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Grunddienstbarkeit zugunsten mehrerer Grundstücke

KG Berlin – Az.: 1 W 342/17 – Beschluss vom 20.02.2018

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit das Grundbuchamt eine Ergänzung der Bewilligung vom 29. März 2017 um die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Berechtigten erfordert hat.

Die Zwischenverfügung vom 20. April 2017 wird aufgehoben, soweit der Beteiligten eine Klarstellung hinsichtlich der angestrebten Belastung des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks aufgegeben worden ist.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligte ist als Eigentümerin in dem im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuch sowie den Grundbüchern von Buckow Blatt 1… und von Britz Blatt 8… eingetragen. Am 29. März 2017 bewilligte sie zur UR-Nr. … …/2… des Notars Dr. S… L… in B… die Eintragung einer Grunddienstbarkeit in dem im Beschlusseingang bezeichneten Grundbuch. U. a. heißt es in der Urkunde wörtlich:

“Der Eigentümer des im Grundbuch von Buckow des Amtsgerichts Neukölln Blatt 1… verzeichneten Grundstücks verpflichtet sich auf Dauer die Versorgung der Gebäude der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke (…) – verzeichnet in den Grundbüchern des Amtsgerichts Neukölln von Buckow Blatt 1… und von Britz Blatt 8… – mit Heizenergie und Warmwasser durch die auf seinem Grundstück befindliche Heizzentrale sowie durch die die Grundstücke verbindenden Leitungen gegen Erstattung der anteiligen Kosten zu dulden. Er verpflichtet sich in diesem Zusammenhang als Nebenpflicht alles zur Erhaltung der Funktionstüchtigkeit der Heizzentrale sowie der Leitungen Notwendige zu veranlassen.”

Mit Schriftsatz vom 3. April 2017 hat der Urkundsnotar seine Urkunde bei dem Grundbuchamt eingereicht und die Eintragung der Grunddienstbarkeit beantragt. Mit Verfügung vom 20. April 2017 hat das Grundbuchamt unter Fristsetzung darauf hingewiesen, es sei davon auszugehen, dass die Beteiligte auch Eigentümerin der auf dem Grundstück befindlichen Heizzentrale sei, § 94 BGB. Insofern sei die formulierte Duldungspflicht unklar. Wenn die Beteiligte nicht vielmehr verpflichtet sein solle, die anderen Grundstücke durch die Heizzentrale mit Heizenergie und Warmwasser zu versorgen, könne dies durch ein Reallast, nicht jedoch durch eine Dienstbarkeit gesichert werden. Darüber hinaus fehle die Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Berechtigten und die schlagwortartige Bezeichnung der Grunddienstbarkeit.

Unter dem 22. Mai 2017 hat die Beteiligte vorgetragen, nicht Eigentümerin der Heizzentrale zu sein. Diese werde im Rahmen eines Contractings von einer Dritten betrieben. Es sei Aufgabe des Grundbuchamts eine zutreffende schlagwortartige Bezeichnung für die Dienstbarkeit zu formulieren. Die Frage nach dem Gemeinschaftsverhältnis der Berechtigten sei unverständlich. Das Recht gelte für die jeweiligen Eigentümer der berechtigten Grundstücke gleichermaßen. Auf Nachfrage des Grundbuchamts hat die Beteiligte mit Schreiben vom 12. Juni 2017 klargestellt, dass es sich bei ihrem Schreiben 22. Mai 2017 um eine Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 20. April 2017 handele. Das Grundbuchamt hat der Beschwerde mit Beschluss vom 6. Juli 2017 nicht abgeholfen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig, § 71 Abs. 1 GBO. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind lediglich die Beanstandungen des Grundbuchamts hinsichtlich des Inhalts der angestrebten Belastung sowie der Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Berechtigten. Allein hierauf ist das Grundbuchamt in seinem Beschluss vom 6. Juli 2017 noch eingegangen, so dass im Hinblick auf das der Eintragung vermeintlich – tatsächlich aber nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2015 – 1 W 884 – 887/15 – Rpfleger 2016, 275; Weber, in: Staudinger, BGB 2017, § 1018, Rdn. 26) – entgegenstehende Fehlen einer schlagwortartigen Bezeichnung der Grunddienstbarkeit von einer Abhilfe, § 75 GBO, auszugehen ist.

2. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der Senat teilt die Bedenken hinsichtlich des Inhalts der zur Eintragung beantragten Grunddienstbarkeit nicht (a). Hingegen steht der Eintragung die bislang fehlende Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Berechtigten entgegen (b).

a) Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks nur in der Weise mit einer Grunddienstbarkeit belastet werden, dass ersterer die Benutzung seines dienenden Grundstücks durch den Berechtigten in einzelnen Beziehungen zu dulden hat, er gewisse tatsächliche Handlungen auf dem dienenden Grundstück zu unterlassen hat oder in der Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem herrschenden Grundstück gegenüber ergibt, § 1018 BGB.

Danach hat das Grundbuchamt in der angefochtenen Zwischenverfügung im Ausgang zutreffend darauf hingewiesen, dass die Pflicht zu positivem (aktivem) Tun nicht Hauptinhalt einer Dienstbarkeit sein kann (BGH, NJW-RR 2003, 733, 735). Eine solche Verpflichtung folgt aber nicht aus der Bewilligung der Beteiligten vom 29. März 2017. Danach soll es der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks lediglich zu dulden haben, dass die herrschenden Grundstücke von der auf dem dienenden Grundstück befindlichen Heizzentrale mit Heizenergie und Warmwasser versorgt werden. Zu einem aktiven Handeln verpflichtet die angestrebte Belastung danach nicht.

Etwas anderes würde sich nicht ergeben, selbst wenn die Beteiligte Eigentümerin der Heizzentrale wäre. Ungeachtet der Frage, dass dies vorliegend keineswegs eindeutig zu bejahen ist (vgl. OLG Hamm, NZM 2005, 158; LG Leipzig, CuR 2004, 20; Maiworm, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 7. April 2017 – V ZR 52/16 – IR 2017, 204, 205), hat die Beteiligte hat im Rahmen der Beschwerde deutlich gemacht, dass nicht sie, sondern eine Dritte die Heizzentrale betreibe und daraus die – künftig – herrschenden Grundstücke mit Heizenergie und Warmwasser versorge. Leistungen werden danach nicht von der Beteiligten, sondern der Dritten erbracht. Die Beteiligte bzw. der jeweilige Eigentümer des – künftig – dienenden Grundstücks hat diese Leistungen zu dulden. Das aber kann Inhalt einer Grunddienstbarkeit gem. § 1018 Var. 1 BGB sein (vgl. den dem Beschluss des OLG Rostock vom 16. März 2011 – 3 W 214/10 – IBRSS 2011, 3510, zugrunde liegenden Sachverhalt).

Danach bestand vorliegend das erste von dem Grundbuchamt aufgezeigte Eintragungshindernis schon nicht. Jedenfalls hat aber die Beteiligte die in der angefochtenen Zwischenverfügung erforderte Klärung mit ihrem Schreiben vom 22. Mai 2017 herbeigeführt, was auch von dem Grundbuchamt im Rahmen der Abhilfe, § 75 GBO, hätte berücksichtigt werden müssen.

b) Darüber hinaus ist die Beschwerde unbegründet. Der Eintragung der Grunddienstbarkeit im Grundbuch steht die fehlende Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses der Berechtigten in grundbuchtauglicher Form, § 29 Abs. 1 S. 1 GBO, durch die Beteiligte entgegen, § 18 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 GBO.

