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Grundbucheintragung einer altrechtlichen Dienstbarkeit

OLG Karlsruhe – Az.: 25 U 477/21 – Urteil vom 20.06.2022

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 18.12.2020, Az. 2 O 303/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens jeweils zu 1/2.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Offenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Kläger begehren von dem Beklagten die Löschung einer altrechtlichen Dienstbarkeit nach dem Badischen Landrecht. Mit der Widerklage hat der Beklagte Leistungen aus dieser Dienstbarkeit begehrt.

Die Kläger sind hälftige Miteigentümer des Grundstücks, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, Gemeinde …, Flst.-Nr. …, Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche, Waldfläche, Verkehrsfläche, …. (vgl. Grundbuchblatt, Anlagehefte Kläger, AS. I, 14 ff.). In Abteilung 2 des Grundbuchblatts dieses Grundstücks ist unter der lfd. Nr. 2 folgende Last und Beschränkung eingetragen:

„Der jeweilige Eigentümer duldet zu Gunsten von Grundstück Flst. Nr. 354 Brunnen- Wässerungs- und Wegrecht sowie das Recht 2 Stück Vieh unter des Bauern Behütung gegen Entrichtung eines jährlichen Waidzinses von Mg 1.71 für jedes Stück Vieh nach näherer Maßgabe des Eintrags im Grundbuch Band 15 Nr. 1 S. 1 vom 27.11.1888.

Hierher übertragen am 18.11.1988.“

Dem Eintrag liegt ein älterer Eintrag im Grundbuch von …., zugrunde (Anlagenhefte Beklagter AS. I, 26 ff., Leseabschrift 38 ff.). Dort wird unter dem 27.11.1888 ein Vertrag betreffend den Verkauf näher bezeichneter Liegenschaften von Frau Monika D. – Witwe des Andreas M.- an ihre Tochter Frau Maria Anna M. wiedergegeben.

Unter Ziff. 6 des Vertrags vom 27.11.1888 heißt es:

„Käuferin hat alle Rechte und Lasten, welche auf den Kaufsobjeckten ruhen, bekannte oder unbekannte zu übernehmen.“

Unter Ziff. 8 des Vertrags vom 27.11.1888 heißt es u.a.:

„(…)

Grunddienstbarkeitsrechte:

Käuferin ist berechtigt 2 Stück Vieh auf dem Hofgute des Bernhard G. jetzt Johann E. G. Wittwe unter dessen Behütung auf die Waide zu treiben, hat aber hier für dem Bauern einen jährlichen Waidzins mit einem Gulden per Stück zu bezahlen; ebenso hat Käuferin das Recht, auf dem Hofgute des Bernhard G., jetzt Johann E. G. Wittwe unentgeldlich Streue zu sammeln. Käuferin ist berechtigt, den Brunnen, welcher auf dem Hofgute des Bernhard G., jetzt Johann E. G. Wittwe oberhalb dem Feld der Käuferin entspringt, nach Belieben zu benützen und auf ihr Feld zu leiten; …

(…)“

Dieses Weiderecht wurde erstmals am 01.06.1842 begründet und in einem Vertrag zwischen Herrn Ernst D. als Verkäufer und Herrn Ignaz K. als Käufer unter Ziff. 8 wie folgt geregelt (Abschrift aus dem Kauf- und Tauschbuch …., Anlagenhefte Beklagter, AS II, 21 ff., 25):

„Hat Käufer das Recht zwei Kühe auf dem Hofe des Verkäufers im Berge u. Acker zu treiben, u. weiden zu dürfen welche zu einem unwiederruflichen Recht auf dem Hause des Käufers bleibt; jedoch muß der Verkäufer diese durch seinen Hirten mit seiner Herd hüten lassen, u. das Ausfahren muß vom 1tem May bis Michaeli jeden Jahres geschehen; u. hat alljährlich von jeder Kuh 1 Gulden ein Gulden Waidzins zu bezahlen wann derselbe ausfahrt.“

Der Begriff „Berge“ umschreibt einen „Weidberg“. Es handelt sich dabei um eine locker mit Wachholder, Birken und anderen Laubbäumen sowie einzelnen Fichten, Tannen und Kiefern bewachsene Fläche, welche weder zur Heuernte noch zum Anbau anderer landwirtschaftlicher Erzeugnisse genutzt werden konnte, und auf der daher Tiere geweidet wurden.

In der Folge kam es im Jahr 1850 zu einer Versteigerung des Grundstücks des Käufers, wobei auch hier im Kauf- und Tauschbuch festgehalten wurde, dass der Ersteigerer ein Viehtrieb- und Weiderecht habe, welches als „unwiderrufliches Recht“ auf dem Hause ruhe (Abschrift aus dem Kauf- und Tauschbuch …., Anlagenhefte Beklagter, AS II, 29 ff., 35). Am 10.07.1852 erfolgte ein Verkauf an Herrn Markus D., wobei auch hier das Viehtrieb- und Weiderecht im Grundbuch festgehalten wurde (Abschrift aus dem geschlossenen Grundbuch …., Anlagenhefte Beklagter, AS. II, 43 ff., 47).

