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Grunddienstbarkeit löschen wegen Wegfalls des Vorteils: Verkaufsverbot noch gültig?

Ein Grundstückseigentümer wollte eine Grunddienstbarkeit löschen wegen Wegfalls des Vorteils, da die geschützte Brauerei nur noch Reste ihres ursprünglichen Betriebs führte. Trotz dieser massiven Reduktion blieb das fast 100 Jahre alte Verkaufsverbot im Grundbuch überraschend fest verankert.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 2360/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
  • Datum: Hinweis des Senats datiert 2025 (Entscheidung beabsichtigt)
  • Aktenzeichen: 3 U 2360/24
  • Verfahren: Beschluss im Berufungsverfahren (Zurückweisung beabsichtigt)
  • Rechtsbereiche: Sachenrecht, Immobilienrecht, Wettbewerbsschutz

  • Das Problem: Kläger wollten eine alte Verbotsdienstbarkeit im Grundbuch löschen lassen. Diese Dienstbarkeit untersagt ihnen die gewerbliche Herstellung und den Verkauf von Bier auf ihren Grundstücken. Die beklagte Brauerei-Eigentümerin des Nachbargrundstücks wehrte sich dagegen.
  • Die Rechtsfrage: Ist das alte Brauerei-Verbot im Grundbuch noch gültig, obwohl die Brauereifläche stark reduziert und der Betrieb zeitweise unterbrochen war?
  • Die Antwort: Nein, das Gericht beabsichtigt, die Klage auf Löschung zurückzuweisen. Der notwendige Vorteil für das Brauerei-Grundstück ist nicht endgültig weggefallen. Dort findet weiterhin eine ernsthafte, gewerbliche Produktion statt.
  • Die Bedeutung: Die Eigentümer der belasteten Grundstücke müssen das Verkaufs- und Herstellungsverbot weiter beachten. Eine dingliche Last bleibt auch bei stark reduzierter Fläche bestehen, solange der Kernbetrieb erhalten bleibt.

Der Fall vor Gericht


Kann ein Verkaufsverbot für Bier im Grundbuch ewig bestehen bleiben?

Eine Brauerei, einst ein industrieller Riese auf einem weitläufigen Areal, ist über die Jahrzehnte geschrumpft. Wo früher riesige Anlagen standen, ragen heute Wohnhäuser in den Himmel. Übrig geblieben ist nur noch ein Kernstück: ein denkmalgeschütztes Sudhaus auf einem kleinen Restgrundstück.

Ein Wirt prüft im Grundbuch das Verkaufsverbot von Bier. Ist die Grunddienstbarkeit wegen Wegfalls des Vorteils zu löschen?
Ein Grundbuchverbot von 1980 bleibt wirksam, solange die Brauerei gewerblich Bier produziert. | Symbolbild: KI

Doch die rechtliche Macht dieses einstigen Giganten reicht weit über seine neuen, bescheidenen Grenzen hinaus. In den Grundbüchern der Nachbargrundstücke, darunter eine Gaststätte, lastet eine Fessel aus dem Jahr 1980: ein umfassendes Verbot, Bier oder andere Brauereierzeugnisse herzustellen, zu lagern oder zu verkaufen. Die Eigentümer der belasteten Grundstücke sahen darin ein Relikt aus einer anderen Zeit. Sie klagten auf Löschung dieses Verbots. Sie waren überzeugt: Wenn der Riese zum Zwerg wird, muss auch sein Schatten schwinden.

Weshalb hielten die Eigentümer das Verbot für erloschen?

Der Dreh- und Angelpunkt ihrer Argumentation war das sogenannte Vorteilserfordernis aus § 1019 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Eine solche Belastung im Grundbuch, eine „Grunddienstbarkeit“, ist nur gültig, solange sie dem herrschenden Grundstück – hier dem Brauereigelände – einen echten, objektiven Vorteil bietet. Die Kläger sahen diesen Vorteil nicht mehr. Ihre Begründung stützte sich auf mehrere Pfeiler.

