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Grundbucheintragungsersuchen der Staatsanwaltschaft – Eintragung Veräußerungsverbot

OLG München – Az.: 34 Wx 432/17 – Beschluss vom 22.12.2017

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Günzburg – Grundbuchamt – vom 7. November 2017 aufgehoben.

II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, dem Eintragungsersuchen der Staatsanwaltschaft … vom 9. Oktober 2017 durch Eintragung eines Veräußerungsverbots im Sinne des § 136 BGB in Abteilung II des Grundbuchs auf der Grundlage des Arrestbeschlusses des Amtsgerichts München vom 8. Mai 2017 – Az. ER V Gs 1617/17 – zu entsprechen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 2 zugelassen.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft, Beteiligte zu 1, führt gegen die im Grundbuch als Eigentümerin eingetragene Beteiligte zu 2 und weitere Personen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Vermögensdelikten. Am 8.5.2017 erließ das Amtsgericht durch den Ermittlungsrichter auf Antrag der Staatsanwaltschaft einen Beschluss, mit dem zur Sicherung von Ansprüchen Verletzter für das durch die Staatsanwaltschaft vertretene Bundesland der dingliche Arrest in Höhe von 32.370.000 € in das Vermögen der Beschuldigten angeordnet und ein Lösungsbetrag in derselben Höhe festgesetzt wurden.

Auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft vom 8.5.2017, eingegangen beim Grundbuchamt am 18.5.2017, wurde im Grundbuch des gegenständlichen Grundbesitzes am 18.5.2017 eine Sicherungshypothek bis zum Höchstbetrag von 2.000.000 € unter Bezugnahme auf den Arrestbeschluss und das staatsanwaltschaftliche Ersuchen eingetragen.

Am 16.10.2017 ging beim Grundbuchamt das gesiegelte und von der Rechtspflegerin unterzeichnete Ersuchen der Staatsanwaltschaft vom 9.10.2017 ein, mit dem unter Bezugnahme auf das seit dem 1.7.2017 geltende Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 die ergänzende Eintragung des „durch die Arrestvollziehung gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 StPO entstehende(n) Veräußerungsverbot(s) (§ 136 BGB)“ erstrebt wird.

Dieses Ersuchen hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 7.11.2017 zurückgewiesen. Die begehrte Eintragung sei nicht möglich, weil der nach altem Recht ergangene Arresttitel nicht die Rechtsfolgen des § 111h StPO n.F. habe.

Hiergegen richtet sich die von der Staatsanwaltschaft (Rechtspflegerin) eingelegte Beschwerde, mit der die Ansicht vertreten wird, dass sich aus den Übergangsvorschriften (Art. 316h EGStGB, § 14 EGStPO) die sachliche Berechtigung des Ersuchens ergebe.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Anweisung an das Grundbuchamt, dem Ersuchen durch Vornahme der Eintragung zu entsprechen.

1. Die Beschwerde erweist sich als zulässig.

a) Gegen die Zurückweisung eines behördlichen Eintragungsersuchens (§ 38 GBO) ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO die Beschwerde statthaft.

b) Beschwerdeberechtigt sind Behörden und Gerichte, soweit ihnen nach dem Gesetz die Befugnis eingeräumt ist, das Grundbuchamt um eine Eintragung nach § 38 GBO zu ersuchen (BGH FGPrax 2013, 54 – Landwirtschaftsgericht; OLG Hamm Rpfleger 1996, 338 – Umlegungsausschuss; OLG Hamm Rpfleger 2011, 453 – Versteigerungsgericht; LG Frankenthal Rpfleger 2002, 72; LG Dessau ZInsO 2001, 626 – jeweils Insolvenzgericht; Senat vom 24.5.2016, 34 Wx 16/16 = FGPrax 2016, 152; Hügel/Zeiser GBO 3. Aufl. § 38 Rn. 17; Hügel/Kramer § 71 Rn. 233 f.). Gemäß § 111k Abs. 1 Satz 1 StPO i.d.F. des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13.4.2017 (BGBl. I S. 872), künftig: StrVermAbRefG, ist die Staatsanwaltschaft für die Vollziehung der Beschlagnahme- und Arrestanordnung und somit auch für das Anbringen eines Ersuchens um die Eintragung einer Verfügungsbeschränkung im Zusammenhang mit der Durchführung der Arrestvollziehung (ausnahmslos) zuständig (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 82). Infolgedessen ist die Staatsanwaltschaft auch berechtigt, sich mit der Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ersuchens zu wenden. Dabei kommt es im Rahmen der Zulässigkeit nicht darauf an, ob das reformierte Recht über die Vermögensabschöpfung und damit auch § 111k StPO n. F. Anwendung finden. Zwar kann nur unter der Voraussetzung, dass das reformierte Recht auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden ist, die begehrte Eintragung verlangt und die Kompetenz für das Ersuchen in Anspruch genommen werden. Berechtigung und Begründetheit hängen allerdings demzufolge von der rechtlichen Beurteilung derselben tatsächlichen Umstände ab. Diese Beurteilung ist im Rahmen der Sachprüfung vorzunehmen (vgl. Demharter GBO 30. Aufl. § 77 Rn. 9).

