Um die Grunderwerbsteuer beim Waldkauf zu reduzieren, argumentierte ein Forstwirt, der 120 Jahre alte Baumbestand sei steuerrechtlich ein Scheinbestandteil. Doch um das Holz steuerlich herauszurechnen, musste er vor Gericht den Willen des ursprünglichen Pflanzers aus dem 19. Jahrhundert beweisen.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Wald gekauft, Steuern gespart? Warum Bäume bei der Grunderwerbsteuer zur Kostenfalle werden können
- Der Fall im Detail: Ein Waldkauf und die Frage nach dem Wert der Bäume
- Grundstück, Bestandteil, Scheinbestandteil: Worauf kommt es rechtlich an?
- Warum scheiterte der Versuch, die Grunderwerbsteuer zu reduzieren?
- Checkliste: Was bedeutet das Urteil für den Kauf von Waldflächen?
- Die Urteilslogik
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Muss ich beim Waldkauf die Grunderwerbsteuer auch auf den Wert der Bäume zahlen?
- Kann ich Altbestände im Wald als steuerfreie Scheinbestandteile vom Kaufpreis abziehen?
- Wie muss ich den Kaufvertrag gestalten, um stehendes Holz legal von der Grunderwerbsteuer auszunehmen?
- Was tun, wenn das Finanzamt die Herausrechnung des Baumbestands als Scheinbestandteil ablehnt?
- Welche Beweise sind nötig, damit die ursprüngliche Pflanzabsicht als vorübergehend gilt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 K 180/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Datum: 25.06.2024
- Aktenzeichen: 1 K 180/23
- Verfahren: Klage (gegen Steuerbescheid)
- Rechtsbereiche: Grunderwerbsteuer, Sachenrecht
- Das Problem: Ein Käufer erwarb ein Waldgrundstück und forderte eine Reduzierung der Grunderwerbsteuer. Er argumentierte, der Wert der Bäume müsse aus dem Kaufpreis herausgerechnet werden. Das Finanzamt hielt am vollen Kaufpreis als Bemessungsgrundlage fest.
- Die Rechtsfrage: Muss beim Kauf einer Waldfläche der gesamte Kaufpreis versteuert werden? Oder dürfen die auf dem Grundstück stehenden, sehr alten Bäume als eigenständige, nicht steuerbare Sachen behandelt werden, um die Steuer zu senken?
- Die Antwort: Nein, die Klage wurde abgewiesen. Die Bäume gelten als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks. Eine Ausnahme von dieser Regel konnte der Käufer nicht beweisen.
- Die Bedeutung: Wer beim Kauf von Waldflächen den Wert des Holzes steuerlich absetzen will, muss dies entweder klar im Kaufvertrag regeln oder beweisen, dass die Bäume bereits vor Jahrzehnten nur vorübergehend gepflanzt wurden.
Wald gekauft, Steuern gespart? Warum Bäume bei der Grunderwerbsteuer zur Kostenfalle werden können
Ein Waldgrundstück besteht aus mehr als nur Grund und Boden. Der wertvollste Teil ist oft der Baumbestand, das Holz, das über Jahrzehnte gewachsen ist. Ein findiger Forstwirt kam daher auf eine Idee, die auf den ersten Blick logisch erscheint: Wenn er einen Wald kauft, möchte er die Grunderwerbsteuer nur für das Land zahlen, nicht aber für die Bäume, die er ohnehin als „Ernte“ ansieht. Er argumentierte, die Bäume seien rechtlich gesehen eigenständige, bewegliche Sachen und nicht Teil des Grundstücks. Ob diese Strategie zur Reduzierung der Grunderwerbsteuer aufgehen kann, musste das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern in einem Urteil vom 25. Juni 2024 klären (Az. 1 K 180/23). Die Entscheidung zeigt präzise auf, wo die juristischen Hürden liegen und warum ein Blick in die weit zurückliegende Vergangenheit entscheidend sein kann.