Herr Markus D. veräußerte am 02.11.1860 das Anwesen an seine Schwester Frau Monika D. (Abschrift aus dem geschlossenen Grundbuch …., Anlagenhefte Beklagter, AS. II, 1 ff.). Unter Ziff. 5 des im Grundbuch wiedergegebenen Kaufvertrags (Abschrift aus dem geschlossenen Grundbuch …., Anlagenhefte Beklagter, AS. II, 4 f.) heißt es dabei unter anderem:

„Käuferin ist berechtigt, zwei Stück Vieh auf dem Hofgute des Bernhard G. unter dessen Behütung auf die Waid zu treiben, hat aber hierfür dem Bauern einen jährlichen Waidzins mit einem Gulden per Stück zu bezahlen.“

Frau Monika D. heiratete im Jahr 1861 Herrn Andreas M., aufgrund Vereinbarung der allgemeinen Gütergemeinschaft wurde das Grundstück gemeinschaftliches Eigentum der Eheleute. Nach dem Tod des Ehemannes 1878 wurde Frau Monika D. wieder als Alleineigentümerin eingetragen. Im Grundbuch wurde am 29.09.1878 ausweislich des Erbschaftsvertrags wiederum das Viehtrieb- und Weiderecht eingetragen (Abschrift aus dem geschlossenen Grundbuch …., Anlagenhefte Beklagter, AS. II, 11 ff., 16).

Der Beklagte ist der aktuelle Eigentümer des „Grundstücks Flst.-Nr. 354“, das in der lfd. Nr. 2 der Abteilung 2 enthaltenen Last und Beschränkung genannt ist.

Der Beklagte nahm auf dem klägerischen Grundstück eine Fläche von 3,3 ha für die Beweidung in Anspruch; diese Fläche mähte und mulchte er auch, um Futter für seine Tiere zu erhalten.

Die Kläger entfernten einen vom Beklagten angebrachten Zaun, so dass der Beklagte seine Tiere nicht mehr unbeaufsichtigt auf die Weide treiben konnte.

Die Kläger haben vorgetragen, bei dem Recht handele es sich nicht um eine Grunddienstbarkeit, sondern um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit, da das Recht nur der seinerzeitigen Käuferin eingeräumt worden sei und nicht dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks. Es handele sich insoweit um eine persönliche Dienstbarkeit nach Landesrechtssatz 578 des Badischen Landrechts (im Folgenden: LRS), welche gemäß LRS 617 durch den Tod der Nutznießerin erloschen sei. Gegen eine Grunddienstbarkeit spreche auch, dass weder das Behüten von Vieh noch eine Geldzahlungspflicht Gegenstand und Inhalt einer Grunddienstbarkeit sein könnten. Daher komme auch eine Ersitzung nach § 900 Abs. 2 BGB nicht in Betracht, da hierdurch keine neuartigen, im Gesetz nicht vorgesehenen Rechte geschaffen werden könnten.

Auch ein im Vertrag vom 27.11.1888 geregelter Rechtsübergang einer bereits bestehenden Grunddienstbarkeit sei nicht anzunehmen. Denn die Beschreibung von Grunddienstbarkeitsrechten an einem anderen, den Parteien nicht gehörenden Grundstück könne keinerlei Rechte der Käuferin begründen.

Darüber hinaus sei der Vertrag zu unbestimmt, da die Weidestelle nach Größe und Lage völlig unbestimmt sei. Der Beklagte benötige zum Weiden von zwei Stück Vieh nur ca. 5 m², nehme aber tatsächlich 3 ha in Anspruch.

Die Kläger haben beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, das im Grundbuch von …. zu Lasten des Grundstücks, Flst.-Nr. … der Kläger in der zweiten Abteilung eingetragene „Recht 2 Stück Vieh unter des Bauern Behütung gegen Entrichtung eines jährlichen Waidzinses von Mg 1.71 für jedes Stück Vieh nach näherer Maßgabe des Eintrags im Grundbuch Bd. 15 Nr. 1 S. 1 vom 27. November 1888“ zu löschen.

2. hilfsweise für den Fall, dass das Recht als bestehend betrachtet wird, festzustellen, dass sich die Ausübung nur auf 0,5 Hektar bezieht.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, sowie im Wege der Widerklage, die Kläger zu verurteilen, zwei Stück Vieh des Beklagten im Zeitraum 01.05. bis 30.10. eines jeden Jahres auf ihrem Grundstück, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts … Gemeinde … Grundbuch von …. zu behüten.

