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Grundstückskaufvertrag – Auslegung einer Regelung hinsichtlich des Ankaufsrechts eines Dritten

Oberlandesgericht Jena – Az.: 5 U 53/18 – Urteil vom 29.10.2019

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 29.12.2017, Az. 6 O 736/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um ein der Klägerin in einem notariellen Grundstückskaufvertrag vom 22.06.2010 zwischen der Beklagten als Käuferin und einer Erbengemeinschaft, der u.a. der Vater der Klägerin angehörte, als Verkäuferin eingeräumtes Ankaufsrecht. Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage im Hauptantrag weitgehend abgewiesen. Auf den Hilfsantrag hat es die Beklagte verurteilt, das in der Form der notariellen Beurkundung noch abzugebende Angebot der Klägerin zur Veräußerung des streitgegenständlichen Grundstücks zu näher angegebenen Konditionen anzunehmen und (insoweit Ziff. 3 des Hauptklageantrags) der Klägerin die gezahlte Grunderwerbsteuer zu beziffern und zu belegen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Auflassung des streitgegenständlichen Grundstücks aus dem notariellen Vertrag vom 22.06.2010 in Verbindung mit der Erklärung der Klägerin über die Ausübung des Ankaufsrechts vom 08.06.2015 und 15.07.2015. Mit dem notariellen Vertrag vom 22.06.2010 hätten die Parteien keinen Grundstückskaufvertrag geschlossen, aus dem die Klägerin die Auflassung des Grundstücks von der Beklagten verlangen könne. Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass die Vereinbarung eines bedingten Anspruchs auf Auflassung des Grundstücks habe begründet werde sollen und sie daher mit Ausübung des Ankaufsrechts mit Schreiben vom 08.06.2015 und 15.07.2015 einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums auf sich habe. Zwar sei eine solche Vereinbarung rechtlich möglich. Insbesondere sei eine Auslegung als Wiederkaufsrecht gemäß § 456 BGB möglich, mithin als aufschiebend bedingter Kaufvertrag. Ein Vertragsabschluss unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Berechtigte durch spätere Ausübungserklärung von seinem Recht Gebrauch macht, sei unbedenklich zulässig. Bei einem bedingten Kaufvertrag könne die Ausübung des Ankaufsrechts formlos erklärt werden. Denn ein solcher Vertrag könne auch als echter Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 Abs. 1 BGB geschlossen werden, mit der Folge, dass der Dritte einen unmittelbaren Anspruch auf Eigentumsübertragung habe.

Dass ein solcher zugunsten der Klägerin bedingter Kaufvertrag von den Parteien des Vertrags gewollt gewesen sei, stehe jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Zwar spreche die Formulierung, dass das Ankaufsrecht schriftlich bis 30.12.2015 ausgeübt werden könne und die Tatsache, dass in der streitgegenständlichen Klausel bereits detaillierte Regelungen bezüglich des Kaufvertrages enthalten seien, eher für den Willen der Parteien, einen bedingten Kaufvertrag zugunsten der Klägerin schließen zu wollen. Diese Auslegung werde aber durch die Zeugenaussagen nicht gestützt. Die Zeugen H-M W und F W verfügten über keine juristische Vorbildung. Aus der Vorstellung beider Zeugen, dass wohl ein weiterer Notartermin der Klägerin nach Erklärung des Ankaufsrechts erforderlich sein würde, könne weder geschlossen werden, das sie davon ausgingen, dass bei diesem Termin ein Kaufvertrag über ein Grundstück geschlossen werden solle, noch dass im Termin nur noch die Auflassung erfolgen müsse. Klare Hinweise auf den Willen der damaligen Verkäufer bei Abschluss des Vertrags vom 22.06.2010 und die Regelung in Ziffer 12 des Vertrags würden sich aus beiden Aussagen nicht ergeben. Aus der Aussage des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn E, bei seiner persönlichen Anhörung hätten sich dagegen Hinweise darauf ergeben, dass die Beklagte als Käuferin davon ausgegangen sei, dass noch kein Kaufvertrag zustande gekommen sei. Er habe erklärt, dass er das Ankaufsrecht so verstanden habe, dass noch ein Termin beim Notar gemacht werden müsse. Er sei davon ausgegangen, dass noch ein weiterer Vertrag geschlossen werden solle, zumal die Klägerin bei dem Termin auch nicht dabei gewesen sei.

Der Zeuge G, der den Vertrag vom 22.06.2010 beurkundet habe, habe ausgesagt, dass das dort geregelte Ankaufsrecht nur in dem Sinne verstanden werden könne, dass die Klägerin bei Erklärung des Ankaufs ein Recht darauf habe, dass ihr das Grundstück verkauft werde. Der dann zu schließende Kaufvertrag müsse die entsprechenden Regelungen unter anderem zum Besitzübergang etc. enthalten. In der Klausel sei weder ein Vertrag zugunsten Dritter noch ein Vertragsangebot zu sehen. Wenngleich sich der Zeuge nicht mehr an den konkreten Termin habe erinnern können, sondern allgemein davon gesprochen habe, wie er die Klausel verstehe, wenn er sie in einen notariellen Vertrag aufnehme, so sei doch daraus zu schließen, dass er die Parteien nicht darauf hingewiesen habe, dass mit der Klausel bereits ein Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten, wenn auch bedingt, zustande komme. Denn der Zeuge selbst habe eine solche Möglichkeit nicht erkannt. Die Formulierung in Ziffer 12 Abs. 2 des Vertrages zur Möglichkeit der Aufnahme einer Auflassungsvormerkung stehe der Ablehnung einer Auslegung des Absatzes 1 als bedingtem Kaufvertrag nicht entgegen. Auch der Anspruch aus einem Vorvertrag könne durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung gesichert werden. Soweit in der Klausel von der Entstehung eines Eigentumverschaffungsanspruchs die Rede sei, spreche auch dies nicht für die Auslegung als bedingter Kaufvertrag. Denn der Anspruch auf Eigentumsverschaffung solle nach dem Wortlaut nicht bereits „mit“, sondern „nach“ Ausübung des Ankaufsrechts entstehen. Aus der Genehmigung des mutmaßlichen Kaufvertrags durch Bescheid des Landwirtschaftsamtes vom 26.01.2016 ergebe sich nichts anderes. Diese gehe ins Leere, wenn es an einem Kaufvertrag selbst fehle. Daher scheide ein Anspruch der Klägerin auf Auflassung und Bewilligung der Grundbuchänderung aus. Auch der Feststellungsantrag zu 2) sei mangels Auflassungs- und Bewilligungsanspruch der Klägerin abzuweisen.