Der Fall im Detail: Ein Waldkauf und die Frage nach dem Wert der Bäume

Ein Forstwirt, der bereits seit 1997 einen eigenen Forstbetrieb führte, erwarb im Mai 2023 eine zusätzliche Waldfläche von rund 1,5 Hektar. Der notariell beurkundete Kaufpreis für das Flurstück betrug 12.500 Euro. Im Kaufvertrag wurde das Grundstück schlicht als unbebaut beschrieben und mit „allen damit zusammenhängenden Rechten und dem Zubehör“ verkauft.
Kurz darauf schickte das zuständige Finanzamt den Grunderwerbsteuerbescheid. Die Berechnung war denkbar einfach: Auf den Kaufpreis von 12.500 Euro wurde der in Mecklenburg-Vorpommern geltende Steuersatz von 6 % angewendet, was zu einer Steuerforderung von 750 Euro führte.
Doch der Forstwirt legte Einspruch ein. Er war der Ansicht, dass die auf dem Grundstück stehenden Bäume – teilweise über 100 Jahre alte Buchen und 80 Jahre alte Kiefern – steuerlich nicht zum Grundstück gehörten. Er qualifizierte sie als sogenannte Scheinbestandteile. Seiner Schätzung nach machten die Bäume etwa 60 % des Gesamtwertes aus. Folglich beantragte er, die Bemessungsgrundlage für die Steuer auf nur 40 % des Kaufpreises, also 5.000 Euro, zu reduzieren. Die Grunderwerbsteuer hätte dann nur noch 300 Euro betragen. Seine Argumentation stützte er unter anderem auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) und verwies darauf, dass er das erworbene Waldstück sofort in seinen Forstbetrieb eingegliedert hatte. Das Finanzamt lehnte den Einspruch ab und hielt an seiner Berechnung fest, woraufhin der Forstwirt Klage vor dem Finanzgericht erhob.
Grundstück, Bestandteil, Scheinbestandteil: Worauf kommt es rechtlich an?
Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man zunächst die rechtlichen Grundlagen verstehen, die beim Kauf eines bebauten oder bepflanzten Grundstücks eine Rolle spielen.
Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Wert der Gegenleistung, also in der Regel dem Kaufpreis (§ 8 Abs. 1 GrEStG). Diese Steuer fällt aber nur für den Erwerb von Grundstücken an. Werden zusammen mit einem Grundstück auch andere, rechtlich selbstständige Gegenstände verkauft – etwa eine Einbauküche oder eben wertvolle Bäume –, darf der auf diese Gegenstände entfallende Kaufpreisanteil nicht in die Berechnung der Grunderwerbsteuer einfließen.
Die entscheidende Frage lautet also: Sind die Bäume ein untrennbarer Teil des Grundstücks oder sind sie eigenständige Wirtschaftsgüter? Die Antwort findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Nach § 94 BGB gehören Pflanzen, sobald sie mit dem Boden verbunden sind, zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks. Sie teilen damit automatisch das rechtliche Schicksal des Bodens, auf dem sie wachsen.
Eine wichtige Ausnahme von dieser Regel formuliert jedoch § 95 BGB: die sogenannten Scheinbestandteile. Eine Sache wird nicht zum Bestandteil eines Grundstücks, wenn sie nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden wurde. Das klassische Beispiel ist ein Baugerüst. Bei Pflanzen bedeutet dies: Wurden sie von vornherein in der Absicht gepflanzt, sie später wieder zu entfernen – etwa bei Baumschulpflanzen oder eben bei Bäumen in einem Wirtschaftswald, die zur Holzgewinnung bestimmt sind –, gelten sie als Scheinbestandteile. Der Knackpunkt ist dabei der Wille desjenigen, der die Verbindung herstellt, und zwar zum Zeitpunkt des Einpflanzens.