c) Funktionell zuständig ist gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 2 RPflG i.d.F. des StrVermAbRefG der Rechtspfleger nicht nur für das Ersuchen, sondern gleichermaßen für die Weiterverfolgung des Ersuchens mittels Beschwerde. Von der innerbehördlichen Zuständigkeit der tätig gewordenen Rechtspflegerin kann schon wegen des auf der Beschwerdeschrift (§ 73 Abs. 2 Satz 1 GBO) angebrachten Siegels ausgegangen werden.

2. Die Beschwerde ist auch begründet.

a) Die Rechtswirkungen des Vollzugs eines – wie hier – noch nach altem Recht zur Sicherung von Vermögensansprüchen Verletzter ergangenen dinglichen Arrests entsprechen seit dem 1.7.2017 denjenigen des Vollzugs eines auf der Grundlage der reformierten Vorschriften zur Sicherung der Wertersatzeinziehung erlassenen Vermögensarrests. Das behördliche (richterliche) Veräußerungsverbot (§ 136 BGB), das die Vollziehung des Vermögensarrests in einen Gegenstand gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 StPO n.F. bewirkt, entsteht deshalb mit dem Inkrafttreten des StrVermAbG zum 1.7.2017 kraft Gesetzes auch an den Gegenständen, in die der nach altem Vermögensabschöpfungsrecht ergangene dingliche Arrest bereits vor diesem Stichtag vollzogen worden ist.

aa) Der Beschluss vom 8.5.2017, mit dem der dingliche Arrest in das Vermögen der Beteiligten zu 2 zur Sicherung des späteren Verfalls gemäß §§ 73 ff. StGB a.F. angeordnet wurde, erging auf der Grundlage der damals geltenden Normen, nämlich § 111b Abs. 2 und Abs. 5, § 111d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 111e Abs. 1 Satz 1 StPO i.d.F. des Gesetzes vom 17.7.2015 i.V.m. §§ 73 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3, § 73a StGB i.d.F. des Gesetzes vom 13.11.1998 (künftig jeweils: a.F.). Er wurde gemäß § 111d Abs. 2 StPO a.F. i.V.m. §§ 928, 932, 867 ZPO in das Grundstück der Beteiligten zu 2 vollzogen durch die Eintragung einer Sicherungshypothek.

Wurde gemäß §§ 111b, 111d StPO a.F. i. V. m. § 932 ZPO der dingliche Arrest in ein Grundstück des strafrechtlich verfolgten Schuldners durch Eintragung einer Sicherungshypothek vollzogen, so konnte dessen Gläubiger, der seinerseits einen Arrest in das Grundstück vollzieht, aufgrund der in § 111g Abs. 1 StPO a.F. angeordneten Wirkung nach § 111h Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, § 111g Abs. 2 Sätze 2 bis 4 StPO a.F. den Vorrang einer zu seinen Gunsten durch Vollstreckung eines zivilprozessualen Titels erwirkten Sicherungshypothek vor der durch den Vollzug des staatlichen Arrests begründeten Sicherungshypothek verlangen (BGHZ 144,185/189; auch Senat vom 11.10.2016, 34 Wx 416/15 = Rpfleger 2016, 554).

bb) Demgegenüber ordnet § 111h StPO n.F. an, dass die Vollziehung eines nach § 111e StPO n.F. ergangenen Vermögensarrests in ein Grundstück, die gemäß § 111f Abs. 2 StPO n.F. durch Eintragung einer Sicherungshypothek erfolgt, die Wirkung eines – zur Vermeidung gutgläubigen Rechtserwerbs im Grundbuch einzutragenden (§ 111f Abs. 4 StPO n.F.) – Veräußerungsverbots im Sinne des § 136 BGB hat und dass Zwangsvollstreckungen in Gegenstände, die im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden sind, während der Dauer der Arrestvollziehung nicht zulässig sind.

