KG Berlin – Az.: 22 U 86/17 – Urteil vom 10.01.2019
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13. März 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 11. des Landgerichts Berlin – 11 O 214/16 – teilweise geändert:
Die Klage wird auch im Übrigen abgewiesen.
Auf die Widerklage wird ferner festgestellt, dass
1. die Beklagten berechtigt sind,
a) die auf dem im Grundbuch des Amtsgerichts … von Berlin … zu Blatt 13563 belegene Ausübungsfläche der in Abteilung III zur lfd. Nr. 4 des vorgenannten Grundbuchs eingetragenen Grunddienstbarkeit unter Ausschluss des Klägers zum Begehen, Stehen sowie Befahren und Beparken und unter Befestigung der Geh-, Steh-, Fahr- und Parkspuren zu benutzen,
b) sich zur Be- und Entwässerung des Flurstücks 1101 im Flur 2 der Gemarkung … an den auf dem Flurstück 1100 im Flur 2 der Gemarkung … belegenen Abwasserschacht auf eigene Kosten unentgeltlich anzuschließen,
2. der Kläger alle jeweils mit einer fachgerechten Wiederherstellung der bodenseitigen Pflasterung der Ausübungsfläche und des geöffneten Zaunfelds sowie einer Aufstellung der Torflügel des unmittelbar an der Grenze des dienenden Grundstücks zur öffentlichen …straße hin belegenen Tors nebst Wiederanschluss der elektrischen Beleuchtung der Hausnummer sowie der elektrischen Klingel- und Gegensprechanlage verbundenen Kosten zu tragen hat.
Die Anschlussberufung des Klägers gegen das am 13. März 2017 verkündete Urteil der Zivilkammer 11. des Landgerichts Berlin – 11 O 214/16 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
(Von der Möglichkeit, auf die Darstellung des Sachverhaltes gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO zu verzichten, wird im Interesse der Klarstellung des Sachverhalts abgesehen.)
Der Kläger erwarb mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 27. Juli 2009 von den Voreigentümern des Grundstücks …straße 20 (jetzt 20 und 20A) die vordere Teilfläche (Hausnr. 20), die Beklagten mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom gleichen Tag die hintere Teilfläche (Hausnr. 20A). Zugunsten des Hinterliegergrundstücks sollte eine Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahr-, Leitungsrecht) für einen 3 m breiten, von der Straße aus gesehen links gelegenen Grundstücksstreifen bestellt werden. Auf der Grenze dieses Grundstücksstreifens zu dem übrigen Grundstück des Klägers durfte von den Beklagten eine Zaunanlage errichtet werden.
In dem mit dem Kläger als Käufer geschlossenen notariellen Grundstückskaufvertrag ist hierzu vereinbart (Anm.: inhaltliche Hervorhebungen durch Fettdruck sind zur Verdeutlichung hinzugefügt):
§ 4
…
Auf dem Kaufgrundstück befindet sich ein Entwässerungsschacht an den sich der Eigentümer des hinteren Grundstücks anschließen kann. Kosten dürfen dem Käufer dadurch nicht entstehen.
…
Die Verkäufer und der Käufer bewilligen und beantragen zugunsten der nicht verkauften Teilfläche (A-B-C-D-E-F-A) und zu Lasten des Kaufgrundstückes die Eintragung eines unentgeltlichen Geh-, Fahr- und Leitungsrechts in einer Breite von 3 m gemäß beigefügtem Lageplan (Anlage 1), die mit den Buchstaben A-B-H-I-A umschrieben ist.
Die Kosten für die Herstellung, Instandhaltung, Verkehrssicherungspflicht und Pflege des Weges tragen die Käufer des hinteren Grundstückes.
