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Grundstücksbelastung mit Finanzierungsgrundschuld aufgrund transmortaler Vollmacht

Streit um Millionen-Grundschuld: Transmortale Vollmacht ermöglicht Belastung eines Hamburger Grundstücks auch nach dem Tod des Eigentümers. Oberlandesgericht Hamburg bestätigt Wirksamkeit der Vollmacht und weist Grundbuchamt an, Eintragung erneut zu prüfen. Fall wirft grundlegende Fragen zu Erb- und Grundbuchrecht auf und hat weitreichende Auswirkungen für Grundstückseigentümer und Erben.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Es geht um die Belastung eines Grundstücks mit einer Finanzierungsgrundschuld, die aufgrund einer transmortalen Vollmacht vorgenommen wurde.
  • Das Grundstück gehörte einem verstorbenen Erblasser, dessen Erben in Bezug auf die Grundschuld betroffen sind.
  • Schwierigkeiten entstanden durch die notariell beglaubigte Generalvollmacht, die auch nach dem Tod des Erblassers gültig bleiben sollte.
  • Das Gericht entschied, dass das Grundbuchamt den ursprünglichen Antrag auf Eintragung der Grundschuld erneut prüfen muss.
  • Diese Entscheidung basierte darauf, dass die Vollmacht ausdrücklich festlegte, dass sie über den Tod hinaus gültig bleibt.
  • Die Entscheidung des Gerichts hat zur Folge, dass solche transmortalen Vollmachten auch weiterhin Beachtung finden und gültig bleiben können.

Transmortale Vollmacht ermöglicht Grundstücksbelastung nach Eigentümertod

Wer ein Grundstück erwirbt, geht meist davon aus, dass es frei von Belastungen ist. Doch nicht selten finden sich im Grundbuch Eintragungen, die den Wert des Grundstücks schmälern oder die Nutzung einschränken können. Eine häufig anzutreffende Belastung sind sogenannte Finanzierungsgrundschulden. Diese werden vom Kreditgeber im Grundbuch eingetragen, um seine Forderungen gegenüber dem Grundstückseigentümer zu sichern. Doch auch nach dem Tod des ursprünglichen Eigentümers können solche Belastungen bestehen bleiben, insbesondere dann, wenn eine transmortale Vollmacht vorliegt.

Eine transmortale Vollmacht ist eine Vollmacht, die auch nach dem Tod des Vollmachtgebers weiterhin gültig bleibt. Solche Vollmachten werden oft im Familienrecht eingesetzt, um den Nachlass zu regeln, beispielsweise zur Übertragung von Grundstücken. Die Rechtslage in Bezug auf die Gültigkeit von transmortalen Vollmachten und die Fortgeltung von Finanzierungsgrundschulden ist komplex und wird von den Gerichten regelmäßig neu bewertet.

In einem aktuellen Gerichtsfall wurde nun ein Musterfall zur Klärung dieser Frage behandelt…

Der Fall vor Gericht


Grundstücksbelastung mit Finanzierungsgrundschuld nach Tod des Eigentümers

Der Fall, der vom Oberlandesgericht Hamburg entschieden wurde, befasst sich mit einer komplexen erbrechtlichen und grundbuchrechtlichen Fragestellung. Im Kern geht es darum, ob eine Grundstücksbelastung nach dem Tod des Eigentümers noch wirksam vorgenommen werden kann, wenn dieser zu Lebzeiten eine entsprechende Vollmacht erteilt hatte.

Der verstorbene Herr K. hatte der Beteiligten zu 1 im Jahr 2006 eine notarielle Generalvollmacht erteilt. Diese Vollmacht sollte ausdrücklich über seinen Tod hinaus gelten, was als transmortale Vollmacht bezeichnet wird. Nach dem Ableben von Herrn K. im Jahr 2020 nutzte die Bevollmächtigte diese Vollmacht, um den Beteiligten zu 2 zu ermächtigen, das zum Nachlass gehörende Grundstück in der Karolinenstraße in Hamburg-St. Pauli mit Grundpfandrechten bis zu einer Höhe von 4 Millionen Euro zu belasten.

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall liegt darin zu klären, ob eine solche posthume Belastung des Grundstücks auf Basis der transmortalen Vollmacht zulässig und im Grundbuch eintragungsfähig ist. Dies berührt grundlegende Fragen des Erb- und Grundbuchrechts sowie der Reichweite von Vollmachten über den Tod hinaus.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg zur Grundstücksbelastung

Das Oberlandesgericht Hamburg hat in seinem Beschluss die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Hamburg – Grundbuchamt aufgehoben. Das Gericht wies das Grundbuchamt an, den Eintragungsantrag für die Grundschuld erneut zu prüfen und dabei die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen.

Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die transmortale Vollmacht in diesem Fall wirksam war und die Bevollmächtigte berechtigt war, auch nach dem Tod des Erblassers Verfügungen über das Grundstück vorzunehmen. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf mehrere rechtliche Erwägungen:

  1. Die Fortgeltung der Vollmacht über den Tod hinaus war vom Erblasser ausdrücklich gewünscht und notariell beurkundet worden.
  2. Eine transmortale Vollmacht erlischt nicht automatisch mit dem Tod des Vollmachtgebers, sondern bleibt wirksam, bis sie von den Erben widerrufen wird.
  3. Die Bevollmächtigte handelte im Interesse des Nachlasses und der Erben, indem sie die Möglichkeit zur Finanzierung über das Grundstück schuf.
  4. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erben die Vollmacht widerrufen hatten oder die Bevollmächtigte ihre Befugnisse überschritten hatte.