cc) Zwar zitiert der die Eintragungsgrundlage bildende Arrestbeschluss vom 8.5.2017 nur die im Erlasszeitpunkt geltenden Rechtsnormen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Rechtswirkungen, die das Gesetz seit dem 1.7.2017 an den im Rahmen der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung stattfindenden Arrestvollzug knüpft, nicht gelten. Der Eintritt der an den Vollzug anknüpfenden Rechtswirkung hängt nämlich nicht davon ab, ob und wann der nach dem alten Recht erlassene und vollzogene Arrestbeschluss durch gerichtliche Entscheidung – z. B. im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung wegen der Dauer der Maßnahme oder im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Zulassung einer Anklage – an die reformierten Normen angepasst und dem Namen nach umbenannt wird, sondern knüpft an das Inkrafttreten der Gesetzesänderung an.

(1) Mit dem StrVermAbG wurde das Recht der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung umfassend novelliert. Das Konzept der strafprozessualen Rückgewinnungshilfe zugunsten der Tatgeschädigten mit staatlichem Auffangrechtserwerb wurde wegen der Komplexität und Unübersichtlichkeit des Regelwerks sowie wegen des hohen Aufwands für die Geschädigten bei gleichzeitig hoher Fehleranfälligkeit des Verfahrens als unzulänglich angesehen, um eine effektive rechtsstaatliche Einziehung deliktisch erlangter Vermögenswerte zu gewährleisten (BT-Drucks. 18/9525 S. 1 und 45 f.). Aus diesem Grund und zugleich in Umsetzung der Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.4.20104 über die Sicherstellung und Einziehung von Tatwerkzeugen und Erträgen aus Straftaten in der Europäischen Union (ABl. L 127 vom 29.4.2014 S. 39; L 138 vom 13.5.2014 S. 114) in nationales Recht hat es der Gesetzgeber durch ein vollstreckungsrechtliches Opferentschädigungskonzept ersetzt (BT-Drucks. 18/11640 S. 1; Schilling/Corsten/Hübner StraFo 2017, 305/307 und 313). Indem die durch die Straftat Verletzten Ausgleich für den ihnen durch die Tat entstandenen Schaden unmittelbar von der Staatsanwaltschaft aus den beim Täter, Teilnehmer oder bei Dritten sichergestellten Vermögenswerten erlangen, sollen einerseits eine langwierige zivilprozessuale Durchsetzung von Opferansprüchen hinfällig und andererseits die mit einem „Windhundrennen“ verglichene Konsequenz aus dem Prioritätsprinzip (vgl. BGHZ 144, 185/191) beseitigt werden (BT-Drucks. 18/11640 S. 80; Wolf Rpfleger 2017, 489).

(2) Obwohl das Recht der Vermögensabschöpfung in diesem Sinne umfassend neu gefasst wurde und in einem Gesamtkonzept die Regelungen über die materiellen Anordnungsvoraussetzungen, die prozessualen Vorschriften über das bei der Anordnung zu beachtende Verfahren, über die Vollstreckung der Nebenfolgen sowie die Regelungen betreffend die Maßnahmen der vorläufigen Sicherung neu strukturiert wurden, ist der Novellierung das Prinzip der Kontinuität inhärent (vgl. Schilling/Corsten/Hübner StraFo 2017, 305/311). Der bislang gebräuchliche Begriff des Verfalls wird durch die Bezeichnung als Einziehung von Taterträgen ersetzt (BT-Drucks. 18/9525 S. 48; Schilling/Corsten/Hübner StraFo 2017, 305 f.). Im Bereich der vorläufigen Sicherstellung von Vermögenswerten wird der Begriff des dinglichen Arrests durch den des Vermögensarrests ersetzt, wodurch der strafprozessuale Charakter der vorläufigen Sicherstellung betont wird (BT-Drucks. 18/9525 S. 49). Dabei handelt es sich allerdings zunächst um rein begriffliche Änderungen (BT-Drucks. 18/9525 S. 48). Die in diesem Bereich vorgenommenen inhaltlichen Änderungen dienen der Stärkung, Systematisierung und Vereinfachung des Instruments der vorläufigen Sicherung (BT-Drucks. 18/9525 S. 49), ohne ein grundlegend unterschiedliches Instrument – ein „aliud“ zur bisher unter dem Begriff des dinglichen Arrests verfolgten Sicherung von Vermögenswerten zum Zwecke der Vermögensabschöpfung – zu schaffen (BT-Drucks. 18/9525 S. 75; vgl. auch OLG Stuttgart vom 25.10.2017, 1 Wx 163/17, juris Rn. 8 f.). Insbesondere blieb die Unterscheidung zwischen den bereits nach bisherigem Rechtszustand zur Verfügung stehenden Sicherungsinstrumenten einerseits der Beschlagnahme zur Sicherung der Einziehung und andererseits des Arrests (dinglicher bzw. nun Vermögensarrest) zur Sicherung der Wertersatzeinziehung bestehen (BT-Drucks. 18/9525 S. 75).

