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Grundbuchsache – Umfang der dem Rechtspfleger übertragenen Geschäfte

OLG München – Az.: 34 Wx 160/10 – Beschluss vom 25.01.2011

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Freising – Grundbuchrechtspfleger – vom 30. November 2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 6.500 €.

Gründe

I.

Der Beteiligten gehört ein Wohnungseigentum. Am 14.10.2010 übersandte das Vollstreckungsgericht einen Beschluss über die Anordnung der Zwangsversteigerung des im Grundbuch auf den Namen der Beteiligten als Schuldnerin eingetragenen Miteigentumsanteils am Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung samt Kellerabteil Nr. 9. Dem gestellten Ersuchen um Eintragung gemäß § 19 Abs. 1 ZVG kam die Urkundsbeamtin des Grundbuchamts am selben Tag nach.

Die Beteiligte wandte sich mit ihrem Rechtsmittel vom 23.10.2010 gegen die Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung, der die Urkundsbeamtin nicht abgeholfen hat. Mit Beschluss vom 30.11.2010 hat das Grundbuchamt – Rechtspfleger – das als Erinnerung behandelte Rechtsmittel zurückgewiesen. Gegen die am 4.12.2010 zugestellte Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Diese hält das gesamte Vollstreckungsverfahren, die Anordnung der Zwangsversteigerung und den maßgeblichen Grundbucheintrag für rechtswidrig und meint, Gründe zu haben, die der Zwangsversteigerung zugrunde liegende Hausgeldforderung der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht begleichen zu müssen, obwohl sie dazu in der Lage wäre.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.

II.

Das als unbeschränkte (Demharter GBO 27. Aufl. § 38 Rn. 36; BayObLG Rpfleger 1997, 101) Beschwerde zulässige Rechtsmittel (§ 12c Abs. 4 Satz 2, § 71 Abs. 1, § 73 GBO) hat keinen Erfolg.

1. Das Grundbuchamt vertritt die Ansicht, dass über die Änderung einer Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (hier die nach § 12c Abs. 2 Nr. 3 GBO), wenn dieser dem Verlangen nicht entspricht, entgegen dem Wortlaut in § 12c Abs. 4 Satz 1 GBO nicht der Grundbuchrichter, sondern der Rechtspfleger entscheidet. Der Senat hatte hierüber bisher nicht abschließend zu befinden (vgl. etwa Beschluss vom 2.10.2010, 34 Wx 062/10, bei juris: Eintragung eines Insolvenzvermerks; dort entschied der Grundbuchrichter, was für die Wirksamkeit des übertragenen Geschäfts unschädlich ist; vgl. § 8 Abs. 1 RPflG). In seinem dem Grundbuchamt bekannten Beschluss vom 10.11.2010 (34 Wx 138/10, 34 Wx 141/10) klingt im Rahmen einer – nicht bindenden – Abgabe an, dass er von der Entscheidungszuständigkeit des Richters ausgeht, es also erst nach einer etwaigen gesetzlichen Anpassung zu einer Zuständigkeitsübertragung kommen kann (Demharter § 12c Rn. 11; auch Hügel/Kral GBO 2. Aufl. § 12c Rn. 23; Meikel/Böttcher GBO 10. Aufl. § 12 Rn. 83; KEHE-Eickmann GBO 6. Aufl. § 12c Rn. 16). Daran wird nicht mehr festgehalten.

Die im Vordringen befindliche Meinung leitet die Rechtspflegerzuständigkeit auch für Entscheidungen über die Änderung solcher des Urkundsbeamten aus der Übertragung „in vollem Umfange der nach den gesetzlichen Vorschriften vom Richter wahrzunehmenden Geschäfte des Amtsgerichts“ in Grundbuchsachen (§ 3 Nr. 1 Buchst. h RPflG) ab (etwa Rellermeyer Rpfleger 2004, 593; ebenso Meikel/Nowak § 12c Rn. 21; Schöner/ Stöber Grundbuchrecht 14. Aufl. Rn. 47). Nach Aufhebung des Richtervorbehalts im vormaligen § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG (a.F.) für Erinnerungen gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle durch Art. 9 Nr. 1 des 1. JuMoG vom 24.8.2004 (BGBl I S. 2198) sei die dortige Einschränkung weggefallen und der Rechtspfleger hierfür, wie sonst gemäß § 3 Nr. 1, § 4 Abs. 1 RPflG auch, zuständig (OLG Rostock vom 8.2.2010, 3 W 12/10 = BeckRS 2010, 09125; im Ergebnis ebenso OLG Düsseldorf vom 6.10.2010, I-3 Wx 214/10, bei juris). Dem schließt sich der Senat an. Zwar hatte das Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz – RegVBG vom 20.12.1993 (BGBl I S. 2182) – in der neu eingeführten Bestimmung des § 12c GBO Vorgängerregelungen aus der AVOGBO übernommen und die ausdrückliche Erwähnung der richterlichen Zuständigkeit beibehalten (vgl. BT-Drucks. 12/ 5553 S. 64), dies aber mit der unberührt gebliebenen Richterzuständigkeit in § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG begründet (BT-Drucksache 12/5553, S. 64). Schon seinerzeit hätte der Gesetzgeber die Bezeichnung der gegebenenfalls in Betracht kommenden Entscheider zwar neutral „umschrieben“ können (aaO. S. 63), weil es einer ausdrücklichen Erwähnung des Richtervorbehalts im Hinblick auf die vorhandene Regelung im Rechtspflegergesetz nicht bedurft hätte. Dessen ungeachtet beinhaltet die unangepasst gebliebene Erwähnung in § 12c Abs. 4 Satz 1 GBO keine eigenständige – normative – und den aktuellen Bestimmungen in §§ 3, 4 RPflG zuwider laufenden funktionellen Vorbehalt zugunsten des Richters. Sie erklärt sich vielmehr aus der Gesetzeshistorie und ist durch die Aufhebung von § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG (a.F.) obsolet geworden. Aus der unterlassenen sprachlichen Bereinigung durch den Gesetzgeber trotz späterer Änderungen von § 12c GBO lassen sich im Hinblick auf die hinreichend klaren Übertragungsregelungen in §§ 3, 4 RPflG keine Rückschlüsse ziehen.

2. In der Sache hat das Grundbuchamt mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, auf welcher Grundlage die Eintragung stattzufinden hatte und dass es hierbei nicht zu einer sachlichen Prüfung des zugrunde liegenden Vollstreckungsverfahrens (Zwangsversteigerungsverfahrens) oder gar der zugrunde liegenden Forderung befugt war. Die Beschwerde bringt gegen die Rechtmäßigkeit der Eintragung insoweit keine neuen Gesichtspunkte.

3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Der Beschwerdewert ergibt sich aus § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 KostO. Der Senat orientiert sich hierbei am ursprünglichen Kaufpreis für das Wohnungseigentum, von dem ein Bruchteil (ca. 1/10) angemessen erscheint.

4. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) erachtet der Senat nicht für gegeben.

 

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