Dagegen werde dem Hauptantrag zu 3), der mit dem Hilfsantrag zu 6) identisch sei, stattgegeben. Der Anspruch ergebe sich als Nebenpflicht aus dem Anspruch der Klägerin auf Abschluss des Grundstückskaufvertrags. Die Klage sei bezüglich der Hilfsanträge im tenorierten Umfang begründet. Die Klägerin habe aus Ziffer 12 des Vertrages einen Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrags über das streitgegenständliche Grundstück sowie auf Bezifferung und Beleg der von der Beklagten gezahlten Grunderwerbsteuer. Im Ergebnis der Beweisaufnahme stelle sich Ziffer 12 des Vertrages als einseitig bindender Vorvertrag dar, mit welchem sich die Beklagte gegenüber den Verkäufern zum Abschluss eines Grundstückskaufvertrags mit der Klägerin verpflichtet habe, falls diese ihr Ankaufsrecht bis zum 30.12.2015 geltend machen würde. Entgegen der Behauptung der Beklagten handele es sich nicht nur um ein befristetes Angebot zum Abschluss eines Kaufvertrages.Dies ergebe sich insbesondere aus der Aussage des Zeugen G. Die Aussagen der Zeugen W seien insoweit unergiebig gewesen. Aber auch die Bekundungen des Geschäftsführers der Beklagten ließen den Schluss zu, dass ein weiterer Notartermin beider Parteien und damit nicht nur der Klägerin als Annehmende des bereits erfolgten Kaufvertragsangebots erforderlich sein sollte. Schließlich spreche auch die Formulierung in Ziffer 12 dafür, dass für die Ausübung des Ankaufsrechts allein eine schriftliche Erklärung ausreichen solle.

Die erforderliche Form der notariellen Beurkundung sei gewahrt, auch wenn die Klägerin selbst nicht Partei des notariellen Vertrages sei. Denn Gegenstand des notariellen Vertrages sei die Verpflichtung gegenüber einem Dritten, so dass die vertragliche Vereinbarung nicht zwischen der Beklagten und der Klägerin, sondern zwischen der Beklagten und den damaligen Verkäufern zustande gekommen sei. Einen Vertrag bzw. Vorvertrag mit der Klägerin, der gegebenenfalls beurkundungsbedürftig gewesen wäre, gebe es gerade nicht. Aus Ziffer 12 des Vertrags folge ein Direktanspruch der Klägerin. In der Vereinbarung sei ein echter Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 BGB zu sehen. Dies stehe im Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Zeugen W hätten übereinstimmend ausgesagt, dass nach dem Willen der Parteien lediglich die Erklärung der Klägerin habe erforderlich sein sollen, damit diese nach u.a. Zahlung des Kaufpreises das Grundstück erhalten könne. Dies stehe im Einklang mit dem insoweit klaren Wortlaut der Regelung und auch dem Verständnis der Klausel, von dem der Zeuge G und der Geschäftsführer der Beklagten ausgegangen seien. Der Direktanspruch der Klägerin sei mit Erklärung des Ankaufsrechts entstanden. Über die Schriftform und die Geltendmachung bis zum 30.12.2015 hinausgehende Anforderungen enthalte der notarielle Vertrag vom 22.06.2010 nicht. Insbesondere ergebe sich hieraus nicht, dass für eine wirksame und fristgerechte Ausübung des Ankaufsrechts auch eine Genehmigung des Landwirtschaftsamtes vorliegen müsse. Die Beklagte sei daher aus Ziffer 12 des notariellen Vertrages vom 22.06.2010 in Verbindung mit der Ausübung des Ankaufrechts durch Schreiben vom 08.06.2015 verpflichtet, der Klägerin das streitgegenständliche Grundstück zu den im Vertrag bezeichneten Bedingungen zu verkaufen. Da ein der notariellen Form des § 311b Abs. 1 BGB entsprechendes Angebot der Klägerin zum Abschluss eines Kaufvertrages der Klage nicht beigefügt gewesen sei, könne der Klage jedoch nur eingeschränkt dahingehend stattgegeben werden, dass die Beklagte zur Annahme des von der Klägerin in Form der notariellen Beurkundung noch abzugebenden Angebots mit dem vorstehenden Inhalt verpflichtet werde.

Der Anspruch der Klägerin sei nicht verjährt. Die Verjährung habe am 31.12.2015 und damit nach Klageeinreichung am 30.12.2015 zu laufen begonnen. Die Klägerin mache mit dem Hilfsantrag zu 4) einen aufschiebend bedingten Anspruch geltend. Der Anspruch auf Abschluss des Kaufvertrags habe erst mit schriftlicher Ausübung des Ankaufsrechts entstehen sollen.

Aufschiebend bedingte Ansprüche seien auch im Fall einer Potestativbedingung erst mit Eintritt der Bedingung entstanden. Soweit der hilfsweise geltend gemachte Klageantrag zu 4) über den Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages hinausgehe, sei er abzuweisen. Der Anspruch auf Auflassung setze den vorherigen Abschluss des notariellen Grundstückskaufvertrags voraus.