(3) Würden die an den Vollzug des Arrests anknüpfenden gesetzlichen Wirkungen gemäß den durch das StrVermAbG novellierten Vorschriften nicht (umfassend) mit dem Inkrafttreten der Reform zum 1.7.2017 auch für den Vollzug des nach altem Recht erlassenen und vollzogenen Arrests gelten, würde zudem entgegen dem Zweck der Gesetzesreform eine empfindliche Schutzlücke zu Lasten der durch die Tat Geschädigten entstehen, die nicht geschlossen werden könnte. Ein solches Gesetzesverständnis ist weder vom Wortlaut der Reformvorschriften her veranlasst noch mit dem Willen des Gesetzgebers und dem effet utile-Grundsatz vereinbar.

Gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB kommen bei Entscheidungen über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder seines Wertes dann, wenn sie nach Inkrafttreten des StrVermAbG gefällt werden, die materiellen Anordnungsvoraussetzungen in ihrer reformierten Fassung zur Anwendung; die strafprozessualen Vorschriften sind gemäß § 14 EGStPO mit dem Inhalt, den sie durch das StrVermAbG erhalten haben, ab dem 1.7.2017 anzuwenden. Eine Ausnahme gilt nur für Verfahren, in denen die in den Übergangsvorschriften genannten Entscheidungen bis zum 1.7.2017 bereits ergangen sind. Nur in den letztgenannten Verfahren soll über die Vermögensabschöpfung noch unter Anwendung der bisherigen Normen entschieden werden (vgl. BGH vom 5.9.2017, 1 StR 677/16, juris Rn. 16). Damit sollte ein über mehrere Jahre andauerndes Nebeneinander von altem und reformiertem Recht vermieden werden (BT-Drucks. 18/11640 S. 84; Köhler NStZ 2017, 497).

Dies bedeutet für das Kernstück des Reformvorhabens, nämlich die Opferentschädigung (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 49), unter anderem Folgendes:

(i) Die Staatsanwaltschaft leistet keine Rückgewinnungshilfe für die Verletzten mehr. Infolge der Streichung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB a.F. kann der Tatertrag oder ein seinem Wert entsprechender Geldbetrag somit auch dann abgeschöpft werden, wenn Schadensersatzansprüche von Tatgeschädigten im Raum stehen (BT-Drucks. 18/9525 S. 49). In allen Fällen, in denen der Täter etwas durch oder für die rechtswidrige Tat erlangt hat, hat der Staat einen eigenen Einziehungsanspruch. Aufgrund seiner damit einhergehenden Gläubigerstellung ist die ihn vertretende Staatsanwaltschaft in Mangelfällen, wenn also der Wert der gepfändeten Vermögensgegenstände zur Befriedigung aller Schadensersatzforderungen der Verletzten nicht ausreicht, berechtigt, Insolvenzantrag zu stellen (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 52; BT-Drucks. 18/11640 S. 86). Sobald der gesicherte Vermögensgegenstand vom Insolvenzbeschlag erfasst wird, erlischt das staatliche Sicherungsrecht gemäß § 111i StPO n.F. in allen Fällen, in denen mindestens einem individuellen Verletzten ein Anspruch auf Wertersatz aus der Tat erwachsen ist (BT-Drucks. 18/11640 S. 85). Der Gegenstand steht mit der übrigen Insolvenzmasse für die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung. Hat ein Tatverletzter seinen Ersatzanspruch im Zivilverfahren titulieren lassen, so verschafft ihm dies keine Zugriffsmöglichkeit auf Gegenstände, die im Wege des Vermögensarrests (§ 111e StPO) vorläufig gesichert worden sind (hierzu Schilling/Corsten/Hübner StraFo 2017, 305/315).

