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Grundbuchverfahren – Erbfolge nach Sonderrecht bei Wegfall Hofeigenschaft

OLG Braunschweig – Az.: 1 W 73/17 – Beschluss vom 26.06.2019

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. werden die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts Northeim – Grundbuchamt – vom 14. März und 24. Mai 2017 – … Blatt 190-14 – aufgehoben.

Die Sache wird zur Entscheidung über den Antrag der Beteiligten zu 1. und 2. vom 2. März 2017 an das Amtsgerichts Northeim – Grundbuchamt – zurückgegeben.

Gründe

I.

Die Beteiligten möchten mittels eines „Vermächtniserfüllungsvertrages“ eine Grundbuchberichtigung herbeiführen, das Grundbuchamt hält einen Erbschein für erforderlich.

1. Die Beteiligte zu 1. ist die Stieftochter des Erblassers, die Beteiligte zu 2. dessen Nichte – die Tochter seiner Schwester.

Der Erblasser übernahm mit dem Übergabe-, Altenteils- und Abfindungsvertrag vom 20. März 1967 (Bl. 2–8 d.A.) im Wege vorweggenommener Erbfolge von seinem Vater dessen Hof im Sinne der Höfeordnung. Daneben schloss er mit seinem Vater den notariellen Erbvertrag vom 20. März 1967 (Bl. 101–103 d.A.); dieser enthält unter Ziffer 1 die folgende Regelung zur Erbfolge bezüglich des Hofes:

Verstirbt der Erschienen zu 2) [der Erblasser], ohne zumindest einen blutseigenen, ehelichen Abkömmling zu hinterlassen, erben seinen Hof … der Erschiene zu 1) [der Vater des Erblassers] und Ehefrau … [die Mutter des Erblassers] je zur Hälfte, ersatzweise der überlebende Ehegatte,

ersatzweise Cs [Schwester des Erblassers] älteste Tochter, B [Nichte des Erblassers, Beteiligte zu 2.],

ersatzweise …

Unter Ziffer 2 enthält der Vertrag die folgende Regelung zur (sonstigen) Erbfolge:

Aufgrund des eingangs erwähnten Übergabe-, Altenteils- und Abfindungsvertrages an den Erschienen zu 2) [den Erblasser] setzt der Erschienene zu 1) [der Vater des Erblassers] seine Tochter C [Schwester des Erblassers] zur Alleinerbin ein,

ersatzweise …

Vater und Mutter des Erblassers verstarben in den Jahren 1970 respektive 1978 (Bl. 47 f. d.A.). Der Hofvermerk wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1979 im Grundbuch gelöscht (Bl. 17 f. d.A.).

Mit notariellem Testament vom 26. April 2004 (Bl. 104–106 d.A.) testierte der Erblasser erneut. Als Vorbemerkung führte er unter § 1 Abs. 4 aus:

Mit Erbvertrag vom 20.03.1967 … habe ich eine bindende erbrechtliche Verfügung nur hinsichtlich des von meinem Vater übertragenen Hofes getroffen. Im Übrigen bin ich in der freien Verfügung über mein Vermögen in keiner Weise beschränkt, weder durch einen Erbvertrag noch durch ein gemeinschaftliches Testament. Vorsorglich widerrufe ich auch alle etwa vorhandenen früheren Verfügungen von Todes wegen.

In § 2 des notariellen Testaments vom 26. April 2004 setzte der Erblasser seine Ehefrau – ersatzweise deren Tochter, die Beteiligte zu 1. – zur Alleinerbin ein.

