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Grundbuchkosten bei Eigentumsübertragung an Grundstück

OLG Nürnberg – Az.: 15 W 86/18 – Beschluss vom 17.08.2018

1. Der Beschluss des Amtsgerichts – Grundbuch – Cham vom 17.11.2017, Gz. WM-6042-14, wird aufgehoben.

2. Der Geschäftswert für die mit Eintragung vom 14.03.2017 im Grundbuch des Amtsgerichts Cham von Waldmünchen auf Blatt xxxx vollzogene Eigentumsumschreibung wird auf 150.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Mit notarieller Urkunde vom 22.11.2016 (Notar M., Urkunden-Nr. xxx/2016) überließ die Beschwerdeführerin schenkungsweise das im Grundbuch des Amtsgerichts Cham von Waldmünchen auf Blatt xxxx vorgetragene Grundstück an die Beteiligten zu 2) und zu 3) je zur Hälfte. Die Beteiligten erklärten die Auflassung und bewilligten und beantragten die Eintragung des Eigentumsübergangs in das Grundbuch. Gegenüber dem Urkundsnotar erklärten die Beteiligten im Rahmen der Beurkundung, dass der Verkehrswert des übertragenen Grundbesitzes ca. 110.000 € betrage. Dies entspricht dem doppelten Betrag, zu dessen Bezahlung sich die Beschwerdeführerin gemäß einer notariellen Urkunde vom 12.08.2015 (Notar M. Urkunden-Nr. xxx/2015) als Wertausgleich für die Überlassung des hälftigen Miteigentumsanteils gegenüber ihrem Miterben im Rahmen einer Teil-Erbauseinandersetzung des Nachlasses des Erblassers P. verpflichtet hatte.

Die Auflassung an die Beteiligten zu 2) und 3) wurde am 14.03.2017 in das Grundbuch gemäß einem Antrag vom 03.01.2017 eingetragen. Seiner Kostenrechnung dafür vom 21.03.2017 legte das Grundbuchamt einen Wert von 223.538,00 € zugrunde.

Mit Schreiben vom 05.04.2017 bat die Beschwerdeführerin um Überprüfung dieses Wertes und legte ein Schreiben vom 24.02.2015 eines Maklerunternehmens vor. In diesem heißt es: „(..:) nach heutiger Markteinschätzung (…) liegt der Verkaufspreis des Zweifamilienhauses in Waldmünchen zwischen Euro 100.000,- und 110.000,-“. In der Antwort vom 19.04.2017 wies das Grundbuchamt die Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf die Nachlassakte des Erblassers P. darauf hin, dass dort der Verkehrswert anhand der Brandversicherungspolice mit 223.538,40 € berechnet und dieser Betrag auch der Kostenrechnung für die Eintragung vom 14.03.2017 zugrunde gelegt worden sei. Hierauf legte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 03.05.2017 Erinnerung gegen die Kostenberechnung ein, der sie u. a. einen Bescheid über die „gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes“ des Finanzamtes Cham beifügte, in dem der verfahrensgegenständliche Grundbesitz zum Stichtag 11.01.2014 mit 120.664 € bewertet wurde.

In seiner Stellungnahme vom 29.05.2017 wies der Bezirksrevisor beim Landgericht Regensburg darauf hin, dass die Erinnerung der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Zielrichtung als Antrag auf gerichtliche Wertfestsetzung umzudeuten sei. Im Vorgriff darauf beantragte er als Vertreter der Staatskasse, den Wert auf 237.783,20 € festzusetzen. Zur Begründung verwies der Bezirksrevisor auf die Berechnung des Grundstückswertes ausgehend vom Gebäudebrandversicherungswert. Der von den Finanzbehörden ermittelte Werte genieße – so der Bezirksrevisor – demgegenüber kein Vorrang. Maklerauskünfte seien als Grundlage der Wertfestung nicht geeignet.

In der Folge setzte das Grundbuchamt den „Geschäftswert für den Schenkungsvertrag vom 22.11.2016, URNr xxx/2016, Notar M.“ (zuletzt) mit Beschluss vom 17.11.2017 auf 237.783,20 € fest. Zur Begründung verwies es auf den Wert, der sich anhand des Gebäudebrandversicherungswertes ergebe, und nahm auf die Ausführungen des Bezirksrevisors Bezug. Die Entscheidung wurde der Beschwerdeführerin am 22.11.2017 zugestellt.

