Auflage, vor § 437 Rdn. 15; weitere Nachweise in BGH, NJW 2009, 2120), und für solche Täuschungshandlungen über vorausgesetzte Verwendungszwecke, die auf Erklärungen der Parteien beruhen.

Nach der Gegenmeinung (Nachweise in BGH, NJW 2009, 2120) soll einem Käufer, der von dem Verkäufer irregeführt worden ist und deshalb keinen Anlass gehabt habe, eine Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen, der Anspruch auf Schadensersatz nicht abgeschnitten werden. Das erscheint jedoch nicht tragfähig. Würde man dieser Meinung folgen, so würde das praktisch zu einer Mängelgewährleistungshaftung führen, ohne dass ein Mangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB vorliegt, weil es an einer Vereinbarung über die Beschaffenheit oder einer durch Erklärung der Parteien herbeigeführten, übereinstimmend unterstellten Verwendungsmöglichkeit fehlt. Eine derartige Sichtweise würde sich einer Bestrafung für unredliches Verhalten nähern, die aber nicht nur systemwidrig, sondern auch unnötig erscheint, weil der Käufer in seiner Willensentschließungsfreiheit hinreichend durch die Vorschriften über die Anfechtung und eine möglicherweise daran anknüpfende Haftung auf Ersatz des negativen Schadens (anstatt des hier in Rede stehenden positiven Schadens) geschützt ist.

Überdies spielt die Problematik wohl nur bei formbedürftigen Rechtsgeschäften eine Rolle. Denn bei nicht formbedürftigen Rechtsgeschäften erscheint es kaum möglich, dass (arglistig falsche) Angaben des Verkäufers über relevante Eigenschaften der Kaufsache nicht zu einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung führen. Bei formbedürftigen, insbesondere bei beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäften wie Grundstückkaufverträgen würde hingegen der Zweck der Formvorschriften ausgehebelt, wenn man über die Arglisthaftung quasi eine Beschaffenheitsvereinbarung oder einen über das Gewöhnliche hinausgehenden Verwendungszweck herbeiführen würde. Der arglistig handelnde Verkäufer erscheint zwar nicht schutzwürdig. Der Käufer ist allerdings im Regelfall in diesen Fällen auch nicht in besonderer Weise schutzbedürftig. Er kann nämlich nach der eingangs erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH NJW 2016, 1815; BGH, NJW 2017, 150) zur Beurkundungsbedürftigkeit von Beschaffenheitsvereinbarungen nur dann hoffen, dass ein Verkäufer wegen der Beschaffenheit einer Kaufsache oder nicht vorhandener vertraglicher Verwendungsmöglichkeit einzustehen hat, wenn dies Gegenstand der Vereinbarungen des Notarvertrages geworden ist. Hierfür hat er – unter fachkundiger Beratung und Belehrung seitens des Notars – unabhängig von einer Arglist des Verkäufers zu sorgen. Selbst das arglistige Vorspielen einer Eigenschaft hat deshalb grundsätzlich keinen Einfluss auf die Bereitschaft und den Willen eines Käufers, diese Eigenschaft zum Gegenstand des notariellen Vertrages zu machen.

Anders wird dies nur, wenn der Verkäufer dem Käufer durch sein Verhalten von der Beurkundung der Eigenschaft und damit von deren Erhebung zum vertraglich geschuldeten Soll abhält. Nur in diesem Fall erscheint es gerechtfertigt, dass der Verkäufer für eine Eigenschaft haftet, die nicht Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung gewesen ist. In ähnlicher Weise kann sich ein Vertragspartner nicht auf die Formwidrigkeit eines Rechtsgeschäftes berufen, wenn er den anderen von der Einhalt der Form abgehalten hat (vgl. Palandt, BGB, 76. Auflage, § 125 Rdn. 22). Dass vorliegend der Beklagte die Klägerin davon abgehalten hat, den Zustand des Kellers zum ausdrücklichen Inhalt des Notarvertrages zu machen, ist auch nach der Diskussion in der mündlichen Verhandlung vom 18.01.2017 weder vorgetragen noch ersichtlich.