Die Ehefrau des Erblassers verstarb im Jahr 2007, der Erblasser verstarb am 31. August 2016 (Bl. 107 d.A.).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18. Oktober 2016 (Bl. 108 d.A.) beantragte zunächst die Beteiligte zu 2. die Eintragung im Grundbuch bezüglich des verbliebenen Grundbesitzes; sie sei ausweislich des Erbvertrags vom 20. März 1967 Erbin des Hofes mit landwirtschaftlichem Grundbesitz. Mit Zwischenverfügung vom 27. Oktober 2016 (Bl. 110 d.A.) teilte das Amtsgericht mit, es benötige einen Erbschein, da der Antrag sich auf einen Hof beziehe, der Hofvermerk aber 1979 gelöscht worden sei.

Mit notariellem „Vermächtniserfüllungsvertrag“ vom 2. März 2017 (Bl. 113–120 d.A.) vereinbarten die Beteiligten zu 1. und 2. unter anderem, dass die Beteiligte zu 1. die Grundstücke, die ehemals zum Hof des Erblassers gehört hatten, an die Beteiligte zu 2. übereignet. Die Beteiligte zu 1. sei Alleinerbin geworden, da der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlassen habe und seine Ehefrau im Jahr 2007 vorverstorben sei. Hinsichtlich des Hofes habe eigentlich die Beteiligte zu 2. aufgrund des notariellen Vertrags vom 20. März 1967 Erbin werden sollen, der Hof sei aber nicht mehr in der Höferolle eingetragen. Die Beteiligten seien einig, dass die Bestimmung der Beteiligten zu 2. als „Hoferbin“ unter diesen Umständen ein Vermächtnis darstelle, das mit dem Vermächtniserfüllungsvertrag erfüllt werden solle. Insoweit werde die Eintragung einer Vormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2. beantragt.

Mit Zwischenverfügung vom 14. März 2017 (Bl. 121 d.A.) teilte das Amtsgericht mit, der Erblasser habe zwei öffentlich beurkundete Verfügungen von Todes wegen hinterlassen; ob die Regelung bezüglich des Hofes als Vermächtnis anzusehen sei, könne nicht vom Grundbuchamt geprüft werden; es werde um Vorlage eines Erbscheins gebeten.

Mit notariellem Schriftsatz vom 8. Mai 2017 führte die Beteiligte zu 1. aus, sie sei gemäß dem notariellen Testament vom 26. April 2004 alleinige Ersatzerbin, jedenfalls was das „hoffreie Vermögen“ betreffe; Erbin bzw. Vermächtnisnehmerin bezüglich des Hofes sei die Beteiligte zu 2.; es könne dahinstehen, ob der notarielle Vertrag vom 2. März 2017 einen Erbauseinandersetzungs- oder Vermächtniserfüllungsvertrag darstelle.

Mit Zwischenverfügung vom 24. Mai 2017 führte das Amtsgericht seine Rechtsansicht weiter aus, teilte mit, dass es bei der Zwischenverfügung vom 14. März 2017 bleibe und setzte erneut eine Frist gemäß § 18 GBO.

Mit notariellem Schriftsatz vom 31. Mai 2017 legte die Beteiligte zu 1. Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 24. Mai 2017 ein. Durch den Verlust der Hofeigenschaft sei die Bindungswirkung des Erbvertrags aus dem Jahr 1967 nicht entfallen; dieser beziehe sich auf einen bestimmten Gegenstand, unabhängig von dessen Hofeigenschaft. Das Testament aus dem Jahr 2004 betreffe eine völlig andere Vermögensmasse, namentlich das „hoffreie Vermögen“. Vor dem Hintergrund des Testaments sei der Erbvertrag als Vermächtnisanordnung bezüglich des Hofes auszulegen. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung seien die Immobilien der Beteiligten zu 2. zugeordnet, der sonstige Nachlass der Beteiligten zu 1.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 6. Juni 2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Feststellung des Erblasserwillens bzw. die Würdigung der vorliegenden Verfügungen von Todes wegen oblägen dem Nachlassgericht.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (1) und begründet (2); der von den Beteiligten begehrten Eintragung dürfte aber dennoch ein Hindernis im Sinne des § 18 GBO entgegenstehen, das nicht Gegenstand der angegriffenen Zwischenverfügungen gewesen ist und damit auch nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens ist (3).