Rechtliche Bedeutung der transmortalen Vollmacht im Grundstücksrecht

Die Entscheidung des OLG Hamburg unterstreicht die rechtliche Wirksamkeit und Bedeutung von transmortalen Vollmachten im Kontext des Grundstücksrechts. Solche Vollmachten können ein wichtiges Instrument der Nachlassplanung und -verwaltung sein, da sie es ermöglichen, auch nach dem Tod des Vollmachtgebers noch wichtige Rechtsgeschäfte vorzunehmen.

Für Grundstückseigentümer ergeben sich daraus folgende wichtige Aspekte:

  1. Eine transmortale Vollmacht kann die Handlungsfähigkeit in Bezug auf Immobilien über den Tod hinaus sicherstellen.
  2. Sie ermöglicht es Bevollmächtigten, notwendige Maßnahmen zur Erhaltung oder Finanzierung von Immobilien auch nach dem Tod des Eigentümers durchzuführen.
  3. Die Vollmacht muss eindeutig formuliert und idealerweise notariell beurkundet sein, um Rechtssicherheit zu gewährleisten.
  4. Erben haben das Recht, eine transmortale Vollmacht zu widerrufen, wenn sie mit den Handlungen des Bevollmächtigten nicht einverstanden sind.

Auswirkungen auf Grundstückseigentümer und Erben

Die Entscheidung des OLG Hamburg hat weitreichende Auswirkungen für Grundstückseigentümer und deren Erben:

  1. Grundstückseigentümer sollten bei der Erteilung von Vollmachten sorgfältig abwägen, ob diese über den Tod hinaus gelten sollen. Eine transmortale Vollmacht kann die Verwaltung des Nachlasses erleichtern, birgt aber auch Risiken, wenn der Bevollmächtigte nicht im Sinne der Erben handelt.
  2. Erben müssen sich bewusst sein, dass transmortale Vollmachten weiterhin wirksam sind und zu Verfügungen über Nachlassgegenstände führen können. Sie sollten daher zeitnah nach dem Erbfall prüfen, ob bestehende Vollmachten ihren Interessen entsprechen oder widerrufen werden sollten.
  3. Bevollmächtigte tragen eine hohe Verantwortung, wenn sie auf Basis einer transmortalen Vollmacht handeln. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Handlungen im Interesse des Nachlasses und der Erben liegen.
  4. Für Kreditinstitute und andere Vertragspartner bedeutet die Entscheidung, dass sie sich auf die Wirksamkeit einer transmortalen Vollmacht verlassen können, solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen.

Die Entscheidung des OLG Hamburg verdeutlicht die Komplexität des Zusammenspiels von Erbrecht und Grundbuchrecht. Sie zeigt, wie wichtig eine sorgfältige rechtliche Gestaltung und Beratung bei der Nachlassplanung ist, insbesondere wenn Immobilien betroffen sind. Grundstückseigentümer sollten die Möglichkeit einer transmortalen Vollmacht in ihre Überlegungen einbeziehen, um eine reibungslose Verwaltung ihres Vermögens auch über den Tod hinaus zu gewährleisten.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung des OLG Hamburg bekräftigt die Wirksamkeit und Bedeutung transmortaler Vollmachten im Grundstücksrecht. Sie ermöglicht Bevollmächtigten, auch nach dem Tod des Eigentümers rechtswirksame Verfügungen über Immobilien vorzunehmen, solange die Vollmacht nicht von den Erben widerrufen wurde. Dies unterstreicht die Relevanz sorgfältiger Nachlassplanung und verdeutlicht die Notwendigkeit für Erben, bestehende Vollmachten zeitnah zu überprüfen, um ihre Interessen zu wahren.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Erbe:

Dieses Urteil unterstreicht, dass transmortale Vollmachten ein wirksames Instrument zur Regelung des Nachlasses sein können. Wenn Sie eine solche Vollmacht von einem Erblasser erhalten haben, bestätigt das Urteil Ihre Handlungsfähigkeit in Bezug auf das Grundstück, auch nach dem Tod des Erblassers.

Als Grundstückseigentümer:

Falls Sie eine transmortale Vollmacht erteilen möchten, ist es wichtig, diese sorgfältig und eindeutig zu formulieren, idealerweise mit notarieller Beurkundung. So können Sie sicherstellen, dass Ihre Wünsche auch nach Ihrem Tod in Bezug auf Ihr Grundstück umgesetzt werden.

Wenn Sie eine Grundstücksbelastung betrifft:

Wenn Sie als Erbe mit einer Grundstücksbelastung konfrontiert sind, die aufgrund einer transmortalen Vollmacht entstanden ist, sollten Sie prüfen, ob die Vollmacht wirksam ist und ob die Belastung im Einklang mit den Interessen des Erblassers und der Erben steht. Im Zweifel sollten Sie rechtlichen Rat einholen.


FAQ – Häufige Fragen

Sie möchten wissen, ob transmortale Vollmachten gültig sind? Wie sie funktionieren und welche Folgen sie haben? In dieser Rubrik finden Sie die Antworten auf Ihre Fragen rund um das Thema transmortale Vollmachten.


Was ist eine transmortale Vollmacht und wie unterscheidet sie sich von anderen Vollmachten?