Die Kläger haben beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, es handele sich bei dem Recht um eine Grunddienstbarkeit, was schon aus dem Wortlaut des Vertrages vom 27.11.1888 und des Grundbuchs folge. Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit wäre mit dem Verkauf durch Frau Monika D. an ihre Tochter erloschen, dies sei hier nach dem Vertrag vom 27.11.1888 aber offensichtlich nicht der Fall gewesen, da das Recht von der Tochter übernommen werden sollte. Zudem sei dem damals geltenden Badischen Landrecht eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit unbekannt gewesen.

Mit dem Vertrag vom 27.11.1888 sei auch kein Weiderecht als Grunddienstbarkeit erstmals bewilligt worden, da die Parteien dieses Vertrags nicht die Parteien seien, welche das Weiderecht vereinbart hätten. Vielmehr sei in diesem Vertrag auf ein bereits bestehendes Weiderecht, das die Käuferin des Grundstücks übernommen habe und das im Grundbuch eingetragen gewesen sei, Bezug genommen worden.

Der Vertrag sei auch hinreichend bestimmt. Bei einer Grunddienstbarkeit könnten Leistungen wie eine Behütung und eine Geldzahlungspflicht als Nebenrecht vereinbart werden. Zudem könne eine Grunddienstbarkeit auch dann wirksam bestellt werden, wenn keine bestimmte Ausübungsstellein der Eintragung festgelegt werde. Die Festlegung erfolge insoweit durch die tatsächliche Ausübung des Rechts. Es handele sich um ein Biotop Magerrasen, das bei 0,3 bis 0,8 Großvieheinheiten pro Hektar als Extensiv-Weide nutzbar sei. Dies ergebe bei einem durchschnittlichen Wert von 0,55 Großvieheinheiten für 2 Kühe eine Weidefläche von 3,64 ha.

Im Übrigen sei jedenfalls ein Rechtserwerb durch Ersitzung gegeben. Das Recht des Beklagten und seiner Rechtsvorgänger sei seit 132 Jahren von den Beteiligten akzeptiert worden, das Recht sei mindestens seit 1888 im Grundbuch eingetragen, weshalb die Voraussetzungen einer Buchersitzung nach § 900 Abs. 2 BGB vorliegen würden.

Da die Kläger das Bestehen der Behütungsverpflichtung bestreiten würden und den Zaun entfernt hätten, bestehe ein Rechtsschutzbedürfnis für die Widerklage. Insoweit werde eine Handlungspflicht als Nebenpflicht der Hauptleistungspflicht eingefordert.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 18.12.2020 der Klage insoweit stattgegeben, als der Beklagte verurteilt worden ist, der Berichtigung des Grundbuchs dergestalt zuzustimmen, dass die in Abteilung 2 des Grundbuchblatts unter der lfd. Nr. 2 eingetragene Last die Worte „unter des Bauern Behütung“ gestrichen werden. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass mit der Belastung ein Weiderecht begründet und dabei eine Behütungsverpflichtung statuiert worden sei. Das Weiderecht sei als Grunddienstbarkeit nach Badischem Landrecht einzuordnen. Dafür spreche neben der Bezeichnung der Eintragung im Grundbuch auch die Systematik des Vertrages vom 27.11.1888. Aus dem Umstand, dass das verkaufte Grundstück neben dem belasteten liege und die Käuferin das Weiderecht ausüben solle, ergebe sich, dass es sich um keine rechtsgeschäftliche Bestellung einer im Badischen Landrecht als Vergünstigung bezeichneten persönlichen Dienstbarkeit handele. Da die Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen sei, greife die Vermutung des § 891 BGB. Das Gesetz betreffend die Ablösung der Weiderechte vom 31.07.1848 stehe dem nicht entgegen, da dieses nicht regele, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes schon bestehende Weiderechte unwirksam würden.

Da sich der Inhalt einer bei Inkrafttreten des BGB bestehenden Grunddienstbarkeit gemäß Art. 184 EGBGB nach altem Recht bestimme, sei § 1018 BGB nicht anwendbar. Dass der konkrete Inhalt einer im Grundbuch beschriebenen Dienstbarkeit nur unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelt werden könne, stehe der Bestimmtheit der Grunddienstbarkeit ebenso nicht entgegen. Der Inhalt des Vertrages sei so zu verstehen, dass sich die Grunddienstbarkeit auf alle zu diesem Zeitpunkt zum Hofgut des Bernhard G. gehörenden und als Weide genutzten benachbarten Flächen beziehe.

Auch der Hilfsantrag habe keinen Erfolg, da weder dem Eintrag der Grunddienstbarkeit im Grundbuch noch dem zu Grunde liegende Vertrag über die Bestimmung der Ausübungsfläche hinaus eine räumliche Begrenzung zu entnehmen sei. Über § 1020 BGB könne nur eine schonende Ausübung des Rechts, nicht aber eine Aufgabe oder auch nur eine Einschränkung des vertragsmäßigen Rechts verlangt werden.