1. Die gegen die Zwischenverfügungen gerichtete Beschwerde ist statthaft (§ 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 71 Abs. 1 GBO) und zulässig; sie ist nicht fristgebunden (Kramer, BeckOK, 36. Edition, Stand 1. Juni 2019, § 71 GBO, Rn. 10 m.w.N.). Sie ist so auszulegen, dass sie sich gegen beide Zwischenverfügungen vom 14. März und 24. Mai 2017 richtet, da diese dieselbe Beanstandung enthalten. Auch bei der Zwischenverfügung vom 14. März 2017 handelt es sich um eine solche, obwohl sie keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält (vgl. OLG München, Beschluss vom 11. April 2011 – 34 Wx 160/11 –, FGPrax 2011, S. 173) und augenscheinlich deshalb von der Beteiligten zu 1. im notariellen Schriftsatz vom 8. Mai 2017 nicht als mit einem Rechtsbehelf anfechtbar angesehen worden ist.

2. Die gegen die Zwischenverfügungen vom 14. März und 24. Mai 2017 gerichtete Beschwerde ist auch begründet. Das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis – das allein Gegenstand der Prüfung im Beschwerdeverfahren ist (OLG München, Beschluss vom 10. Februar 2017 – 34 Wx 175/16 –, RNotZ 2017, 378 [381 f.]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. März 2015 – 20 W 76/15 –, juris, Rn. 4 m.w.N.; Demharter, 31. Auflage 2018, § 71 GBO, Rn. 34 und § 77 GBO, Rn. 12, 15 m.w.N.) – liegt nicht vor; die vom Grundbuchamt in den Zwischenverfügungen aufgeworfenen Rechtsfragen stellen kein Eintragungshindernis im Sinne des § 18 GBO dar; sie sind vom Grundbuchamt selbst zu beantworten.

a) Das Grundbuch kann gemäß § 22 GBO berichtigt werden, wenn die bestehende Unrichtigkeit und die Richtigkeit der begehrten neuen Eintragung jeweils in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sind. Soll das Grundbuch – wie hier – durch Eintragung der Erbfolge berichtigt werden, so ist nach der gesetzlichen Bestimmung in § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO die Erbfolge in der Regel durch Erbschein (oder in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Europäisches Nachlasszeugnis) nachzuweisen. Ein Erbschein ist nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO aber dann nicht erforderlich, wenn die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen beruht, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, und wenn diese Verfügung sowie die Niederschrift über ihre Eröffnung vorgelegt werden (vgl. Volmer, in: Keller/Munzig, Grundbuchrecht, 8. Auflage 2019, § 35, Rn. 90 ff.; Wilsch, in BeckOK, 36. Edition, Stand 1. Juni 2019, § 35 GBO, Rn. 83 ff.).

Zum Nachweis der Erbfolge im Fall des § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO können und müssen – außer der öffentlichen Verfügung von Todes wegen – auch andere öffentliche Urkunden herangezogen werden; das Grundbuchamt darf die Vorlage eines Erbscheins dann nicht verlangen, wenn zur Ergänzung der in § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO genannten Urkunden nur noch solche Unterlagen in Frage kommen, die das Grundbuchamt auch sonst berücksichtigen muss, nämlich Urkunden im Sinn von § 29 GBO (OLG München, Beschluss vom 24. August 2016 – 34 Wx 216/16 –, RNotZ 2016, S. 683 [684 f.] m.w.N.). Hierzu zählen insbesondere Personenstandsurkunden aber auch eidesstattliche Versicherungen, die von einem Beteiligten vor einem Notar abgegeben worden sind (BayObLG, Beschluss vom 8. Juni 2000 – 2Z BR 29/00 –, FGPrax 2000, S. 179 [179 f.] m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Januar 2010 – 3 Wx 217/09 –, NJOZ 2011, S.393 [394] m.w.N.).