§ 5
…
Bezüglich der Zaunanlagen, die zur Abgrenzung des Kaufgrundstückes und des vorderen Teilgrundstückes auch zu den Nachbarn hin erforderlich sind, wird folgende Regelung getroffen, die die Verkäufer mit den Erwerbern des hinteren Grundstückes gleichermaßen vereinbaren werden:
…
Die straßenseitige Zaunanlage auf der Linie H-G (Anlage 1) bezahlt der Käufer, die straßenseitige Zaunanlage (Tor) auf der Linie I-H (Anlage 1) bezahlen die Käufer des hinteren Grundstückes. Die Beauftragung zur Errichtung der Zaunanlage auf der Linie I-H-G (Anlage 1) kann nur gemeinschaftlich von dem Käufer und den Erwerbern des hinteren Grundstückes erfolgen.
Auf der Linie H-B (Anlage 1) können die Käufer des hinteren Teilgrundstücks auf ihre Kosten eine Zaunanlage von maximal 1 m Höhe errichten.
Dem jeweiligen Eigentümer des hinteren Grundstücks ist gestattet, auf der Fläche H-B-A-I-H (Anlage 1) Pkws zu parken. Der Käufer stimmt zu.
Korrespondierend heißt es in dem mit den Beklagten als Käufern geschlossenen notariellen Grundstückskaufvertrag (Anm.: inhaltliche Hervorhebungen durch Fettdruck sind zur Verdeutlichung hinzugefügt):
§ 4
…
Auf dem Gesamtgrundstück befindet sich ein Entwässerungsschacht an den das Gebäude des hinteren Grundstücks angeschlossen werden kann. Kosten dürfen dem Eigentümer des vorderen Grundstücks nicht entstehen.
…
Die Verkäufer und die Käufer bewilligen und beantragen zu Lasten der nicht verkauften Teilfläche, die in dem beigefügten Lageplan mit A-B-C-G-H-I-A bezeichnet ist und zugunsten des Kaufgrundstückes die Eintragung eines unentgeltlichen Geh-, Fahr- und Leitungsrechts in einer Breite von 3 m gemäß beigefügtem Lageplan (Anlage 1), die mit den Buchstaben A-B-H-I-A umschrieben ist.
Die Kosten für die Herstellung, Instandhaltung, Verkehrssicherungspflicht und Pflege des Weges tragen die Käufer.
§ 5
…
Die Beauftragung zur Errichtung der Zaunanlage auf der Linie I-H-G (Anlage 1) erfolgt von den Käufern und von dem Erwerber des Vordergrundstückes gemeinschaftlich.
…
Auf der Linie H-B (Anlage 1) können die Käufer auf ihre Kosten eine Zaunanlage von maximal 1 m Höhe errichten.
Dem jeweiligen Eigentümer des Kaufgrundstücks ist gestattet, auf der Fläche H-B-A-I-H (Anlage 1) Pkws zu parken. Dem soll der Erwerber des vorderen Grundstücks zustimmen.
Die Anlage 1 der Grundstückskaufverträge hat jeweils folgenden Inhalt:
Im Grundbuch von … Blatt 13563 (Grundstück des Klägers) wurde die Grunddienstbarkeit wie folgt eingetragen:
Grunddienstbarkeit (Geh-, Fahr- und Leitungsrecht) für die jeweiligen Eigentümer von … Blatt 13 683, lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses. Rang vor Abt III Nr. 1. Gemäß Bewilligung vom 30.09.2009 (UR-Nr. 324/2009, Notar Peter G. G … in Berlin) eingetragen am 14.10.2009.
Der Kläger ließ das vorhandene Wohnhaus um einen Anbau erweitern, so dass sich folgende Situation ergab:
Die Beklagten wollten nach Beendigung der Bauarbeiten auf den beiden Grundstücken einen Zaun auf der Grenze B-H errichten. Der Kläger wollte dem nur zustimmen, wenn mehrere Tore eingebaut würden, weil ihm nun durch den Zaun – wegen des zwischenzeitlich errichteten Anbaus – der direkte Zugang zu seinem Garten versperrt wäre.
Mit am 1. Juli 2015 verkündeten, rechtskräftigen Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin – 9 O 479/14 – wurde der Kläger verurteilt, die Errichtung der Zaunanlage zu dulden. Die Berufung des Klägers wies der 27. Zivilsenat des Kammergerichts mit Beschluss vom 24. März 2016 – 27 U 99/15 – zurück.
Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 11. März 2016 die Nutzungsrechte der Beklagten und begehrt die Feststellung, dass verschiedene Nutzungsrechte, u.a. das zur Errichtung der Zaunanlage, erloschen seien, sowie die Entfernung des Zauns, hilfsweise den Einbau zweier Tore in den Zaun. Die Beklagten begehren widerklagend die Feststellung zum fortbestehenden Inhalt der Grunddienstbarkeit sowie Duldung und verschiedene Unterlassungen, ferner die Herausgabe der zwei Torflügel des von ihnen errichteten Tores und die Feststellung, zu bestimmten weiteren Nutzungen berechtigt zu sein.
Wegen des Parteivorbringens erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, wobei ergänzend angemerkt wird, dass der dort aufgeführte Hilfsantrag des Klägers von dem ausweislich des Sitzungsprotokolls in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag aus der Klageschrift abweicht (Bl. 2, 71 d.A.). Der Tenor zu 1. des angefochtenen Urteils entspricht keiner der Formulierungen und weicht auch inhaltlich ab.
Das Landgericht hat durch am 13. März 2017 verkündetes Urteil der Klage zum Hilfsantrag – wenn auch ohne inhaltliche Entsprechung zu dem gestellten Antrag – stattgegeben, die Klage im Übrigen aber abgewiesen. Der Widerklage hat es zur Duldung und den Unterlassungen sowie der Herausgabe stattgegeben, die Widerklage im Übrigen jedoch abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das ihnen am 28. März 2017 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 20. April 2017 Berufung eingelegt und diese am 29. Mai 2017, einem Montag, begründet.
Der Kläger hat mit am 11. September 2017 eingegangenen Schriftsatz vom 6. September 2017 innerhalb der bis zum 13. September 2017 gesetzten Berufungserwiderungsfrist Anschlussberufung eingelegt und diese begründet.
Die Beklagten machen sinngemäß geltend, der Hilfsantrag des Klägers sei unzulässig. Die Rechtskraft des Urteils vom 1. Juli 2015 stünde jedenfalls entgegen. Der Antrag sei auch unbegründet, denn es bestünde aus § 1020 BGB kein Leistungsanspruch. Schonende Ausübung bedeute nicht den Verzicht auf das Recht. Zumindest dürften die Tore nicht auf die Fläche des Wegerechts öffnen. Die Errichtung des vorderen Tores sei ferner wegen des Abwasserschachtes unmöglich.
Ihre Feststellungsanträge zu 1., 4. und 5. der Widerklage (Anmerkung: auch im Folgenden entsprechend der Nummerierung des Tatbestandes des angefochtenen Urteils aufgeführt) seien zu Unrecht abgewiesen worden. Mit dem Widerklageantrag zu 1. hätten sie Klarstellung betreffend des von dem Kläger behaupteten Mitbenutzungsrechts begehrt. Mangels konkreter Beeinträchtigung sei die Duldungsklage nicht vorrangig. Dem stünde auch der Duldungs- bzw. Unterlassungsantrag zu 2. der Widerklage nicht entgegen, weil ihm konkrete Beeinträchtigungen mit Wiederholungsgefahr zu Grunde lägen. Dies gälte auch für den Widerklageantrag zu 4. Der Feststellungsantrag zu 5. der Widerklage sei rechtsfehlerhaft als unzulässig abgewiesen worden, weil sie nicht davon ausgehen könnten, dass der Kläger in Zukunft im Eigentum der Beklagten stehende Anlagen auf der Ausübungsfläche nicht wieder zerstören würde. Das Feststellungsbegehren vermeide zukünftige Streitigkeiten und sei prozessökonomisch. Ein Vorschussanspruch gegen den Kläger bestehe nicht, weshalb sie darauf nicht verwiesen werden könnten.
Hinsichtlich der Klageerweiterung bzw. -änderung verweisen sie u.a. darauf, dass der Kläger die Ausübungsfläche rechtswidrig betreten habe und den bestehenden Anschluss an den Abwasserschacht in Abrede stelle.