Keinen Bestand habe dagegen die Verpflichtung zur Behütung, da es sich hier um eine persönliche Leistungserbringung handele, die nicht Gegenstand einer Grunddienstbarkeit nach Badischem Landrecht sein könne. Die Behütungsverpflichtung habe zudem – unter Zugrundelegung von Behüteleistungen über einen Zeitraum von 6 Monaten und dem gesetzlichen Mindestlohn von 9,35 € – einen Wert von 34.333,20 €, was mit Blick auf den geringen Futterwert der Mitbenutzung der Weide für zwei Tiere nicht nur als Nebenverpflichtung qualifiziert werden könne.

Vor diesem Hintergrund sei auch die auf die Erbringung von Behüteleistungen gerichtete Widerklage unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Feststellungen, der Antragstellung und der Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Die Kläger wenden sich mit ihrer am 08.01.2021 eingelegten und am 17.02.2021 begründeten Berufung lediglich gegen die teilweise Zurückweisung ihres Hauptantrages.

Die Kläger machen geltend, das Landgericht habe verkannt, dass inhaltlich unzulässige Eintragungen nicht die Vermutung nach § 891 BGB begründen könnten. Der Wortlaut des Vertrags vom 27.11.1888 spreche nicht von einem Recht, was dem jeweiligen Eigentümer zustehe, sondern von einem der Käuferin zustehenden Recht, weshalb eine persönliche Dienstbarkeit vorliege. Zudem werde das Recht nur als bestehend beschrieben und nicht als durch den Vertrag begründet. Der Grundbucheintrag nehme daher auf eine Urkunde Bezug, welche die Bewilligung des Rechts gar nicht darstelle.

Die Ausübung des Rechts sei zudem hinsichtlich des Ausübungsorts völlig unbestimmt und auch nicht bestimmbar, denn aus dem Grundbucheintrag ließen sich keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte für die Ausübungsstelle der Grunddienstbarkeit ableiten. Es könne nicht sein, dass der Beklagte die Wahl habe, wann er welche Flächen des Hofguts für das Weiderecht in Anspruch nehme.

Ferner sei zu berücksichtigen, dass sowohl die Verpflichtung, ein Entgelt für die Ausübung des Rechts zu zahlen, als auch die Behütungsverpflichtung nicht Gegenstand einer Grunddienstbarkeit sein könnten. Sofern jedoch der Inhalt einer Dienstbarkeit in einzelnen Punkten unzulässig sei, sei die gesamte Dienstbarkeit unzulässig und nicht existent. Es sei insoweit nicht möglich, ein dingliches Recht in einen zulässigen und in einen unzulässigen Teil „aufzuspalten“.

Die Kläger beantragen:

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 18.12.2020, Az: 2 O 303/20, abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, der Löschung des im Grundbuch von … zu Lasten des Grundstücks Flst.-Nr. …. in der zweiten Abteilung eingetragenen „Recht zwei Stück Vieh unter des Bauern Behütung gegen Entrichtung eines jährlichen Waidzinses von Mg 1.71 für jedes Stück Vieh nach näherer Maßgabe des Eintrags im Grundbuch Band 15 Nr. 1 S. 1 vom 27. November 1888“ insgesamt zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt: Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil, soweit die Klage abgewiesen worden ist. Aus dem Wortlaut der Grundbucheintragung und dem Gesamtinhalt des Vertrags vom 27.11.1888ergebe sich, dass es sich nicht um eine persönliche Dienstbarkeit handele, denn verpflichtet worden sei ein Hofgut und keine Person. Zudem spreche gegen eine persönliche Dienstbarkeit, dass weder Herr Bernhard G. noch die Witwe von Herrn Johann E. G. an dem Vertragsabschluss beteiligt gewesen seien, was aber Voraussetzung für die Begründung eines persönlichen Rechts gewesen wäre. Die Käuferin habe sich unter Ziff. 6 des Vertrages vom 27.11.1888 verpflichtet, Rechte und Pflichten zu übernehmen, als ein solches bestehendes Recht sei das Weiderecht übernommen worden. Insgesamt werde aus den Eintragungen ersichtlich, dass es sich um ein unwiderrufliches, auf dem Grundstück lastendes Recht handele.

Das Weiderecht sei auch bestimmt genug. Es sei immer an derselben Stelle auf dem Grundstück von dem Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgängern ausgeübt worden. Die Ausübungsstelle habe dabei eine Fläche umfasst, die erforderlich sei, um zwei Kühe dauerhaft zu ernähren.