Etwas anderes gilt auch nicht dann, wenn das Verhältnis zweier in öffentlichen Urkunden enthaltener Regelungen zueinander rechtlich zu beurteilen ist: Im Falle öffentlich beurkundeter letztwilliger Verfügungen ist es Aufgabe des Grundbuchamts, das gesamte Urkundenmaterial der ihm vorgelegten oder – wenn die Nachlassakten vom Gericht des Grundbuchamts selbst geführt werden und der Antragsteller auf diese verwiesen hat – von ihm beizuziehenden Nachlassakten einschließlich der dort getroffenen Feststellungen als Nachweis zu verwerten, dabei die letztwillige Verfügung nötigenfalls selbst auszulegen und hierbei auftretende Rechtsfragen selbständig zu beantworten. Die insoweit der Feststellungspflicht des Nachlassgerichts entsprechende Feststellungspflicht des Grundbuchamts findet ihre Grenze nur dort, wo entweder das Nachlassgericht die Erben bereits festgestellt hat oder wo zur Ausräumung konkreter Zweifel weitere, dem Grundbuchamt grundsätzlich verwehrte tatsächliche Ermittlungen veranlasst wären. Ist letzteres nicht der Fall, darf das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins nicht verlangen (BayObLG, Beschluss vom 3. Januar 1974 – BReg. 2 Z 68/73 –, NJW 1974, S. 954 f.; OLG Hamm, Beschluss vom 30. März 2000 – 15 W 35/00 –, MittBayNot 2000, S. 457 [458] m.w.N.; OLG Schleswig, Beschluss vom 19. Juli 2006 – 2 W 109/06 –, NJOZ 2006, S. 3887 [3889]).

b) Nach diesem Maßstab durfte das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins jedenfalls nicht mit der von ihm gegebenen Begründung verlangen, es könne nicht vom Grundbuchamt geprüft werden, ob sich aus den beiden öffentlich beurkundeten Verfügungen von Todes wegen ein Vermächtnis zugunsten der Beteiligte zu 2. ergebe (Zwischenverfügung vom 14. März 2017). Die drei in der Zwischenverfügung vom 24. Mai 2017 vom Grundbuchamt selbst aufgeworfenen Rechtsfragen (Ist durch den Verlust der Hofeigenschaft die vertragsmäßige Bindung aus dem Erbvertrag weggefallen? Ist das spätere Testament aufgrund des Erbvertrags unwirksam? Ist die Regelung im Erbvertrag gegebenenfalls als Vermächtnisanordnung zu ansehen?) stellen kein Eintragungshindernis im Sinne des § 18 GBO dar; die Klärung dieser Fragen – soweit sie für die beantragte Eintragung relevant sind – fällt hier in die Zuständigkeit des Grundbuchamts; es hat solche Rechtsfragen gleichermaßen zu beantworten, wie es das Nachlassgericht im Falle eines Erbscheinsantrages zu tun hätte.

3. Gleichwohl dürfte der Eintragung ein anderes als das vom Grundbuchamt angenommene Hindernis im Sinne des §18 GBO entgegenstehen (a), wobei dieses vom Grundbuchamt in den Zwischenverfügungen nicht geltend gemachte Eintragungshindernis nicht Gegenstand dieser Beschwerdeentscheidung ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 12. April 1983 – BReg. 2 Z 16/82 –, MittBayNot 1983, S. 171 [Leitsatz 1]; Demharter, 31. Auflage 2018, § 77 GBO, Rn. 14). Dieses Eintragungshindernis dürfte entweder durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung oder durch Vorlage eines Erbscheins beseitigt werden können (b).

a) Der von der Beteiligten zu 1. begehrten Eintragung dürfte entgegenstehen, dass der Nachweis der Eigentümerstellung der Beteiligten zu 2. nicht vollständig in der gemäß §§ 35, 29 GBO erforderlichen Form erbracht ist.

