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Grunddienstbarkeit – Verbindung herrschendes Grundstück mit einem Nachbargrundstück

LG Regensburg – Az.: 2 S 38/12 – Urteil vom 24.07.2012

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 12.01.2012, Az. 11 C 2140/11, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Regensburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet, da das Amtsgericht rechtsfehlerfrei die geltend gemachten Anträge zurückgewiesen hat.

Zur Darstellung des Tatbestandes wird auf die Feststellungen in der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

1. Nach Auffassung der Kammer ist es vorliegend nicht nur zu einer Teilung des herrschenden Grundstücks FlNr. 2543 gekommen, sondern auch zu einer Verbindung des herrschenden Grundstücks FlNr. 2543 mit dem Grundstück FlNr. 2542. Zu Gunsten des Grundstücks FlNr. 2542 ist jedoch auf dem Grundstück FlNr. 2543/2 keine Grunddienstbarkeit eingetragen.

Rein formal liegt zunächst sicherlich eine Teilung des Grundstücks FlNr. 2543 in die FlNr. 2543, 2543/3, 2543/5, 2543/7 bis 2543/12 und 2542/21 vor. Eine Teilfläche des ehemaligen Grundstücks 2543 wurde auch dem östlich gelegenen Grundstück 2542 zugemessen, also mit einem bereits bestehenden Grundstuck vereinigt. Bei dieser Sachlage kann sich der Kläger, dessen Wohngrundstück unstreitig auf dem Gebiet des ehemaligen Grundstücks FlNr. 2542 liegt, nicht auf die eingetragene Grunddienstbarkeit berufen.

2. Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer bereits aus dem Wortlaut der Bewilligung im notariellen Kaufvertrag vom 19.12.1931. Dort ist ausdrücklich festgehalten, dass sich das Geh- und Fahrtrecht allein auf das „Restgrundstück“ bezieht, somit allein auf das Grundstück FlNr. 2543. Das Geh- und Fahrtrecht ist daher nach dem Wortlaut der Bewilligung nicht dafür gedacht, Grundstücke auf dem Gebiet des ehemaligen Grundstücks FlNr. 2542 zu erschließen. Ein derartiges Recht nimmt der Kläger allerdings mit der vorliegenden Klage für sich in Anspruch.

3. Da wie oben dargelegt eine Vereinigung zweier Grundstücke im Vordergrund steht, ist der Beklagte nach der Rechtssprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (NJW-RR 2003, 451; Rechtspfleger 1974, 148) nicht berechtigt, die formal zu Gunsten des Grundstücks FlNr. 2542 bestehende Grunddienstbarkeit auszuüben.

Das BayObLG hat in den oben genannten Beschlüssen bei vergleichbaren Fallgestaltungen ausgeführt, dass die vorliegend gewählte Gestaltung auf eine Übertragung der Grunddienstbarkeit von einem Grundstück auf das andere Grundstück hinauslaufen würde. Bei einer Vereinigung des herrschenden Grundstücks mit einem anderen Grundstück erstreckt sich die Berechtigung zwar formal auf den jeweiligen Eigentümer des neuen Gesamtgrundstücks. Die Ausübung der Berechtigung ist aber zu Gunsten des Teils des Gesamtgrundstücks beschränkt, der früher das herrschende Grundstück bildete, hier also die Fläche des ursprünglichen Grundstücks FlNr. 2543.

Aus der Rechtssprechung des BayObLG ergibt sich, dass für den Fall, dass das alte Grundstück FlNr. 2543 mit dem alten Grundstück 2542 vereinigt worden wäre, die Ausübung der Grunddienstbarkeit sich auf den Grundstücksteil beschränkt hätte, der bisher herrschendes Grundstück war, also auf das ehemalige Grundstück 2543.

Vorliegend wurde nun nicht das gesamte Grundstück 2542 mit dem Grundstück 2543 vereint, aber eine Teilfläche des alten Grundstücks FlNr. 2543 dem Grundstück FlNr. 2542 zugemessen. Dies mag zwar katastermäßig einen Unterschied darstellen, in den praktischen Auswirkungen besteht jedoch kein Unterschied, da die Grundstücksfläche, die sich formal auf eine Grunddienstbarkeit berufen kann, flächenmäßig vergrößert worden ist. Das ursprüngliche Grundstück 2543 weist nunmehr infolge der Neuvermessung und der hiermit verbundenen Einbeziehung des Grundstücks FlNr. 2542 eine deutlich größere räumliche Ausdehnung auf.

Eine Erstreckung der Ausübung der Berechtigung der Grunddienstbarkeit auf diese Gesamtfläche, hätte eine Neubestellung der Grunddienstbarkeit zu Gunsten des jeweiligen Eigentümers auch des durch Vereinigung hinzuverbundenen Grundstücks zur Voraussetzung (BayObLG, NJW-RR 2003, 451, 452). Die alte eingetragene Grunddienstbarkeit dient nicht als taugliche Rechtsgrundlage zur Ausübung dieser Grunddienstbarkeit für den Kläger.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Klägervertreter im Termin vom 10.07.2012 übergebenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.10.1984.

4. Selbst wenn man jedoch eine Teilung im Sinne von § 1025 BGB bejahen möchte, hat das Amtsgericht insoweit rechtsfehlerfrei festgestellt, dass eine Beschwer des Eigentümers des belasteten Grundstücks vorliegt. Auch wenn man berücksichtigt, dass das eingetragene Fahrtrecht nicht mehr ausgeübt werden kann, sondern für den Kläger nur noch die Ausübung eines Gehrechts in Betracht kommt, sind die Voraussetzungen einer Beschwer gegeben.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass infolge der Begrenzung der Grunddienstbarkeit auf das Grundstück FlNr. 2543, der Beklagte auch nur mit einer Bebauung dieses Grundstücks und dem hieraus sich ergebenden Verkehr rechnen musste. Infolge der getroffenen Aufteilung des Grundstücks würde sich das Gehrecht nicht nur zum Erreichen der neugebauten Häuser auf dem ehemaligen Grundstück FlNr. 2543 erstrecken, sondern auch auf das Erreichen aller erbauten Häuser auf dem ehemaligen Grundstück FlNr. 2542. Insoweit weist das Amtsgericht zutreffenderweise darauf hin, dass hier eine räumliche Ausweitung der Grunddienstbarkeit gegeben ist, die keine Bedarfssteigerung im Rahmen der Grenzen einer der Art nach gleichbleibender Benutzung darstellt. Es wurde nämlich nicht die Nutzung des räumlich umgrenzten Grundstücks intensiviert, sondern es wurde die Nutzung um weitere hinzukommende Grundstücke erweitert. Dies stellt eindeutig eine Beschwer und somit eine nicht hinzunehmende Belastung gem. § 1025 BGB dar.

5. Da somit der Kläger keine Rechte aus der eingetragenen Grunddienstbarkeit herleiten kann, ist der Beklagte weder verpflichtet es zu dulden, dass der Kläger und seine Besucher die vorhandene Wegfläche auf seinem Grundstück nutzen, noch ist er verpflichtet das an der südwestlichen Ecke befindliche Gartentor ständig offen zu halten und nicht zu verschließen.

6. Für die Kostenentscheidung war § 97 ZPO maßgebend und für die Festsetzung des Beschwerdewertes § 3 ZPO.

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