Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Streit um Wegerecht: OLG Sachsen-Anhalt blockiert Löschung ohne Zustimmung des Nachbarn
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was genau ist eine Grunddienstbarkeit und wie wirkt sie sich auf ein Grundstück aus?
- Unter welchen Umständen kann eine eingetragene Grunddienstbarkeit gelöscht werden?
- Was bedeutet der „Wegfall des Vorteils“ im Zusammenhang mit einer Grunddienstbarkeit?
- Welche Rolle spielt das Grundbuchamt und das Gericht bei der Löschung einer Grunddienstbarkeit?
- Welche Kosten und Risiken sind mit der Beantragung der Löschung einer Grunddienstbarkeit verbunden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 12 Wx 39/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
- Datum: 05.09.2024
- Aktenzeichen: 12 Wx 39/24
- Verfahrensart: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Immobilienrecht, Grundbuchrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Wohnungserbbauberechtigte eines Grundstücksanteils, beantragte die Löschung eines Wegerechts auf ihrem Grundstück.
- Beklagte: Erbbauberechtigte des Nachbargrundstücks, zugunsten deren Grundstück das Wegerecht eingetragen ist und die der Löschung widersprach.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Eigentümerin eines Wohnungserbbaurechts beantragte die Löschung eines auf ihrem Grundstück eingetragenen Wegerechts, das einem Nachbargrundstück zugutekommt. Sie argumentierte, das Wegerecht sei nicht mehr nötig oder sei ursprünglich falsch eingetragen worden. Das Grundbuchamt lehnte den Antrag ab.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob ein eingetragenes Wegerecht aus dem Grundbuch gelöscht werden kann, ohne dass die Person zustimmt, der das Recht zusteht. Es ging darum, ob das Grundbuch unrichtig ist, weil das Wegerecht angeblich nie bestanden hat oder später seinen Nutzen für das andere Grundstück verloren hat.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung der Löschung durch das Grundbuchamt zurück. Die Antragstellerin muss die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Löschung des Wegerechts ohne Zustimmung der Berechtigten nicht erfüllt waren. Eine Löschung ist nur mit Zustimmung des Berechtigten möglich, oder wenn nachgewiesen wird, dass das Grundbuch unrichtig ist. Diesen Nachweis konnte die Antragstellerin nicht in der gesetzlich erforderlichen Form erbringen.
- Folgen: Das eingetragene Wegerecht bleibt auf dem Grundstück der Antragstellerin bestehen. Ihr Antrag auf Löschung ohne Zustimmung der Berechtigten war erfolglos.
Der Fall vor Gericht
Streit um Wegerecht: OLG Sachsen-Anhalt blockiert Löschung ohne Zustimmung des Nachbarn
Stellen Sie sich vor, auf Ihrem Grundstück lastet ein altes Wegerecht zugunsten Ihres Nachbarn. Sie sind überzeugt, dass dieses Recht längst keinen Sinn mehr macht und wollen es aus dem Grundbuch entfernen lassen, um Ihr Grundstück unbelastet nutzen oder verkaufen zu können. Doch was, wenn der Nachbar sich weigert, der Löschung zuzustimmen?

Genau mit einem solchen Fall, bei dem es um die Feinheiten des Grundbuchrechts und die Rechte von Grundstücksnachbarn ging, hatte sich kürzlich das Oberlandesgericht (OLG) Sachsen-Anhalt zu befassen (Az.: 12 Wx 39/24, Beschluss vom 05.09.2024). Der Fall zeigt eindrücklich, wie schwierig es sein kann, ein einmal eingetragenes Recht ohne die Zustimmung des Berechtigten wieder loszuwerden.
Der Zankapfel: Ein altes Wegerecht und der Wunsch nach seiner Entfernung
Im Mittelpunkt des Streits standen zwei benachbarte Grundstücke in der Stadt B. und ein darauf lastendes Wegerecht. Die Beteiligte zu 1), nennen wir sie Frau A., ist Inhaberin eines sogenannten Wohnungserbbaurechts an einem Grundstücksanteil in der L. Straße 65. Ein Erbbaurecht gibt ihr das Recht, auf dem Grundstück, das der Evangelischen Kirchengemeinde N. gehört, eine Wohnung zu besitzen und zu nutzen, ähnlich einer Eigentümerin, aber zeitlich begrenzt und gegen Zahlung eines Erbbauzinses.
Im Grundbuch von Frau A.s Wohnungserbbaurecht war eine Grunddienstbarkeit in Form eines Wegerechts eingetragen. Eine Grunddienstbarkeit ist eine Belastung eines Grundstücks (hier das von Frau A., das als „dienendes Grundstück“ bezeichnet wird) zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks (hier das der Beteiligten zu 2), nennen wir sie Frau B., das als „herrschendes Grundstück“ gilt). Dieses Wegerecht berechtigte Frau B., deren Erbbaurecht sich auf das Nachbargrundstück L. Straße 63 bezog, das Grundstück von Frau A. zu begehen und zu befahren, um von der Straße zu ihrem eigenen Grundstück zu gelangen. Auch Frau B.s Erbbaurecht lastete auf einem Grundstück der Evangelischen Kirchengemeinde N.
Die Wurzeln dieses Wegerechts reichten bis ins Jahr 1997 zurück. In einer notariellen Urkunde vom 28. Oktober 1997 wurde das Wegerecht bestellt. Interessanterweise enthielt diese Urkunde einen offensichtlichen Schreibfehler, denn sie sprach davon, dass das Wegerecht „über den Grundbesitz L. Straße 63“ eingeräumt werde, obwohl es tatsächlich das Grundstück L. Straße 65 (das heutige Grundstück von Frau A.) belasten sollte. Nach einer Neuvermessung des belasteten Grundstücks wurde mit einer weiteren notariellen Urkunde vom 17. Mai 1999 eine sogenannte Identitätserklärung abgegeben und die Eintragung des Wegerechts zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Erbbaurechts am Nachbargrundstück L. Straße 63 bewilligt und beantragt. Am 27. April 2000 wurde das Wegerecht schließlich im Grundbuch für Frau A.s Grundstück eingetragen, unter Bezugnahme auf beide Urkunden.