Gleiches gelte für den hilfsweise geltend gemachten Feststellungsantrag zu 5). Dem mit dem Klageantrag zu 3) identischen Klageantrag zu 6) sei dagegen stattzugeben. Die Bezifferung der Grunderwerbsteuern sei für die konkrete Formulierung des Kaufvertrags erforderlich. Über die Hilfswiderklage sei mangels Eintritt der Bedingung hierfür nicht zu entscheiden. Die Hilfswiderklage sei so auszulegen, dass über diese nur entschieden werden solle, wenn das Gericht von der Wirksamkeit des Kaufvertrages zwischen den Parteien ausgehe, d.h. wenn der Anspruch auf Auflassung zugesprochen werde. Andernfalls ergebe sich die widersprüchliche Situation, dass die Klägerin mit ihrem Anspruch auf Auflassung Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises abgewiesen würde, andererseits die Hilfswiderklage genau zu diesem Ergebnis führen würde. Dies sei von der Beklagten ersichtlich nicht gewollt.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 08.01.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.01.2018 Berufung eingelegt und diese mit am 02.03.2018 eingegangenem Schriftsatz begründet. Sie rügt, das Landgericht habe mit der Klage einen Anspruch zugesprochen, den die Klägerin nicht gestellt habe. Dies sei prozessual unzulässig und verstoße gegen § 308 Abs. 1 ZPO. Das Landgericht habe die von der Klägerin gestellten Anträge auf Auflassung des streitgegenständlichen Grundstücks, hilfsweise auf Annahme eines von ihr einfach schriftlich abgegebenen Angebots mit zutreffender Begründung abgewiesen. Es sei nach Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass in dem Vertrag zu Gunsten der Klägerin kein Ankaufsrecht vereinbart sei. Es führe aus, dass die Klägerin nicht bewiesen habe, dass die Vereinbarung eines bedingten Anspruchs der Klägerin auf Auflassung des Grundstücks begründet und ein bedingter Kaufvertrag zu Gunsten der Klägerin von den Vertragsparteien nicht gewollt gewesen sei. Daher habe es zutreffend entschieden, dass der Klägerin aus dem Vertrag weder ein direkter Anspruch auf Übereignung des Grundstücks noch ein Anspruch auf Ausübung eines Wiederkaufsrechts zustehe und damit die gestellten Klageanträge in vollem Umfang abgewiesen. Zugesprochen habe es dagegen die Verpflichtung der Beklagten, ein erst noch in Form der notariellen Beurkundung abzugebendes Angebot der Klägerin anzunehmen.

Einen solchen Antrag habe die Klägerin nicht gestellt. Der titulierte Anspruch sei auch etwas anderes als von der Klägerin in den Hilfsanträgen beantragt. Insofern liege ein Gehörverstoß vor, der ausdrücklich gerügt werde. Die Beklagte rügt ferner die fehlende Bestimmtheit des Urteilstenors. Nach dem Tenor solle die Klägerin erst noch ein notariell beurkundetes Kaufvertragsangebot abgeben; die Beklagte werde verpflichtet, es anzunehmen. Mit Ausnahme des Kaufpreises bleibe aber offen, welchen Inhalt das Kaufvertragsangebot der Klägerin haben solle. Ein notarieller Grundstückskaufvertrag beschränke sich naturgemäß nicht nur auf eine Regelung zur Höhe des Kaufpreises, sondern enthalte eine Vielzahl anderer Regelungen. All dies lasse das Landgericht in seinem Urteilstenor offen. Inhalt des Tenors müsse letztlich der gesamte Vertrag sein, der zwischen den Parteien nach Auffassung des Gerichts abgeschlossen sei.

Das Urteil sei auch materiell falsch. Nach zutreffender Auffassung des Landgerichts habe die Klägerin keinen Anspruch auf Auflassung des Grundstücks, auch keinen bedingten. In diesem Zusammenhang führe das Landgericht ausdrücklich aus, dass auch kein Vertrag zugunsten Dritter zustande gekommen sei. Völlig im Widerspruch dazu stehe das weitere Ergebnis des Landgerichts. Auf Seite 11 unten der Entscheidungsgründe werde entgegen diesem zuvor gefundenen Ergebnis ausgeführt, dass doch ein Vertrag zugunsten Dritter zustande gekommen sei. Das sei in sich widersprüchlich. Insbesondere stehe es in Widerspruch zu der Zeugenaussage des Notars G. Dieser habe ausdrücklich erklärt, dass vorliegend kein Vertrag zugunsten Dritter gewollt gewesen sei und dies auch zutreffend erklärt. Das Landgericht führe nur aus, dass das von ihm gefundenen Ergebnis angeblich in Einklang mit den Angaben des Zeugen G stehe. Dies sei falsch. Der Zeuge habe vielmehr ausdrücklich bekundet, dass die Parteien des Kaufvertrages vorliegend keinen echten Vertrag zugunsten Dritter abschließen wollten. Damit hätte sich das Landgericht zumindest auseinandersetzen müssen.

Die Beklagte, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 29.12.2017 6 O 736/15 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin, Berufungsbeklagte und Anschlussberufungsklägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen, sowie für den Fall, dass das erkennende Gericht die Einordnung des sogenannten „Ankaufsrechts“ als Vorvertrag verneine:

In Abänderung des Urteils des Landgerichts Mühlhausen vom 29.12.2017 zum Az. 6 O 736/15 wird die Berufungsklägerin verurteilt, zugunsten der Berufungsbeklagten das Eigentum an dem Grundstück von B., Blatt , lfd. Nr. …, Flur …, Flurstück …/…, Größe qm, Landwirtschaftsfläche, Waldfläche, Verkehrsfläche,…straße frei von Rechten Dritter aufzulassen und die Eigentumsänderung in das Grundbuch von B Blatt (ehemals Blatt …), Flur …, Flurstück …/… zu beantragen und zu bewilligen, Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 9336,00 EUR zuzüglich 3,5 % jährliche Zinsen für den Zeitraum vom 15.07.2010 bis 08.06.2015 durch die Berufungsbeklagte an die Berufungsklägerin und Zug um Zug gegen Rückerstattung der ursprünglich von der Berufungsklägerin gezahlten Grunderwerbsteuern für den Erwerb des vorbenannten Grundstückes im Jahr 2010 durch die Berufungsbeklagten an die Berufungsklägerin.