Erstens, der Realitätscheck. Die Brauerei sei nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Produktion sei auf ein Minimum reduziert, der Betrieb habe eher den Charakter einer „Schaubrauerei“ für Touristen. Eine derart geringe Produktionsmenge könne unmöglich einen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Verkaufsverbot auf den Nachbargrundstücken ziehen. Der Zweck der Dienstbarkeit – der Schutz vor Konkurrenz – laufe ins Leere, wenn es kaum noch etwas zu schützen gebe. Der Vorteil sei damit endgültig weggefallen.

Zweitens, die juristische Verknüpfung. Das Verbot im Grundbuch, so die Eigentümer, war nie ein reiner Selbstzweck. Es diente ursprünglich nur als Absicherung für einen Bierliefervertrag. Solche Verträge sind in der Branche üblich, aber oft rechtlich heikel. Die Kläger argumentierten, dieser zugrundeliegende Vertrag sei sittenwidrig nach § 138 BGB oder längst beendet. Fällt die Ursache weg, müsse auch die dingliche Sicherung im Grundbuch fallen. Ein Anspruch auf Löschung sei die logische Konsequenz.

Drittens, formale Fehler und Veränderungen. Im Laufe der Jahre wurden die Grundstücke aufgeteilt. Wohnungen entstanden, eine Tiefgarage wurde gebaut. Die Kläger meinten, dass die Belastung für die neu entstandenen Wohneinheiten durch die Teilung erloschen sein müsse, wie es § 1026 BGB vorsehe. Schließlich könne das Verbot, Bier zu verkaufen, unmöglich eine reine Wohnnutzung betreffen. Für andere Teile des Grundstücks sei die Belastung von Anfang an gar nicht gewollt gewesen.

Wie bewertete das Gericht die Stärke der alten Fessel?

Das Oberlandesgericht Nürnberg teilte die Sicht der Eigentümer nicht. Es bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und zerlegte die Argumente der Kläger Punkt für Punkt. Die Richter stellten klar, dass die Hürden für die Löschung einer einmal wirksam eingetragenen Grunddienstbarkeit hoch sind.

Der zentrale Punkt war die Frage nach dem Vorteil. Das Gericht widersprach der Einschätzung, die Brauerei sei nur noch ein Museumsbetrieb. Die Betreiberin konnte nachweisen, dass sie auf dem Restgrundstück sehr wohl gewerblich und ernsthaft Bier braut – insbesondere spezielle Holzfassbiere. Es gibt ein funktionierendes Sudhaus, Gärbottiche und Lagertanks. Ob die Produktionsmenge riesig ist oder nicht, war für das Gericht zweitrangig. Entscheidend war: Die Anlagen ermöglichen eine sinnvolle gewerbliche Herstellung, die über reine Show-Zwecke hinausgeht. Solange auf dem Grundstück eine Brauerei betrieben wird, hat sie ein objektives Interesse daran, die Konkurrenz in der direkten Nachbarschaft auszuschalten. Ein vorübergehender Umbau oder eine Produktionspause würde daran nichts ändern. Nur der endgültige und unumkehrbare Wegfall der Brauereinutzung hätte die Dienstbarkeit zu Fall gebracht – und den Beweis dafür blieben die Kläger schuldig.

Auch das Argument mit dem gekoppelten Bierliefervertrag verfing nicht. Hier schützt eine der stärksten Mauern des deutschen Rechts die Brauerei: das Abstraktionsprinzip. Dieses Prinzip trennt das schuldrechtliche Geschäft (den Vertrag) strikt vom dinglichen Recht (dem Grundbucheintrag). Selbst wenn der ursprüngliche Biervertrag unwirksam gewesen wäre, berührt das die Gültigkeit der Grunddienstbarkeit nicht automatisch. Die Eintragung im Grundbuch steht für sich. Sie könnte allenfalls einen schuldrechtlichen Anspruch auf Löschung auslösen – doch solche Ansprüche können verjähren. Die dingliche Belastung selbst bleibt davon unberührt bestehen.

Die formalen Einwände scheiterten ebenfalls. Das Gericht fand keine Anhaltspunkte dafür, dass die Belastung jemals räumlich auf die Gaststätte beschränkt war. Das Verbot bezog sich auf die gesamten Grundstücke. Eine spätere Aufteilung in Wohnungseigentum ändert nichts an der Last, die auf dem gesamten Grund und Boden ruht.

