OLG München – Az.: 34 Wx 13/11 – Beschluss vom 25.02.2011
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aichach – Grundbuchamt – vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat in Vollzug eines notariellen Vertrags vom 27.2.2010 im Grundbuch verschiedene Eintragungen vorgenommen, u. a. die Eigentumsumschreibung zugunsten der Käufer und die Löschung der Eigentumsvormerkung. Nach einem ursprünglichen Ansatz von 160.000 € hat das Grundbuchamt im Zuge der Nachbewertung den Wert des übertragenen Grundbesitzes (Doppelhaushälfte mit Freifläche und Verkehrsfläche) mit 310.000 € angesetzt. Auf Einwendungen der Beteiligten zu 1 (Kostenschuldner) hat das Grundbuchamt im förmlichen Verfahren – nach Anhörung des Vertreters der Staatskasse (Beteiligten zu 2) – am 22.11.2010 den Geschäftswert für den Grundbesitz auf 317.300 € festgesetzt und zur Begründung ausgeführt, maßgeblich hierfür sei der Verkehrswert. Der Kauf habe zur Abwendung der Zwangsversteigerung stattgefunden. Im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens sei ein Gutachten erstattet und der Verkehrswert mit 317.300 € rechtskräftig festgesetzt worden. Dieser Wert sei für die Geschäftswertbestimmung heranzuziehen.
Gegen den am 23.11.2010 zugestellten Beschluss wenden sich die Beteiligten zu 1 mit ihrer Beschwerde vom 20.12.2010. Sie begehren eine Bewertung mit 160.000 €, hilfsweise 195.000 €. Dem ist der Beteiligte zu 2 entgegen getreten.
Der Beschwerde wurde nicht abgeholfen.
II.
Die Beschwerde ist gemäß § 31 Abs. 3 KostO statthaft, der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 €, weil im Falle einer Bewertung nach den Vorstellungen der Beteiligten zu 1 sich die zu erhebenden Gebühren um deutlich mehr als 200 € verringern würden. Die Frist des § 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 KostO ist gewahrt. Gemäß § 31 Abs. 3 Satz 5 KostO i.V.m. § 14 Abs. 7 KostO entscheidet über die Beschwerde der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter.
In der Sache erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet. Die getroffene Wertfestsetzung ist nicht zu beanstanden.
1. In Grundbuchsachen erfolgt die Bewertung nach den Vorschriften der Kostenordnung. Gemäß § 19 Abs. 2 KostO ist bei der Bewertung von Grundbesitz der letzte Einheitswert maßgebend, der zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellt ist, sofern sich nicht aus dem Inhalt des Geschäfts, den Angaben der Beteiligten, Grundstücksbelastungen, amtlich bekannten oder aus den Grundakten ersichtlichen Tatsachen oder Vergleichswerten oder aus sonstigen ausreichenden Anhaltspunkten ein höherer Wert ergibt; jedoch soll von einer Beweisaufnahme zur Feststellung eines höheren Wertes abgesehen werden. Zwar ist nach dem Wortlaut der Vorschrift grundsätzlich der letzte Einheitswert maßgeblich; insoweit bildet § 19 Abs. 2 KostO jedoch keine vorrangige Sonderregel gegenüber § 19 Abs. 1 KostO, wonach auf den gemeinen Wert oder Verkehrswert abzustellen ist. Vielmehr ist der Einheitswert nur Ausgangspunkt der Wertermittlung mit dem Ziel, sich dem gemeinen Wert zu nähern (vgl. Hartmann Kostengesetze 40. Aufl. § 19 KostO Rn. 5). Ein höherer Wert als der Einheitswert ist stets dann maßgeblich, soweit sich ausreichende Anhaltspunkte für diesen ergeben.
2. So ist es hier. Auch ohne förmliche Beweiserhebung können Wertfestsetzungen gemäß § 74a Abs. 5 ZVG als amtlich bekannte Tatsache für einen höheren als den Einheitswert herangezogen werden (Hartmann § 19 KostO Rn. 21; Bengel/Tiedtke in Korintenberg /Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Aufl. § 19 Rn. 32; Rohs in Rohs/Wedewer KostO Stand August 2005 § 19 Rn. 45; Schmidt DNotZ 1969, 520/526). Das gilt schon deshalb, weil der Verkehrswert ohnehin in der Terminsbestimmung angegeben werden soll (vgl. § 38 ZVG), damit „öffentlich“ und allgemein zugänglich ist. Dies kann auch das urheberrechtliche Verwertungsverbot im Wertgutachten nicht unterbinden. Darüber hinaus darf auch ein amtlicher, trotz einer grundsätzlich amtlichen Schweigepflicht gerichtsbekannter Vergleichswert herangezogen werden (vgl. BFH NJW 1977, 126). Anhaltspunkte dafür, dass das zeitnahe Gutachten im Zwangsversteigerungsverfahren zu unrichtigen Ergebnissen geführt hätte, fehlen. Im Gegenteil spricht ganz entscheidend für dessen Ergebnis der mit rund 310.000 € nahezu identische Wert, der sich bei der auch aktuell noch zulässigen und weithin gebräuchlichen Ermittlungsmethode mit Hilfe des Bodenrichtwerts zuzüglich des Gebäudewerts anhand der Brandversicherungswerte – Stand 1914 – ergibt (siehe dazu BayObLGZ 1976, 89).
Die – niedrigeren – Bewertungen, die in anderem Zusammenhang und teils auch auf anderer Rechtsgrundlage vorgenommen wurden und von den Beteiligten zu 1 angeführt werden, sind für das gegenständliche Grundstücksgeschäft nicht maßgeblich.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Eine weitere Beschwerde findet nicht statt (§ 31 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 3 KostO).