Warum scheiterte der Versuch, die Grunderwerbsteuer zu reduzieren?
Das Finanzgericht wies die Klage des Forstwirts ab und folgte der Argumentation des Finanzamts. Die Richter analysierten den Fall anhand einer klaren juristischen Logik, die sich in vier wesentliche Schritte gliedern lässt.
Fehlende Regelung im Kaufvertrag: Was nicht vereinbart ist, gilt nicht
Als Erstes nahmen die Richter den notariellen Kaufvertrag unter die Lupe. Nach den Auslegungsregeln der §§ 133 und 157 BGB war der Wille der Vertragsparteien zu ermitteln. Der Vertrag sprach von einem Verkauf des „Grundbesitzes“ zu einem pauschalen Kaufpreis. Es gab keinerlei Aufteilung des Preises auf Grund und Boden einerseits und den Baumbestand andererseits. Es fand sich auch keine Formulierung, die darauf hindeutete, dass die Bäume als separate, bewegliche Sachen verkauft werden sollten. Eine solche separate Übertragung hätte nach den Regeln für bewegliche Sachen (§ 929 BGB) erfolgen und im Vertrag klar geregelt werden müssen. Da dies fehlte, ging das Gericht von einem einheitlichen Kaufgegenstand aus: dem Grundstück inklusive der Bäume als dessen wesentliche Bestandteile.
Der Blick in die Vergangenheit: Wer pflanzte die Bäume und warum?
Der zentrale Punkt war die Prüfung, ob die Bäume als Scheinbestandteile nach § 95 BGB gelten könnten. Dafür hätte der Forstwirt nachweisen müssen, dass die Person, die die Buchen und Kiefern vor 80 bis 120 Jahren pflanzte, dies ausschließlich zu einem vorübergehenden Zweck tat – also mit der klaren Absicht der späteren Holzernte.
Genau hier lag das Problem: Es war schlichtweg unmöglich, diesen historischen Willen zu ermitteln. Wer die Bäume damals pflanzte und aus welchem Grund, ließ sich nicht mehr aufklären. Selbst die offiziellen Unterlagen der Landesforstverwaltung vermerkten zur Herkunft des Bestandes „unbekannt“. Es war nicht einmal klar, ob es sich um eine gezielte Anpflanzung oder eine natürliche Verjüngung des Waldes handelte. Ohne einen Nachweis des ursprünglichen Willens konnte das Gericht die Ausnahmevorschrift des § 95 BGB nicht anwenden.
Die Last der Beweislosigkeit: Wer muss was beweisen?
Da die entscheidende Tatsache – die Absicht bei der Anpflanzung – nicht mehr aufklärbar war, stellte sich die Frage, zu wessen Lasten diese Ungewissheit geht. Hier griff ein fundamentaler Grundsatz des Steuerrechts: Die Feststellungslast (oft auch Beweislast genannt) für steuermindernde Tatsachen trägt der Steuerpflichtige.
Der Forstwirt wollte von einer Steuervergünstigung profitieren, indem er den Wert der Bäume aus der Bemessungsgrundlage herausrechnete. Daher war es seine Aufgabe, die dafür notwendigen Voraussetzungen lückenlos nachzuweisen. Da er den entscheidenden Beweis für die Absicht des ursprünglichen Pflanzers nicht erbringen konnte, ging diese Unaufklärbarkeit zu seinen Lasten. Das Gericht blieb bei der gesetzlichen Regelvermutung des § 94 BGB, wonach die Bäume wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind.
Kein Raum für Vermutungen: Warum die heutige Nutzung nicht zählt
Der Kläger argumentierte, die heutige forstwirtschaftliche Nutzung begründe doch einen Anscheinsbeweis dafür, dass die Bäume schon immer zur Holzgewinnung gedacht waren. Diesem Argument erteilte das Gericht eine klare Absage. Ein Anscheinsbeweis setzt einen gesicherten Erfahrungssatz voraus, dass ein bestimmter Geschehensablauf typischerweise auf eine bestimmte Ursache hindeutet.