Im Jahr 2008 kam es zu einer weiteren Veränderung: Das ursprünglich belastete Flurstück 100 (also das Grundstück, auf dem Frau A.s Erbbaurecht lastet) wurde neu vermessen. Dabei entstand neben dem weiterhin bestehenden Flurstück 100 auch ein neues Flurstück mit der Nummer 123. Dieses Flurstück 123 gehörte zunächst der Stadt B., bevor Frau A. es im Jahr 2017 selbst erwarb.
Im Mai 2021 beantragte Frau A. beim zuständigen Grundbuchamt die Löschung des Wegerechts. Ihre Argumentation war vielschichtig:
Erstens sei das Wegerecht für die Nutzung des Grundstücks von Frau B. gar nicht (mehr) erforderlich, da Frau B. über ihr eigenes Grundstück einen Zugang zur öffentlichen Straße habe.
Zweitens sei das Wegerecht ursprünglich ohnehin für die Nutzung eines Weges auf dem inzwischen herausvermessenen Flurstück 123 bestellt worden. Man sei bei der ursprünglichen Bestellung fälschlicherweise davon ausgegangen, dass dieser Grundstücksteil (das heutige Flurstück 123) ebenfalls der Kirchengemeinde gehöre, obwohl es tatsächlich städtisches Eigentum gewesen sei.
Drittens sei mit der Herausvermessung und ihrem eigenen Erwerb des nun unbelasteten Flurstücks 123 das Wegerecht auf ihrem eigentlichen Erbbaugrundstück (Flurstück 100) quasi untergegangen. Es werde dort nicht ausgeübt und könne aufgrund baulicher Gegebenheiten auch gar nicht ausgeübt werden. Seit Oktober 2021 finde ohnehin keine Nutzung mehr statt.
Frau B. jedoch, als Inhaberin des Erbbaurechts am herrschenden Grundstück und damit Berechtigte des Wegerechts, sah die Sache anders: Sie stimmte einer Löschung am 3. Juli 2021 ausdrücklich nicht zu.
Das Grundbuchamt folgte der Argumentation von Frau A. nicht und wies ihren Löschungsantrag mit Beschluss vom 13. Juni 2024 zurück. Die Begründung war knapp: Die notwendige Löschungsbewilligung der Berechtigten (Frau B.) liege nicht vor, und auch sonst seien keine Gründe für eine Löschung aus grundbuchrechtlicher Sicht ersichtlich. Dagegen legte Frau A. Beschwerde ein, mit der sich nun das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt befassen musste.
OLG-Entscheidung: Das Wegerecht auf Frau A.s Grundstück muss vorerst bleiben
Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt kam in seinem Beschluss vom 5. September 2024 zu einem klaren Ergebnis: Die Beschwerde von Frau A. wurde zurückgewiesen. Das bedeutet, das im Grundbuch eingetragene Wegerecht zugunsten von Frau B.s Grundstück bleibt vorerst bestehen. Frau A. muss zudem die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen. Der Wert des Streits wurde vom Gericht auf 5.000 Euro festgesetzt, ein üblicher Wert für solche Verfahren, wenn sich der genaue finanzielle Vorteil nicht beziffern lässt.
Die juristische Lupe: Warum das Gericht gegen die Löschung entschied
Um zu verstehen, warum das OLG so entschieden hat, muss man sich die rechtlichen Hürden für die Löschung eines solchen Rechts im Grundbuch genauer ansehen. Das Gericht prüfte sorgfältig mehrere mögliche Gründe, die eine Löschung rechtfertigen könnten, fand aber keinen davon erfüllt.
Das oberste Gebot: Ohne Zustimmung des Berechtigten geht (fast) nichts
Der Dreh- und Angelpunkt im Grundbuchrecht ist oft die Zustimmung der Betroffenen. Für die Löschung eines eingetragenen Rechts, wie hier des Wegerechts, schreibt § 19 der Grundbuchordnung (GBO) – das ist das Gesetz, das die Führung der Grundbücher regelt – grundsätzlich vor, dass derjenige, dessen Recht betroffen ist, die Löschung bewilligen muss. Im vorliegenden Fall war Frau B. die Berechtigte des Wegerechts. Da sie ihre Zustimmung zur Löschung ausdrücklich verweigert hatte, war diese grundlegende Voraussetzung nicht erfüllt. Allein dieser Umstand hätte schon genügt, um den Löschungsantrag abzulehnen, so das OLG. Es ist ein Kernprinzip des Grundbuchrechts, dass Rechte nicht einfach ohne Mitwirkung des Berechtigten aufgegeben oder verändert werden können.
War die Eintragung von Anfang an fehlerhaft? Das Gericht sagt Nein
Frau A. hatte argumentiert, das Grundbuch sei von Anfang an unrichtig gewesen. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte sie möglicherweise eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO verlangen können, auch ohne Zustimmung von Frau B. Doch hierfür gelten strenge Anforderungen: Die Unrichtigkeit muss zweifelsfrei nachgewiesen werden, und zwar in der Regel durch öffentliche Urkunden (z.B. notarielle Urkunden oder Gerichtsurteile), wie es § 29 GBO vorschreibt.
Das Gericht untersuchte also, ob die Eintragung des Wegerechts im Jahr 2000 fehlerhaft war.
