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Grundbucheintragung – Kostenansatz bei unterbliebener Festsetzung des Geschäftswerts

OLG München – Az.: 34 Wx 247/16 Kost – Beschluss vom 15.07.2016

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird die Vorlageverfügung vom 4. Juli 2016 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur Durchführung des Geschäftswertfestsetzungsverfahrens und zur anschließenden erneuten Entscheidung über die Kostenerinnerung vom 13. Mai 2016 an das Amtsgericht München – Grundbuchamt – zurückgegeben.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1 erwarb mit Vertrag vom 13.1.2016 ein Wohnungserbbaurecht, verbunden mit Sondereigentum an einer Wohnung und ein Teilerbbaurecht verbunden mit dem Nutzungsrecht an einem Stellplatz sowie Inventar. Als Kaufpreis war ein Gesamtbetrag von 121.000 € vereinbart, davon 2.500 € für das Inventar. Mit notariellem Kaufvertrag vom gleichen Tag verkaufte die Beteiligte zu 1 das genannte Wohnungserbbaurecht an einen Dritten zum Kaufpreis von 220.000 € weiter, wobei auch hier 2.500 € als Preis für das Inventar vereinbart waren.

Die Eintragung der Beteiligten zu 1 als Eigentümer nahm das Grundbuchamt am 24.3.2016 vor, die Auflassung an den Dritten wurde am 3.6.2016 eingetragen.

Mit Kostenrechnung vom 24.3.2016 hat das Grundbuchamt eine Eigentumsumschreibungsgebühr in Höhe von 485 € aus einem Geschäftswert von 217.500 € sowie die Katasterfortführungsgebühr von 145,50 € geltend gemacht.

Mit Schreiben vom 13.5.2016 macht die Beteiligten zu 1 geltend, in Anbetracht des vereinbarten Kaufpreises mit ihrem Verkäufer sei der Geschäftswert mit 118.500 € für das Wohnungserbaurecht zu bemessen. Das Schreiben hat das Grundbuchamt als Erinnerung behandelt und diese nach Anhörung des Bezirksrevisors, des Beteiligten zu 2, am 9.6.2016 zurückgewiesen. In Folge des Weiterverkaufs des Grundbesitzes am gleichen Tag sei von einem Geschäftswert von 217.500 € auszugehen. Dagegen hat die Beteiligte zu 1 am 16.6.2016 Beschwerde eingelegt und gefordert, das Amtsgericht möge zunächst einmal den Verkehrswert ermitteln.

Diese Beschwerde hat das Grundbuchamt mit Verfügung vom 4.7.2016 dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

1. Die Beschwerde gegen den Kostenansatz ist statthaft (§ 81 Abs. 2 GNotKG); insbesondere ist der Beschwerdewert von 200 € erreicht. Mit dem Begehren, für den Geschäftswert nur 118.500 € anzusetzen, wäre die Auflassung nämlich mit einem Betrag von 300 €, die Katasterfortführungsgebühr mit 100 € zu bemessen, so dass sich der Kostenansatz vom 24.3.2016 somit um 230,50 € vermindern würde.

In der Sache entscheidet der Einzelrichter des Senats (§ 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG).

2. Die Beschwerde führt zur Zurückgabe der Sache zur Durchführung eines Geschäftswertfestsetzungsverfahrens und anschließender Entscheidung über die Kostenerinnerung im Wege der Abhilfe.

Die Vorlageverfügung vom 4.7.2016 und soweit in dieser konkludent eine Entscheidung zu sehen sein sollte, der Kostenbeschwerde nicht abzuhelfen, auch diese, sind schon deshalb aufzuheben, da Erinnerung wie Beschwerde die in der zugrundeliegenden Kostenrechnung vom 24.3.2016 getroffene immanente Bewertung des Wohnungserbbaurechts beanstanden. So wird in der Beschwerdebegründung vom 24.6.2016 der Wertansatz weiterhin in Frage gestellt und ausdrücklich eine förmliche Festsetzung des Geschäftswerts beantragt (§ 79 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 79 Abs. 1 Satz 2 GNotKG).

Das Geschäftswertfestsetzungsverfahren wurde nach früherem Recht (§ 31 Abs. 1 KostO) schon dadurch eingeleitet, dass Erinnerung mit dem Ziel eingelegt wurde, die für die angesetzte Gebühr maßgebliche Wertfestsetzung zu ändern (OLG Hamm FGPrax 2007, 287). Eine in solcher Weise begründete Erinnerung behandelte die Rechtsprechung als „Antrag“ bzw. „Anregung“ auf gerichtliche Festsetzung des Geschäftswerts (vgl. auch OLG Frankfurt vom 13.2.2003, 20 W 35/02 bei juris). Die nun geltende Bestimmung des § 79 GNotKG unterscheidet sich zwar insoweit, als die Geschäftswertfestsetzung regelmäßig von Amts wegen erfolgt (§ 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG) und ein Antrag nur dann das Verfahren auslöst, wenn ein Ausnahmefall nach § 79 Abs. 1 Satz 2 GNotKG vorliegt (Korintenberg/Hellstab GNotKG 19. Aufl. § 79 Rn. 4. Indessen wird in Fällen, in denen eine Festsetzung des Geschäftswerts unterblieben ist, diese regelmäßig auf Antrag hin erfolgen müssen (vgl. Senat vom 22.4.2015, 34 Wx 118/15; Sommerfeldt in Bormann/ Diehn/Sommerfeldt GNotKG 2. Aufl. § 79 Rn. 18). Grundlage für die Eintragung war eine Auflassung. Ein Abweichen von dem im Kaufvertrag genannten Kaufpreis hätte die Festsetzung nach § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG erfordert. Ist dies unterblieben, dann gilt nach Einlegung eines Rechtsmittels nichts anderes als nach bisherigem Recht (vgl. Fackelmann/Otto GNotKG § 79 Rn. 22).

Wenn das Verfahren auf förmliche Festsetzung des Geschäftswerts in Gang gesetzt und noch nicht abgeschlossen ist, muss eine Sachentscheidung über den Kostenansatz zwingend zurückgestellt werden (Fackelmann/Otto a. a. O.). Das Verfahren auf förmliche Festsetzung des Geschäftswerts hat nämlich Vorrang gegenüber dem den Kostenansatz betreffenden Rechtsmittelverfahren nach § 81 GNotKG. Die förmliche Geschäftswertfestsetzung nach § 79 Abs. 1 GNotKG ist eine gerichtliche Entscheidung, die Bindungswirkung für das Verfahren über den Kostenansatz auslöst. Solange eine förmliche Festsetzung noch nicht stattgefunden hat, hat der Kostenansatz vorläufigen Charakter (Senat vom 22.4.2015, 34 Wx 118/15; zum früheren Recht OLG Hamm JurBüro 1992, 547; FGPrax 2007, 287).

Weist das Abhilfeverfahren schwere Mängel auf, kann das Beschwerdegericht, unter Aufhebung der getroffenen Nichtabhilfe- bzw. Vorlageverfügung, die Sache an das Erstgericht zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgeben (z.B. Senat vom 18.2.2010, 34 Wx 9/10 = RNotZ 2010, 397; vom 11.10.2011, 34 Wx 436/11 Kost). Ein solcher schwerer Mangel könnte allein schon darin gesehen werden, dass das Amtsgericht eine bloße Vorlageverfügung getroffen hat (vgl. Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 75 Rn. 20). Das Amtsgericht wird hier jedoch, bevor es (erstmals) über die (Nicht-) Abhilfe entscheidet, die vorrangige Geschäftswertfestsetzung im förmlichen Verfahren nach § 79 Abs. 1 GNotKG durch den dafür zuständigen Rechtspfleger – ausgeschlossen ist der Kostenbeamte (vgl. BayObLGZ 1974, 329/333) – vorzunehmen haben.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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