Einen solchen allgemeinen Erfahrungssatz, dass jeder Wald in Deutschland ausschließlich zum Zweck der späteren Holzernte gepflanzt wurde, gibt es laut Gericht nicht. Bäume werden auch aus anderen Gründen gepflanzt, etwa zur Landschaftsgestaltung, zum Bodenschutz oder zur Schaffung von Lebensräumen. Die Annahme eines solchen Anscheinsbeweises würde das vom Gesetzgeber klar definierte Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen § 94 BGB (Regel: wesentlicher Bestandteil) und § 95 BGB (Ausnahme: Scheinbestandteil) auf den Kopf stellen.
Checkliste: Was bedeutet das Urteil für den Kauf von Waldflächen?
Das Urteil des Finanzgerichts Mecklenburg-Vorpommern verdeutlicht, dass der Versuch, Grunderwerbsteuer beim Waldkauf zu sparen, an hohen Hürden scheitern kann. Wenn Sie den Kauf einer Waldfläche erwägen und den Wert des Baumbestands aus der Grunderwerbsteuer herausrechnen möchten, sollten Sie die folgenden Punkte mit Ihrem Notar und Steuerberater sorgfältig prüfen.
- 1. Schaffen Sie Klarheit im Kaufvertrag: Der Vertrag muss explizit eine Aufteilung des Kaufpreises in einen Anteil für den Grund und Boden und einen Anteil für den Forstaufwuchs (stehendes Holz) enthalten. Eine pauschale Kaufpreissumme genügt nicht.
- 2. Regeln Sie eine separate Übereignung der Bäume: Um die Bäume als bewegliche Sachen zu behandeln, muss ihre Eigentumsübertragung im Vertrag gesondert nach den Vorschriften für bewegliche Sachen (§§ 929 ff. BGB) geregelt werden. Dies signalisiert den Willen der Parteien, die Bäume rechtlich vom Grundstück zu trennen.
- 3. Sorgen Sie für eine realistische Kaufpreisaufteilung: Die Aufteilung muss wirtschaftlich nachvollziehbar und fremdüblich sein. Idealerweise stützen Sie die Wertermittlung des Baumbestands auf ein unabhängiges Forstgutachten. Vage Schätzungen werden vom Finanzamt nicht akzeptiert.
- 4. Dokumentieren Sie die Pflanzabsicht: Der entscheidende, aber auch schwierigste Punkt ist der Nachweis, dass die Bäume als Scheinbestandteile gelten. Bei jungen, nachweislich als Wirtschaftswald angelegten Kulturen mag dies gelingen. Bei Altbeständen, deren Geschichte unklar ist, ist die Chance, den ursprünglichen Zweck zu beweisen, wie das Urteil zeigt, äußerst gering.
- 5. Holen Sie frühzeitig professionellen Rat ein: Die steueroptimale Gestaltung eines Waldkaufs ist komplex. Besprechen Sie Ihr Vorhaben unbedingt vor der Beurkundung mit einem auf Grundstücks- und Steuerrecht spezialisierten Berater, um den Vertrag rechtssicher zu gestalten.
Die Urteilslogik
Wer ein Waldgrundstück erwirbt, muss grundsätzlich den vollen Kaufpreis versteuern, da das stehende Holz rechtlich als untrennbarer Bestandteil des Grund und Bodens gilt.
- Der historische Wille definiert den Bestandteil: Ob Pflanzen als steuerlich abzugsfähige Scheinbestandteile gelten, richtet sich ausschließlich nach der ursprünglichen Absicht desjenigen, der sie vor langer Zeit setzte, und nicht nach der heutigen forstwirtschaftlichen Nutzung des Grundstücks.