Die Richter machten deutlich: Die Kläger hatten die Beweislast. Sie hätten lückenlos nachweisen müssen, dass der Vorteil für das Brauereigrundstück objektiv und für alle Zukunft weggefallen ist. Dieser Nachweis gelang ihnen nicht. Die alte Fessel aus dem Grundbuch, geschmiedet im Jahr 1980, erwies sich als stärker als gedacht. Das Gericht kündigte an, die Berufung als offensichtlich aussichtslos zurückzuweisen.

Die Urteilslogik

Eine einmal im Grundbuch verankerte Grunddienstbarkeit entfaltet eine hohe Bindungswirkung und hält dem Anspruch auf Löschung oft auch Jahrzehnte später stand.

  • Dauerhafte Sicherung gewerblicher Interessen: Eine Grunddienstbarkeit zur Sicherung vor Konkurrenz bleibt bestehen, solange die gewerbliche Nutzung des herrschenden Grundstücks weiterhin ernsthaft verfolgt wird, selbst wenn sich die Produktion signifikant reduziert.
  • Trennschärfe des Abstraktionsprinzips: Die Ungültigkeit oder das Erlöschen des ursprünglich zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrages (Kausalgeschäft) zieht nicht automatisch die Ungültigkeit der dinglichen Eintragung im Grundbuch nach sich.
  • Hohe Beweispflicht für den Wegfall des Vorteils: Derjenige, der die Löschung eines dinglichen Rechts wegen Wegfalls des Vorteils anstrebt, muss lückenlos nachweisen, dass der ursprüngliche Nutzen für das herrschende Grundstück objektiv und unumkehrbar entfallen ist.

Der dauerhafte Bestand eingetragener dinglicher Rechte schützt das Vertrauen in die Rechtssicherheit des Grundbuchs über den Wandel der gewerblichen Realität hinweg.


Experten Kommentar

Viele Eigentümer unterschätzen, wie zäh und langlebig Verbote im Grundbuch sind, selbst wenn sich die Welt um sie herum verändert. Solange auf dem herrschenden Grundstück noch irgendein gewerblicher Nutzen aus dem Verbot gezogen werden kann – und sei die Produktion noch so klein – bleibt der Wettbewerbsschutz als „Vorteil“ im Sinne des BGB erhalten. Entscheidend ist hier die Konsequenz, mit der das Gericht das Abstraktionsprinzip anwendet: Die dingliche Belastung im Grundbuch steht völlig separat vom zugrundeliegenden Bierliefervertrag. Wer meint, ein jahrzehntealtes Verkaufsverbot sei automatisch weggefallen, nur weil die ursprüngliche vertragliche Basis fehlt, wird hier hart ausgebremst.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie lange ist ein Verkaufsverbot, das im Grundbuch eingetragen ist, gültig?

Eine im Grundbuch als Grunddienstbarkeit eingetragene Last besitzt grundsätzlich keine automatische zeitliche Begrenzung. Sie ist ein dingliches Recht und damit potenziell ewig gültig, selbst wenn Sie das belastete Grundstück erst vor kurzem erworben haben. Das Verkaufsverbot erlischt erst dann, wenn der ihm zugrunde liegende objektive Vorteil für das begünstigte, herrschende Grundstück endgültig und unumkehrbar wegfällt.

Dieses dingliche Recht ist im deutschen Recht unbefristet und unterliegt keiner Verjährung. Die Gültigkeit hängt ausschließlich vom sogenannten Vorteilserfordernis gemäß § 1019 BGB ab. Die Dienstbarkeit schützt den Eigentümer des herrschenden Grundstücks (beispielsweise eine Brauerei) effektiv vor direkter Konkurrenz in der Nachbarschaft. Solange die Brauerei diesen Schutz objektiv benötigt und auf ihrem Restgrundstück gewerblich aktiv ist, bleibt das Verbot bestehen, auch wenn die Produktionsmenge über Jahrzehnte stark zurückging.

Warten Sie keinesfalls darauf, dass der ursprüngliche Liefervertrag, der das Verbot einst absicherte, automatisch ungültig wird. Das deutsche Abstraktionsprinzip trennt das dingliche Recht im Grundbuch strikt vom zugrundeliegenden schuldrechtlichen Vertrag. Selbst wenn der Vertrag verjährt, unwirksam oder beendet ist, berührt das die Gültigkeit der dinglichen Belastung nicht. Nur der Nachweis der endgültigen Einstellung der ursprünglichen gewerblichen Nutzung bringt das Verbot zu Fall.

Fordern Sie umgehend einen aktuellen Grundbuchauszug des herrschenden Grundstücks an, um zu prüfen, ob dort überhaupt noch eine aktive gewerbliche Nutzung eingetragen und ausgeübt wird.


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Wann kann ich eine Grunddienstbarkeit wie ein Verkaufsverbot löschen lassen?

Die Löschung einer im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeit wie ein Verkaufsverbot ist nur möglich, wenn der zugrundeliegende objektive Vorteil für das herrschende Grundstück gemäß § 1019 BGB endgültig und unumkehrbar weggefallen ist. Ein vorübergehender Produktionsrückgang, eine längere Pause oder der Wechsel zu einer Spezialproduktion reichen dafür nicht aus. Sie müssen beweisen, dass der ursprüngliche Zweck der Dienstbarkeit – wie etwa der Konkurrenzschutz – objektiv hinfällig geworden ist.

Dieser juristische Hebel setzt beim Wegfall des Vorteilserfordernisses an. Gerichte betrachten dabei nicht die aktuelle Größe oder den finanziellen Umfang des Betriebs auf dem begünstigten Grundstück. Entscheidend ist vielmehr die Möglichkeit der sinnvollen gewerblichen Herstellung, die über reine Show- oder Museums-Zwecke hinausgeht. Solange das Restgrundstück noch die Fähigkeit besitzt, die ursprüngliche Tätigkeit gewerblich zu betreiben, besteht ein objektives Interesse am Konkurrenzschutz.

Nehmen wir an, auf dem herrschenden Grundstück ist nur noch ein kleines Sudhaus mit Gärtbottichen für Spezialitätenbiere in Betrieb. Solange diese Anlagen eine gewerbliche Nutzung zulassen, halten die Gerichte an der Gültigkeit der Dienstbarkeit fest. Nur der endgültige Wegfall der Betriebsfähigkeit – etwa durch Abriss wichtiger Produktionsanlagen oder eine irreversible Umnutzung der Fläche – kann die Last zu Fall bringen.

Recherchieren Sie detailliert die aktuellen gewerblichen Aktivitäten auf dem herrschenden Grundstück und dokumentieren Sie, ob dort noch Maschinen oder Produktionsanlagen existieren, die eine gewerbliche Nutzung ermöglichen würden.


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Wie kann ich vor Gericht beweisen, dass der Vorteil einer Grunddienstbarkeit entfallen ist?

Der Nachweis, dass der objektive Vorteil einer Grunddienstbarkeit entfallen ist, stellt eine extrem hohe Beweislast dar. Sie müssen lückenlos belegen, dass die ursprüngliche gewerbliche Nutzung des herrschenden Grundstücks für alle Zukunft unmöglich geworden ist. Indizien wie eine geringe Produktionsmenge, ein altersschwacher Betrieb oder temporäre Produktionspausen reichen dafür in der Regel nicht aus, um das Gericht zu überzeugen.

Gerichte fordern konkrete Beweise für die Irreversibilität des Vorteilsverlustes. Die Rechtsprechung verlangt, dass der Vorteil nicht nur vorübergehend ruht, sondern endgültig und unumkehrbar weggefallen ist. Dies gelingt oft nur durch den Nachweis baulicher Maßnahmen, die eine Wiederaufnahme der gewerblichen Nutzung ausschließen. Dafür geeignet sind beispielsweise der Abriss des Sudhauses oder die dauerhafte Umnutzung der Produktionsflächen in reine Büros oder Wohnungen. Entscheidend ist, dass das begünstigte Grundstück seine Betriebsfähigkeit verloren hat.

Die Kläger müssen lückenlos darlegen, dass die verbliebenen Anlagen keine ernsthafte gewerbliche Nutzung mehr zulassen, die über rein touristische oder museale Zwecke hinausgeht. In einem Fall, in dem eine Brauerei ihr Grundstück schützen wollte, reichte es aus, dass die Anlagen weiterhin eine sinnvolle gewerbliche Herstellung (wie Spezialitätenbiere) ermöglichten. Das Gericht sah die Möglichkeit der gewerblichen Nutzung als maßgeblich an, nicht die aktuell geringe Produktionsmenge.