Gegen diese wandte sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 06.01.2018, das am 09.01.2018 beim Grundbuchamt eingegangen ist. Sie vertritt die Auffassung, dass der Verkehrswert des von ihr verschenkten Grundstückes bei ca. 110.000 € liege.

Am 09.01.2018 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.

II.

Die gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere innerhalb des Frist gemäß § 83 Abs. 1 Satz 3, § 79 Abs. 2 Satz 2 GNotKG eingelegte Beschwerde gegen den Beschluss vom 17.11.2017 hat in Sache nur teilweise Erfolg. Der Geschäftswert für die Eigentumsübertragung ist auf der Grundlage von § 46 GNotKG auf 150.000 € festzusetzen.

1. Im Anwendungsbereich des GNotKG richtet sich die Bewertung von Sachen – auch von Grundbesitz – nach § 46 Abs. 1 GNotkG. Maßgeblich ist danach der Verkehrswert. Dies ist nach der Legaldefinition der Preis einer Sache, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit der Sache unter Berücksichtigung aller den Preis beeinflussenden Umstände bei einer Veräußerung zu erzielen wäre.

Steht der Verkehrswert (noch) nicht bereits fest, ist er zu bestimmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Verkehrswert einer Sache kein exakt mathematisch zu ermittelnder Betrag ist. Vielmehr lässt er sich immer nur näherungsweise schätzen, weshalb seine Bestimmung im Ergebnis stets eine Ermessensentscheidung im Sinne des § 36 Abs. 1 GNotKG ist. Schätzungen sind ihrem Wesen nach dabei einer exakten Begründung nicht zugänglich (BGH, Urteil vom 23.11.1962 – V ZR 148/60 -, abgedruckt in: MDR 1963, 396).

Der zu treffenden Ermessensentscheidung hat der Gesetzgeber dabei Grenzen gesetzt. Er hat in § 46 GNotKG bestimmte Kriterien vorgegeben, aufgrund derer der Verkehrswert zu bestimmen ist bzw. die bei der Bestimmung des Verkehrswertes herangezogen werden können. Zwar mag es sein, dass § 46 Abs. 1 GNotKG das Prinzip beschreibt, dass der Verkehrswert von allen Preisumständen bestimmt wird. Die in § 46 Abs. 2 bzw. Abs. 3 GNotKG genannten Beurteilungsgrundlagen sind – wie sich aus dem Gesetzeszweck ergibt – dennoch nicht lediglich eine beispielhafte Darstellung (a. A.: Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 46 GNotKG Rn. 6; Soutier in: BeckOK, Kostenrecht, 22. Edition, § 46 GNotKG Rn. 9). Denn die Intention des Gesetzgebers war es, durch die Regelung die Wertbestimmung in der Praxis zu erleichtern, indem die Kriterien für die Ermittlung des Verkehrswertes abschließend in den Absätzen 2 und 3 aufgezählt werden (BT-Drs. 17/11471, Seite 167). Dadurch soll ein gewisses Maß an Flexibilität bei der Wertermittlung, verbunden mit einer Überprüfbarkeit durch die Rechtsmittelgerichte auf Ermessensfehler, sichergestellt, aber anderseits ein unverhältnismäßiger Aufwand verhindert werden. Gerade im Hinblick darauf ist das in § 19 KostO noch genannte offene Bewertungskriterium „sonstige ausreichende Anhaltspunkte“ entfallen.

§ 46 Abs. 3 GNotKG enthält keine abschließende Spezialregelung für Grundstücke. Vielmehr sind die dort genannten Umstände nur zusätzlich zu den allgemeinen Regeln der Verkehrswertbestimmung heranzuziehen. Dies kommt bereits durch die Formulierung „können auch herangezogen“ werden zum Ausdruck.

