OLG Hamm – Az.: I-15 W 81/11 – Beschluss vom 24.03.2011
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird der angefochtene Beschluss abgeändert und durch folgende Zwischenverfügung ersetzt:
Der beantragten Löschung steht derzeit entgegen, dass bislang nicht nachgewiesen ist, dass es sich bei der zu löschenden Grundschuld mangels Übergabe des Grundschuldbriefes oder Vereinbarung eines Übergabeersatzes im Sinne des § 1117 Abs. 1 S.2/Abs. 2 BGB um eine Eigentümergrundschuld handelt.
Das Eintragungshindernis kann behoben werden durch Vorlage einer der Form des § 29 GBO entsprechenden Erklärung der eingetragenen Gläubigerin, dass ihr der Brief weder übergeben worden ist, noch sie mit den Eigentümern einen Übergabeersatz im Sinne des § 1117 Abs. 1 S.2/Abs. 2 BGB vereinbart hat.
Zur Behebung des Hindernisses wird eine Frist von 6 Wochen ab Zustellung dieser Verfügung gesetzt.
Der Beschwerdewert wird, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wird, auf 1.000 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
Zu Recht hält das Amtsgericht den Löschungsantrag allerdings für derzeit nicht vollziehbar. Dem Senat ist dabei der mit Anschreiben vom 03.02.2011 vorgelegte Antrag der Beteiligten vom 01.02.2011 zur Entscheidung angefallen.
Zutreffend ist das Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung davon ausgegangen, dass die beantragte Löschung gemäß § 39 Abs. 1 GBO grundsätzlich nur erfolgen kann, wenn der die Löschung Bewilligende als Berechtigter des zu löschenden Rechts im Grundbuch eingetragen ist. Dies ist hier nicht der Fall. Auch der Ausnahmetatbestand des § 39 Abs. 2 GBO ist ersichtlich nicht erfüllt, da kein Fall des § 1155 BGB vorliegt.
Die Löschung könnte daher nur erfolgen, wenn im Sinne des § 22 GBO nachgewiesen wäre, dass entgegen der Eintragung eine Eigentümergrundschuld vorliegt (vgl. für den Fall der Erfüllung einer Hypothekenforderung Senat RPfleger 1990, 157f). An diesen Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen, weil er eine Grundbucheintragung ohne Bewilligung des Betroffenen ermöglicht und sichergestellt sein muss, dass am Verfahren nicht Beteiligte nicht geschädigt werden. Erforderlich ist der volle Nachweis. Ein gewisser Grad an Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Der Antragsteller hat in der Form des § 29 GBO alle Möglichkeiten auszuräumen, die der Richtigkeit der begehrten (neuen) Eintragung, hier Löschung, entgegenstehen würden; lediglich ganz entfernte, bloß theoretische Möglichkeiten brauchen nicht ausgeräumt zu werden (vgl. OLG Schleswig FGPrax 2010, 282, 283 m.w.N.).
Den vollständigen Nachweis der Unrichtigkeit der Eintragung haben die Beteiligten bislang nicht geführt. Nach §§ 1117 Abs. 1 S.1, 1163 Abs. 2, 1192 BGB entsteht eine Briefgrundschuld als Fremdrecht erst, wenn der Brief an den nominalen Gläubiger übergeben wird. Dabei meint Übergabe im Sinne des § 1117 Abs. 1 S.1 BGB die vom Willen des Bestellers getragene Verschaffung des unmittelbaren Besitzes. Jedoch sehen die §§ 1117 Abs. 1 S.2 (i.V.m. 930, 931), Abs. 2 BGB verschiedene Übergabesurrogate vor. Der Nachweis, dass die Grundschuld entgegen der Eintragung als (vorläufige) Eigentümergrundschuld den Beteiligten zusteht, setzt danach voraus, dass nicht nur die körperliche Übergabe an die Volksbank, sondern auch die Vereinbarung eines Übergabesurrogats ausgeschlossen wird. Dies ist bislang nicht der Fall, insbesondere streitet die Vermutung des § 1117 Abs. 3 BGB nicht für den besitzenden Eigentümer (Senat JMBl NW 2006, 130f).
Das Zeugnis des Notars T2 (§ 39 BeurkG), das den Gegenstand seiner eigenen amtlichen Wahrnehmung betrifft, ist inhaltlich allein geeignet, den Nachweis zu erbringen, dass der Grundschuldbrief körperlich nicht an die Volksbank übergeben worden ist. Die Möglichkeit der Widerlegung einer Vereinbarung von Übergabesurrogaten lässt sich in der vorliegenden Konstellation hingegen allein durch eine öffentlich beglaubigte Erklärung der eingetragenen Gläubigerin führen, dass sie mit den Eigentümern keine Übergabesurrogate vereinbart und dementsprechend auch keinen mittelbaren Besitz an dem Grundschuldbrief erlangt hat (vgl. KG OLGE 3, 362; Bauer/v.Oefele/Kohler, GBO, 2.Aufl., § 22 Rdn.200).
Dieses Eintragungshindernis rechtfertigt jedoch die erfolgte Antragszurückweisung nicht, weil auch insoweit eine Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO zu erlassen war. Bei der fehlenden Erklärung handelt es sich um ein behebbares Hindernis im Sinne dieser Vorschrift. Das Grundbuchamt hat die Antragszurückweisung in dem angefochtenen Beschluss damit begründet, dass das Eintragungshindernis bereits mit Zwischenverfügung vom 21.12.2010 erfolglos beanstandet worden sei. Formell kann dies die sofortige Zurückweisung nicht rechtfertigen, weil Gegenstand der jetzigen Beanstandung ein neuer Antrag und wohl auch eine neue Bewilligung ist. In der Sache erscheint dem Senat, der als Erstbeschwerdegericht insoweit eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen hat, der Erlass einer Zwischenverfügung geboten, weil dem Aspekt der Übergabesurrogate in dem bisherigen Verfahren nicht die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt worden ist, so dass den Antragstellern Gelegenheit zu geben ist, die unter diesem Aspekt erforderliche Negativerklärung der eingetragenen Gläubigerin beizubringen.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf den §§ 131, 30 KostO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 78 Abs. 2 S. 1 GBO liegen nicht vor.