Es wird festgestellt, dass die Berufungsklägerin mit der Verpflichtung zugunsten der Berufungsbeklagten das Eigentum an dem Grundstück von B., Blatt … laufende Nr. …, Flur …, Flurstück …/… Größe qm, Landwirtschaftsfläche, Waldfläche, Verkehrsfläche, …straße frei von Rechten Dritter aufzulassen und die Eigentumsänderung in das Grundbuch von B. Blatt …(ehemals Blatt …), Flur …, Flurstück …/… zu beantragen und zu bewilligen, im Verzug ist.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil sowie die Beweiswürdigung des Landgerichts, soweit den Klageanträgen entsprochen wurde. Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO liege nicht vor, da das Landgericht nicht zu einem aliud verurteilt habe, sondern das zu erteilende Angebot allenfalls dahingehend eingeschränkt habe, dass es notariell zu beurkunden sei. Im Übrigen wäre, selbst wenn man im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO annehmen würde, Heilung durch nachträgliche Genehmigung der Klägerin eingetreten. Im sich zu eigen machen der gegen § 308 ZPO verstoßenden Entscheidung liege nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine noch in der Berufungsinstanz mögliche Klageerweiterung. Das Urteil sei auch nicht deswegen fehlerhaft, weil mit dem Antrag keine weitere Regelung über Gewährleistung o.ä. getroffen worden sei. Grundsätzlich bedürfe es für einen Vertragsschluss lediglich der wesentlichen Vertragsbestandteile. Die Regelung über die Gewährleistung sei regelmäßig nicht notwendig für einen Kaufvertragsschluss, da sie sich aus dem Gesetz ergebe. Die Beklagte habe das Urteil völlig missverstanden. Auf Seite 11 der Urteilsbegründung habe das Landgericht dargestellt, dass die Vereinbarung ein echter Vertrag zugunsten Dritter sei.

Dies stehe in keiner Weise im Widerspruch zu den vorhergehenden Ausführungen. Das Landgericht habe sich zunächst damit auseinander gesetzt, ob ein Eigentumsverschaffungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten bestanden habe und habe dies ausgehend von einem Vorvertrag der ursprünglichen Vertragsparteien verneint.

Sodann habe es sich damit auseinandergesetzt, welcher Form die Ausübung des Ankaufsrechts bedurft habe und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass hier eine schriftliche Erklärung ausreichend gewesen sei. Da das Landgericht hier lediglich einen Vorvertrag sehe, der gleichzeitig ein echter Vertrag zugunsten Dritter, gerichtet auf den Abschluss eines schuldrechtlichen Verlages zwischen den Prozessparteien sei, habe es den Anspruch der Klägerin dahingehend begründet gesehen, dass ein schuldrechtlicher Vertrag durch Annahme eines noch notariell beurkundeten Angebots der Klägerin abzuschließen sei.

Zur Begründung der hilfsweise eingelegten Anschlussberufung trägt sie vor, das Landgericht habe die materiellrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Eigentumsverschaffung zu Unrecht abgelehnt. Die vorliegende Klausel sei als Wiederkaufsrecht gemäß § 456 BGB, mithin als aufschiebend bedingter Kaufvertrag, auszulegen. Ein solcher Vertrag könne auch zugunsten eines Dritten geschlossen werden. Für eine solche Auslegung spreche schon der Wortlaut von Ziffer 12 des notariellen Vertrags vom 22.06.2010. Dort sei von dem Anspruch der Klägerin auf „Eigentumsverschaffung“ die Rede. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten die Zeugen M und F W sehr wohl bestätigt, dass auch sie von einem Eigentumsverschaffungsanspruch ausgegangen seien. Im Gegensatz dazu seien die Aussagen des Zeugen G nicht ergiebig. Er habe mitgeteilt, keine konkreten Erinnerungen an den notariellen Vertrag vom 22.06.2010 zu haben. Dies sei zwar nachvollziehbar, dann könne die Zeugenaussage aber nicht für die Auslegung der Klausel verwertet werden. Im Weiteren gebe der Zeuge G lediglich Spekulationen wieder, die jedoch nicht von seinem Erinnerungsvermögen getragen und somit im Rahmen der Beweisaufnahme nicht verwertbar seien. Das Gericht habe auch verkannt, dass der Zeuge G in einem ständigen Geschäftskontakt mit der Beklagten stehe, so dass seine Aussage wegen der auffallenden einseitigen Belastungstendenz seiner spekulativen Äußerungen nicht glaubhaft und der Zeuge auch nicht glaubwürdig sei. Seine Angaben seien teilweise auch rechtlich fehlerhaft. Auch dies spreche dafür, dass es sich um eine Gefälligkeitsaussage im Rahmen seiner regen geschäftlichen Kontakte zur Beklagten handele. Zu Unrecht sei das Landgericht auch davon ausgegangen, dass die Aussage des Zeugen H-M W unergiebig sei. Auch der Zeuge F W habe ausgesagt, dass er ebenfalls davon ausgehe, dass die Klägerin, wenn sie einen Antrag auf Rückführung des Grundstück stelle, dieses bekomme. Im Übrigen gingen Unklarheiten zu Lasten des Verwenders. Die Zeugen hätten übereinstimmend bekundet, dass der Geschäftsführer der Beklagten die Klausel formuliert habe.

Der hilfsweise erklärten Anschlussberufung sei stattzugeben. Die Klägerin meint insofern, im Gegensatz zur bedingten Klageerhebung und der bedingten Einlegung eines Rechtsmittels sei eine bedingte unselbständige Anschließung zulässig. Diese sei nicht darauf beschränkt, dass allein die Erfolglosigkeit des Hauptantrags auf Zurückweisung der Berufung als Bedingung geltend gemacht werde. Es sei gerade Ziel des Gesetzes, durch das Anschließungsrisiko unbegründete Berufungen zu vermeiden. Ob sich der Rechtsmittelgegner dem Rechtsmittel bedingt oder unbedingt anschließe, sei dabei unmaßgeblich. Es gebe keinen Grund, die Zulässigkeit einer bedingten unselbständigen Anschlussberufung anders zu beurteilen als in der Regel sonst bedingte Prozesshandlungen in einem anhängigen Verfahren. Danach sei die bedingte unselbständige Anschlussberufung zulässig, wenn sie lediglich von einem sogenannten „innerprozessualen Vorgang“ abhänge, der auch in einer bestimmten Entscheidung des Gerichts bestehen könne.