Es besteht aber anderseits kein Rangverhältnis in dem Sinn, dass die in § 46 Abs. 2 GNotKG genannten Bewertungsgrundlagen generell Vorrang haben oder die Möglichkeit zur Verkehrswertbestimmung anhand der dort aufgezählten Beurteilungskriterien einen Rückgriff auf Erkenntnisse zum Grundstückswert gemäß § 46 Abs. 3 GNotKG generell oder auch nur regelmäßig entbehrlich macht. Soweit sich aus der Entscheidung des OLG München vom 03.05.2016 – 34 Wx 7/16 – (oder aus einer der Folgeentscheidung) etwas Gegenteiliges ergeben sollte, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Die Regelung des § 46 GNotKG beschreibt in ihren Absätzen. 2 und 3 keine „Haupt-“ und „Hilfskriterien“. Denn es liefe nicht nur dem Wesen einer Ermessensentscheidung zuwider, Entscheidungserhebliches, soweit es herangezogen werden kann, unberücksichtigt zu lassen. Ein solches Rangverhältnis stünde auch im unvereinbaren Widerspruch mit der eindeutig beschriebenen Intention des Gesetzgebers, dass Absatz 3 in Verbindung mit Absatz 2 die maßgebliche Vorschrift für die Wertermittlung von Grundstücken sein soll (BT-Drs. 17/11471, 167).

Vor diesem Hintergrund ist der Wortlaut des § 46 Abs. 3 GNotKG auszulegen. Anders als im Rahmen von § 46 Abs. 2 GNotKG besteht zwar ein Ermessen, ob bei der Schätzung auf Erkenntnisse nach § 46 Abs. 3 GNotKG zurückgegriffen wird. Es erfordert aber eine pflichtgemäße Ermessensausübung und damit sachlicher Gründe, dies im Einzelfall abzulehnen.

Dass Gründe für eine Nichtberücksichtigung von für Zwecke der Steuererhebung festgesetzten Werten im Sinne von § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GNotKG regelmäßig gegeben sind, lässt sich nicht begründen. Insbesondere bildet die Wertermittlung der Finanzbehörden auf der Grundlage des Bewertungsgesetz keinesfalls zwingend weniger zuverlässig die Wertverhältnisse ab als die – ggf. gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 3 GNotKG zu berücksichtigende – Ermittlung des Wertes von bebautem Grundbesitz unter Heranziehung des aus dem Brandversicherungswert ermittelten Gebäudewertes zuzüglich des nur für unbebaute Grundstücke geltende Bodenrichtwertes. Der Verkehrswert eines bebauten Grundstückes wird bei beiden Berechnungsmethoden jeweils mehr oder minder schematisch unter Berücksichtigung von pauschalen Abschlägen berechnet. Bei der Berechnung anhand der Brandversicherungssumme kommt hinzu, dass diese im Ergebnis auf der individuellen Einschätzung des Gebäudewertes zum Zeitpunkt des Abschlusses der Brandversicherung beruht (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.02.1984 – 1 Z 86/83 -, abgedruckt in: JurBüro 1984, 904) und der Vervielfältiger sich nach einer groben Gebäudearteinteilung richtet.

2. Ausgehend davon ergibt sich im vorliegenden Fall das Folgende: Die Beteiligten haben in der Urkunde von 22.11.2016 zum Verkehrswert des übertragenen Grundbesitzes Angaben gemacht. Diese sind gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 2 GNotKG zu beachten. Zwar liefert die Berechnung des Wertes anhand des sich aus der Nachlassakte ergebenden Brandversicherungswertes (rund 238.000 €) gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 3 GNotKG zu berücksichtigende Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben der Beteiligten deutlich zu niedrig sind. Dies wird allerdings durch den gemäß § 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GNotKG heranzuziehenden Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes (rund 121.000 €) erheblich relativiert, zumal der Bewertungsstichtag 11.01.2014 (noch) in zeitlicher Nähe zum Eintragungszeitpunkt (14.03.2017) liegt. Unter Zugrundelegung aller Gesichtspunkte ist im Rahmen der vorzunehmenden Schätzung die Anhebung des von den Beteiligten angegebenen Wertes von 110.000 € auf 150.000 € angezeigt. Dies entspricht rund 1/3 der Differenz zwischen dem höchsten Wert von 238.000 € und dem niedrigsten Wert von 110.000 € und rechtfertigt sich einerseits dadurch, dass der weitere zu beachtende Wert von 120.000 € nah am niedrigsten Wert liegt, anderseits die erhebliche Differenz zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Wert angemessen Berücksichtigung finden muss. Der Wert von 150.000 € stimmt dabei mit den übrigen Erkenntnissen des Senats in Bezug auf Grundstückswerte überein.

3. Das Verfahren ist gebührenfrei; kosten werden nicht erstattet, § 83 Abs. 3 GNotKG.

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