Die Frage, wer Erbe des ehemaligen Hofes im Sinne der Höfeordnung geworden ist, dürfte sich hier nach dem Erbvertrag vom 20. März 1967 richten, denn dieser dürfte auch nach Löschung des Hofvermerks mit Wirkung vom 1. Januar 1979 fortwirken: Der Erblasser dürfte durch den Übergabevertrag vom 20. März 1967 (Bl. 2 ff. d.A.) als Übernehmer im Verhältnis zu seinem Vater als Übergeber Hoferbe geworden sein: Wie sich aus – dem seit Inkrafttreten der Höfeordnung vom 24. April 1947 unveränderten (vgl. Amtsblatt der Militärregierung Deutschland – Britisches Kontrollgebiet 1947, Nr. 18, S. 500 [507]; von Jeinsen, in: Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, 11. Auflage 2015, § 7 HöfeO, Rn. 1) – § 7 Abs. 1 Satz 1 HöfeO ergeben dürfte, dürfte auch in einer Hofübergabe zu Lebzeiten durch einen Hofübergabevertrag in vorweggenommener Erbfolge eine Bestimmung des Hoferben liegen (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Mai 1987 – BLw 2/87 –, NJW 1988, 710 [711 lit. c.aa] m.w.N.). Der Erblasser dürfte allerdings aufgrund des zwischen ihm und seinem Vater ebenfalls am 20. März 1967 geschlossenen Erbvertrags (Bl. 101 ff. d.A.) nur Vorerbe geworden sein, denn in dem Erbvertrag wird bestimmt, auf wen der Hof im Falle des Todes des Erblassers übergehen soll. Darin dürfte eine – zulässige (vgl. von Jeinsen, in: Lüdtke-Handjery/von Jeinsen, 11. Auflage 2015, § 7 HöfeO, Rn. 4) – Bestimmung eines Nacherben im Sinne des § 2100 BGB liegen.

Eine landwirtschaftliche Besitzung, die bei Eintritt des Vorerbfalls ein Hof im Sinne der Höfeordnung war, dürfte bei Eintritt der Nacherbfolge auch dann nach dem Sondererbrecht vererbt werden, wenn die Hofeigenschaft – wie hier – vor Eintritt des Nacherbfalls weggefallen ist; mit dem Verlust der Hofeigenschaft dürfte die durch den Vorerbfall begründete Nacherbenanwartschaft nicht erlöschen, denn dieses unentziehbare Anwartschaftsrecht dürfte der Nacherbe bereits beim Vorerbfall erworben haben (h.M., BGH, Beschluss vom 23. November 2012 – BLw 12/11 –, juris, Rn. 27, 29 bzw. NJW-RR 2013, S. 713 [716 Rn. 27, 29] i.V.m. Berichtigungsbeschluss vom 19. Juni 2013 – BLw 12/11 –, BeckRS 2013, 10906; ebenso BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1971 – V BLw 20/70 –, NJW 1972, S. 436 zur umgekehrten Konstellation des Vor- und Nacherbfalls vor und nach Inkrafttreten der Höfeordnung; zum Meinungsstand vgl. von Garmissen, in: Keim/Lehmann, Beck’sches Formularbuch Erbrecht, 4. Auflage 2019, Abschnitt G.X.1, Anm. 5 a.E.).

Danach dürfte sich die Frage, wer Erbe des ehemaligen Hofes im Sinne der Höfeordnung geworden ist, nach Ziffer 1 des Erbvertrags vom 20. März 1967 richten. Dieser regelt die Erbfolgen für den Fall, dass der Erblasser verstirbt, „ohne zumindest einen blutseigenen, ehelichen Abkömmling zu hinterlassen“; diese Regelung dürfte – ohne dass dies ausdrücklich erwähnt wäre – voraussetzen, dass Hof(-nach-)erbe ein blutseigener, ehelicher Abkömmling des Erblassers werden soll, ersatzweise eine der in Ziffer 1 genannten weiteren Personen, namentlich die (vorverstorbenen) Eltern des Erblasser, ersatzweise die Nichte des Erblassers, die Beteiligte zu 2.