Die Beklagte, Berufungsklägerin und Anschlussberufungsbeklagte beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

Sie rügt die fehlende Zulässigkeit der Anschlussberufung. Zwar könne eine Anschlussberufung als sogenannte Hilfsanschlussberufung unter der Bedingung erhoben werden, dass dem in erster Instanz gestellten Antrag auf Berufungszurückweisung nicht entsprochen werde. Hier mache die Klägerin aber die Einlegung der Berufung von einer materiellen Rechtsfrage abhängig. Im Übrigen sei sie auch unbegründet, da das Landgericht zutreffend einen Eigentumsverschaffungsanspruch der Klägerin verneint habe.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO). In der Sache bleibt sie ohne Erfolg.

Der Verurteilung der Beklagten steht § 308 Abs. 1 ZPO nicht entgegen. Es kann dahinstehen, ob die Verurteilung der Beklagten zur Annahme eines noch in der Form der notariellen Beurkundung abzugebenden Angebots der Klägerin bereits als Minus in dem Antrag auf Verurteilung zur Annahme eines dort näher formulierten (bereits abgegebenen, jedoch nicht beurkundeten) Antrags enthalten ist oder ob es sich um ein aliud handelt. Jedenfalls hat die Klägerin sich mit ihrem Antrag auf Zurückweisung der Berufung und durch die Verteidigung der erstinstanzlichen Verurteilung den Urteilsausspruch des Landgerichts insoweit zu eigen gemacht und diesen gegebenenfalls im Wege der in der Berufungsinstanz noch möglichen Klageerweiterung in ihr Klagebegehren aufgenommen (vgl. BGH, Urt. v. 07.11.1989, MDR 1990, S. 533 ff.; Urt. v. 19.03.1986, FamRZ 1986, S. 661 ff.).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage, auch in der Auslegung die das Landgericht dem hilfsweisen Klageantrag gegeben hat, nicht unzulässig. Insbesondere fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs. Zunächst ist festzustellen, dass dieses Urteil, wie einige weitere dort zitierte Entscheidungen, zum Sachenrechtsbereinigungsgesetz ergangen ist und überwiegend auf diese besondere Rechtslage abstellt. Aber auch soweit das zitierte Urteil des Bundesgerichtshof vom 14.01.2005 (NJW-RR 2005, S. 666 ff.) verallgemeinerungsfähig sein mag, rechtfertigt dies nicht die von der Beklagten angenommene Schlussfolgerung. Zwar könnte der erste Leitsatz der Entscheidung auf den ersten Blick in diesem Sinne verstanden werden, insbesondere weil der Bundesgerichtshof dort nur die Klage auf Annahme eines zuvor formgerecht erklärten Angebots oder auf Abgabe eines solchen, von dem Gläubiger später anzunehmenden Angebots nennt. Gegenstand der Verurteilung, die die Beklagte sich mit der Berufungserwiderung zu eigen gemacht hat, ist hier allerdings die Verpflichtung der Beklagten zur Annahme eines von der Klägerin noch abzugebenden Angebots mit im Tenor näher festgelegtem Inhalt. Auch das ist aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zulässig. Denn in dem von der Beklagten zitierten Urteil bezieht sich der Bundesgerichtshof in den Entscheidungsgründen, soweit es um die Begründung zu dem 1. Leitsatz geht, ausdrücklich auf bereits zuvor ergangene Rechtsprechung, so u.a. auf ein Urteil vom 07.02.1986, BGHZ 97, S. 147 ff.. In diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof einen Klageantrag für zulässig gehalten, den Beklagten zu verurteilen, ein vom Kläger noch abzugebendes, dem Inhalt seines Antrags entsprechendes Angebot anzunehmen. Einen solchen Antrag bzw. eine entsprechende Verurteilung hat der Bundesgerichtshof jedenfalls dann für unbedenklich gehalten, wenn es sich um die Durchsetzung einer Verpflichtung zum Abschluss eines nach § 313 BGB a.F. formbedürftigen Vertrags handelt und dieser Vertrag in den vorausgegangen Vereinbarungen noch nicht vollständig ausformuliert worden ist. Genau darum geht es im vorliegenden Fall. Dass der Bundesgerichtshof in dem o.g. Urteil vom 14.01.2005 dieses Urteil zur Begründung seiner Entscheidung zitiert hat, zeigt, dass er die dort nieder gelegte Auffassung nicht etwa aufgeben, sondern vielmehr daran festhalten wollte.

Nicht stichhaltig ist auch der Einwand der Beklagten, die Klägerin wolle ein unzulässiges Vorratsurteil erstreiten. Die Klägerin hat das ihr mit dem Vertrag vom 22.06.2010 eingeräumte Ankaufsrecht mit Schreiben vom 08.06.2010 ausgeübt, und damit bereits erklärt, von dem ihr eingeräumten Recht Gebrauch zu machen. Ob diese Ausübung des Ankaufsrechts wirksam ist, wovon der Senat allerdings – wie noch darzulegen sein wird – ausgeht, ist eine Frage der Begründetheit der Klage, nicht aber der Zulässigkeit. Jedenfalls liegt der Sachverhalt hier von vornherein anders als in Fällen, in denen von einer eingeräumten Mietoption noch gar kein Gebrauch gemacht wird, womit die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat argumentiert hat. Deswegen strebt die Klägerin hier kein bloßes Vorratsurteil an, sondern versucht, das ihr eingeräumte und von ihr ausgeübte Ankaufsrecht nach der Weigerung der Beklagten, den Verkauf an die Klägerin durchzuführen, gerichtlich durchzusetzen. Dass ein Kläger von einem obsiegenden Gerichtsurteil im Rahmen der geltenden Verjährungsfristen nach eigenem Ermessen Gebrauch machen kann, stellt den Regelfall und keine Besonderheit des vorliegenden Verfahrens dar.