Eine transmortale Vollmacht ist eine besondere Form der Bevollmächtigung, die über den Tod des Vollmachtgebers hinaus wirksam bleibt. Der Begriff „transmortal“ setzt sich aus den lateinischen Wörtern „trans“ (über, hinaus) und „mors“ (Tod) zusammen und verdeutlicht, dass diese Vollmacht den Tod des Vollmachtgebers überdauert.

Im Gegensatz zu gewöhnlichen Vollmachten, die in der Regel mit dem Ableben des Vollmachtgebers erlöschen, ermöglicht eine transmortale Vollmacht dem Bevollmächtigten, auch nach dem Tod des Vollmachtgebers in dessen Namen zu handeln. Dies kann in verschiedenen Situationen von großer Bedeutung sein, etwa bei der Verwaltung des Nachlasses oder der Regelung dringender Angelegenheiten, bevor ein Erbschein ausgestellt wird.

Die transmortale Vollmacht unterscheidet sich von anderen Vollmachtsformen durch ihre zeitliche Dimension. Während eine gewöhnliche Vollmacht nur zu Lebzeiten des Vollmachtgebers gilt, erstreckt sich die Wirksamkeit der transmortalen Vollmacht über den Todeszeitpunkt hinaus. Dies ermöglicht eine nahtlose Fortsetzung der Vertretungsbefugnis, was besonders in komplexen Vermögenssituationen oder bei internationalen Sachverhalten von Vorteil sein kann.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht zur postmortalen Vollmacht. Diese wird zwar ebenfalls für die Zeit nach dem Tod erteilt, entfaltet ihre Wirkung jedoch erst mit dem Ableben des Vollmachtgebers. Die transmortale Vollmacht hingegen ist bereits zu Lebzeiten wirksam und behält diese Wirksamkeit über den Tod hinaus bei. Dies gewährleistet eine kontinuierliche Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigten, ohne dass es zu einer Unterbrechung kommt.

Die Erteilung einer transmortalen Vollmacht erfordert besondere Sorgfalt und sollte wohlüberlegt sein. Der Vollmachtgeber muss sich bewusst sein, dass er dem Bevollmächtigten weitreichende Befugnisse einräumt, die auch nach seinem Tod Bestand haben. Dies kann beispielsweise die Verfügung über Bankkonten, den Verkauf von Immobilien oder die Regelung von Nachlassangelegenheiten umfassen.

Bei der Ausgestaltung einer transmortalen Vollmacht ist es ratsam, den Umfang der Befugnisse genau zu definieren. So kann der Vollmachtgeber festlegen, welche konkreten Handlungen der Bevollmächtigte vornehmen darf und welche Grenzen zu beachten sind. Dies dient dem Schutz des Nachlasses und der Interessen der Erben.

Ein praktisches Anwendungsbeispiel für die Relevanz einer transmortalen Vollmacht zeigt sich im Bereich von Immobiliengeschäften. Wurde einem Bevollmächtigten eine transmortale Vollmacht erteilt, kann dieser auch nach dem Tod des Vollmachtgebers Grundstücksgeschäfte tätigen oder Grundschulden bestellen. Dies kann insbesondere dann von Bedeutung sein, wenn laufende Finanzierungen oder dringende Verkäufe abgewickelt werden müssen, bevor die Erbschaftsangelegenheiten vollständig geklärt sind.

Es ist wichtig zu beachten, dass die transmortale Vollmacht trotz ihrer Fortgeltung nach dem Tod des Vollmachtgebers durch die Erben widerrufen werden kann. Diese haben das Recht, die erteilte Vollmacht zu beenden, wenn sie dies für erforderlich halten. Daher ist es empfehlenswert, bei der Erteilung einer transmortalen Vollmacht auch die potenziellen Erben einzubeziehen oder zumindest über die getroffenen Regelungen zu informieren.

Die Formvorschriften für eine transmortale Vollmacht richten sich nach dem Inhalt und Umfang der übertragenen Befugnisse. Grundsätzlich ist die Schriftform empfehlenswert, um Missverständnisse zu vermeiden und die Akzeptanz im Rechtsverkehr zu erhöhen. Bei Immobiliengeschäften ist eine notarielle Beurkundung erforderlich, um die Eintragung ins Grundbuch zu ermöglichen.

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Welche rechtlichen Auswirkungen hat eine transmortale Vollmacht auf die Verwaltung eines Nachlasses?

Eine transmortale Vollmacht entfaltet weitreichende rechtliche Auswirkungen auf die Verwaltung eines Nachlasses. Der Bevollmächtigte erhält durch diese Vollmacht die Befugnis, auch nach dem Tod des Vollmachtgebers Rechtsgeschäfte mit Wirkung für und gegen die Erben vorzunehmen. Dies ermöglicht eine reibungslose Fortführung der Vermögensverwaltung ohne Unterbrechung durch den Erbfall.

Die Vertretungsmacht des transmortal Bevollmächtigten bezieht sich ausschließlich auf den Nachlass. Er kann im Rahmen der ihm eingeräumten Befugnisse über Nachlassgegenstände verfügen, Verträge abschließen oder kündigen sowie Bankgeschäfte tätigen. Hierfür benötigt er keinen Erbschein, was Zeit und Kosten spart.

Die transmortale Vollmacht erleichtert insbesondere den Zugriff auf Bankkonten des Verstorbenen. Der Bevollmächtigte kann unmittelbar nach dem Tod des Erblassers über die Konten verfügen, um beispielsweise laufende Verpflichtungen zu erfüllen oder Beerdigungskosten zu begleichen. Dies verhindert finanzielle Engpässe in der Übergangszeit bis zur Klärung der Erbfolge.