Nach diesem Konzept ist es ab dem 1.7.2017 nicht mehr möglich, den Vorrang der Ansprüche der durch die Tat Verletzten vor den Ansprüchen anderer Gläubiger zu sichern (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 78); § 111g Abs. 2 StPO a.F. kommt seit dem 1.7.2017 nämlich nicht mehr zur Anwendung (§ 14 EGStPO). Würde der Wegfall dieser Sicherungsmöglichkeit zum Stichtag 1.7.2017 nicht kompensiert durch das gleichzeitige, von der Anpassung des bereits vollzogenen Arrestbeschlusses an die reformierten gesetzlichen Grundlagen unabhängige Eingreifen des Veräußerungsverbots gemäß § 111h StPO n.F., stünden die Geschädigten in bereits laufenden Verfahren mit dem Inkrafttreten des StrVermAbG schlechter als zuvor. Kommt es nämlich im Mangelfall auf Antrag der Staatsanwaltschaft (§ 111i Abs. 2 StPO n.F.) oder sonst auf Antrag eines Gläubigers zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so erlischt nach der ab dem 1.7.2017 anzuwendenden Vorschrift des § 111i Abs. 1 StPO n.F. das staatliche Sicherungsrecht an dem Gegenstand, an dem es besteht, sobald der Gegenstand vom Insolvenzbeschlag erfasst wird und sofern mindestens einem Verletzten aus der Tat ein Ersatzanspruch erwachsen ist. Der Geschädigte, der nicht nach § 111g StPO a.F. geschützt ist, müsste es deshalb hinnehmen, wenn der Betroffene mittlerweile nachrangige Sicherungsrechte an dem Gegenstand begründet hat, die mit dem Wegfall des staatlichen Sicherungsrechts im Rang aufrücken und den Wert des Gegenstands aufzehren können (vgl. BT-Drucks. 18/11640 S. 85). Vor diesen rechtlichen Konsequenzen schützt ihn das mit dem Arrestvollzug kraft Gesetzes geltende und zur Verhinderung gutgläubigen Erwerbs (vgl. § 892 Abs. 1 Satz 2 BGB; Erman BGB 15. Aufl. § 892 Rn. 39, 41) in das Grundbuch einzutragende Veräußerungsverbot (vgl. § 888 Abs. 2 BGB; BGHZ 172, 360; BT-Drucks. 18/11640 S. 85 f.).

Würde der nach altem Recht ergangene und vollzogene Arrestbeschluss bis zu seiner Anpassung an die reformierten Vorschriften nicht als Vermögensarrest im Sinne des 111e StPO n.F. angesehen und würde der Eintritt der gesetzlichen Vollzugswirkungen davon abhängen, dass ein auf die reformierten Vorschriften gestützter Arrestbeschluss vollzogen wird, so würde bis dahin der beschriebene nachteilige Rechtszustand andauern.

(ii) Nachteile für die Geschädigten wären aber auch bei der Beurteilung der Frage zu besorgen, ob ein Mangelfall oder ein Deckungsfall vorliegt, ob also der Wert der gepfändeten Vermögensgegenstände ausreicht, um die Schadensersatzansprüche eines oder auch mehrerer Verletzter zu befriedigen. Würde die Eintragung des Veräußerungsverbots davon abhängen, dass ein auf die reformierten Vorschriften gestützter Arrestbeschluss vollzogen wird, so würden die durch den Vollzug des Vermögensarrests entstehenden Sicherungsrechte grundsätzlich nicht am Rang der durch den zeitlich früheren Vollzug des dinglichen Arrests entstandenen und nach dem Prioritätsprinzip daher besserrangigen Sicherungsrechte teilhaben. Zwischenzeitliche Belastungen des Vermögensgegenstandes könnten mithin die Befriedigungsaussicht der Geschädigten, die ihren Ersatzanspruch gemäß der ab dem 1.7.2017 geltenden vollstreckungsrechtlichen Lösung bei der Staatsanwaltschaft anmelden, schmälern. Damit wäre zu besorgen, dass sich der Rangverlust zu Lasten der Geschädigten auswirkt.