Einer Grunddienstbarkeit stehe auch nicht die Entgeltregelung entgegen. Denn im Badischen Landrecht habe es keine Unterscheidung zwischen dinglichen und schuldrechtlichen Vereinbarungen gegeben. Es sei übliche Praxis gewesen, die schuldrechtliche Vereinbarung nicht als Teil der Dienstbarkeit einzutragen, sondern als privatschriftliche Vereinbarung abzufassen, was die Wirksamkeit der Dienstbarkeit aber nicht beeinträchtige.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass das Recht als altrechtliche Grunddienstbarkeit im positiven wie im negativen Sinn am öffentlichen Glauben des Grundbuchs teilnehme. Die Kläger seien daher beweisbelastet dafür, dass die Grunddienstbarkeit nicht oder nicht mit diesem Inhalt bestellt worden sei. Diesen Beweis hätten die Kläger nicht geführt.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

A.

Gegenstand der Berufung ist auf der Grundlage des Berufungsantrags gemäß § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nur die teilweise Zurückweisung des Hauptantrags. Der erstinstanzlich gestellte und vom Landgericht zurückgewiesene Hilfsantrag auf Feststellung, dass sich die Ausübung nur auf 0,5 Hektar beziehe, wird nicht mehr weiterverfolgt. Es liegt daher eine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Hauptantrag vor.

B.

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

Zwar wird teilweise angenommen, dass eine inhaltlich unzulässige Eintragung – wie sie hier von Klägerseite behauptet wird – keine „unrichtige“ Eintragung i.S.v. § 894 BGB sei, weshalb das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage nach § 894 BGB fehle; der Berechtigte sei vielmehr darauf zu verweisen, die unzulässige Eintragung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO von Amts wegen löschen zu lassen und dies notfalls mit einer Beschwerde nach § 71 GBO zu erzwingen (vgl. Kohler in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 894 BGB Rn. 3 m.w.N.).

Allerdings ist sowohl nach dem Wortlaut wie auch nach dem Schutzzweck des § 894 BGB eine Auslegung geboten, welche auch bei unzulässigen Eintragungen ein Vorgehen nach § 894 BGB ermöglicht. Denn es kann – wie der vorliegende Fall zeigt – im Einzelfall streitig bzw. nicht ohne weiteres feststellbar sein, ob eine Eintragung unzulässig ist (vgl. Hertel in: Gsell/Krüger/ Lorenz/Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar, § 894 BGB Rn. 36). Ein Titel mit einer Löschungsbewilligung ermöglicht dem Berechtigten den Nachweis der Unrichtigkeit nach § 22 GBO. Wenngleich auch das Grundbuchamt im Rahmen des Amtsverfahrens Ermittlungen anstellen kann, erscheint es daher sachgerechter, das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nur dann zu verneinen, wenn zweifelsfrei eine Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO zu erreichen ist (vgl. Hertel in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar, § 894 BGB Rn. 36). Es ist hier jedoch nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für eine solche Amtslöschung vorliegen.

C.

Den Klägern steht der noch weiter verfolgte Anspruch aus § 894 BGB nicht zu, denn das Grundbuch ist nicht unrichtig.

1.

Eine Unrichtigkeit im Sinne von § 894 BGB kann auch in der Verlautbarung eines nicht oder nicht mit dem eingetragenen Inhalt bestehenden Rechts liegen (vgl. Kohler in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 894 BGB Rn. 4). Sofern für den als Berechtigter eingetragenen die Vermutung des § 891 Abs. 1 BGB spricht, trifft den Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast für die behauptete Unrichtigkeit (vgl. Hertel in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar, Stand 15.04.2021, § 894 BGB Rn. 92; Kohler in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 894 BGB Rn. 44). Grundlage der Vermutungswirkung des § 891 BGB ist die Eintragung im Grundbuch, wozu auch die zulässigerweise in Bezug genommenen Urkunden zählen (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 24. Januar 2019 – 5 U 15/18 -, juris Rn. 13).

Die Vermutung des § 891 BGB greift indes nicht bei Eintragungen, die sich auch nach zulässiger Auslegung und trotz Umdeutbarkeit als nicht eintragungsfähig darstellen (vgl. Kohler in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 891 BGB Rn. 3). Ist die Eintragung hingegen auslegungsfähig und ergibt sich im Wege der Auslegung eine inhaltlich zulässige Eintragung, so greift für das Auslegungsergebnis die Vermutung des § 891 BGB (vgl. Hertel in: Gsell/Krüger/ Lorenz/Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar, Stand 15.04.2021, § 894 BGB Rn. 20).

2.

Vorliegend greift zugunsten des Beklagten die Vermutungswirkung des § 891 Abs. 1 BGB bezüglich der Eintragung vom 18.11.1988.

a.