Bei Immobilien im Nachlass ermöglicht eine notariell beglaubigte transmortale Vollmacht dem Bevollmächtigten, Grundbuchänderungen vorzunehmen. Er kann etwa Grundschulden eintragen lassen, um Kredite für den Nachlass aufzunehmen. Allerdings ist zu beachten, dass einige Grundbuchämter zusätzlich einen Erbnachweis verlangen können.

Die transmortale Vollmacht wirkt unmittelbar für und gegen die Erben als Rechtsnachfolger des Vollmachtgebers. Der Bevollmächtigte vertritt somit nicht mehr den verstorbenen Vollmachtgeber, sondern die Erbengemeinschaft in Nachlassangelegenheiten. Dies gilt auch, wenn die Erben noch nicht festgestellt sind.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Erben die transmortale Vollmacht jederzeit widerrufen können. Jeder Miterbe hat das Recht, die Vollmacht für seinen Anteil am Nachlass zu widerrufen. Auch ein eingesetzter Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter kann die Vollmacht für den von ihm verwalteten Nachlassteil aufheben.

Die transmortale Vollmacht kann in Konflikt mit einer angeordneten Testamentsvollstreckung geraten. In der Regel hat der Testamentsvollstrecker Vorrang bei der Nachlassverwaltung. Die genaue Abgrenzung der Befugnisse hängt vom Einzelfall und der Auslegung des Erblasserwillens ab.

Bei der Erteilung einer transmortalen Vollmacht sollte sorgfältig abgewogen werden, wem man diese weitreichenden Befugnisse einräumt. Der Bevollmächtigte hat großen Einfluss auf die Nachlassverwaltung und kann Entscheidungen treffen, die sich auf das Erbe auswirken. Vertrauen in die Integrität und Kompetenz des Bevollmächtigten ist daher essenziell.

Für eine rechtssichere Gestaltung empfiehlt sich die notarielle Beurkundung der transmortalen Vollmacht. Dies erhöht ihre Akzeptanz im Rechtsverkehr und stellt sicher, dass der Vollmachtgeber die Tragweite seiner Entscheidung erfasst hat. Bei komplexen Vermögensverhältnissen sollte zudem fachkundige Beratung in Anspruch genommen werden, um die Vollmacht optimal auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen.

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Kann eine transmortale Vollmacht von den Erben widerrufen werden, und wenn ja, wie?

Eine transmortale Vollmacht kann grundsätzlich von den Erben widerrufen werden. Dies ergibt sich aus der Rechtsstellung der Erben als Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Mit dem Erbfall treten die Erben in sämtliche Rechtspositionen des Verstorbenen ein und übernehmen damit auch dessen Befugnis, erteilte Vollmachten zu widerrufen.

Der Widerruf einer transmortalen Vollmacht durch die Erben ist jederzeit und ohne Angabe von Gründen möglich. Dies gilt selbst dann, wenn eine Erbengemeinschaft besteht oder eine Testamentsvollstreckung angeordnet wurde. Jeder einzelne Miterbe kann die Vollmacht für seinen Erbteil widerrufen, ohne dass es der Zustimmung der anderen Miterben bedarf.

Um eine transmortale Vollmacht wirksam zu widerrufen, sollten die Erben bestimmte Schritte beachten. Zunächst ist es ratsam, den Widerruf schriftlich zu erklären. Die Widerrufserklärung sollte sowohl gegenüber dem Bevollmächtigten als auch gegenüber Dritten, insbesondere Banken und anderen Geschäftspartnern des Erblassers, abgegeben werden. Dies verhindert, dass der Bevollmächtigte weiterhin im Namen des Nachlasses handeln kann.

Die Erben sollten den Bevollmächtigten auffordern, die Vollmachtsurkunde zurückzugeben. Falls der Bevollmächtigte die Rückgabe verweigert, können die Erben eine gerichtliche Kraftloserklärung der Urkunde beantragen. Dies ist besonders wichtig, da die Vollmachtsurkunde einen Rechtsschein erzeugt, der auch nach dem Widerruf noch fortbestehen kann.

Bei der Formulierung des Widerrufs ist es empfehlenswert, alle vom Erblasser erteilten Vollmachten sowie etwaige Untervollmachten einzubeziehen. Ein Widerrufsvermerk sollte auf der Vollmachtsurkunde angebracht werden.

Es ist zu beachten, dass in bestimmten Fällen der Widerruf einer transmortalen Vollmacht eingeschränkt sein kann. Wenn der Erblasser die Vollmacht ausdrücklich als unwiderruflich erteilt hat, ist ein Widerruf nur aus wichtigem Grund möglich. Allerdings sind Generalvollmachten in der Regel immer widerruflich, da eine unwiderrufliche Generalvollmacht über den Tod hinaus als sittenwidrig angesehen wird.

Der Widerruf einer transmortalen Vollmacht kann weitreichende Folgen haben. Er verhindert, dass der Bevollmächtigte weiterhin Zugriff auf das Nachlassvermögen hat oder Rechtsgeschäfte für den Nachlass tätigt. Dies kann insbesondere bei Immobiliengeschäften relevant sein. Wenn beispielsweise ein Miterbe die einem anderen Miterben erteilte Generalvollmacht widerruft, kann dies die Vollziehung eines bereits abgeschlossenen Grundstückskaufvertrags über eine Nachlassimmobilie unmöglich machen.