(iii) Die beschriebenen nachteiligen Wirkungen widersprechen dem mit dem StrVermAbG verfolgten Zweck der Stärkung des Opferschutzes (BT-Drucks. 18/9525 S. 54). In laufenden Verfahren, in denen bereits Sicherungsrechte auf der Grundlage eines Arresttitels erwirkt wurden, würde sich die den Tatgeschädigten zur Verfügung gestellte Möglichkeit, auf einfachem und kostengünstigem Weg Schadenswiedergutmachung zu erlangen (BT-Drucks. 18/9525 S. 54), als lückenhafter Rechtsschutz erweisen, würden nicht zeitgleich mit der Aufhebung der alten Regelungen zum 1.7.2017 ab diesem Zeitpunkt die nach dem reformierten Recht geltenden Vollzugswirkungen unabhängig davon eintreten, dass der vollzogene strafrechtliche Arresttitel im Rahmen des bis dahin geltenden Regelungswerks ergangen ist.

(iv) Der Anwendung der reformierten Vorschriften zur Sicherung der Vermögensabschöpfung steht das Rückwirkungsverbot (Art. 103 Abs. 2 GG; Art. 20 GG; Art. 7 Abs. 1 Satz 2 EMRK) nicht entgegen (kritisch zur rückwirkenden Anwendung der neuen Einziehungsvorschriften: LG Kaiserslautern vom 20.9.2017, 7 KLs 6052 Js 8343/16 (3), juris Rn. 40 ff.). Den wegen des Rückwirkungsverbots erforderlichen Einschränkungen hat der Gesetzgeber mit den reformierten Vorschriften inhaltlich Rechnung getragen (vgl. auch BT-Drucks. 18/9525 S. 65/66 und 74). Im davon nicht betroffenen Bereich handelt es sich bei der Vermögensabschöpfung um eine Maßnahme von lediglich vermögensordnender Rechtsnatur ohne Strafcharakter oder strafähnliche Wirkung (BT-Drucks. 18/11640 S. 84 unter Verweis auf BVerfGE 110, 1 Rn. 81 ff. zum bisher geltenden Recht; Köhler NStZ 2017, 497/498). Die gegenständliche Maßnahme dient außerdem lediglich der vorläufigen Sicherung einer gerichtlichen Entscheidung zur Vermögensabschöpfung, die ihrerseits das geltende – auch höherrangige – Recht zu beachten hat.

b) Das jedenfalls mit dem Inkrafttreten des StrVermAbG zum 1.7.2017 aufgrund des bereits erfolgten Arrestvollzugs gemäß § 111h Abs. 1 Satz 1 StPO n.F. entstandene Veräußerungsverbot im Sinne des § 136 BGB ist gemäß § 111f Abs. 4 StPO n.F. in das Grundbuch einzutragen.

Ein hierauf gerichtetes behördliches Ersuchen (§ 38 GBO) liegt in der Form und mit dem Inhalt des § 29 Abs. 3 GBO vor. Die Staatsanwaltschaft ist auch gemäß § 111k Abs. 1 Satz 1 StPO n.F. zu einem Ersuchen der in Rede stehenden Art befugt.

Die Eintragung und damit auch die Beschwerdeentscheidung ergeht – wie in der Zwangsvollstreckung die Regel – ohne vorherige Anhörung der betroffenen Beteiligten zu 2.

Das Grundbuchamt wird daher angewiesen, dem Ersuchen der Staatsanwaltschaft durch Eintragung nachzukommen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil gerichtliche Kosten im erfolgreich geführten Beschwerdeverfahren nicht anfallen (§ 25 GNotKG) und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten mangels gegensätzlicher Verfahrensanträge nicht in Betracht kommt.

Daher bedarf es auch keiner Geschäftswertfestsetzung.

Die Rechtsbeschwerde wird (für die von der Beschwerdeentscheidung in ihren Rechten betroffene Beteiligte zu 2; vgl. Hügel/Kramer § 71 Rn. 189) zugelassen. Die Sache hat rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 78 Abs. 2 Nr. 1 GBO), weil sich die hier zu beantwortende Rechtsfrage in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellt. Dass die von der gegenständlichen Vollzugsmaßnahme Betroffene gemäß § 111k Abs. 3 StPO n.F. eine Entscheidung des nach § 162 StPO zuständigen Gerichts beantragen kann, steht dem nicht entgegen.

 

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