Der grundsätzliche Ausschluss der Haftung für vorvertragliche Arglist bei unterlassener Beschaffenheitsvereinbarung führt zwar dazu, dass ein Käufer vordergründig bei gewöhnlichen Eigenschaften im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB besser geschützt ist als in Fällen wie dem vorliegenden, weil bei Arglist ein Haftungsausschluss nicht greifen würde bzw. ein Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung bestehen würde. Hierin liegt aber kein Wertungswiderspruch, weil ein Käufer keine Veranlassung hat, sich hinsichtlich des Gewöhnlichen durch beurkundete Vereinbarungen zu sichern; will er aber eine besondere Beschaffenheit oder soll die Kaufsache für einen bestimmten Zweck verwendet werden, der sich erst aus Parteierklärungen ergibt, ist es ihm zuzumuten, hierüber zu reflektieren, seinen Wunsch zu äußern und ihn beurkunden zu lassen.

2. Zwar hat sich der BGH der gegenteiligen Ansicht angeschlossen (vgl. ausdrücklich BGH, NJW 2016, 1815 Rdn. 24 und stillschweigend BGH, NJW 2017, 150). Zur Begründung bezieht er sich im erstgenannten Urteil allerdings ohne nähere Begründung lediglich auf seine Urteile vom 27.03.2009 (BGH, NJW 2009, 2120) und vom 16.12.2009 (BGH, NJW 2010, 858). Letzteres Urteil betraf den Kauf einer beweglichen Sache (Auto), es bestand also keine Beurkundungspflicht. In ersterem Urteil wurde nicht ausdrücklich geklärt, ob eine (beurkundungspflichtige) Beschaffenheitsvereinbarung vorlag oder nur die gewöhnliche Verwendung eingeschränkt war. Jedenfalls problematisiert der BGH in keiner Weise die Frage, dass der seit den Urteilen 06.11.2015 (BGH, NJW 2016, 1815) und 22.04.2016 (BGH, NJW 2017, 150) vorgenommene Rechtsprechungswechsel, wonach stillschweigende Beschaffenheitsvereinbarungen bei beurkundungsbedürftigen Rechtsgeschäften praktisch ausgeschlossen sind, auch Bedeutung für die Frage hat, ob bei vorvertraglichen Pflichtverletzungen, die Bezug zur Beschaffenheit der Kaufsache haben, also gewährleistungsrelevant sind, eine schadensersatzrechtliche Mangelhaftung wegen Arglist möglich ist, obwohl ein Mangel (mangels Beschaffenheitsvereinbarung oder eines besonderen Verwendungszwecks) nicht vorliegt.

3. Selbst wenn das Gericht aber der Ansicht des BGH folgen würde, hätte die Klage keinen Erfolg. Denn die Klägerin konnte ein arglistiges Verhalten des Beklagten und damit die Voraussetzungen des Anspruchs nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB nicht beweisen.

Jeder Vertragspartner hat trotz der Verfolgung unterschiedlicher Interessen schon bei den Vertragsverhandlungen die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck, den der zukünftige Vertragspartner verfolgt, vereiteln könnten und die daher für seinen Entschluss, den Vertrag abzuschließen, von Bedeutung sind (BGH, NJW 2011, 3641 m. w. N. auf die ständige Rechtsprechung). Die Aufklärungspflicht besteht allerdings nur, wenn sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise erwartet werden kann (vgl. BGH, NJW, 2013, 1807).

Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte, wie er behauptet, die Klägerin darüber aufgeklärt hat, dass der Keller nur eingeschränkt für die Lagerung von Gegenstände geeignet ist, nämlich nur für die Lagerung nicht feuchtigkeitssensibler Gegenstände. Denn es bestand schon keine Aufklärungspflicht. Es lag vielmehr offen zu Tage, dass es sich bei dem Keller nicht um einen solchen moderner Bauart handelt, sondern um einen alten Gewölbekeller. Angesichts dessen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass auch der Klägerin klar war, dass dieser Keller nicht die Anforderungen erfüllt, die an einen neu oder in jüngerer Zeit errichteten Keller gestellt werden (vgl. OLG Köln, Urteil vom 17.08.2001, Az:  19 U 24/01). Bei ihrer Besichtigung hätte die Klägerin erkennen können und müssen, dass der Keller aus alten Ziegeln gemauert ist und dementsprechend nicht modernem Baustandard entspricht. Das gilt auch, soweit die Fugen erst kurz oder wenige Jahre vor dem Verkauf instand gesetzt wurden und die Bodenplatte des Kellers neu gegossen wurde. Denn auch durch solche Maßnahmen kann, wie eine oberflächliche, ohne besonderes Fachwissen mögliche Überlegung zeigt, eine nachträgliche Anhebung auf einen modernen Standard nicht erreicht werden. Dies allein deswegen, weil es sich bei den Ziegeln und dem Fugmaterial um poröse Werkstoffe handelt, die erheblich feuchtigkeitsdurchlässig sind. Der Beklagte durfte jedenfalls davon ausgehen, dass die Klägerin diese einfachen Überlegungen anstellt und über das dazu nötige Grundlagenwissen verfügt. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin gezielt nachfragt. Er war jedenfalls ohne Frage der Klägerin nicht zur Aufklärung verpflichtet.

Eine Aufklärungspflicht des Beklagten bestand auch nicht deshalb, weil er durch die Einrichtung des Kellers als Weinkeller fehlerhaft die Vorstellung hervorgerufen hat, der Keller sei trocken und werde als Teil des Wohnbereichs genutzt. Wie bereits oben ausgeführt ist es für einen Weinkeller eher günstig, wenn dort hohe Luftfeuchtigkeit herrscht, so dass die Klägerin aus der Lagerung von Wein keine Rückschlüsse auf eine besondere Trockenheit ziehen durfte. Wie ebenfalls bereits oben erwähnt spricht die sehr robuste Einrichtung eher gegen einen trockenen Keller als dafür. Schließlich hindert das Fehlen einer Heizung die Herstellung einer Behaglichkeit, wie sie für eine Wohnnutzung (etwa im Sinne eines Partykellers oder zur häufigeren Weinverkostung) notwendig wäre.

Dahinstehen kann, ob die Zeugin H, wie von der Klägerin behauptet, dieser gegenüber tatsächlich bei der Besichtigung erklärt hat, sie habe in dem Keller früher Wäsche getrocknet. Denn selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte die Klägerin hieraus keine Rückschlüsse auf die Trockenheit des Kellers ziehen dürfen. Denn die Trocknung von Wäsche erfordert keine besonderen Anforderungen an die Feuchtigkeitsbelastung eines Raumes, insbesondere kann Wäsche nicht nur in Räumen getrocknet werden, die für die Lagerung von feuchtigkeitssensibler Gegenstände genutzt werden dürfen.

Angesichts dessen konnte der Klägerin nur ihre Behauptung in der Klageschrift (dort Seite 4) zu einem Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungspflichtverletzung verhelfen, die Zeugin H habe den Keller bei der Besichtigung als trocken beschrieben. Selbst wenn man hierbei zugunsten der Klägerin unterstellt, diese Äußerung sei dem Beklagten zuzurechnen, weil er zugegen war, als sie gemacht wurde, so hat die Klägerin doch nicht bewiesen, dass die Zeugin eine solche Bemerkung gemacht hat. Weder die Zeugin H selbst, noch der Ehemann der Klägerin, noch der Zeuge L haben derartiges bekundet. Ihre Aussagen waren insofern unergiebig.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 37.388,14 €

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