- Bestimmtheit des Rechts: Das OLG stellte fest, dass das Wegerecht im Grundbuch hinreichend bestimmt eingetragen war. Es bezog sich klar auf das gesamte damalige Flurstück 100 (das Grundstück von Frau A.).
- Bezugnahme auf Bewilligungsurkunden: Es ist üblich und nach § 874 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zulässig, dass zur näheren Bestimmung des Inhalts eines Rechts im Grundbuch auf die sogenannte Eintragungsbewilligung (also die notarielle Urkunde, in der das Recht bestellt wurde) Bezug genommen wird. Der Eintragungsvermerk im Grundbuch und die Bewilligungsurkunde bilden dann eine Einheit. Die hier maßgebliche Bewilligungsurkunde vom 17. Mai 1999 beschrieb das Wegerecht eindeutig als „zum Befahren und Begehen von der Straße über den Grundbesitz L. Straße 65 zum Grundbesitz L. Straße 63“. Nach der für Grundbucheintragungen geltenden Auslegung – wie sie ein unbefangener Dritter verstehen würde – bedeutet dies eine unbeschränkte Nutzungsmöglichkeit des gesamten Grundstücks L. Straße 65 für Geh- und Fahrzwecke zugunsten des Nachbargrundstücks.
- Keine räumliche Beschränkung: Eine Beschränkung des Wegerechts auf einen bestimmten Teil des dienenden Grundstücks, etwa nur auf das spätere Flurstück 123, wie von Frau A. behauptet, war in den Urkunden nicht festgelegt. Eine solche Einschränkung hätte klar definiert werden müssen, beispielsweise durch eine beigefügte Karte. Eine solche Karte gab es aber nicht, und die textliche Beschreibung bezog sich eindeutig auf das gesamte Grundstück „L. Straße 65“.
- Verhalten der Rechtsvorgängerin: Besonders wichtig war für das Gericht der Umstand, dass die Rechtsvorgängerin von Frau A. (also die damalige Erbbauberechtigte des belasteten Grundstücks) die entscheidende Bewilligungserklärung vom 17. Mai 1999 nach der erfolgten Vermessung abgegeben hatte und darin das Wegerecht zulasten des (nunmehr korrekt bezeichneten) Flurstücks 100 bewilligte. Dies sprach stark gegen die Behauptung, das Wegerecht sei eigentlich nur für das spätere Flurstück 123 gedacht gewesen.
- Befugnis zur Bestellung: Auch die ursprüngliche Befugnis der damals beteiligten Parteien (Grundstückseigentümerin und Erbbauberechtigte) zur Bestellung des Wegerechts war nach Ansicht des Gerichts gegeben.
- Vorteil für das herrschende Grundstück (§ 1019 BGB): Ein Wegerecht ist nur gültig, wenn es einen Vorteil für das herrschende Grundstück bietet (§ 1019 BGB). Das Gericht sah keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein solcher Vorteil von Anfang an gefehlt hätte. Ein Vorteil liegt schon dann vor, wenn das Recht für die Benutzung des herrschenden Grundstücks objektiv nützlich ist, was bei benachbarten Grundstücken und einem Wegerecht zur Erschließung regelmäßig der Fall ist.
Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass die Eintragung des Wegerechts im Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht unrichtig war.
Auch später kein Grund zur Löschung: Der „Vorteil“ des Wegerechts ist nicht widerlegt
Selbst wenn ein Recht korrekt eingetragen wurde, kann das Grundbuch nachträglich unrichtig werden, wenn das Recht später erlischt. Frau A. argumentierte, der Vorteil des Wegerechts für Frau B.s Grundstück sei nachträglich weggefallen, insbesondere da Frau B. anderweitig Zugang zu ihrem Grundstück habe und das Wegerecht nicht mehr genutzt werde.
Auch hier gelten jedoch die strengen Nachweisanforderungen des § 29 GBO: Frau A. hätte den Wegfall des Vorteils durch öffentliche Urkunden beweisen müssen.
- Fehlender Urkundenbeweis: Das OLG stellte fest, dass Frau A. keine Urkunde oder ein Gerichtsurteil vorgelegt hatte, das den Wegfall des Vorteils zweifelsfrei belegt.
- Alternative Zugangsmöglichkeit nicht entscheidend: Der bloße Umstand, dass Frau B. über einen anderen Zugang zu ihrem Grundstück verfügt, lässt den Vorteil des eingetragenen Wegerechts nicht automatisch entfallen. Ein Vorteil im Sinne des § 1019 BGB besteht, wie das Gericht betonte, schon bei objektiver Nützlichkeit. Das Wegerecht über Frau A.s Grundstück könnte für Frau B. immer noch eine bequemere, kürzere oder für bestimmte Zwecke (z.B. Anlieferungen) geeignetere Zufahrt darstellen. Solange eine solche objektive Nützlichkeit nicht widerlegt ist, bleibt der Vorteil bestehen.
- Bloße Behauptungen genügen nicht: Die Behauptungen von Frau A., das Wegerecht werde nicht ausgeübt oder sei nicht mehr erforderlich, reichten dem Gericht nicht aus. Solche Tatsachenfragen müssten gegebenenfalls in einem regulären Zivilprozess geklärt und durch ein entsprechendes Urteil nachgewiesen werden. Erst mit einem solchen Urteil könnte dann eine Grundbuchberichtigung erfolgen. Das Grundbuchverfahren selbst ist nicht dazu da, streitige Tatsachen zu ermitteln.