- Feststellungslast trifft den Steuerpflichtigen: Wer den Wert des Baumbestands aus der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer herausrechnen möchte, muss die für diese Steuervergünstigung nötigen Tatsachen lückenlos beweisen; die Unmöglichkeit, historische Pflanzabsichten aufzuklären, fällt zu seinen Lasten.
- Vertragliche Trennung ist zwingend: Käufer vermeiden die Besteuerung des Forstaufwuchses nur, wenn der notarielle Kaufvertrag den Gesamtpreis explizit und wirtschaftlich plausibel in einen Anteil für den Grund und Boden und einen gesonderten Anteil für das Holz aufteilt.
Die steuerliche Optimierung beim Kauf von Altbeständen scheitert regelmäßig an der Unmöglichkeit, den ursprünglichen Willen des Pflanzenden über Jahrzehnte oder Jahrhunderte hinweg nachträglich zu belegen.
Experten Kommentar
Wer beim Kauf eines Waldes Grunderwerbsteuer sparen will, unterschätzt oft das größte Hindernis: die Zeit. Das Gericht stellt konsequent klar, dass nicht die heutige forstwirtschaftliche Nutzung zählt, sondern der ursprüngliche Wille desjenigen, der die Bäume vor Jahrzehnten pflanzte. Genau diese Absicht – nämlich, dass die Pflanzung von vornherein nur zur späteren Ernte gedacht war – muss der Käufer lückenlos beweisen, um die Bäume als steuerfreie Scheinbestandteile zu behandeln. Die Krux ist: Bei Altbeständen ist dieser historische Nachweis praktisch unmöglich. Daher gilt in der Regel: Wer sich nicht durch einen detaillierten Kaufvertrag absichert, zahlt für den gesamten Wald inklusive des Holzes Grunderwerbsteuer.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Muss ich beim Waldkauf die Grunderwerbsteuer auch auf den Wert der Bäume zahlen?
Die Regel: Sie müssen die Grunderwerbsteuer grundsätzlich auf den gesamten Kaufpreis zahlen, inklusive des stehenden Holzes. Juristisch gelten fest verwurzelte Bäume nach § 94 BGB als wesentliche Bestandteile des Grundstücks. Sie teilen damit automatisch dessen rechtliches Schicksal und fließen in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ein. Das Finanzamt geht standardmäßig von dieser Einheitlichkeit aus.
Der Gesetzgeber behandelt das Grundstück und seine festen Bestandteile als eine Einheit. Eine Reduzierung der Steuer ist nur möglich, wenn die Bäume als sogenannte Scheinbestandteile eingestuft werden können. Dafür müssten die Pflanzen ursprünglich nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Boden verbunden worden sein, beispielsweise zur späteren Holzernte. Nur in dieser Ausnahme dürfen sie als separate, bewegliche Wirtschaftsgüter vom steuerpflichtigen Kaufpreis abgezogen werden.
Praktisch steht der Käufer oft vor der Herausforderung, diese Ausnahme nachträglich gegenüber der Behörde zu beweisen. Ist der ursprüngliche Pflanzwille unklar oder liegt kein Nachweis vor, greift immer die gesetzliche Regelvermutung zugunsten des Finanzamts. Dies führt zur vollen Besteuerung des gesamten Kaufpreises, selbst wenn Sie den Wald später ausschließlich forstwirtschaftlich nutzen. Der Erwerber trägt dabei die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die steuermindernde Ausnahme vorliegen.
Prüfen Sie den Kaufvertrag daraufhin, ob der Kaufpreis explizit in die Anteile für Grund und Boden sowie für den Forstaufwuchs aufgeteilt wurde.
Kann ich Altbestände im Wald als steuerfreie Scheinbestandteile vom Kaufpreis abziehen?