Nach dem Widerruf der Vollmacht ist der ehemalige Bevollmächtigte verpflichtet, den Erben Rechenschaft über sein bisheriges Handeln abzulegen. Die Erben können Auskunft über alle getätigten Geschäfte verlangen und gegebenenfalls unrechtmäßige Handlungen rückgängig machen.

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Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine transmortale Vollmacht im Grundbuch wirksam eingetragen werden kann?

Eine transmortale Vollmacht kann im Grundbuch wirksam eingetragen werden, wenn bestimmte rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind. Die Vollmacht muss zunächst eindeutig als transmortale Vollmacht ausgestaltet sein. Dies bedeutet, dass sie ausdrücklich über den Tod des Vollmachtgebers hinaus gelten soll. Eine solche Formulierung könnte lauten: „Diese Vollmacht soll über meinen Tod hinaus wirksam bleiben.“

Die Form der Vollmacht spielt eine entscheidende Rolle. Für Grundbuchangelegenheiten ist eine notarielle Beurkundung der transmortalen Vollmacht erforderlich. Eine bloße Beglaubigung der Unterschrift reicht nicht aus. Der Notar muss den gesamten Inhalt der Vollmacht beurkunden.

Der Umfang der Vollmacht muss klar definiert sein. Sie sollte explizit die Befugnis zur Vornahme von Grundbuchhandlungen umfassen. Eine allgemeine Formulierung wie „Vertretung in allen Vermögensangelegenheiten“ genügt in der Regel nicht. Stattdessen sollte die Vollmacht konkret die Berechtigung zur Vornahme von Eintragungen, Löschungen oder Änderungen im Grundbuch nennen.

Die Vollmacht darf zum Zeitpunkt der beabsichtigten Grundbucheintragung nicht widerrufen sein. Ein Widerruf kann sowohl zu Lebzeiten des Vollmachtgebers als auch durch dessen Erben nach seinem Tod erfolgen. Das Grundbuchamt prüft daher, ob ein Widerruf vorliegt.

Bei der Vorlage der Vollmacht beim Grundbuchamt muss der Tod des Vollmachtgebers nachgewiesen werden. Dies geschieht in der Regel durch Vorlage der Sterbeurkunde. Ohne diesen Nachweis kann das Grundbuchamt die transmortale Wirkung der Vollmacht nicht beurteilen.

Die Identität des Bevollmächtigten muss zweifelsfrei festgestellt werden können. Hierzu sind dem Grundbuchamt geeignete Identitätsnachweise vorzulegen, etwa ein gültiger Personalausweis oder Reisepass.

Bei der Eintragung einer Grundschuld aufgrund einer transmortalen Vollmacht ist besondere Vorsicht geboten. Das Grundbuchamt prüft hier besonders sorgfältig, ob die Vollmacht tatsächlich zur Belastung des Grundstücks ermächtigt. Eine allgemeine Formulierung reicht hierfür meist nicht aus. Die Vollmacht sollte explizit die Befugnis zur Bestellung von Grundpfandrechten enthalten.

Die transmortale Vollmacht muss im Original oder in beglaubigter Abschrift vorgelegt werden. Kopien oder Scans werden vom Grundbuchamt nicht akzeptiert. Bei einer notariellen Vollmachtsurkunde genügt in der Regel die Vorlage einer beglaubigten Abschrift.

Das Grundbuchamt prüft auch, ob der Bevollmächtigte möglicherweise Alleinerbe des Vollmachtgebers ist. In diesem Fall könnte die Vollmacht durch Konfusion erlöschen. Um dies auszuschließen, sollte der Bevollmächtigte gegenüber dem Grundbuchamt erklären, dass er nicht Alleinerbe ist oder dass neben ihm weitere Erben existieren.

Bei der Verwendung einer transmortalen Vollmacht für Grundbucheintragungen ist stets Vorsicht geboten. Grundbuchämter prüfen solche Fälle besonders genau. Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis vorzulegen, um die Verfügungsbefugnis zweifelsfrei nachzuweisen.

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Welche Risiken und Vorteile sind mit der Erteilung einer transmortalen Vollmacht verbunden?

Die Erteilung einer transmortalen Vollmacht bringt sowohl Vorteile als auch Risiken mit sich, die sorgfältig abgewogen werden sollten. Ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass der Bevollmächtigte nach dem Tod des Vollmachtgebers unmittelbar handlungsfähig bleibt. Dies ermöglicht ein schnelles und effektives Agieren in Bezug auf den Nachlass, ohne dass zunächst ein Erbschein beantragt werden muss. Gerade bei der Verwaltung von Immobilien oder der Regelung von Bankangelegenheiten kann dies von großem Nutzen sein.

Die transmortale Vollmacht bietet eine erhebliche Zeitersparnis und Kostenreduktion, da die oft langwierige und kostspielige Beantragung eines Erbscheins vermieden werden kann. Dies ist besonders vorteilhaft, wenn schnelles Handeln erforderlich ist, etwa um wichtige finanzielle Transaktionen durchzuführen oder dringende Entscheidungen bezüglich des Nachlasses zu treffen.

Ein weiterer Vorteil liegt in der Flexibilität, die eine transmortale Vollmacht bietet. Der Bevollmächtigte kann im Rahmen der ihm erteilten Befugnisse eigenständig agieren, was insbesondere bei komplexen Nachlasssituationen oder bei Unstimmigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft von Bedeutung sein kann.