- Vorgelegte Vermessungsnachweise unzureichend: Die von Frau A. vorgelegten Vermessungsnachweise waren nach Ansicht des Gerichts keine tauglichen Beweismittel im Sinne des § 29 GBO (hierfür wären beispielsweise amtliche Bescheinigungen mit Unterschrift und Dienstsiegel erforderlich gewesen). Zudem belegten sie ohnehin nur die Lage der Grundstücke zueinander, nicht aber, dass das Wegerecht auf Frau A.s Flurstück 100 nicht mehr ausgeübt werden könnte oder keinen Vorteil mehr böte.
Somit konnte Frau A. auch eine nachträgliche Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht in der erforderlichen Form nachweisen.
Letzte Hoffnung Amtslöschung? Auch hier kein Erfolg
Schließlich prüfte das Gericht, ob eine sogenannte Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO in Betracht käme. Eine solche Löschung von Amts wegen durch das Grundbuchamt ist nur in sehr seltenen Fällen möglich, nämlich dann, wenn die Eintragung ihrem Inhalt nach unzulässig ist. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn ein Recht eingetragen wurde, das es so gar nicht geben kann (z.B. ein „Recht auf gute Nachbarschaft“) oder wenn die Eintragung in sich widersprüchlich wäre.
Ein Wegerecht gemäß § 1018 BGB, wie es hier klar und bestimmt auf das Flurstück 100 bezogen und als Geh- und Fahrrecht konkretisiert eingetragen war, ist jedoch ein absolut zulässiges und gängiges Recht. Daher gab es auch keine Grundlage für eine Amtslöschung.
Zusammenfassend stellte das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt fest, dass keine der denkbaren Voraussetzungen für eine Löschung des Wegerechts ohne die Zustimmung von Frau B. erfüllt war. Die Entscheidung des Grundbuchamts, den Antrag abzulehnen, war somit korrekt. Frau A. bleibt daher vorerst nur der Weg, sich mit Frau B. gütlich zu einigen oder in einem gesonderten Zivilprozess zu versuchen, das Erlöschen des Wegerechts feststellen zu lassen.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass eine einmal im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit wie ein Wegerecht ohne Zustimmung des Berechtigten kaum zu löschen ist – selbst wenn es nicht mehr genutzt wird oder alternative Zugänge existieren. Der bloße Nachweis, dass das Recht nicht mehr benötigt wird, reicht nicht aus; vielmehr muss das vollständige Erlöschen des Rechtsvorteils durch öffentliche Urkunden oder ein Gerichtsurteil zweifelsfrei belegt werden. Betroffene Grundstückseigentümer sollten daher entweder eine gütliche Einigung anstreben oder den Weg eines Zivilprozesses gehen, um die Unrichtigkeit des Grundbuchs rechtsverbindlich feststellen zu lassen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was genau ist eine Grunddienstbarkeit und wie wirkt sie sich auf ein Grundstück aus?
Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Grundstück, das an ein anderes Grundstück grenzt. Eine Grunddienstbarkeit ist ein Recht, das zugunsten des Eigentümers eines anderen Grundstücks besteht. Dieses Recht belastet Ihr eigenes Grundstück. Man spricht dabei vom dienenden Grundstück (Ihr Grundstück) und vom herrschenden Grundstück (das Grundstück des Begünstigten).
Eine Grunddienstbarkeit ermöglicht dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks bestimmte Handlungen auf dem dienenden Grundstück oder schränkt die Nutzung des dienenden Grundstücks in einer bestimmten Weise ein. Das bekannteste Beispiel ist das Wegerecht: Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks hat das Recht, über einen bestimmten Teil des dienenden Grundstücks zu gehen oder zu fahren, oft um zu seinem eigenen Grundstück zu gelangen. Andere Beispiele sind das Recht, Leitungen zu verlegen (Leitungsrecht), oder die Beschränkung, auf dem dienenden Grundstück nicht höher als eine bestimmte Höhe zu bauen (Bauverbot zur Sicherung einer Aussicht).
Wichtig zu verstehen ist, dass eine Grunddienstbarkeit nicht an eine bestimmte Person gebunden ist, sondern direkt an die jeweiligen Grundstücke. Wenn Sie Ihr dienendes Grundstück verkaufen, bleibt die Grunddienstbarkeit bestehen und belastet auch den neuen Eigentümer. Genauso geht das Recht mit dem Verkauf des herrschenden Grundstücks auf den neuen Eigentümer über.
Damit eine Grunddienstbarkeit rechtswirksam entsteht, muss sie im Grundbuch eingetragen werden. Das Grundbuch ist ein öffentliches Register, das alle wichtigen rechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks festhält. Die Eintragung einer Grunddienstbarkeit erfolgt in Abteilung II des Grundbuchs des dienenden Grundstücks. Diese Eintragung macht die Dienstbarkeit für jeden sichtbar und verbindlich.
Für das dienende Grundstück bedeutet die Grunddienstbarkeit eine Beschränkung der Rechte des Eigentümers. Sie müssen dulden, dass der Nachbar den Weg benutzt, oder Sie dürfen Ihr Grundstück nur eingeschränkt bebauen. Diese Einschränkung kann den Wert des dienenden Grundstücks beeinflussen.
Für das herrschende Grundstück bedeutet die Grunddienstbarkeit eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten. Sie haben das Recht, das Nachbargrundstück in der vereinbarten Weise zu nutzen (z.B. den Weg zu befahren), was die Zugänglichkeit oder Nutzbarkeit Ihres Grundstücks verbessert und seinen Wert steigern kann.
Im Kern ist eine Grunddienstbarkeit also ein im Grundbuch eingetragenes Recht, das eine dauerhafte Verbindung zwischen zwei Grundstücken schafft und dabei das eine Grundstück (dienend) zugunsten des anderen (herrschend) belastet.
Unter welchen Umständen kann eine eingetragene Grunddienstbarkeit gelöscht werden?