Das erstinstanzliche Urteil ist auch der Sache nach nicht zu beanstanden. Betrachtet man Ziffer 12 des Vertrags vom 22.06.2010, so ist nach Überzeugung des Senates eindeutig, dass bei fristgerechter Ausübung bis 30.12.2015 die Klägerin das dort bezeichnete Vertragsgrundstück zu dem dort festgelegten Kaufpreis und den weiteren Konditionen erhalten sollte. Auch ist ihr in Ziffer 12 jedenfalls nach deren eindeutigen Wortlaut ein Recht eingeräumt, den Ankauf zu verlangen. Ebenso eindeutig ist geregelt, dass die Ausübung innerhalb der genannten Frist erfolgen muss und diese Ausübung durch schriftliche Erklärung gegenüber dem damaligen Käufer, d.h. der Beklagten, zu erfolgen hatte. Das heißt, die Vertragsparteien gingen nach der von dem Zeugen G als Notar formulierten Klausel ersichtlich davon aus, dass eine schriftliche Erklärung der Klägerin bis 30.12.2015 genügen sollte, um das ihr eingeräumte Recht auszuüben und die Frist einzuhalten. Damit erübrigt sich auch die Frage, ob zur fristgerechten Ausübung gehört, dass eine erforderliche grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung bis 30.12.2015 erteilt (oder zumindest beantragt) war. Ebenso ist nach Auffassung des Senates eindeutig, dass gegebenenfalls erforderliche weitere Zwischenschritte bis zu einem Eigentumserwerb der Klägerin nicht mehr fristgebunden sind. Zwar mag es denkbare Auslegungsvarianten geben, bei denen eine formwirksame Ausübung des der Klägerin eingeräumten Rechts durch schriftliche Erklärung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich sein könnte. Gibt es aber eine Auslegungsmöglichkeit, bei der sich der Regelungszweck der Ziffer 12 des Kaufvertrags wirksam umsetzen lässt und insbesondere die fristgerechte schriftliche Erklärung der Klägerin auch rechtlich wirksam ist, ist im Zweifel dieser Auslegungsvariante der Vorzug gegeben, da sich die Auslegung am wirklichen Willen der Parteien zu orientieren hat, wobei der Wille zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich ist. Eine solche zur Wirksamkeit der Ausübung des Ankaufsrechts durch die Klägerin führende Auslegung ist hier ohne Weiteres möglich.

Die Beklagte rügt in materiellrechtlicher Hinsicht einerseits einen Widerspruch in den Entscheidungsgründen auf Seite 7 ff. (kein echter Vertrag zugunsten Dritter) und Seite 11 unten (echter Vertrag zugunsten Dritter). Ferner meint sie, die Annahme eines Vertrags zugunsten Dritter stehe in Widerspruch insbesondere zur Aussage des Zeugen G. Beides trifft nicht zu.

Zuzugestehen ist der Beklagten allerdings, dass das Urteil des Landgerichts in den angesprochenen Passagen nicht ganz klar differenziert, worum es jeweils geht. Bei genauer Betrachtung wird das allerdings gleichwohl deutlich. Die Ausführungen auf Seite 7 ff. stehen im Kontext des mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruchs auf Eigentumsübertragung.

Dieser setzt einen schuldrechtlichen Anspruch der Klägerin voraus, der durch die privatschriftliche Ausübung des Ankaufsrechts mit Schreiben vom 08.06.2015 bereits wirksam entstanden wäre. In diesem Zusammenhang hatte die Klägerin argumentiert, es handele sich um ein Wiederkaufsrecht gemäß § 456 BGB, das nach § 456 Abs. 1 Satz 2 nicht formgebunden sei und ihr durch Ziffer 12 des Grundstückskaufvertrags durch echten Vertrag zugunsten Dritter eingeräumt worden sei.

Mit dieser Argumentation hat sich das Landgericht im Lichte der durchgeführten Beweisaufnahme befasst und sie letztlich – auch nach Auffassung des Senates zutreffend – verneint. Auf Seite 11 unten geht es dagegen im Rahmen der Prüfung der Hilfsanträge darum, ob die Klägerin den Abschluss eines Grundstückskaufvertrags bzw. die Annahme eines hierauf gerichteten Antrags mit dem in Ziffer 12 festgelegten Inhalt verlangen kann. Auch ein solcher Anspruch könnte ihr nur durch einen echten Vertrag zugunsten Dritter i.S.v. § 328 BGB zukommen, da sie nicht Partei des Kaufvertrags vom 22.06.2010 und damit auch von Ziffer 12 dieses Vertrages ist. Insofern stellte sich bei der Auslegung der Ziffer 12 des notariellen Grundstückskaufvertrages die Frage, ob hier ein (echter) Vertrag zugunsten Dritter vorliegt, mehrfach und jeweils mit unterschiedlichem Inhalt. Ein Widerspruch besteht deswegen nicht.

Das Landgericht hätte diese Differenzierung möglicherweise noch deutlicher herausarbeiten können, der Sache nach hat es sie aber durchaus vorgenommen. Dass Ziffer 12 des Grundstückskaufvertrags, mit welchem Inhalt auch immer, einen echten Vertrag zugunsten der Klägerin darstellt, ergibt sich ohnehin bereits aus seinem Wortlaut. Es heißt dort, der Käufer (d.h. die Beklagte) räume der Klägerin „das Recht ein“, jederzeit den Ankauf des streitgegenständlichen Grundstücks zu den festgelegten Konditionen zu verlangen. Das kann man nicht anders verstehen, als dass insoweit durch Vertrag zwischen den damaligen Verkäufern und der Beklagten der Klägerin als Dritter ein eigener Anspruch eingeräumt wird. Ein echter Vertrag zugunsten Dritter liegt hier also auf jeden Fall vor, fraglich konnte allein der Inhalt des eingeräumten Rechts sein. Die verschiedenen in Betracht kommenden Varianten hat das Landgericht dann in den von der Beklagten angeführten Passagen des Urteils ausführlich und zutreffend geprüft.