Nein, bei Altbeständen (etwa 80- bis 120-jährige Bäume) ist die steuerfreie Herausrechnung in der Praxis extrem schwierig. Sie müssen als Käufer den ursprünglichen Willen jener Person nachweisen, die die Bäume vor Jahrzehnten gepflanzt hat. Das Finanzamt geht bei dieser unlösbaren Aufgabe davon aus, dass die Bäume wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Das Resultat ist die volle Besteuerung des gesamten Kaufpreises.
Der juristische Knackpunkt liegt im Nachweis der Scheinbestandseigenschaft nach § 95 BGB. Nur Bäume, die von vornherein zur späteren Entfernung (Holzernte) gepflanzt wurden, dürfen vom Kaufpreis abgezogen werden. Bei alten Baumbeständen lässt sich diese Absicht zum Zeitpunkt der Anpflanzung kaum beweisen. Oft ist die Herkunft des Waldes unbekannt, weil natürliche Verjüngung oder unklare Pflanzungen vorliegen, deren Geschichte sich nicht mehr aufklären lässt.
Da Sie als Steuerpflichtiger die Beweislast für diese steuermindernde Ausnahme tragen, geht die Unaufklärbarkeit der historischen Fakten zu Ihren Lasten. Können Sie den historischen Pflanzwillen nicht lückenlos belegen, wird der gesamte Wert des stehenden Holzes der Grunderwerbsteuer unterworfen. Dies führt zur Besteuerung des vollen Kaufpreises, selbst wenn die alten Bäume wirtschaftlich den Hauptwert des Kaufs darstellen.
Konzentrieren Sie sich darauf, den Kaufvertrag stattdessen so zu gestalten, dass Sie eine realistische, gutachtergestützte Kaufpreisaufteilung vertraglich fixieren.
Wie muss ich den Kaufvertrag gestalten, um stehendes Holz legal von der Grunderwerbsteuer auszunehmen?
Um die Grunderwerbsteuer-Bemessungsgrundlage zu reduzieren, muss Ihr notarieller Kaufvertrag den Willen der Parteien zur steuerlichen Trennung klar belegen. Sie benötigen zwingend eine präzise Kaufpreisaufteilung zwischen dem Grund und Boden sowie dem stehenden Holz (Forstaufwuchs). Die separate Übertragung des Holzes muss als bewegliche Sache nach den Regeln der §§ 929 ff. BGB vereinbart werden. Diese strikte vertragliche Gestaltung vermeidet die Annahme eines einheitlichen Kaufgegenstandes durch das Finanzamt.
Der Schlüssel liegt darin, die Bäume rechtlich von den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks zu lösen. Nehmen wir an, das gesamte Waldgrundstück wird pauschal verkauft, dann gilt das stehende Holz automatisch als Teil des Grundstücks (§ 94 BGB). Um diesen Automatismus zu durchbrechen, müssen Käufer und Verkäufer vertraglich festhalten, dass der Forstaufwuchs separat und explizit nach den Regeln für bewegliche Sachen übereignet wird. Vermeiden Sie pauschale Formulierungen wie „Verkauf mit allen Zubehörteilen“, die Gerichte als Einheit werten und die steuerliche Herausrechnung unmöglich machen.
Damit die Kaufpreisaufteilung einer späteren steuerlichen Prüfung standhält, genügt eine bloße Schätzung nicht. Die Aufteilung muss fremdüblich und wirtschaftlich nachvollziehbar sein. Am sichersten arbeiten Sie mit einem unabhängigen Forstgutachten, das den exakten Wert des stehenden Holzes beziffert und Ihre Zahlen objektiv untermauert. Dieses Gutachten dient dem Notar als Berechnungsgrundlage und beweist gegenüber dem Finanzamt, dass der herausgerechnete Wert des Baumbestandes realistisch ist.
Erstellen Sie mithilfe eines spezialisierten Forstgutachters eine aktuelle Wertermittlung für das stehende Holz und übermitteln Sie dieses Dokument als verbindliche Berechnungsgrundlage an Ihren Notar.