Eine im Grundbuch eingetragene Grunddienstbarkeit ist ein Recht, das ein Grundstück zugunsten eines anderen Grundstücks belastet. Sie gibt dem Eigentümer des einen Grundstücks (des Begünstigten) bestimmte Rechte am anderen Grundstück (dem Belasteten), zum Beispiel ein Wegerecht oder ein Leitungsrecht. Diese Eintragung bleibt grundsätzlich bestehen, bis sie aktiv gelöscht wird. Die Löschung ist möglich, erfordert aber bestimmte Voraussetzungen.
Hier sind die häufigsten Wege, wie eine solche Eintragung aus dem Grundbuch entfernt werden kann:
Einigung aller Beteiligten
Der unkomplizierteste Weg ist die Zustimmung desjenigen, der von der Dienstbarkeit profitiert. Das ist der Eigentümer des sogenannten „herrschenden“ Grundstücks. Wenn diese Person der Löschung zustimmt, kann die Dienstbarkeit gelöscht werden. Dafür ist in der Regel eine Löschungsbewilligung erforderlich, die notariell beglaubigt sein muss. Mit dieser Bewilligung kann der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Löschung beim zuständigen Grundbuchamt beantragen.
Wegfall des Vorteils für das andere Grundstück
Eine Grunddienstbarkeit wird im Interesse und zum Vorteil des herrschenden Grundstücks bestellt. Wenn dieser Vorteil dauerhaft und endgültig wegfällt, kann unter bestimmten Umständen ein Anspruch auf Löschung der Dienstbarkeit bestehen. Stellen Sie sich vor, ein Grundstück wurde über ein Nachbargrundstück erschlossen, erhält aber später eine direkte Anbindung an eine öffentliche Straße, sodass der alte Weg nicht mehr benötigt wird und auch zukünftig keinen Nutzen mehr bringt. Der Nachweis, dass der Vorteil tatsächlich dauerhaft und endgültig weggefallen ist, kann sehr anspruchsvoll sein. Oft bedarf es hierfür einer gerichtlichen Entscheidung, falls sich die Eigentümer nicht einig sind. Ein Gericht prüft dann, ob die Dienstbarkeit für das herrschende Grundstück objektiv betrachtet noch irgendeinen sinnvollen Nutzen hat.
Zeitablauf oder Eintritt einer Bedingung
Manche Grunddienstbarkeiten werden von vornherein nur für einen bestimmten Zeitraum bestellt oder an eine bestimmte Bedingung geknüpft. Ist dieser Zeitraum abgelaufen oder die im Grundbuch eingetragene Bedingung eingetreten, kann die Dienstbarkeit ebenfalls gelöscht werden. Dies erfordert in der Regel ebenfalls einen entsprechenden Nachweis beim Grundbuchamt, oft in Form einer Urkunde oder Erklärung.
Weitere Gründe
In selteneren Fällen kann eine Löschung auch eintreten, wenn zum Beispiel das belastete und das herrschende Grundstück im Eigentum derselben Person vereinigt werden.
Eine erfolgreiche Löschung im Grundbuch beendet die Wirkung der Dienstbarkeit für die Zukunft. Das belastete Grundstück ist dann von dieser spezifischen Einschränkung befreit.
Was bedeutet der „Wegfall des Vorteils“ im Zusammenhang mit einer Grunddienstbarkeit?
Um zu verstehen, was der „Wegfall des Vorteils“ bedeutet, stellen Sie sich eine Grunddienstbarkeit als ein Recht vor, das ein Grundstück (das „herrschende Grundstück“) zugunsten eines anderen Grundstücks (das „dienende Grundstück“) belastet. Typische Beispiele sind ein Wegerecht, bei dem der Eigentümer des einen Grundstücks über das andere gehen oder fahren darf, oder ein Leitungsrecht, um Versorgungsleitungen zu verlegen. Der Vorteil einer solchen Grunddienstbarkeit liegt darin, dass sie dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks die Nutzung seines eigenen Grundstücks erleichtert oder verbessert. Ohne diesen Vorteil wäre die Grunddienstbarkeit eigentlich nicht wirksam (§ 1019 BGB).
Der „Wegfall des Vorteils“ tritt ein, wenn die Grunddienstbarkeit für das herrschende Grundstück dauerhaft nutzlos geworden ist. Das bedeutet, dass das Recht, das im Grundbuch eingetragen ist, dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks objektiv keinen Nutzen mehr bringt, die Nutzung seines eigenen Grundstücks zu erleichtern oder zu verbessern.
Wann gilt der Vorteil als weggefallen?
Der Vorteil gilt als weggefallen, wenn sich die Umstände dauerhaft so geändert haben, dass die Grunddienstbarkeit ihren Sinn für das herrschende Grundstück verloren hat. Es kommt dabei nicht nur auf den aktuellen Eigentümer an, sondern darauf, ob das Recht generell für die Nutzung des Grundstücks als solchen noch nützlich ist.
Beispiele für veränderte Umstände, die zum Wegfall des Vorteils führen können:
- Stellen Sie sich ein Grundstück vor, das bisher nur über ein Wegerecht über das Nachbargrundstück erreichbar war. Wenn nun eine neue öffentliche Straße gebaut wird, die das Grundstück direkt erschließt, kann das alte Wegerecht über den Nachbarn unter Umständen seinen Vorteil verlieren, da es für die Erschließung nicht mehr benötigt wird.
- Ein Grundstück hat eine Grunddienstbarkeit, die eine bestimmte Aussicht sichert (ein sogenanntes Ausübungsverbot für den Nachbarn, die Aussicht zu verbauen). Wenn jedoch auf einem anderen, nicht vom Recht betroffenen Grundstück oder durch eine veränderte Bebauung in der Umgebung die Aussicht ohnehin dauerhaft und vollständig verdeckt ist, kann auch hier der Vorteil wegfallen.