Allerdings birgt die Erteilung einer transmortalen Vollmacht auch erhebliche Risiken. Das größte Risiko besteht in der Möglichkeit des Missbrauchs durch den Bevollmächtigten. Da die Vollmacht über den Tod hinaus wirksam bleibt, könnte der Bevollmächtigte theoretisch Handlungen vornehmen, die nicht im Sinne des Verstorbenen oder der Erben sind. Dies ist besonders problematisch, wenn die Vollmacht sehr weitreichend formuliert ist und dem Bevollmächtigten umfassende Befugnisse einräumt.

Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der möglichen Kollision der Interessen des Bevollmächtigten mit denen der Erbengemeinschaft. Der Bevollmächtigte leitet seine Befugnisse direkt vom Erblasser ab und kann daher unabhängig von den Wünschen der Erben handeln. Dies kann zu Konflikten führen, insbesondere wenn der Bevollmächtigte selbst Erbe ist und eigene Interessen verfolgt.

Die transmortale Vollmacht kann auch zu Problemen bei der Grundbucheintragung führen. Während bei einer Eigentumsübertragung die Eintragung des Erwerbers direkt nach dem Erblasser erfolgen kann, ist die Situation bei der Bestellung einer Finanzierungsgrundschuld komplexer. Hier kann unter Umständen eine Zwischeneintragung der Erben erforderlich sein, was den Prozess verkompliziert und verzögert.

Es ist daher ratsam, die transmortale Vollmacht mit Bedacht zu erteilen und klare Grenzen zu setzen. Eine sorgfältige Auswahl des Bevollmächtigten ist ebenso wichtig wie eine präzise Formulierung der Vollmacht. Es sollte genau festgelegt werden, welche Handlungen der Bevollmächtigte vornehmen darf und welche nicht. Zudem kann es sinnvoll sein, Kontrollmechanismen einzubauen, etwa indem mehrere Bevollmächtigte bestellt werden, die nur gemeinsam handeln dürfen.

Um die Risiken zu minimieren, empfiehlt es sich, die transmortale Vollmacht regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Auch sollte der Vollmachtgeber seine Erben über die Existenz und den Inhalt der Vollmacht informieren, um spätere Überraschungen und Konflikte zu vermeiden.

Die Entscheidung für oder gegen eine transmortale Vollmacht hängt letztlich von den individuellen Umständen und Bedürfnissen des Vollmachtgebers ab. Eine sorgfältige Abwägung der Vor- und Nachteile sowie eine professionelle rechtliche Beratung sind unerlässlich, um die bestmögliche Lösung für die eigene Situation zu finden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Grundpfandrecht: Ein Grundpfandrecht ist ein dingliches Recht an einem Grundstück, das zur Sicherung einer Forderung dient. Es gibt dem Gläubiger die Möglichkeit, bei Nichtzahlung des Schuldners das Grundstück zu verwerten. Grundpfandrechte werden im Grundbuch eingetragen und bleiben auch bei einem Eigentümerwechsel bestehen. Die häufigsten Formen sind Hypothek und Grundschuld. Im vorliegenden Fall wurde eine Grundschuld bestellt, um eine potenzielle Finanzierung abzusichern. Grundpfandrechte sind für Kreditgeber wichtig, da sie im Falle einer Insolvenz des Schuldners vorrangig befriedigt werden.
  • Zwischenverfügung: Eine Zwischenverfügung ist eine vorläufige Entscheidung des Grundbuchamts, mit der es Bedenken gegen einen Eintragungsantrag äußert. Sie gibt dem Antragsteller die Möglichkeit, den Antrag zu korrigieren oder zu ergänzen, bevor er endgültig abgelehnt wird. Im vorliegenden Fall hatte das Amtsgericht Hamburg als Grundbuchamt eine solche Zwischenverfügung erlassen, die vom OLG Hamburg aufgehoben wurde. Zwischenverfügungen dienen der Verfahrensökonomie, da sie eine direkte Ablehnung vermeiden und dem Antragsteller die Chance zur Nachbesserung geben.
  • Nachlassplanung: Nachlassplanung umfasst alle Maßnahmen, die eine Person zu Lebzeiten trifft, um die Verwaltung und Verteilung ihres Vermögens nach dem Tod zu regeln. Dazu gehören u.a. Testament, Erbvertrag und eben auch transmortale Vollmachten. Eine gute Nachlassplanung kann Streitigkeiten unter Erben vermeiden und sicherstellen, dass der letzte Wille des Erblassers umgesetzt wird. Im vorliegenden Fall hatte der Erblasser durch die Erteilung einer transmortalen Vollmacht vorgesorgt, dass auch nach seinem Tod noch Verfügungen über sein Grundstück möglich sind.
  • Grundbuch: Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, in dem die Rechtsverhältnisse an Grundstücken dokumentiert werden. Es wird vom Amtsgericht geführt und enthält Informationen über Eigentümer, Belastungen und Beschränkungen eines Grundstücks. Eintragungen im Grundbuch genießen öffentlichen Glauben, d.h. sie gelten als richtig, solange nicht das Gegenteil bewiesen wird. Im vorliegenden Fall ging es um die Eintragung einer Grundschuld im Grundbuch, die auf Basis einer transmortalen Vollmacht bestellt wurde. Das Grundbuch spielt eine zentrale Rolle im Immobilienrecht und bei der Kreditvergabe.
  • Bevollmächtigter: Ein Bevollmächtigter ist eine Person, die vom Vollmachtgeber ermächtigt wurde, in seinem Namen Rechtsgeschäfte vorzunehmen. Die Vollmacht kann umfassend (Generalvollmacht) oder auf bestimmte Handlungen beschränkt sein. Im Fall einer transmortalen Vollmacht bleibt die Bevollmächtigung auch nach dem Tod des Vollmachtgebers bestehen. Der Bevollmächtigte muss im Interesse des Vollmachtgebers handeln und kann bei Pflichtverletzungen haftbar gemacht werden. Im vorliegenden Fall hatte die Bevollmächtigte die Befugnis, auch nach dem Tod des Erblassers über dessen Grundstück zu verfügen.
  • Zwangsvollstreckungsunterwerfung: Bei einer Zwangsvollstreckungsunterwerfung erklärt sich der Schuldner bereit, dass der Gläubiger bei Nichtzahlung direkt die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen betreiben kann, ohne vorher ein Gerichtsurteil erwirken zu müssen. Dies wird oft bei der Bestellung von Grundpfandrechten vereinbart und im Grundbuch eingetragen. Es erleichtert dem Gläubiger die Durchsetzung seiner Forderung erheblich. Im vorliegenden Fall wurde eine solche Unterwerfung im Rahmen der Grundschuldbestellung erklärt, was die Position des potenziellen Kreditgebers stärkt.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1896 Abs. 2 BGB (Transmortale Vollmacht): Dieser Paragraph regelt die Möglichkeit, dass eine Vollmacht über den Tod des Vollmachtgebers hinaus wirksam bleiben kann, wenn dies ausdrücklich vereinbart wurde. Im vorliegenden Fall wurde die transmortale Vollmacht des Erblassers durch notarielle Urkunde erteilt, was ihre Gültigkeit nach seinem Tod unterstreicht.
  • §§ 1942 ff. BGB (Erbrecht): Das Erbrecht regelt die Rechtsnachfolge von Verstorbenen. Im vorliegenden Fall sind die Erben des Erblassers die Beteiligten zu 1-3. Die Frage, ob die transmortale Vollmacht wirksam ist, hat Auswirkungen auf ihre Rechte und Pflichten als Erben, insbesondere in Bezug auf die Belastung des Grundstücks.
  • §§ 873 ff. BGB (Grundbuchrecht): Das Grundbuchrecht regelt die Eintragung von Rechten an Grundstücken. Im vorliegenden Fall geht es um die Eintragung einer Grundschuld, die auf Basis der transmortalen Vollmacht nach dem Tod des Eigentümers bestellt wurde. Die Entscheidung des Gerichts hat Auswirkungen darauf, ob diese Grundschuld im Grundbuch eingetragen werden kann.
  • § 167 Abs. 2 BGB (Vertretung ohne Vertretungsmacht): Dieser Paragraph regelt die Folgen, wenn jemand ohne Vertretungsmacht handelt. Im vorliegenden Fall könnte relevant sein, ob die Bevollmächtigte ihre Vertretungsmacht überschritten hat, indem sie nach dem Tod des Erblassers eine Grundschuld bestellte.
  • § 800 ZPO (Zwangsvollstreckung): Die Zwangsvollstreckung ermöglicht es Gläubigern, ihre Forderungen gegen Schuldner durchzusetzen. Im vorliegenden Fall wurde die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung erklärt, was bedeutet, dass der Gläubiger der Grundschuld das Grundstück im Falle der Nichtzahlung zwangsversteigern lassen könnte.

Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Hamburg – Az.: 13 W 162/21 – Beschluss vom 20.12.2021

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 – 3 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Hamburg – Grundbuchamt – vom 11.11.2021 aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, den Eintragungsantrag vom 11.10.2021 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 – 3 sind die Erben des im Jahre 2020 verstorbenen Herrn H… K…, zu dessen Nachlass u.a. der betroffene Grundbesitz, belegen in der Karolinenstraße in Hamburg-St. Pauli, gehört. Der Erblasser hatte der Beteiligten zu 1 mit notarieller Urkunde aus dem Jahre 2006 eine Generalvollmacht erteilt und dabei ausdrücklich bestimmt, dass diese nicht mit seinem Tode erlöschen solle.

Mit Notarurkunde vom 08.04.2020 bevollmächtigte die Beteiligte zu 1, handelnd im Namen des Erblassers und von dessen Erben, den Beteiligten zu 2, das Objekt Karolinenstraße bis zur Höhe von € 4.000.000 mit Grundpfandrechten zu belasten und dabei die Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung nach § 800 ZPO zu erklären.

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Unter dem 11.10.2021 beantragte der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten die Eintragung einer Grundschuld in Höhe von € 4.000.000 zu Gunsten der Stadtsparkasse Wedel nebst Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, wobei er als Grundlage dieser Eintragung eine Urkunde vom 07.10.2021 vorlegte, in der der Beteiligte zu 2, handelnd für sich selbst und aufgrund der vorgenannten Bevollmächtigung durch die Beteiligte zu 1 auch für die Erbengemeinschaft nach Herrn H… K…, die Grundschuld bestellt und ihre Eintragung bewilligt und beantragt hatte.

Das Grundbuchamt hat die Eintragung mit Rücksicht auf das Erfordernis der Voreintragung des Betroffenen gem. § 39 GBO verweigert und es dabei abgelehnt, in Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO von der Voreintragung der Erbengemeinschaft nach Herrn H… K… abzusehen.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Beteiligten, die die Auffassung vertreten, dass § 40 Abs. 1 GBO vorliegend entsprechend anzuwenden sei.

II.

Die statthafte und zulässig erhobene Beschwerde der Beteiligten zu 1 – 3 hat auch in der Sache Erfolg.