Dem dürfte auch nicht das notarielle Testament vom 26. April 2004 entgegenstehen: Hat sich der Hofeigentümer durch einen Erbvertrag gebunden, so bestimmt sich seine Bindung – und damit der Schutz des Begünstigten – nach den §§ 2286, 2289 BGB. Gemäß § 2289 Abs. 1 Satz 2 BGB ist eine spätere Verfügung von Todes wegen unwirksam, soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würde (BGH, Beschluss vom 14. Mai 1987 – BLw 2/87 –, NJW 188, S. 710 [711 lit. c.cc]). Dies dürfte hier auf das (spätere) notarielle Testament vom 26. April 2004 hinsichtlich des (früheren) Hoferbenrechts der Beteiligten zu 2. zutreffen.

Es dürfte auch keine nach § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn die Beteiligte zu 2. Ansprüche als Hofnacherbin geltend machte – was ausweislich des „Vermächtniserfüllungsvertrages“ augenscheinlich ohnehin im Einvernehmen mit der Beteiligten zu 1. geschähe: Eine unzulässige Rechtsausübung dürfte allenfalls dann vorliegen, wenn die landwirtschaftliche Besitzung bereits im Zeitpunkt des Vorerbfalls nicht als ein Hof im Sinne der Höfeordnung behandelt worden wäre (BGH, Beschluss vom 23. November 2012 – BLw 12/11 –, juris, Rn. 29 = NJW-RR 2013, S. 713 [716 Rn. 29]). Dies dürfte hier aber ausweislich des Übergabevertrags vom 20. März 1967 nicht zutreffen.

Die hier relevanten und in öffentlichen Urkunden enthaltenen Verfügungen von Todes wegen sowie die Niederschrift über ihre Eröffnung dürften vorliegen. Dass die Eltern des Erblassers vorverstorben sind, dürfte gegenüber dem Grundbuchamt durch Personenstandsurkunden nachgewiesen sein. Ein Nachweis dafür, dass der Erblasser keine „blutseigenen, ehelichen Abkömmling“ hinterlassen hat, dürfte aber noch fehlen. Eine diesbezügliche Erklärung der Beteiligten ist zwar in der notariellen Urkunde vom 2. März 2017 (dort S. 2, 2. Absatz; Bl. 114 d.A.) enthalten; die Richtigkeit dieser Erklärung versichern die Beteiligten dort aber nicht an Eides statt. Eine derartige eidesstattliche Versicherung dürfte aber erforderlich sein, um das Nichtvorliegen der genannten Tatsache nachzuweisen.

b) Eine vor einem Notar abgegebene eidesstattliche Versicherung dürfte auch ein im Grundbuchantragsverfahren grundsätzlich zu berücksichtigendes Beweismittel für den Nachweis einer negativen Tatsache sein (vgl. BayObLG, Beschluss vom 8. Juni 2000 – 2Z BR 29/00 –, FGPrax 2000, S. 179 [179 f.] m.w.N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Januar 2010 – 3 Wx 217/09 –, NJOZ 2011, S.393 [394] m.w.N.). Das genannte Eintragungshindernis dürfte danach entweder durch Vorlage einer entsprechenden vor einem Notar abgegebenen eidesstattlichen Versicherung oder durch Vorlage eines Erbscheins beseitigt werden können, so dass das Grundbuchamt auch diesbezüglich nicht (allein) einen Erbschein verlangen können dürfte (vgl. BayObLG, a.a.O., [180]).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 25 Abs. 1 GNotKG.

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