Die Beklagten beantragen,
1. das Urteil zum Aktenzeichen 11 0 214/16 des Landgerichts Berlin zu Ziffer 1. aufzuheben und die Klage abzuweisen sowie
2. unter Abänderung des Urteils zum Aktenzeichen 11 0 214/16 des Landgerichts Berlin zu Ziffer 5. festzustellen, dass
a) die Beklagten und Widerkläger berechtigt sind, die auf dem im Grundbuch des Amtsgerichts … von Berlin … zu Blatt 13563 belegene Ausübungsfläche der in Abteilung III zur lfd. Nr. 4 des vorgenannten Grundbuchs eingetragenen Grunddienstbarkeit unter Ausschluss des Klägers zum Begehen, Stehen sowie Befahren und Beparken und unter Befestigung der Geh-, Steh-, Fahr- und Parkspuren zu benutzen,
hilfsweise den Kläger zu verurteilen, bei Vermeidung eines für jeden schuldhaften Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten -im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren – jedes Betreten der Ausübungsfläche zu unterlassen,
b) die Beklagten und Widerkläger berechtigt sind, sich zur Be- und Entwässerung des Flurstücks 1101 im Flur 2 der Gemarkung … an den auf dem Flurstück 1100 im Flur 2 der Gemarkung … belegenen Abwasserschacht auf eigene Kosten unentgeltlich anzuschließen,
hilfsweise den Kläger zu verurteilen, einen Anschluss der Beklagten und Widerkläger an den auf dem Flurstück 1100 im Flur 2 der Gemarkung … belegenen Abwasserschacht zur Be- und Entwässerung des Flurstücks 1101 im Flur 2 der Gemarkung … unentgeltlich zu dulden,
c) der Kläger alle jeweils mit einer fachgerechten Wiederherstellung der bodenseitigen Pflasterung der Ausübungsfläche und des geöffneten Zaunfelds sowie einer Aufstellung der Torflügel des unmittelbar an der Grenze des dienenden Grundstücks zur öffentlichen … straße hin belegenen Tors nebst Wiederanschluss der elektrischen Beleuchtung der Hausnummer sowie der elektrischen Klingel- und Gegensprechanlage verbundenen Kosten zu tragen hat.
3. die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
1. klageerweiternd und unter Abänderung des Urteils des Landgerichtes Berlin zum Aktenzeichen 11 0 214/16 (Klageerweiterung des Klageantrages zu 1 der Klageschrift vom 04.07.2016) die Beklagten zu verurteilen,
a. die Zaunanlage auf der Linie H-B des hinteren Teilgrundstückes in 1 m Höhe – § 5 Absatz 5 (mit Anlage 1) des Kaufvertrages vom 27.07. 2009 – Anlage K 1.- zu entfernen,
b. das Parken auf der Fläche H-B-A-I-H – § 5 Absatz 6 (mit Anlage 1 des Kaufvertrages vom 27. Juli 2009 – Anlage K 1 – zu unterlassen,
c. die Bodenversiegelung – Fahrspur – zu entfernen – Umfang wie Planskizze K 5 (Bodenversiegelung blau markiert);
2. hilfsweise festzustellen, dass durch die Kündigung des Klägers vom 11.03.2016, die Nutzungsrechte der Beklagten aus dem Kaufvertrag vom 27. Juli 2009 zur Urkundenrolle Nummer 210/2009 des Notars Peter G. G… – Anlage K 1:
a.a. Auf der Linie H-B können die Käufer des hinteren Teilgrundstückes auf ihre Kosten eine Zaunanlage von maximal 1 m Höhe errichten – § 5 Absatz 5 (mit Anlage 1) des Kaufvertrages vom 27. Juli 2009 – Anlage K 1,
a.b. Dem jeweiligen Eigentümer des hinteren Grundstückes ist es gestattet, auf der Fläche H-B-A-I-H Pkws zu parken – § 5 Absatz 6 (mit Anlage 1) des Kaufvertrages vom 27. Juli 2009 – Anlage K 1,
a.c. Ausbau des Weges über das Notwendige hinaus, dass für den Zugang nach der Bauordnung vorgeschrieben ist,
erloschen sind;
3. hilfsweise für den Fall, dass das erkennende Gericht/Berufungsgericht eine wirksame Kündigung der Nutzungen – Anträge 1./2. nicht feststellt, den Kläger zu verpflichten,
auf Kosten des Klägers 2 Tore in dem streitbefangenen Zaun – Linie H-B – einzubauen, und zwar wie auf der Planskizze – Anlage K 2 – rot markiert in dem dort maßstabsgetreu eingetragenen und kommentierten Umfang – vorderes Tor 1 Meter Breite, hinteres Tor 3 m Breite -.