Was tun, wenn das Finanzamt die Herausrechnung des Baumbestands als Scheinbestandteil ablehnt?
Reagieren Sie sofort, indem Sie fristgerecht Einspruch gegen den erhaltenen Grunderwerbsteuerbescheid einlegen. Dieser formale Schritt ist zwingend notwendig, um die Möglichkeit einer späteren gerichtlichen Klärung offenzuhalten. Sie müssen sich aber auf eine hohe Hürde einstellen: Als Steuerpflichtiger tragen Sie die Feststellungslast für die steuermindernde Tatsache.
Ihr Kaufvertrag, selbst wenn er eine separate Kaufpreisaufteilung enthält, genügt dem Finanzamt nicht automatisch als Beweis. Um die Steuerreduzierung durchzusetzen, müssen Sie zusätzlich nachweisen, dass die Bäume Scheinbestandteile nach § 95 BGB darstellen. Das bedeutet, Sie müssen belegen, dass der Wald ursprünglich nur zu einem vorübergehenden Zweck – nämlich der späteren Holzgewinnung – angepflanzt wurde. Die Begründung des Einspruchs nur mit Verweis auf den Kaufvertrag wird daher nicht erfolgreich sein.
Bei Altbeständen ist dieser Nachweis des historischen Pflanzwillens extrem schwer, da die genauen Umstände der Anpflanzung oft nicht mehr bekannt sind. Wenn die Herkunft des Baumbestandes nicht mehr aufgeklärt werden kann, geht diese Ungewissheit immer zu Ihren Lasten als Steuerpflichtiger. Das Finanzamt ist dann berechtigt, bei der gesetzlichen Regelvermutung zu bleiben, dass die Bäume wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind, was die volle Besteuerung zur Folge hat.
Kontaktieren Sie umgehend einen Fachanwalt für Steuer- oder Grundstücksrecht, der den Einspruch formal korrekt einlegt und die notwendige historische Dokumentenrecherche für Sie startet.
Welche Beweise sind nötig, damit die ursprüngliche Pflanzabsicht als vorübergehend gilt?
Um Bäume als sogenannte Scheinbestandteile (§ 95 BGB) einstufen zu können, muss die Absicht der vorübergehenden Nutzung lückenlos nachgewiesen werden. Entscheidend ist dabei der Wille der Person, die die Bäume ursprünglich gepflanzt hat. Gerichte akzeptieren keine bloßen Vermutungen über die historische Motivation, sondern fordern klare, externe Belege.
Die Beweisführung muss den historischen Willen des Pflanzers belegen, die Bäume von vornherein nur zur späteren Holzgewinnung und nicht dauerhaft anzulegen. Ideale Beweismittel sind schriftliche Nachweise aus der Zeit der Anpflanzung. Dazu gehören behördliche Aufforstungsbescheide, detaillierte forstwirtschaftliche Pläne oder interne Forstakten. Diese Unterlagen müssen die Fläche eindeutig als reinen Wirtschaftswald definieren. Ohne eine lückenlose Dokumentation kann das Gericht die Ausnahmevorschrift des § 95 BGB nicht anwenden.
Bei Altbeständen scheitert dieser Nachweis oft, weil die Dokumentation fehlt oder die Herkunft unklar ist. Gerichte lehnen es ab, allein aus der heutigen forstwirtschaftlichen Nutzung auf die Absicht vor 80 Jahren zu schließen. Sie müssen aktiv ausschließen, dass die Bäume beispielsweise aus Gründen des Bodenschutzes oder der Landschaftsgestaltung gepflanzt wurden. Da Sie als Steuerpflichtiger die Beweislast tragen, geht die Unaufklärbarkeit der historischen Verhältnisse immer zu Ihren Lasten.