Wichtig ist, dass der Wegfall des Vorteils dauerhaft sein muss. Eine vorübergehende Nichtnutzung oder eine nur geringfügige Erschwernis machen den Vorteil noch nicht zunichte.
Nachweis und Rechtsprechung
Derjenige, der behauptet, dass der Vorteil weggefallen ist – meist der Eigentümer des dienenden Grundstücks, der das Recht gerne loswerden möchte – muss dies beweisen. Das kann schwierig sein, da Gerichte genau prüfen, ob das Recht nicht doch noch einen objektiven, wenn auch vielleicht geringen, Vorteil für das herrschende Grundstück hat oder unter anderen Umständen wieder erlangen könnte.
Die Rechtsprechung (also Urteile der Gerichte) zu diesem Thema ist vielfältig. Generell gilt, dass die Gerichte den Wegfall des Vorteils eher restriktiv sehen. Sie prüfen genau, ob nicht doch noch ein vernünftiger, wirtschaftlich sinnvoller Zweck mit dem Recht verfolgt werden kann, auch wenn er für den aktuellen Eigentümer weniger wichtig ist. Der subjektive Wunsch des Eigentümers des herrschenden Grundstücks, das Recht zu behalten, ist dabei weniger entscheidend als die objektive Nützlichkeit für das Grundstück selbst. Wenn der Vorteil jedoch nachweislich und dauerhaft null ist, kann der Eigentümer des belasteten Grundstücks verlangen, dass die Grunddienstbarkeit gelöscht wird (§ 1026 BGB analog angewendet).
Welche Rolle spielt das Grundbuchamt und das Gericht bei der Löschung einer Grunddienstbarkeit?
Das Grundbuchamt ist die zentrale Stelle, wenn es um die Löschung einer Grunddienstbarkeit geht. Man kann sich das Grundbuch wie ein öffentliches Register vorstellen, in dem alle wichtigen Rechte an Grundstücken eingetragen sind, also auch eine Grunddienstbarkeit. Eine Grunddienstbarkeit gibt jemand anderem das Recht, Ihr Grundstück in bestimmter Weise zu nutzen oder zu betreten, zum Beispiel als Wegerecht.
Das Grundbuchamt: Antrag und Zustimmung sind entscheidend
Für die Löschung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch ist in der Regel ein Antrag beim Grundbuchamt erforderlich. Der wichtigste Punkt dabei ist: Das Grundbuchamt darf eine Grunddienstbarkeit nur löschen, wenn die Person, die von diesem Recht profitiert (der sogenannte „Berechtigte“), der Löschung zustimmt. Diese Zustimmung nennt man im juristischen Sinn „Löschungsbewilligung“.
Die Löschungsbewilligung muss in einer besonderen Form erfolgen, meist muss die Unterschrift notariell beglaubigt sein. Der Antrag und die Bewilligung werden dann beim Grundbuchamt eingereicht. Das Grundbuchamt prüft die Dokumente. Sind alle Voraussetzungen erfüllt und liegt die formgerechte Zustimmung des Berechtigten vor, nimmt das Grundbuchamt die Löschung im Grundbuch vor.
Es gibt Ausnahmen, in denen das Grundbuchamt eine Löschung auch ohne die direkte Zustimmung des aktuellen Berechtigten vornehmen kann. Das ist der Fall, wenn gesetzlich klar geregelt ist, dass das Recht nicht mehr besteht oder abgelaufen ist, und dies dem Grundbuchamt auch in der notwendigen Form nachgewiesen wird (z.B. durch öffentliche Urkunden). Stellen Sie sich vor, ein Recht war von vornherein auf eine bestimmte Zeit begrenzt und diese Zeit ist eindeutig abgelaufen. Auch wenn das Recht aus anderen gesetzlichen Gründen erloschen ist und dies unzweifelhaft bewiesen werden kann, könnte eine Löschung ohne neue Zustimmung des Berechtigten möglich sein, aber dies sind seltene Fälle und erfordern oft sehr klare Beweise.
Das Gericht: Wenn es Streit gibt oder die Zustimmung fehlt
Das Gericht kommt ins Spiel, wenn die Löschung nicht einfach durch Zustimmung des Berechtigten erreicht werden kann. Das ist der Fall, wenn der Berechtigte der Löschung nicht zustimmt, obwohl der Eigentümer des belasteten Grundstücks meint, das Recht müsste eigentlich gelöscht werden (weil es zum Beispiel keinen Nutzen mehr bringt oder die Grundlage dafür weggefallen ist).
In einer solchen Situation muss der Eigentümer des belasteten Grundstücks in der Regel eine Klage vor dem zuständigen Zivilgericht (Amts- oder Landgericht) einreichen. Ziel der Klage ist es, dass das Gericht feststellt, dass die Grunddienstbarkeit nicht mehr besteht oder dass der Berechtigte verpflichtet ist, der Löschung zuzustimmen.
Das Gericht prüft dann die rechtlichen Gründe für die begehrte Löschung. Es hört die Argumente beider Seiten und entscheidet, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Erlöschen der Grunddienstbarkeit vorliegen. Wenn das Gericht dem Eigentümer des belasteten Grundstücks Recht gibt, kann das Gerichtsurteil die fehlende Zustimmung des Berechtigten ersetzen. Mit diesem Urteil kann der Eigentümer dann wieder zum Grundbuchamt gehen und die Löschung beantragen. Das Grundbuchamt löscht die Grunddienstbarkeit dann aufgrund des gerichtlichen Entscheids.