4. Die Anträge des Berufungsbeklagten aus der Berufungsschrift vom 29.5.2017 abzuweisen und zwar:
a. bezüglich der Ziffer 1., der 2. a,
b. der Antrag Ziffer 2.c nur wegen der fachgerechten Wiederherstellung der bodenseitigen Pflasterung,
c. der Antrag Ziffer 2.b. nur Zug um Zug gegen das Unterlassen von Einleitung von Entwässerungswasser, die nicht auf dem Flurstück der Berufungskläger, Flurstück 1101 im Flur 2 entstanden sind, stattzugeben.
Der Kläger macht u.a. sinngemäß geltend, die Widerklage habe sich hinsichtlich der Schäden erledigt, weil er zwischenzeitlich den Auftrag gegeben habe, die Schäden (Anmerkung: Nr. 2 des [widerrufenen] Vergleichs [Instandsetzung des Tores zur Straße, des Pflasters auf dem Weg sowie des Zaunes an der Grenze des Weges zum übrigen Grundstück des Klägers nach Entfernung der installierten Tore]) zu beheben.
Seinen Feststellungsantrag zu 1. halte er als Hilfsantrag aufrecht und stelle nunmehr insoweit einen Hauptantrag auf Leistung. Seine Kündigung des Nutzungsverhältnisses mit Schreiben vom 11. März 2016 sei wirksam und habe dieses beendet. Dass er bereits während des Vorprozesses die Kündigung hätte erklären können, schließe die Berücksichtigung wegen des dort erlassenen rechtskräftigen Urteils nicht aus. Das Nutzungsverhältnis sei anders als die Grunddienstbarkeit kündbar. Er habe Eigenbedarf und ihm sei nicht vorzuwerfen, dass er durch seine eigenen nachträglichen errichteten Baulichkeiten einen direkten Zugang zu seinem Garten versperrt habe.
Dies gälte auch für das Parken und Versiegeln der Fahrspuren durch Platten. Dies widerspreche entgegen der Meinung des Landgerichts der schonenden Ausübung nach § 1020 BGB.
Die Beklagten seien nicht berechtigt, das Abwasser eines weiteren Nachbarn in den Abwasserschacht einleiten zu lassen. Dies sei vertragswidrig, weshalb die entsprechende Nutzung der Beklagten nur zu gestatten sei, wenn sichergestellt sei, dass von weiteren Grundstücken kein Abwasser eingeleitet werde.
Sein Hilfsantrag (Anmerkung: Urteilstenor zu 1.) sei – entgegen der Ansicht der Beklagten – durch die Anlage K2 bestimmt; dies sei vollstreckungsfähig. Der Abwasserschacht (Foto Anlage K8) stünde dem Einbau des Tores auch nicht entgegen.
Die Beklagten erwidern:
Der Kläger habe die Schäden nicht beseitigen lassen. Lediglich die Torflügel seien wieder eingehängt worden. Eine Beauftragung zur Instandsetzung werde mit Nichtwissen bestritten.
Dem Kläger sei eine Kündigung des Vertrages zu Gunsten Dritter nicht möglich, sondern allenfalls dem Verkäufer. Eine Kündigung könne auch nicht nur für beliebig von dem Kläger ausgewählte Teile des Nutzungsrechts erklärt werden.