Die Auslegung, wonach die Klägerin den Abschluss eines Kaufvertrags verlangen kann, steht auch im Einklang mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Dies gilt nicht zuletzt auch für die Aussage des Zeugen G. Zunächst haben beide Zeugen W bestätigt, dass der Klägerin ein eigenes Forderungsrecht zukommen sollte, wobei bei beiden Zeugen diffus bleibt, was genau die Klägerin sollte fordern können. Aber auch der Zeuge G hat die mutmaßlich von ihm formulierte Klausel dahingehend erläutert, dass bei Ausübung des Ankaufsrechts sie (d.h. die jetzige Klägerin) „ein Recht darauf, dass ihr das Grundstück verkauft wird“, hatte. Dies bedeute, dass dann ein Kaufvertrag zu schließen sei, der alle erforderlichen Regelungen enthalten müsse. Insofern sagte der Zeuge G wörtlich: „Nach Ausübung des Ankaufsrechts muss ein Kaufvertrag gemacht werden, der dann die Einzelheiten des Kaufs regelt“. Das ist genau das, wovon das Landgericht bei seiner Vertragsauslegung bei Prüfung der Hilfsanträge ausgegangen ist. Es ist richtig, dass der Zeuge G verneint hat, dass es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter handeln würde. Aus dem Kontext der Aussage ist aber ersichtlich, dass der Zeuge damit die Variante anspricht, dass der von ihm beurkundete Vertrag bezüglich des streitgegenständlichen Grundstücks bereits einen vollständig ausformulierten Kaufvertrag enthalten hätte, aufgrund dessen die Klägerin dann die Übertragung des Eigentums an sich hätte verlangen können. Dass die Klägerin kein Recht haben sollte, den Abschluss eines Kaufvertrags zu verlangen, folgt aus dieser Aussage nicht. Rechtlich stellt nämlich auch dies einen Vertrag i.S.v. § 328 BGB dar.

Diese Wertung obliegt dem Gericht und nicht – ungeachtet seiner Fachkunde – dem Zeugen. Ob man die in Ziffer 12 des Vertrags vom 22.06.2010 getroffene Regelung dann als Vorvertrag zugunsten der Klägerin beurteilt oder nicht, ist eine sekundäre Frage. Wesentlich ist, dass sich die Beklagte bereits verpflichtete, das Grundstück an die Klägerin zu verkaufen und dass diese Verpflichtung auch in der Form des § 311b Abs. 1 BGB erfolgte. Schließlich besteht keine Veranlassung zur nochmaligen Einvernahme des Zeugen G, die die Beklagte mit Schriftsatz vom 20.08.2019 beantragt hat. Ob mit Ziffer 12 des notariellen Kaufvertrags vom 22.06.2010 ein Anspruch der Klägerin begründet wurde oder nicht, stellt – wie vorstehend bereits ausgeführt – eine Rechtsfrage dar, die durch das Gericht selbst zu beurteilen ist. Im Übrigen hat der Zeuge selbst offen eingeräumt hat, gar keine konkreten Erinnerungen an den Vertrag zu haben. Er hat vielmehr dargelegt, wie die von ihm (wohl) selbst formulierte Klausel zu verstehen sein soll und wie er die Regelung interpretiert (z.B. „.So wie ich hier das Ankaufsrecht verstehe ). Das bedeutet, dass der Zeuge erklärtermaßen selbst im Wesentlichen eine rechtliche Erläuterung getroffen hat, die das Gericht selbstverständlich nicht bindet. Es stimmt – wie ebenfalls bereits ausgeführt – im Übrigen auch nicht, dass der Zeuge G bestätigt hat, dass kein Anspruch der Klägerin begründet werden sollte. Der Zeuge hat vielmehr ausdrücklich erklärt, bei Ausübung des Ankaufsrechts, habe die Klägerin ein Recht, dass ihr das Grundstück verkauft werde. Nichts anderes hat das Landgericht angenommen und legt auch der Senat zugrunde.

Die Klägerin hat das ihr eingeräumte Recht innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist auch formgerecht ausgeübt. Vertraglich vorgesehen war Schriftform; diese ist unstreitig eingehalten. Es bestand kein gesetzliches Formerfordernis, insbesondere nicht aus § 311 b Abs. 1 BGB. Zwar bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Der Grundstückskaufvertrag vom 22.06.2010 entsprach dieser Form, nicht aber das Schreiben der Klägerin vom 08.06.2010 sowie die nachfolgenden Schreiben der Klägervertreterin. Dies war auch nicht erforderlich. Nach der im Ergebnis der Beweisaufnahme getroffenen Auslegung der Ziffer 12 des Vertrags bedarf es noch des Abschlusses eines Grundstückskaufvertrags zwischen der Klägerin und der Beklagten, der dann gemäß § 311 b Abs. 1 BGB notariell zu beurkunden ist. Deswegen hat das Landgericht die Beklagte zur Annahme eines notariell beurkundeten Angebots der Klägerin verurteilt. Das ist erforderlich, aber auch ausreichend. Die Einhaltung des Formerfordernisses wäre nur dann problematisch, wenn man davon ausgehen würde, dass der Kaufvertrag bereits mit der privatschriftlichen Erklärung der Klägerin zustande gekommen wäre bzw. diese aufgrund dieser Erklärung einen Anspruch auf Auflassung hätte.