Beschwerde gegen Entscheidungen des Grundbuchamts
Wenn das Grundbuchamt einen Antrag auf Löschung ablehnt (z.B., weil die Bewilligung fehlt oder die Form nicht stimmt), obwohl der Antragsteller meint, alle Voraussetzungen seien erfüllt, kann der Antragsteller Beschwerde einlegen. Diese Beschwerde wird in der Regel an das zuständige Landgericht gerichtet, das dann als Beschwerdegericht über die Entscheidung des Grundbuchamts befindet. Das Gericht prüft, ob die Ablehnung durch das Grundbuchamt rechtmäßig war. Gibt das Gericht der Beschwerde statt, weist es das Grundbuchamt an, die Löschung vorzunehmen.
Welche Kosten und Risiken sind mit der Beantragung der Löschung einer Grunddienstbarkeit verbunden?
Wenn Sie eine Grunddienstbarkeit aus dem Grundbuch löschen lassen möchten, fallen in der Regel bestimmte Kosten an. Diese sind gesetzlich geregelt und richten sich meist nach dem Wert der Dienstbarkeit oder dem Wert des betroffenen Grundstücks.
Welche Kosten fallen an?
Die Löschung einer Grunddienstbarkeit wird beim Grundbuchamt beantragt. Zuvor ist oft die Mitwirkung eines Notars erforderlich, zum Beispiel wenn die Zustimmung des Berechtigten notariell beglaubigt werden muss. Daher fallen Kosten sowohl für das Grundbuchamt als auch für den Notar an. Die genaue Höhe dieser Kosten hängt vom jeweiligen Einzelfall ab, insbesondere vom Wert des Grundstücks oder dem zugrunde liegenden Geschäftswert. Diese Kosten sind auch dann zu zahlen, wenn die Löschung erfolgreich ist.
Sollte derjenige, zu dessen Gunsten die Grunddienstbarkeit eingetragen ist, der Löschung nicht zustimmen, kann unter bestimmten Umständen eine Klage vor Gericht notwendig sein. In diesem Fall kommen weitere Kosten hinzu. Dazu gehören die Gerichtskosten sowie die Kosten für die beteiligten Anwälte. Diese Kosten können je nach Streitwert und Umfang des Verfahrens erheblich sein.
Welche Risiken gibt es?
Das Hauptrisiko, wenn eine gerichtliche Klärung notwendig wird, ist das Risiko des Unterliegens. Das bedeutet, das Gericht entscheidet, dass die Grunddienstbarkeit bestehen bleiben muss und die Löschung nicht erfolgen darf.
Wenn Sie in einem solchen Verfahren unterliegen, haben Sie Ihr Ziel – die Löschung der Dienstbarkeit – nicht erreicht. Darüber hinaus müssen Sie dann in der Regel nicht nur Ihre eigenen Gerichts- und Anwaltskosten tragen, sondern auch die Anwaltskosten der Gegenseite. Das kann zu erheblichen finanziellen Belastungen führen, zusätzlich zu den bereits angefallenen Notar- und Grundbuchamtskosten für den ursprünglichen Antrag.
Deshalb ist es ratsam, die Erfolgsaussichten einer beantragten Löschung, insbesondere wenn eine Zustimmung des Berechtigten fehlt, realistisch einzuschätzen, bevor man die Schritte einleitet, die Kosten verursachen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Wohnungserbbaurecht
Ein Wohnungserbbaurecht ist ein dingliches Recht, das es einer Person ermöglicht, auf oder unter einem fremden Grundstück eine Wohnung zu besitzen und zu nutzen, ohne Eigentümer des Grundstücks zu sein. Es wird meist zeitlich befristet eingeräumt, zum Beispiel für 60 oder 99 Jahre, und dafür zahlt der Berechtigte einen regelmäßigen Erbbauzins an den Grundstückseigentümer (§§ 1, 3 ErbbauRG). Im vorliegenden Fall hat Frau A. ein solches Recht auf einem Grundstück der Evangelischen Kirchengemeinde. Das Wohnungserbbaurecht kann im Grundbuch eingetragen werden und ermöglicht nahezu die gleichen Nutzungsrechte wie Eigentum, unterliegt aber Einschränkungen durch den Grundstückseigentümer.
Beispiel: Frau A. besitzt eine Wohnung auf dem Grundstück der Kirchengemeinde, zahlt dafür einen monatlichen Erbbauzins und kann die Wohnung kaufen, verkaufen oder vererben, obwohl sie nicht Eigentümerin des darunter liegenden Bodens ist.
Grunddienstbarkeit
Eine Grunddienstbarkeit ist ein Recht, das auf einem Grundstück (dem dienenden Grundstück) zugunsten eines anderen Grundstücks (dem herrschenden Grundstück) lastet und bestimmte Nutzungen oder Einschränkungen regelt (§§ 1018 ff. BGB). Es handelt sich um eine dauerhafte Belastung, die beispielsweise ein Wegerecht oder Leitungsrecht sein kann. Die Dienstbarkeit ist mit dem Grundstück verbunden und bleibt bei Eigentümerwechsel bestehen, wird also nicht an eine Person, sondern an das Grundstück gebunden. Im Text ist die Grunddienstbarkeit konkret als Wegerecht zu verstehen, das Frau B. die Nutzung eines Weges auf Frau A.s Grundstück erlaubt.
Beispiel: Frau B. darf über Frau A.s Grundstück gehen oder fahren, um zu ihrem eigenen Grundstück zu gelangen. Diese Nutzung darf Frau A. nicht ohne Weiteres untersagen.