Das Nutzungsverhältnis sei zudem erkennbar einheitlich und dauerhaft vereinbart, so dass eine Kündigung ohnehin ausscheide.
Ein von dem Kläger selbst geschaffener Eigenbedarf begründe keinen Grund zur fristlosen Kündigung. Eine angeblich veränderte Geschäftsgrundlage falle daher in den Risikobereich des Klägers. Eine vereinbarungsgemäße Durchsetzung des Nutzungsrechts könne keine Schikane begründen.
Hinsichtlich der Abwassereinleitung bestünde eine mündliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und den Eigentümern des Nachbargrundstücks …straße 22A. Der Kläger dulde diese seit Mitte 2011 ohne Beanstandungen und habe eine fortwährende Zustimmung u.a. mit Schreiben vom 27. Juli 2014 (Anl. B13: „… Ansonsten stehen auch alle … getroffenen Zugeständnisse zur Disposition. … Nutzung meines Grundstücks zur Ableitung von Abwasser Dritter“) bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls Bezug genommen.
Die Akte des Landgerichts Berlin – 9 O 479/14 – (= Kammergericht 27 U 99/15) hat vorgelegen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, die zulässige Anschlussberufung des Klägers dagegen unbegründet.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagten der von dem Landgericht zuerkannte Anspruch – der von dem unzulässigen (mangelnde Bestimmtheit) gestellten Hilfsantrag (unzulässiger In-Sich-Prozess) unter Verstoß gegen §§ 253 Abs. 2 Nr. 2, 308 ZPO nicht gedeckt war – auf Einbau von zwei Toren in den Zaun, der die Wegerechtsfläche von dem übrigen Grundstück des Klägers trennt, ganz zweifelsfrei nicht zu. Die Entscheidung des Landgerichts beruht vielmehr auf einem – offenbar durch den 27. Zivilsenat des Kammergerichts hervorgerufenen – tiefgreifenden Missverständnis geltenden Rechts, des Inhaltes und der Bedeutung vertraglicher Vereinbarungen, des Umfangs rechtskräftiger Entscheidungen und wirtschaftlicher Zusammenhänge.
a) § 1020 S. 1 BGB sieht zwar – wie das Landgericht im Ansatz noch zutreffend erkannt hat – vor, dass der Berechtigte – hier die Beklagten – bei der Ausübung der Grunddienstbarkeit die Interessen des Eigentümers zu schonen hat. Das rechtfertigt aber schon dem Wortlaut nach die teilweise oder gar die vollständige Entrechtung des Berechtigten nicht. Er muss weder ganz noch in Teilen auf die Ausübung verzichten oder die – nicht vereinbarte – Mitnutzung dulden. Erst recht lässt sich mit dieser eher abseitigen Herleitung und einer nachträglichen, letztlich willkürlichen „Abwägung“ das Unterlaufen des vertraglich (dreiseitig) vereinbarten Inhaltes nicht ansatzweise erklären. Zumal dabei übersehen wird, dass die Ausgestaltung des Wegerechts bei der jeweiligen Kaufpreisaushandlung Einfluss gehabt haben muss und nun – zudem unter Ausschaltung der dritten Vertragspartei, des Verkäufers – das Grundstück der Beklagten entwertet und das des Klägers aufgewertet würde, was wirtschaftlich inakzeptabel ist und die Privatautonomie unterläuft.
b) Leider ist – wie auch vorliegend – immer wieder zu beobachten, dass trotz klarer schriftlicher oder – wie hier – sogar mit notarieller Beratung fixierter Vereinbarungen versucht wird, der anderen Vertragspartei eine „Nachverhandlung“ aufzuzwingen und das Ergebnis einseitig zu diktieren, weil eine der Parteien der Vertragsschluss reut oder – wie hier – sie zwischenzeitlich ohne Rücksicht auf die andere Partei Entscheidungen getroffen, die dem Inhalt nicht Rechnung tragen, und sie nun andere, zusätzliche Interessen geschaffen hat, und deshalb etwas erhalten möchte, das sie zu verhandeln nicht im Stande war oder „vergessen“ hatte. Es ist jedoch nicht Aufgabe der Gerichte, die Verhandlungsgewichte nachträglich zu verschieben und anstelle der Parteien eine subjektiv für angemessen empfundene Regelung nachträglich unter Umgehung des Verhandlungserfordernisses zwischen den Parteien zu gestalten und unter Eingriff in deren Verhandlungsposition eine Partei gegen die getroffene Vereinbarung zu einer Anpassung zu zwingen.