Eine solche weitergehende Auslegung hat das Landgericht allerdings zu Recht ausgeschlossen. Insofern haben die Zeugen W nachvollziehbar angegeben, sich keine Gedanken darüber gemacht zu haben, ob ein Kaufvertrag oder eine Übereignung vor einem Notar geschlossen werden muss. Auch der Unterschied zwischen einem Kaufvertrag und einer Auflassung sei, so der Zeuge F W, ihm nicht bekannt. Das leuchtet ein. Nach den Aussagen der Zeugen sollte die Klägerin das Recht haben, das betreffende Grundstück zu kaufen. Gesprochen wurde über die Konditionen. Wie sich der Ankauf vollziehen und wie dies vertraglich umgesetzt werden sollte, war aus Sicht der Zeugen irrelevant bzw. haben sich diese insoweit auf den Notar verlassen. Deswegen hat das Landgericht die Aussagen der beiden Zeugen W zu Recht für unergiebig gehalten. Dagegen hat der Zeuge G eindeutig ausgesagt, dass es sich nicht um eine Kaufoption, die von der Klägerin nur hätte angenommen werden müssen, gehandelt habe. Diese wäre anders formuliert worden. Das Gleiche gilt für ein mögliches Wiederkaufsrecht zugunsten der Klägerin. Auch das hat der Zeuge auf Nachfrage verneint. Es kann dahinstehen ob der Zeuge, wie die Klägerin unterstellt, verkannt hat, dass ein Wiederkaufsrecht auch durch echten Vertrag zugunsten Dritter eingeräumt werden kann. Entscheidend ist, dass die von ihm formulierte und von den Vertragsparteien abgeschlossene Regelung kein Wiederkaufsrecht sein sollte und dass er nachvollziehbar erläutert hat, dass ansonsten die Ziffer 12 anders formuliert worden wäre, nämlich weitere Einzelheiten des potentiellen Kaufvertrags enthalten hätte. Es spricht auch einiges dafür, dass in einem notariellen Vertrag der Begriff „Wiederkaufsrecht“ verwendet worden wäre, wenn denn ein solches hätte begründet werden sollen. Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen. Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Landgericht die geschäftliche Verbindung zwischen ihm und der Beklagten bedacht, hat den Zeugen aber gleichwohl für glaubwürdig gehalten. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden; der Zeuge ist Notar und damit zu Neutralität und Objektivität verpflichtet. Nur daraus, dass er im Rahmen seiner Beurkundungstätigkeit häufig mit einer der Parteien in Kontakt steht, folgt nichts anderes; insbesondere gibt es keinerlei Anhaltspunkte für eine Gefälligkeitsaussage. Ob im Falle der Einräumung eines Wiederkaufsrechts dessen Ausübung formfrei möglich wäre, bedarf mangels Vereinbarung eines solchen Rechts vorliegend keiner Entscheidung. Insofern hat das Landgericht hier nicht nur den Vertrag zutreffend unter Berücksichtigung der Beweisaufnahme ausgelegt, sondern das gefundene Ergebnis führt auch ohne rechtliche Zweifel dazu, dass die schriftliche Erklärung der Klägerin zur fristgerechten Ausübung des Ankaufsrechts ausreichend war. Nur ergänzend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte als Vertragspartnerin des notariellen Vertrags vom 22.06.2010 einschließlich der Einräumung des Ankaufsrechts an die Klägerin nicht nur zur Erfüllung des eigentlichen Kaufvertrags mit den damaligen Verkäufern verpflichtet war, sondern auch dazu, an der Umsetzung des gesamten Vertrags, d.h. auch dessen Ziffer 12 mitzuwirken. Es besteht eine vertragliche Neben- und Treuepflicht, auf die Erreichung des Leistungserfolgs hinzuwirken und bei der Beseitigung möglicher Hindernisse mitzuwirken (vgl. Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 242 Rnr. 27).

Daraus erwuchs für die Beklagte die vertragliche Nebenpflicht gegenüber der durch Ziffer 12 des Vertrags begünstigten Klägerin, an der Umsetzung des Ankaufsrechts mitzuwirken bzw. auf dessen formgerechte Ausübung vor Ablauf der Ausübungsfrist hinzuwirken. Letztlich kommt es darauf und auf mögliche Konsequenzen einer etwaigen Nebenpflichtverletzung hier nicht entscheidend an, weil – wie ausgeführt – eine frist- und formgerechte Ausübung des Ankaufsrechts der Beklagten vorliegt.

Soweit die Beklagte die Bestimmtheit der Ziff. 1 des Tenors des landgerichtlichen Urteils rügt, sind diese Bedenken nicht begründet. Insbesondere steht der Inhalt des abzugebenden und von der Beklagten anzunehmenden Kaufangebots fest. Dieser folgt aus den in Ziffer 12 des Grundstückskaufvertrags vom 22.06.2010 festgelegten Konditionen. Damit stehen die essentalia negotii eines Grundstückskaufvertrags fest und sind im Tenor bezeichnet. Der Einwand der Beklagten, der abzuschließende Grundstückskaufvertrag müsse weitere Regelungen enthalten, geht fehl. Sicher hat der Zeuge G ausgeführt, was seiner Ansicht nach in einem Kaufvertrag noch regelungsbedürftig wäre. Dies ist aus seiner, d.h. aus vertragsgestaltender Sicht auch richtig. Zweifellos ist es sinnvoll und üblich, in einem Kaufvertrag weitere, auf die Interessen der Beteiligten zugeschnittene Regelungen zu treffen. Der Zeuge als Notar würde wohl fehlerhaft handeln, wenn er nicht darauf dringen würde, solche Regelungen in einen Vertragstext aufzunehmen. Rechtlich zwingend ist dies aber nicht. Die entscheidenden Konditionen des abzuschließenden Kaufvertrags stehen fest, zu diesen Bedingungen hat sich die Beklagte verpflichtet, das streitgegenständliche Grundstück an die Klägerin zu verkaufen. Insofern hätte es der Beklagten frei gestanden, der Klägerin ein Vertragsangebot zu unterbreiten, das weitere, aus ihrer Sicht notwendige oder sinnvolle Regelungen enthalten hätte (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.2006, MDR 2006, S. 1394 ff.). Das hat sie nicht getan und auch während des Rechtsstreits nicht nachgeholt. Dann ist sie entsprechend dem Antrag der Klägerin zur Annahme eines den im Vertrag festgelegten Konditionen entsprechenden Vertragsangebots zu verurteilen.

Über die nur hilfsweise eingelegte Anschlussberufung ist folglich nicht zu entscheiden, so dass deren von den Parteien intensiv und streitig diskutierte Zulässigkeit dahinstehen kann. Auch über die erstinstanzlich von der Beklagten erhobene Hilfswiderklage war nicht zu entscheiden. Diese ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren lediglich die Abweisung der Klage beantragt, jedoch keinen weiteren Antrag im Sinne der Hilfswiderklage gestellt. Das Landgericht hatte die Hilfswiderklage nur für den Fall als gestellt angesehen, dass das Landgericht mit dem Hauptantrag der Klägerin von einem wirksam abgeschlossenen Kaufvertrag ausgehen und den Anspruch auf Auflassung zusprechen sollte. Gegen diese Auslegung des Landgerichts hat sich die die Beklagte mit der Berufung nicht gewendet und hierzu auch keinen Antrag gestellt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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