Der Senat ist der Auffassung, dass in analoger Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO vorliegend auf die noch nicht erfolgte Voreintragung der Berechtigten gem. § 39 Abs. 1 GBO verzichtet werden kann.

Zweifelsfrei erfasst der Wortlaut des § 40 Abs. 1 GBO den hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht, da Gegenstand der begehrten Eintragung nicht eine Übertragung oder Aufhebung des betroffenen Rechts ist und die Bewilligung auch nicht vom Erblasser selbst oder einem Nachlasspfleger ausgeht bzw. auf einem gegen den Erblasser oder einen Nachlasspfleger bestehenden Titel beruht.

Die Frage, ob auf den vorliegenden Fall des Antrags auf Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld, die gestützt auf eine transmortale Vollmacht bewilligt wurde, § 40 Abs. 1 GBO analog angewandt werden kann oder aber zwingend eine Voreintragung zu erfolgen hat, wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet (vgl. Darstellung bei Demharter Grundbuchordnung, 32. Aufl. 2021, § 40, Rn. 18).

Soweit eine analoge Anwendung des § 40 Abs. 1 GBO auf Sachverhalte wie den vorliegend zu beurteilenden abgelehnt wird, wird argumentiert (vgl. etwa OLG Oldenburg, 12 W 38/21, Beschluss vom 23.03.2021, Rnrn. 8 – 12 mit zahlreichen weiteren Nachweisen), dass § 40 Abs. 1 GBO als Ausnahme vom Grundsatz des § 39 Abs. 1 GBO von vornherein eng auszulegen sei und eine analoge Anwendung vorliegend nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden könne, dass ein Beharren auf der Voreintragung sich als bloße Förmelei darstelle (OLG Oldenburg aaO., Rn. 12): Anders als bei Sachverhalten, in denen der Voreinzutragende seine Rechtsposition (sicher) sofort wieder verliere und für den Rechtsverkehr damit kein Interesse an der Nachvollziehbarkeit seines Zwischenerwerbs bestehe, sei bei der Eintragung einer Finanzierungsgrundschuld keineswegs gesichert, dass es tatsächlich zu diesem Rechtsverlust komme, da der Erwerbsvorgang scheitern könne, womit es dazu kommen könne, dass dauerhaft ein Grundpfandrecht im Grundbuch verbleibe, ohne dass nachvollzogen werden könne, auf wen diese Belastung des Grundstücks zurückzuführen sei. Insofern könne auch nicht damit argumentiert werden, dass allgemein (insbesondere BGH FGPrax 2018, 242) die Sicherung einer Übertragung durch Eintragung einer Vormerkung der Übertragung selbst gleichgestellt und in diesem Falle eine Voreintragung als verzichtbar angesehen wird, da anders als die Eintragung der Finanzierungsgrundschuld die Eintragung der Auflassungsvormerkung nach Scheitern des Erwerbsvorganges der Grundbuchberichtigung unterliege (so insbesondere KG 1 W 1357/20, Beschluss vom 22.10.2020, Rn. 8.).

Schon die Differenzierung zwischen der Eintragung einer Vormerkung und derjenigen einer Finanzierungsgrundschuld ist nach Auffassung des Senats in Frage zu stellen: Sicherlich trifft es zu, dass bei Wegfall des gesicherten Anspruchs die Vormerkung materiellrechtlich untergeht und damit der Grundbuchberichtigung nach § 894 BGB und ggf. auch der Berichtigung nach § 22 GBO unterliegt, während eine eingetragene Finanzierungsgrundschuld in ihrem dinglichen Bestand von dem Fortbestand des Veräußerungsgeschäftes unabhängig ist – dies ändert jedoch nichts daran, dass auch hinsichtlich der nicht mehr benötigten Finanzierungsgrundschuld regelmäßig Ansprüche auf Löschung – aus der Sicherheitenzweckabrede oder auch aus § 812 BGB – bestehen, die in gleicher Weise wie der Grundbuchberichtigungsanspruch geeignet sind, die Richtigkeit des Grundbuches wieder herzustellen. Damit liegt die analoge Anwendung des § 40 Abs. 1, 1. Alt GBO auf den vorliegenden Sachverhalt durchaus nahe.

Vor allem aber ist die vorliegende Situation der Bewilligung einer Finanzierungsgrundschuld durch eine vom Erblasser postmortal bevollmächtigte Person wertungsmäßig der Verfügung durch einen Nachlasspfleger im Sinne des § 40 Abs. 1, 2. Alt. GBO vergleichbar – der Senat schließt sich insoweit der vollständig überzeugenden Argumentation des OLG Stuttgart (Beschluss vom 17.10.2018, 8 W 311/18, Rn. 40) an. Gerade durch die Erteilung einer transmortal wirkenden Generalvollmacht, wie sie vorliegend vom Erblasser seiner Ehefrau, der Beteiligten zu 1, erteilt wurde, bringt der Vollmachtgeber sehr deutlich zum Ausdruck, dass diese Vertrauensperson auch über seinen Tod hinaus umfassend für ihn soll handeln können, wobei das OLG Stuttgart (aaO.) zu Recht hervorhebt, dass die Rechtsmacht des transmortal Bevollmächtigten – wie die des Nachlasspflegers – sogar deutlich weiter reicht, als die Befugnisse der Erben aufgrund ihrer Erbenstellung.

Dies rechtfertigt die analoge Anwendung der Norm auf den vorliegenden Sachverhalt.

Da die Beschwerde Erfolg hat, sind Kostenentscheidung und – trotz des Vorliegens abweichender Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte (s.o.) – Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht veranlasst.


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