Senden Sie detaillierte Anfragen an das zuständige Landesarchiv und das lokale Forstamt, um alle verfügbaren historischen Dokumente zum spezifischen Flurstück anzufordern.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anscheinsbeweis
Der Anscheinsbeweis, auch Beweis des ersten Anscheins genannt, ist eine juristische Hilfe, die es Gerichten ermöglicht, bei einem typischen Geschehensablauf auf eine bestimmte Ursache oder Folge zu schließen, wenn direkte Beweise fehlen.
Juristen nutzen diesen Beweisgrundsatz, um die Beweislast zu erleichtern, da allgemeine Erfahrungssätze auf einen bestimmten Sachverhalt hindeuten. Das Gericht muss in solchen Fällen nicht jeden Einzelfall lückenlos aufklären.
Beispiel: Das Finanzgericht lehnte einen Anscheinsbeweis ab, da es keinen gesicherten Erfahrungssatz dafür gibt, dass jeder Altbestand im Wald ausschließlich zur späteren Holzernte angepflanzt wurde.
Feststellungslast
Die Feststellungslast beschreibt die wichtige juristische Regel, die regelt, wer im Falle einer Unaufklärbarkeit eines entscheidenden Sachverhalts den juristischen Nachteil trägt.
Dieses Prinzip sorgt für Rechtssicherheit im Verfahren, indem es festlegt, dass die Partei, die sich auf eine für sie günstige Ausnahme beruft, die dafür notwendigen Tatsachen auch lückenlos beweisen muss.
Beispiel: Weil der Forstwirt den historischen Pflanzwillen der ursprünglichen Eigentümer nicht nachweisen konnte, ging die Beweislosigkeit zu seinen Lasten, weshalb die Grunderwerbsteuer nicht reduziert werden durfte.
Kaufpreisaufteilung
Eine Kaufpreisaufteilung ist die vertraglich fixierte Zuweisung des Gesamtkaufpreises auf die verschiedenen, rechtlich trennbaren Wirtschaftsgüter, die gemeinsam erworben werden.
Diese präzise Aufteilung ist steuerrechtlich essenziell, da die Grunderwerbsteuer nur auf den Anteil entfällt, der dem Grundstück und seinen wesentlichen Bestandteilen zugerechnet wird.
Beispiel: Um die Bäume steuerfrei zu stellen, hätte der notarielle Kaufvertrag explizit eine realistische Kaufpreisaufteilung zwischen dem Grund und Boden sowie dem Forstaufwuchs enthalten müssen.
Scheinbestandteile (§ 95 BGB)
Scheinbestandteile sind Sachen, die zwar physisch mit dem Grund und Boden verbunden sind, jedoch nur zu einem vorübergehenden Zweck angebracht oder gepflanzt wurden und daher rechtlich nicht als Teil des Grundstücks gelten.
Der Gesetzgeber schafft hier eine wichtige Ausnahme vom Grundsatz der Einheitlichkeit: Sachen, die zur späteren Entfernung (wie Baugerüste oder Erntepflanzen) bestimmt sind, bleiben selbstständige, bewegliche Sachen.
Beispiel: Der Forstwirt argumentierte, die 100 Jahre alten Kiefern seien als Scheinbestandteile zu werten, da sie von jeher zur späteren Holzgewinnung und somit zur Entfernung bestimmt gewesen wären.
Wesentliche Bestandteile (§ 94 BGB)
Als wesentliche Bestandteile gelten alle Sachen, die derart fest mit einem Grundstück verbunden sind, dass sie ohne Zerstörung oder erhebliche Wertminderung nicht voneinander getrennt werden können.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) teilen diese Bestandteile automatisch das rechtliche Schicksal des Grundstücks, was die gesetzliche Regelvermutung für die volle Besteuerung begründet.
Beispiel: Fest verwurzelte Bäume gelten nach dem Gesetz als wesentliche Bestandteile des Grundstücks und sind somit standardmäßig in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen.
Das vorliegende Urteil
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern – Az.: 1 K 180/23 – Urteil vom 25.06.2024
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