Die in Frage stehende Dienstbarkeit wurde jedenfalls vor dem 01.01.1900 begründet. Altrechtliche Dienstbarkeiten bestehen nach Art. 184 EGBGB mit dem sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Inhalt und Rang fort. Sie bedürfen nach Art. 187 EGBGB – vorbehaltlich landesgesetzlicher Regelungen – zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung. Erfolgt jedoch – wie vorliegend – die Eintragung, kann sich der Berechtigte für das Recht und seinen Inhalt auf die Vermutung des § 891 BGB berufen (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, Rn. 1173).

b.

Die Eintragung vom 18.11.1988 ist auch inhaltlich zulässig.

aa.

Die Formulierung des Eintrags vom 18.11.1988 in Abteilung 2 des Grundbuchs des klägerischen Grundstücks ist für sich genommen unvollständig. Die Dienstbarkeit muss mit ihrem Wesenskern schlagwortartig eingetragen werden, etwa durch die Verwendung des Begriffs „Viehtreiberecht“ (vgl. Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, Rn. 1145). Dass es bezüglich der im Eintrag erwähnten „2 Stück Vieh unter des Bauern Behütung“ im Kern darum geht, dass diese auf die Weide des Verpflichteten getrieben werden und dort weiden können, ergibt sich indes aus dem in Bezug genommenen Eintrag vom 27.11.1888. Eine solche Bezugnahme auf ältere Grundbucheinträge ist nach § 44 Abs. 3 GBO zulässig, wenn in diesen der vollständige Inhalt des Rechts im Grundbuch selbst wiedergegeben ist. Denn aufgrund der dauerhaften Aufbewahrung des Grundbuchblatts mit den bisherigen Eintragungen lässt sich der vollständige Inhalt des Rechts jederzeit bestimmen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 03. April 2014 – 9 U 118/11 -, juris Rn. 33; Kral in: Hügel, Beck`scher Onlinekommentar GBO, Stand 01.03.2022, § 44 GBO Rn. 92).

bb.

Ein solches Viehtrieb- und Weiderecht stellt kein inhaltlich unzulässiges und damit nicht eintragungsfähiges Recht dar.

Die Ermittlung des Inhalts und Umfangs einer altrechtlichen Dienstbarkeit hat nach Art. 184 S. 1 EGBGB nach dem jeweiligen Altrecht zu erfolgen, und zwar auch dann, wenn eine spätere Eintragung in das Grundbuch erfolgt (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25. November 2016 – 10 U 197/15 -, juris Rn. 21; Kazele in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar, Stand 01.05.2022, § 1018 BGB Rn. 570). Lediglich die Ausübung richtet sich nach den §§ 1020 bis 1028 BGB.

Da das Viehtrieb- bzw. Weiderecht erstmals am 01.06.1842 begründet wurde, kommt es nicht darauf an, ob aufgrund des Gesetzes betreffend die Ablösung der Weiderechte vom 31.07.1848 ab diesem Zeitpunkt die Bestellung entsprechender Weiderechte unzulässig war. Inhalt und Umfang sind mithin nach dem ab 01.01.1810 geltenden Badischen Landrecht zu beurteilen. Nach LRS 637 ist eine Grunddienstbarkeit „jede Last, die einem Grundstück zum Gebrauch und Vortheil eines fremden Grundstücks aufliegt“. Der mögliche Inhalt kann nach LRS 686 verschieden sein und grundsätzlich jede Verfügung über ein Grundstück mit dem Charakter eines dinglichen Rechts, welches einem anderen Grundstück zugutekommt, beinhalten, solange es nicht der öffentlichen Ordnung widerspricht. Umfang und Inhalt werden insoweit allein durch den Willen der Beteiligten bestimmt (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. März 2006 – 11 Wx 124/04 -, juris Rn. 11). Dabei sind nach LRS 688 sogenannte „unständige Dienstbarkeiten“ zulässig, die zu ihrer Ausübung der sich jedes Mal wiederholenden Tätigkeit eines Menschen bedürfen (vgl. Linde, Dienstbarkeiten nach Badischem Landrecht, Die Justiz 1962, S. 136, 137). Das Gesetz nennt insoweit beispielhaft ausdrücklich „Weggerechtigkeiten, Wasserschöpf-Gerechtigkeiten, Huthgerechtigkeiten und andere ähnliche“. „Unständige Dienstbarkeiten“ können nach LRS 691 durch „Vergünstigung“ erworben werden und wie Eigentumsrechte in den Grundbüchern eingetragen werden (vgl. Linde, Dienstbarkeiten nach Badischem Landrecht, Die Justiz 1962, S. 136, 138). Es kann daher nicht festgestellt werden, dass nach dem Badischen Landrecht die Eintragung eines solchen Rechts mit Behütungsverpflichtung und Entgeltregelung unzulässig wäre.

3.

Die Kläger müssen die zugunsten des Beklagten sprechende Vermutung widerlegen, wofür voller Beweis des Gegenteils erforderlich ist (vgl. Herrler in: Grüneberg, BGB, 81. Auflage 2022, § 891 BGB Rn. 8).

Eine solche Widerlegung ist jedoch nicht erfolgt.

a.

Aufgrund der Eintragung ist – entgegen der Auffassung der Berufung – das im Streit stehende Recht als „unständige Dienstbarkeit“ nach LRS 637, 686, 688 und nicht als „persönliche Nutznießung“ nach LRS 579, 625, welche nach LRS 617 mit dem natürlichen oder bürgerlichen Tod des Nutznießers erlöschen würde, einzuordnen.

aa.

Für eine entsprechende Einordnung spricht wesentlich, dass in dem Eintrag vom 01.06.1842 die Rede davon ist, dass das Recht „auf dem Hofe des Verkäufers“ liege, ferner, dass es als „unwiderrufliches Recht auf dem Hause des Käufers“ bleibe. Daraus ergibt sich, dass die Dienstbarkeit nicht personen-, sondern liegenschaftsbezogen eingeräumt wurde (vgl. LRS 686). Hierfür spricht auch, dass – im Gegensatz zum Wege- und Wasserrecht, das dem Käufer ebenfalls am Grundstück des Verkäufers eingeräumt wurde – sogar (offenbar in Abgrenzung zur persönlichen Dienstbarkeit) explizit betont wurde, dass dieses Recht „unwiderruflich“ sei und „auf dem Haus“ bleibe. Für einen unbefangenen Betrachter ist die Berechtigung daher an ein bestimmtes Grundstück – und nicht an eine bestimmte Person – gebunden (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. November 2021 – 12 U 124/21 -, juris Rn. 71). Es handelt sich um eine zum Vorteil eines Feldguts gereichende sogenannte Felddienstbarkeit als Grunddienstbarkeit nach LRS 687.

Eine solche Grunddienstbarkeit kann nach dem Badischen Landrecht grundsätzlich durch formloses Rechtsgeschäft eingeräumt werden (vgl. Linde, Dienstbarkeiten nach Badischem Landrecht, Die Justiz 1962, S. 136, 137). Hier erfolgte die Einräumung im Rahmen eines Kaufvertrages, welcher in das Kauf- und Tauschbuch eingetragen wurde.

bb.

Ausgehend hiervon kann nicht angenommen werden, die Verkäuferin habe der Käuferin im Vertrag vom 27.11.1888 lediglich eine persönliche Dienstbarkeit bestellen wollen. Hiergegen spricht schon, dass die Verkäuferin bei diesem Verständnis der Käuferin eine persönliche Dienstbarkeit zu Lasten des Hofgutes des Herrn Bernhard G. eingeräumt hätte. Nach LRS 579 erlangt man die „Nutznießung“ aber durch Willen des Eigentümers der Sache. Eine persönliche Dienstbarkeit an seinem Hofgut hätte daher nur Herr Bernhard G. bzw. die Witwe von Herrn Johann E. G.einräumen können.

b.

Es gibt auf der Grundlage des Sachvortrags der Parteien keine Hinweise darauf, dass diese Grunddienstbarkeit erloschen sein könnte.

Die Versteigerungs- und Übertragungsakte nach dem 01.06.1842 führten nach LRS 694 nicht zu einem Erlöschen der Grunddienstbarkeit (vgl. Linde, Dienstbarkeiten nach Badischem Landrecht, Die Justiz 1962, S. 136, 137). Dass die Grunddienstbarkeit wegen der Unmöglichkeit der Ausübung (LRS 703) oder 30-jähriger Nichtausübung (LRS 706) erloschen ist, haben die Kläger schon nicht vorgetragen.

c.

Die Grunddienstbarkeit ist auch hinreichend bestimmt.

aa.

Nach Art. 184 S. 1 EGBGB ist nach altem Recht der ursprüngliche Inhalt der Grunddienstbarkeit festzustellen. Der konkrete Inhalt einer im Grundbuch beschriebenen Dienstbarkeit ist dabei unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt zu ermitteln (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30. März 2006 – 11 Wx 124/04 -, juris Rn. 13). Sowohl die Art der Berechtigung als auch die Ausübungsstelle müssen danach hinreichend bestimmt sein, wobei auch auf Anlagen oder auch über Beschreibungen auf tatsächliche Gegebenheiten verwiesen werden kann (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 12. November 2021 – 12 U 124/21 -, juris Rn. 73). So ist etwa bei Wegerechten anerkannt, dass auch eine Bezugnahme auf ihrer Natur nach wandelbaren und veränderlichen Anlagen im Gelände wie etwa Bäumen, Hecken und Pfählen, sofern nach Lage des Falls mit einer gewissen Dauer des Verbleibs zu rechnen ist, zu einer Umschreibung des vom Wegerecht erfassten Grundstücksteils ausreichen kann (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1969 – V ZR 162/65 -, juris Rn. 24). Dem Grundsatz der Bestimmtheit ist Genüge getan, wenn das Rechtsverhältnis nach diesem Maßstab objektiv bestimmbar ist, also im Streitfall ein Richter nach verständigem Ermessen in der Lage ist, eine Abgrenzung vorzunehmen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. November 2016 -10 U 197/15 -, juris Rn. 26).

Der im Eintrag vom 01.06.1842 bestimmte Ausübungsort, nämlich die „Weidberge“, beschreibt einen Teil des klägerischen Grundstücks, der sich durch eine spezielle Optik, nämlich die lockere Bewachsung mit Wacholder, Birken und anderen Laubbäumen sowie mit einzelnen Fichten, Tannen und Kiefern auszeichnet und der weder zur Heuernte oder zum Anbau anderer landwirtschaftlicher Erzeugnisse genutzt werden kann. Insoweit handelt es sich um Merkmale des „Weidbergs“, die zwar Veränderungen unterliegen, bei denen aber zum Zeitpunkt der Bestellung mit einer gewissen Dauer des Verbleibs zu rechnen war. Die Umschreibung in der Eintragung vom 01.06.1842 genügt daher dem Bestimmtheitserfordernis. Auf diesen Eintrag in der Bestellungsurkunde kann zur Bestimmung des Inhalts der Dienstbarkeit zurückgegriffen werden (vgl. Kazele in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Beck`scher Online-Großkommentar, § 1018 BGB Rn. 571).

bb.

Allerdings ist in dem Eintrag vom 27.11.1888, auf den der Eintrag vom 18.11.1988 Bezug nimmt, der Begriff „Berg“ nicht enthalten, sondern die Rede davon, dass die Tiere „auf die Weide“ getrieben werden können.

Hierbei handelt es sich jedoch um keine Bestellungsurkunde, da – wie dargelegt – die Dienstbarkeit schon im Jahr 1842 vom damaligen Eigentümer des Grundstücks erworben wurde. Da es sich um ein dingliches, auf dem Grundstück lastendes Recht handelt, lässt jede Übereignung des herrschenden Grundstücks die Grunddienstbarkeit mit auf den Erwerber übergehen (vgl. Mohr in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 1018 BGB Rn. 75). Der Begriff „Berg“ wurde erstmalig in dem Vertrag vom 02.11.1860 (Abschrift aus dem geschlossenen Grundbuch Oberwolfach, Anlagenhefte Beklagter, AS. II, 5) durch den Begriff „Weide“ („Waid“) ersetzt. Da jedoch der Verkäufer der Käuferin kein weitergehendes Recht an einem fremden Grundstück übertragen kann, als ihm selbst zusteht, ergibt sich jedenfalls im Wege der Auslegung, dass es sich um das im Jahr 01.06.1842 eingeräumte Recht handelt. Der Eintrag vom 18.11.1988 verweist zwar bezüglich des Inhalts nur auf den Eintrag vom 27.11.1888. Die Bestimmtheit der Grunddienstbarkeit lässt sich indes – wie dargelegt – nur unter Rückgriff auf ältere Einträge im Grundbuch bzw. im Kauf- und Tauschbuch bestimmen. § 44 Abs. 3 S. 2 GBO verlangt nur, dass das Recht mit seinem vollständigen Wortlaut im Grundbuch eingetragen ist, und nicht, dass sich das Recht vollständig aus der Eintragung ergeben muss. Der Verweis ist daher ausreichend, da sich mithilfe der vorangegangenen Einträge im Grundbuch der Umfang der Grunddienstbarkeit bestimmen lässt.

d.

Schließlich steht es der Bestimmtheit nicht entgegen, dass eine Behütungsverpflichtung und die Pflicht zur Geldzahlung mit aufgenommen wurden. Dass erstere unter der Geltung des Badischen Landrechts im Rahmen einer Grunddienstbarkeit zulässig war, lässt sich schon dem Wortlaut des LRS 688 entnehmen. Zudem sind entsprechende Pflichten hier als Nebenpflichten einzustufen (siehe oben unter C. 2. b) bb)). Eine Teilnichtigkeit liegt daher nicht vor.

3.

Aufgrund der obigen Ausführungen kommt es auf die Frage einer Ersitzung nach § 900 Abs. 2 BGB nicht an.

Da der Hilfsantrag nicht mehr gestellt wird, kommt es auch nicht mehr auf die Frage an, ob aus § 1020 BGB eine weitergehende Einschränkung der Ausübung des Rechts abzuleiten wäre.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711, 713 ZPO.

Gründe für die Zulassung einer Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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