c) Bedauerlicherweise hat im Vorprozess der 27. Zivilsenat des Kammergerichts (27 U 99/15) gemeint, der dort zutreffenden Entscheidung erster Instanz (9 O 479/14) ungeachtet der Zurückweisung der Berufung eigene – nicht verbindliche und der Rechtskraftwirkung konträre – Gedanken anfügen und beim Kläger Hoffnungen wecken zu müssen, weshalb dieser erneute überflüssige Rechtsstreit provoziert wurde.
d) Zur Rechtskraft verkennt das Landgericht (im Anschluss an den 27. Zivilsenat), dass eine Einschränkung des Duldungsanspruchs nicht auf einem Zurückbehaltungsrecht beruhen würde, sondern untrennbarer Teil des Inhaltes des Anspruchs wäre, weshalb – dies erkennend – sich zwanglos ergibt, dass damals abschließend über den gesamten Inhalt und nicht nur Teilausschnitte der Duldungspflicht entschieden wurde und vorliegend das kontradiktorische Gegenteil begehrt wird, was unzulässig ist, jedenfalls aber zur Unbegründetheit des Antrages – schon unabhängig von den weiteren hier erfolgenden inhaltlichen Ausführungen zur Richtigkeit der damaligen Entscheidung – führen muss.
e) Die Auslegung des Inhaltes der Grunddienstbarkeit sowie des daneben bestehenden schuldrechtlichen Nutzungsvertrages führt nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§§ 133, 157 BGB) hier zu einem eindeutigen Ergebnis. Danach hat der Kläger schon kein Mitbenutzungsrecht:
(1) Zunächst hätte das Nutzungsrecht der Beklagten bzw. der Eigentümer des Hinterliegergrundstücks als Mitnutzungsrecht gekennzeichnet werden müssen (vgl. Formulierung bei BGH, Urteil vom 4. Dezember 2015 – V ZR 22/15), was zweifellos nicht der Fall ist.
(2) Die Vereinbarung, den Weg zum übrigen Teil des (vorderen) Grundstücks des Klägers bzw. des jeweiligen Eigentümers durch eine Zaunanlage abgrenzen zu dürfen, impliziert den Ausschluss des Klägers. Tore sind dort nach allgemeinem Textverständnis nirgends andeutungsweise inhaltlich verborgen.
(3) Ebenfalls ist das Recht der Beklagten zum Be- bzw. Zuparken des Weges mit Pkw nur dann plausibel, wenn die tatsächlich damit unmögliche Nutzung des Klägers auch rechtlich ausgeschlossen ist.
(4) Ebenso spricht die alleinige Kostentragungspflicht der Beklagten für die Zaunanlage sowie für Herstellung, Instandhaltung, Verkehrssicherungspflicht und Pflege des Weges gegen eine verbleibende Mitnutzung (vgl. BGH, Urteil vom 12.11.2004 – V ZR 42/04 – [B.II.2.d)cc)-dd)]). Insbesondere die Auferlegung der Verkehrssicherungspflicht auf den Hinterlieger spricht für dessen alleiniges Nutzungsrecht (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 189/15 – [27]).