Beantragen Sie frühzeitig ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren, um den baulichen Zustand und die tatsächliche Nutzung der Produktionsanlagen durch einen neutralen Sachverständigen festhalten zu lassen.


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Was passiert mit der Grunddienstbarkeit, wenn der ursprüngliche zugrundeliegende Vertrag verjährt ist?

Die Verjährung oder Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Vertrags hat keine automatische Auswirkung auf die Grunddienstbarkeit. Hier schützt eine der stärksten Mauern des deutschen Rechts das eingetragene Recht: das Abstraktionsprinzip. Dieses Prinzip trennt das schuldrechtliche Geschäft (den Vertrag) strikt vom dinglichen Recht im Grundbuch (der Grunddienstbarkeit).

Die Grunddienstbarkeit entsteht rechtswirksam durch die notarielle Einigung und die Eintragung im Grundbuch. Ihre Gültigkeit hängt nicht davon ab, ob das Kausalgeschäft – also der ursprüngliche Liefervertrag, der die Belastung begründete – weiterhin besteht. Selbst wenn der Bierliefervertrag wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, beendet oder längst verjährt wäre, bleibt das dingliche Recht im Grundbuch grundsätzlich gültig. Die juristische Wirksamkeit der Grunddienstbarkeit steht auf einer eigenen, unabhängigen Rechtsebene.

Diese strikte Trennung kann zu einer erheblichen „Verjährungsfalle“ führen. Zwar kann die Unwirksamkeit des Ursprungsvertrages einen schuldrechtlichen Anspruch auf Löschung der Grunddienstbarkeit auslösen. Im Gegensatz zur dinglichen Last selbst, die nicht verjährt, unterliegen diese schuldrechtlichen Ansprüche jedoch den allgemeinen Verjährungsfristen, oft drei Jahre. Ist dieser Anspruch verjährt, verlieren Eigentümer einen wichtigen juristischen Hebel, selbst wenn der ursprüngliche Vertrag schon lange keinen Bestand mehr hat.

Prüfen Sie dringend die Verjährungsfristen für alle schuldrechtlichen Ansprüche, die sich aus dem Ursprungsvertrag ergeben, da diese Ihren Handlungsspielraum schnell einschränken können.


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Erlischt eine Grunddienstbarkeit automatisch, wenn das belastete Grundstück geteilt oder anders genutzt wird?

Nein, die Belastung erlischt nicht automatisch durch eine Teilung des Grundstücks oder eine Nutzungsänderung. Eine Grunddienstbarkeit ist ein Dingliches Recht, das primär am Grund und Boden selbst haftet. Hat sich das Verbot ursprünglich auf das gesamte Areal bezogen, bleibt die Last auf jeder neu geschaffenen Parzelle oder jedem Wohnungseigentum bestehen. Eine spätere Aufteilung in Wohnungseigentum ändert nichts an dieser Last, die weiterhin auf dem gesamten Grund und Boden ruht.

Die Regel: Wenn eine Dienstbarkeit einmal wirksam auf dem gesamten Grundstück eingetragen wurde, ist sie von späteren baulichen oder eigentumsrechtlichen Veränderungen unabhängig. Gerichte suchen in solchen Fällen sorgfältig nach Anhaltspunkten in der ursprünglichen Eintragungsbewilligung. Finden sie dort keine explizite räumliche Beschränkung auf einen kleineren Teil des Areals, gilt das Verbot weiterhin für die gesamte Fläche. Eine spätere Aufteilung des Grundstücks hat daher keinen automatischen Löschungseffekt.

Konkret: Wurde ein ehemals industriell genutztes Grundstück in mehrere Wohneinheiten umgewandelt und eine Tiefgarage gebaut, argumentieren neue Eigentümer häufig, das Verbot könne unmöglich die reine Wohnnutzung betreffen. Dies ist irrelevant, weil die Last auf dem Grund und Boden verbleibt – unabhängig davon, welche Art von Bebauung oder Nutzung dort stattfindet. Das Verbot bleibt auch für die neu entstandenen Einheiten wirksam, solange es ursprünglich das gesamte Areal erfasste.