aa) Soll ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden, so soll die Eintragung in der Weise erfolgen, dass entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird, § 47 Abs. 1 GBO. Erfolgt die Eintragung auf Grundlage einer Bewilligung des Betroffenen, § 19 GBO, muss sich die Bezeichnung des Gemeinschaftsverhältnisses aus den Eintragungsunterlagen, d.h. regelmäßig aus der Eintragungsbewilligung ergeben (Senat, Beschluss vom 23. Januar 2018 – 1 W 13/18 – zur Veröffentlichung vorgesehen; OLG Hamm, OLGZ 1979, 413, 414; Demharter, GBO, 30. Aufl., § 47, Rdn. 13; Böhringer, in: Meikel, GBO, 11. Aufl., § 47, Rdn. 326; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 1125).

Nach der Bewilligung vom 29. März 2017 soll eine Grunddienstbarkeit zugunsten der Eigentümer zweier Grundstücke bestellt werden. Der Senat hat bereits entschieden, dass hiergegen keine grundsätzlichen Bedenken bestehen (Senat, Beschluss vom 5. Mai 1970 – 1 W 1324/70 – NJW 1970, 1686, 1687; Weber, a.a.O., Rdn. 51 m.w.N.; Böhringer, a.a.O., Rdn. 145).

bb) Die Bewilligung vom 29. März 2017 enthält keine ausdrückliche Bestimmung des zwischen den Berechtigten bestehenden Gemeinschaftsverhältnisses. Ein solches ist vorliegend auch nicht durch Auslegung zu bestimmen. In erster Linie könnte eine Gesamtgläubigerschaft nach § 428 BGB oder eine Mitberechtigung nach § 432 BGB in Betracht kommen. Zum Teil wird auch eine Modifikation aus beiden für zulässig erachtet (OLG Frankfurt/Main, MittBayNot 2012, 386, 387; Weber, a.a.O.; Keller, in: KEHE, 7. Aufl., § 47, Rdn. 13; Mayer, MittBayNot 2002, 288, 290). Dies zu bestimmen ist nicht Sache des Grundbuchamts, sondern des Bewilligenden. Der Bewilligung sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die allein für eine dieser Möglichkeiten sprächen.

cc) Die Bestimmung des Gemeinschaftsverhältnisses der Berechtigten ist vorliegend auch nicht deshalb entbehrlich, weil die – künftig – herrschenden Grundstücke allein in ihrem Eigentum stehen. Allerdings hat das Bayerische Oberste Landesgericht die Angabe eines Gemeinschaftsverhältnisses in einem solchen Fall für entbehrlich erachtet (BayObLG, MittBayNot 2002, 288), weil im Zeitpunkt der Eintragung wegen der Personenidentität kein Gemeinschaftsverhältnis bestehe (ebenso Demharter, a.a.O.; kritisch Mayer, a.a.O.; Böhringer, a.a.O., Rdn. 145). Dem vermag sich der Senat hingegen nicht anzuschließen.

Berechtigter einer Grunddienstbarkeit ist keine bestimmte, sondern immer nur eine anhand ihrer Stellung als Eigentümer des herrschenden Grundstücks bestimmbare Person (Mohr, in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl., § 1018, Rdn. 22). Bei einer personenbezogenen Berechtigung kann nur eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit bestellt werden (Alexander, in: BeckOGK, BGB 2018, § 1018, Rdn. 170; Mohr, a.a.O.). Kommt es aber auf den konkreten Eigentümer des herrschenden Grundstücks – auch im Zeitpunkt der Eintragung der Grunddienstbarkeit – nicht an, so handelt es sich bei einer Mehrheit von herrschenden Grundstücken formal um mehrere Berechtigte (OLG Rostock, a.a.O.; Weber, a.a.O., Rdn. 52). Dies rechtfertigt es, die Angabe eines Gemeinschaftsverhältnisses auch in diesen Fällen von den Beteiligten zu verlangen.

3. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus §§ 61, 36 Abs. 3 GNotKG.

Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, § 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 GBO. Der Senat weicht von einer Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (a.a.O.) ab.

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