Löschungsbewilligung
Die Löschungsbewilligung ist die formelle Zustimmung derjenigen Person, zu deren Gunsten ein Rechteintrag im Grundbuch besteht (hier Frau B.), zur Löschung dieses Rechts (§ 19 Grundbuchordnung, GBO). Ohne diese Zustimmung darf das Grundbuchamt eine eingetragene Grunddienstbarkeit oder ein anderes Recht nicht löschen. Dies sichert das Recht des Berechtigten und verhindert eine einseitige Beseitigung des im Grundbuch eingetragenen Rechts. Liegt keine Bewilligung vor, bleibt das Recht grundsätzlich bestehen, wie im geschilderten Fall.
Beispiel: Will Frau A. das eingetragene Wegerecht löschen lassen, braucht sie eine schriftliche, oft notariell beglaubigte, Erklärung von Frau B., die bestätigt, dass sie mit der Löschung einverstanden ist.
Vorteil des herrschenden Grundstücks (bei Grunddienstbarkeit)
Der Vorteil des herrschenden Grundstücks ist die objektive Nutzbarkeit und Nützlichkeit der Grunddienstbarkeit für das berechtigte Grundstück (§ 1019 BGB). Ein Wegerecht muss dem herrschenden Grundstück tatsächlich einen Nutzen bringen, etwa einen Zugang oder Erschließung erleichtern. Fehlt dieser Nutzen dauerhaft und endgültig, spricht man vom Wegfall des Vorteils, was eine Löschung der Dienstbarkeit rechtfertigen kann. Im Fall hat das Gericht festgestellt, dass trotz eines alternativen Zugangs das Wegerecht immer noch objektiv nützlich sein kann.
Beispiel: Auch wenn Frau B. über eine andere Zufahrt verfügt, kann das Wegerecht über Frau A.s Grundstück sinnvoll sein, etwa für Lieferungen oder eine kürzere Verbindung zur Straße.
Amtslöschung
Die Amtslöschung ist eine Löschung eines im Grundbuch eingetragenen Rechts durch das Grundbuchamt ohne Zustimmung des Berechtigten (§ 53 Abs. 1 Satz 2 GBO). Sie kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn die Eintragung offensichtlich ungerechtfertigt oder unzulässig ist, beispielsweise wenn ein nicht bestehendes oder widersprüchliches Recht eingetragen wurde. Im vorliegenden Fall wurde eine Amtslöschung abgelehnt, weil das Wegerecht rechtlich zulässig und klar bestimmt war.
Beispiel: Wäre irrtümlich ein Recht auf „gute Nachbarschaft“ eingetragen worden, könnte das Grundbuchamt dies ohne Zustimmung löschen, weil es kein anerkanntes Recht darstellt. Ein korrektes Wegerecht darf jedoch nicht ohne weitere Voraussetzungen so gelöscht werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 19 Grundbuchordnung (GBO): Regelt die Löschung von Rechten im Grundbuch und verlangt grundsätzlich die Löschungsbewilligung des Berechtigten. Ohne die ausdrückliche Zustimmung des Inhabers eines eingetragenen Rechts ist eine Löschung nicht möglich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da Frau B. als Berechtigte des Wegerechts ihre Zustimmung ausdrücklich verweigert hat, durfte das Grundbuchamt das Wegerecht nicht löschen, was die Entscheidung des OLG maßgeblich stützt.
- §§ 873, 1018, 1019 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): § 873 BGB beschreibt die Eintragung von Rechten an Grundstücken, § 1018 BGB regelt Dienstbarkeiten (wie Wegerechte), und § 1019 BGB verlangt, dass das herrschende Grundstück durch das Recht einen objektiven Vorteil haben muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Wegerecht ist als Grunddienstbarkeit korrekt bestellt und eingetragen, da es dem Nachbargrundstück einen objektiven Nutzen verschafft, der vom Gericht nicht widerlegt wurde.
- § 22 GBO in Verbindung mit § 29 GBO: Enthalten die Voraussetzungen zur Berichtigung von Grundbucheintragungen bei Unrichtigkeit. Die Unrichtigkeit muss zweifelsfrei durch öffentliche Urkunden oder rechtskräftige Entscheidungen nachgewiesen werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau A. konnte keine ausreichenden Urkunden vorlegen, die eine Unrichtigkeit der Wegerechteintragung oder deren Erlöschen beweisen, weshalb eine Berichtigung oder Löschung ohne Zustimmung der Berechtigten nicht möglich ist.
- Rechtsprechung zur Auslegung von Grundbucheintragungen und Eintragungsbewilligungen: Ermöglicht die Bezugnahme im Grundbucheintrag auf notarielle Urkunden zur näheren Bestimmung des Rechtsinhalts, die gemeinsam als Einheit zu verstehen sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Wegerecht ist aufgrund der notariellen Urkunden ausreichend bestimmt und bezieht sich unbeschränkt auf das gesamte Flurstück 100, weshalb die Behauptung einer nur auf Flurstück 123 beschränkten Nutzung keinen Erfolg hatte.
- § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO (Amtslöschung): Ermöglicht das Grundbuchamt die Löschung von Eintragungen nur, wenn diese offensichtlich unzulässig oder inhaltlich widersprüchlich sind. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Wegerecht entspricht den rechtlichen Anforderungen und ist daher zulässig, weshalb eine Amtslöschung nicht in Betracht kam.
- Grundsatz der abstrakten und konstitutiven Funktion des Grundbuchs: Das Grundbuch dokumentiert Rechte formgerecht und schützt sie gegen einseitige Änderungen ohne Zustimmungen oder gerichtliche Feststellungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Verfahren zur Löschung des Wegerechts kann nicht zur Klärung streitiger Tatsachen dienen; Frau A. müsste einen Zivilprozess anstrengen, um die Rechtslage ändern zu lassen.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 39/24 – Beschluss vom 05.09.2024
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