Prüfen Sie unbedingt die ursprüngliche Eintragungsbewilligung im Grundbuch, um festzustellen, ob die Dienstbarkeit explizit auf bestimmte Gebäude oder Nutzungsarten beschränkt war.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Abstraktionsprinzip

Das Abstraktionsprinzip ist eine fundamentale Säule des deutschen Zivilrechts, die das Verpflichtungsgeschäft (wie einen Kauf- oder Liefervertrag) streng vom dinglichen Verfügungsgeschäft (der eigentlichen Rechtsübertragung oder Belastung) trennt. Dieses Prinzip sorgt für enorme Rechtssicherheit, da die Gültigkeit der dinglichen Übertragung (im Grundbuch) nicht automatisch von Fehlern im zugrundeliegenden Vertrag beeinflusst wird.
Beispiel: Selbst wenn der ursprüngliche Bierliefervertrag als schuldrechtliches Geschäft unwirksam oder verjährt wäre, blieb die dingliche Eintragung der Grunddienstbarkeit im Grundbuch durch das Abstraktionsprinzip unberührt bestehen.

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Beweislast

Die Beweislast bestimmt im Zivilprozess, welche Partei die Tatsachen beweisen muss, die ihr für den Erfolg ihrer Klage günstig sind. Wer vor Gericht einen Anspruch geltend macht oder ein bestehendes Recht kippen will, trägt die Pflicht, die dafür notwendigen Fakten lückenlos und überzeugend nachzuweisen, um dem Gericht eine Entscheidungsgrundlage zu geben.
Beispiel: Die Eigentümer der Gaststätte trugen die gesamte Beweislast dafür, dass der objektive Vorteil für das Brauereigrundstück endgültig und unumkehrbar weggefallen war.

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Dingliches Recht

Ein Dingliches Recht beschreibt juristische Rechte, die unmittelbar an einer Sache selbst (meist einem Grundstück) haften und daher in das Grundbuch eingetragen werden. Diese Rechte sind absolut und wirken gegenüber jedermann (erga omnes), wodurch sie dauerhafte Stabilität und Klarheit über Eigentumsverhältnisse und Belastungen schaffen, unabhängig davon, wer gerade der Eigentümer ist.
Beispiel: Die Grunddienstbarkeit in Form des Verkaufsverbots war ein dingliches Recht, das fest auf dem belasteten Grundstück lastete und nicht automatisch erlosch, nur weil neue Wohnungseigentümer einzogen.

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Grunddienstbarkeit

Juristen nennen eine Grunddienstbarkeit eine im Grundbuch eingetragene Belastung eines Grundstücks („dienendes Grundstück„), die einem anderen Grundstück („herrschendes Grundstück“) einen objektiven Vorteil verschafft. Solche Dienstbarkeiten dienen der effizienteren Nutzung von Grundstücken, indem sie beispielsweise Bauverbote, Wegerechte oder, wie in diesem Fall, Konkurrenzverbote für die Ewigkeit rechtlich absichern.
Beispiel: Als Grunddienstbarkeit war das umfassende Verbot, Bier auf den Nachbargrundstücken zu verkaufen, wirksam im Grundbuch der Gaststätte eingetragen, um die Brauerei vor direkter Konkurrenz zu schützen.

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Vorteilserfordernis

Das Vorteilserfordernis nach § 1019 BGB stellt die zwingende Voraussetzung dar, dass eine Grunddienstbarkeit dem herrschenden Grundstück einen sinnvollen, objektiven Nutzen bringen muss, um rechtlich Bestand zu haben. Das Gesetz will verhindern, dass Grundstücke willkürlich belastet werden, weshalb die Belastung einem echten und nachweisbaren wirtschaftlichen Zweck des begünstigten Grundstücks dienen muss.
Beispiel: Die Kläger argumentierten, dass das Vorteilserfordernis entfallen sei, weil die Brauerei ihre Produktion stark reduziert hatte und der Konkurrenzschutz keinen wirtschaftlichen Nutzen mehr bot.

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Das vorliegende Urteil


OLG Nürnberg – Az.: 3 U 2360/24

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. November 2024, Az. 14 O 4685/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.


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