(5) Schließlich lag zur Zeit der Vertragsschlüsse eine Notwendigkeit zur Mitnutzung nicht vor.
f) Die Veränderung durch die Anbauten bzw. den Anbau an dem Haus des Klägers gibt zweifelsfrei keinen Anspruch auf Anpassung nach § 313 Abs. 1 BGB oder (Teil-) Kündigung nach § 313 Abs. 3 S. 2 i.V.m. S. 1 BGG, weil er ohne Rücksicht auf die Sachlage – für den erforderlichen absoluten Mindestabstand (3 m) den Weg ausnutzend – angebaut und daher die maßgeblichen Verhältnisse selbst geschaffen hat (vgl. BGH, Urt. v. 21. 12. 2010 – X ZR 122/07 – [27]; Finkenauer in: Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl., § 313 Rn. 75). Damit ist ihm das Risiko zuzuordnen und er kann nun keineswegs für seine Interessen mehr Rücksichtnahme von den Beklagten fordern, als er selbst für seine oder deren Interessen aufzubringen bereit war.
g) Deshalb besteht auch kein außerordentliches Kündigungsrecht aus dem zu den Voraussetzungen für Dauerschuldverhältnisse ähnlich formulierten § 314 Abs. 1 BGB. Abgesehen davon, wäre die Kündigung verfristet, weil eine angemessene Frist (§ 314 Abs. 3 BGB) nach Kenntnis des Kündigungsgrundes ersichtlich nicht eingehalten wurde. Ferner bleibt unerläutert, woraus sich hier ein Recht auf eine nur teilweise Kündigung ableiten lassen sollte.
h) Ob das Nutzungsverhältnis bzw. der Gestattungsvertrag – bei alleinigem Nutzungsrecht der Hinterlieger – als Leihe einzuordnen ist, erscheint zweifelhaft, denn mit § 602 BGB (Abnutzung der Sache hat der Entleiher nicht zu vertreten) lässt sich die Kostentragungspflicht für Herstellung, Instandhaltung usw. nicht vereinbaren. Jedenfalls besteht keine Rückgabepflicht nach § 604 Abs. 3 BGB, weil die Dauer der „Leihe“ sich hier aus dem Zweck ergibt, die Nutzung des Wegerechts näher auszugestalten, also offensichtlich an den Bestand der Grunddienstbarkeit anknüpft. Deshalb gilt § 604 Abs. 2 S. 1 BGB, so dass die Rückgabepflicht erst nach Beendigung des Gebrauchsrechts, also der Aufhebung der Grunddienstbarkeit, besteht. Das der Grunddienstbarkeit zu Grunde liegende Dauerschuldverhältnis ist deshalb unkündbar (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2016 – V ZR 189/15 – [35]).
2. Es kann daher kaum überraschen, dass dem Kläger die mit der Anschlussberufung verfolgten Ansprüche nicht zustehen können und demgemäß die weiteren (Anschlussberufungs-) Anträge, einschließlich aller Hilfsanträge, unbegründet sind.
3. Der (Widerklage-) Antrag der Beklagten, den Inhalt ihres Rechts ausdrücklich festzustellen, ist danach zulässig und begründet. Offensichtlich besteht trotz an sich klaren Inhaltes des Wegerechts zwischenzeitlich ein Anlass, diesen Inhalt nochmals klar zu verdeutlichen, wenn selbst Volljuristen Probleme mit einer klaren Rechtslage zu haben scheinen. Gleiches gilt für die Nutzung des Abwasserschachtes.
4. Dass der Kläger die Kosten der Herstellung im ursprünglichen bzw. vorherigen Zustand, der nicht, jedenfalls nicht vollständig wiederhergestellt ist, aufgrund seines rechtwidrigen Handelns in verbotener (hier zudem unberechtigter) Selbsthilfe (§ 229 BGB) zu tragen hat, dürfte selbstverständlich sein (§§ 1027, 1004, 823 Abs. 2 BGB bzw. § 280 BGB des vertraglichen Schuldverhältnisses). Der Kläger würde seine Rechtsstellung zu dem Grundstücksteil im Übrigen wiederum verkennen, wenn er – abgesehen von Leitungsrechten nach einem vorab eingeholten (formalen) Einverständnis der Beklagten – meint, auf dem Grundstücksteil bzw. an dem Zaun irgendetwas selbst verändern oder veranlassen zu dürfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 S. 1 EGZPO; § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO.