Unverheiratete Partner vereinbarten einen bedingten Nießbrauch zur Absicherung nach dem Tod, doch das Grundbuchamt lehnte die Grundbucheintragung bedingter Nießbrauch ab. Die Behörde forderte den formalen Nachweis für eine Bedingung, deren Eintreten noch in ferner Zukunft lag.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Warum ist die Grundbucheintragung eines bedingten Nießbrauchs oft so schwierig?
- Was genau war passiert?
- Welche Gesetze spielten hier die entscheidende Rolle?
- Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?
- Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?
- Die Urteilslogik
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie kann ich meinen unverheirateten Partner im Grundbuch über meinen Tod hinaus absichern?
- Ist die Trennung der Lebensgemeinschaft eine zulässige Bedingung für den Nießbrauch im Grundbuch?
- Wann muss ich den Eintritt der Bedingung für den bedingten Nießbrauch dem Grundbuchamt nachweisen?
- Wie muss ich die Bedingung des Nießbrauchs im Notarvertrag rechtssicher definieren?
- Welche Kriterien machen eine persönliche Bedingung im Grundbuch für Dritte überprüfbar?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 W 110/21 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
- Datum: 18.11.2022
- Aktenzeichen: 5 W 110/21
- Verfahren: Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Nießbrauchrecht
- Das Problem: Ein Paar wollte einen Nießbrauch im Grundbuch eintragen lassen, dessen Ende an die Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft geknüpft war. Das Grundbuchamt lehnte dies ab. Es sah die Bedingung als unbestimmt an oder meinte, deren späteren Eintritt müsse man bereits beweisen können.
- Die Rechtsfrage: Darf ein dinglicher Nießbrauch eingetragen werden, obwohl sein Entstehen und Ende von zukünftigen, schwer nachweisbaren Ereignissen abhängen (Tod und Ende einer Lebensgemeinschaft)?
- Die Antwort: Ja, die Eintragung muss erfolgen. Die Bedingung ist ausreichend bestimmt, da der Vertrag auf die Kriterien der höchsten Gerichte verweist. Es ist nicht notwendig, den zukünftigen Eintritt einer Bedingung bereits mit einer öffentlichen Urkunde zu beweisen.
- Die Bedeutung: Das Gericht stellt klar, dass bedingte Rechte im Grundbuch eingetragen werden können, solange die Bedingung objektiv bestimmbar ist. Der notwendige Beweis der Bedingung muss erst erbracht werden, wenn das Ereignis eintritt und eine Löschung beantragt wird.
Warum ist die Grundbucheintragung eines bedingten Nießbrauchs oft so schwierig?
Ein Paar möchte sich für die Zukunft absichern. Der Eigentümer einer Immobilie will seiner Lebenspartnerin ein Wohnrecht einräumen, das aber erst nach seinem Tod greifen und bei einer vorherigen Trennung erlöschen soll. Eine kluge und vorausschauende Gestaltung, die jedoch auf den Widerstand des Grundbuchamts stößt. Die Begründung: Die Bedingung – das Ende einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft – sei nicht in der für das Grundbuch erforderlichen Form nachweisbar. Dieser Konflikt zwischen dem Wunsch nach individueller Vertragsfreiheit und den strengen formellen Anforderungen des Grundbuchrechts landete vor dem Oberlandesgericht Brandenburg. In seinem Beschluss vom 18. November 2022 (Az.: 5 W 110/21) schuf der Senat Klarheit in einer Frage, die für viele unverheiratete Paare von existenzieller Bedeutung ist. Er liefert eine präzise Anleitung dafür, wie man private Lebensumstände rechtssicher im Grundbuch verankern kann.
Was genau war passiert?

Ein Mann wollte seiner Lebensgefährtin für den Fall seines Todes ein umfassendes Nutzungsrecht, einen sogenannten Nießbrauch, für sein Grundstück einräumen. Dieses Recht sollte es ihr ermöglichen, das Grundstück nach seinem Ableben so zu nutzen, als wäre sie die Eigentümerin – sie dürfte also die Früchte daraus ziehen, es beispielsweise vermieten und die Einnahmen behalten.
Die notarielle Urkunde vom 5. Januar 2021 enthielt jedoch eine raffinierte doppelte Bedingung, um die Absicherung fair und flexibel zu gestalten.
- Erstens sollte der Nießbrauch unter einer aufschiebenden Bedingung stehen: Er sollte erst mit dem Tod des Eigentümers wirksam werden. Solange er lebte, änderte sich also nichts an seinen Eigentumsrechten.
- Zweitens wurde das Recht unter eine Auflösende Bedingung gestellt: Sollte die Lebensgemeinschaft der beiden Partner zu Lebzeiten des Mannes enden, würde das Anrecht auf den Nießbrauch sofort und ersatzlos erlöschen.
Um Willkür und Streit zu vermeiden, definierten die Partner in der Urkunde genau, was unter einer „Beendigung der Lebensgemeinschaft“ zu verstehen sei. Sie bezogen sich dabei auf die gefestigte Rechtsprechung zu § 1567 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), der die Voraussetzungen für eine Scheidung regelt. Eine Trennung sollte demnach vorliegen, wenn keine häusliche Gemeinschaft mehr besteht und einer der Partner diese auch nicht mehr herstellen will. Als unmissverständliches, objektives Kriterium fügten sie hinzu, dass die Bedingung in jedem Fall als eingetreten gelten solle, sobald einer der Partner aus der gemeinsamen Wohnung auszieht.
Der beurkundende Notar reichte den Antrag auf Eintragung dieses komplexen Rechts beim zuständigen Grundbuchamt ein. Doch die Behörde lehnte ab. Mit Beschluss vom 16. Juli 2021 wies sie den Antrag zurück. Die Begründung war formaler Natur: Das Eintreten der Bedingungen – insbesondere das Fortbestehen der Lebensgemeinschaft bis zum Tod des Mannes – könne nicht in der strengen Form nachgewiesen werden, die das Grundbuchrecht verlange. Gegen diese Entscheidung legten die Antragsteller Beschwerde ein, der das Grundbuchamt jedoch nicht stattgab und den Fall dem Oberlandesgericht zur endgültigen Klärung vorlegte.
Welche Gesetze spielten hier die entscheidende Rolle?
Im Zentrum dieses Falles steht der Konflikt zwischen dem materiellen Recht, das den Inhalt von Verträgen regelt, und dem formellen Grundbuchrecht, das die „Spielregeln“ für Eintragungen festlegt.
Die wichtigste Vorschrift war hier § 29 der Grundbuchordnung (GBO). Dieser Paragraph verlangt, dass die für eine Eintragung erforderlichen Erklärungen – insbesondere die Bewilligung des Betroffenen nach § 19 GBO – durch öffentliche Urkunden (z.B. eine notarielle Urkunde) nachgewiesen werden müssen. Das Grundbuchamt interpretierte diese Vorschrift so, dass nicht nur die Bewilligung der Eintragung, sondern auch der Nachweis des Eintritts der Bedingung dieser strengen Form genügen müsse.
Materiell-rechtlich ging es um den Nießbrauch, geregelt in den §§ 1030 ff. BGB. Dieses Recht ist grundsätzlich flexibel gestaltbar und kann, wie jedes andere Recht auch, unter Bedingungen gestellt werden (§ 158 BGB). Eine Bedingung macht ein Rechtsgeschäft vom Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses abhängig.
Ein weiterer entscheidender Punkt war der sogenannte Bestimmtheitsgrundsatz des Grundbuchrechts. Dieser besagt, dass Rechte, die in das Grundbuch eingetragen werden, klar und eindeutig definiert sein müssen, damit Dritte (zum Beispiel Käufer oder Banken) den Inhalt und Umfang des Rechts ohne Weiteres verstehen können. Die Frage war also: Ist die „Beendigung einer Lebensgemeinschaft“ ein ausreichend bestimmtes Ereignis?
Warum entschied das Gericht so – und nicht anders?
Das Oberlandesgericht Brandenburg hob die Entscheidung des Grundbuchamts auf und wies es an, den Nießbrauch wie beantragt einzutragen. Die Richter zerlegten die Argumentation der Vorinstanz sorgfältig und legten dar, warum sie auf einem fundamentalen Missverständnis des Grundbuchrechts beruhte.
Der entscheidende Unterschied: Bewilligung versus Bedingung
Das Gericht stellte klar, dass das Grundbuchamt die Reichweite des § 29 GBO falsch auslegte. Diese Vorschrift verlangt einen formstrengen Nachweis (also eine öffentliche Urkunde) für die Eintragungsbewilligung des Eigentümers. Der Eigentümer muss also notariell beurkunden lassen, dass er mit der Eintragung des Rechts in sein Grundbuch einverstanden ist. Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall unstreitig erfüllt; die gesamte Vereinbarung lag als notarielle Urkunde vor.
Das Gesetz verlangt jedoch nicht, dass auch der zukünftige Eintritt der Bedingung, von der das Recht abhängt, in derselben Form nachgewiesen werden muss. Die Frage, ob die Lebensgemeinschaft noch besteht oder ob der Eigentümer verstorben ist, stellt sich erst in der Zukunft – zum Zeitpunkt der Eintragung ist sie irrelevant. Das Gericht erklärte, dass die Prüfung dieser Tatsachen erst dann erforderlich wird, wenn das Recht ausgeübt oder gelöscht werden soll. Zu diesem Zeitpunkt kann und muss der Nachweis dann mit den jeweils geeigneten Mitteln (im Streitfall auch durch Zeugen oder andere Beweismittel in einem Zivilprozess) geführt werden. Die Forderung des Grundbuchamts, diesen zukünftigen Nachweis bereits bei der Antragstellung vorzulegen, war daher rechtsirrig.
Bestimmtheit bedeutet nicht „streitfrei“
Das zweite zentrale Argument des Grundbuchamts war die angebliche Unbestimmtheit der Bedingung. Wie, so die Sorge, solle man objektiv feststellen, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft beendet ist? Das Oberlandesgericht sah hier jedoch kein Hindernis. Es betonte, dass der Bestimmtheitsgrundsatz nicht verlangt, dass der Eintritt einer Bedingung von vornherein unstreitig oder ohne jeden Zweifel feststellbar sein muss.
Entscheidend sei vielmehr, dass das Ereignis anhand objektiver Kriterien nachprüfbar ist. Genau das hatten die Partner in ihrem Vertrag sichergestellt. Sie hatten klugerweise nicht nur vage vom „Ende der Beziehung“ gesprochen, sondern ihre Definition an die etablierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts geknüpft. Gerichte haben über Jahrzehnte hinweg klare Kriterien entwickelt, um eine Lebensgemeinschaft zu definieren: das Führen eines gemeinsamen Haushalts, gemeinsames Wirtschaften, die Absicht einer dauerhaften Verbindung und eine umfassende persönliche Bindung. Durch den Verweis auf diese Rechtsprechung und die zusätzliche, klare Regel („Auszug aus der Wohnung“), machten die Partner den Inhalt der Bedingung für jeden Dritten verständlich und für ein Gericht im Streitfall überprüfbar.
Eine bewusste Abkehr von der eigenen früheren Rechtsprechung
Besonders bemerkenswert ist, dass das Oberlandesgericht Brandenburg mit dieser Entscheidung seine eigene, frühere und strengere Linie aufgab. Das Grundbuchamt hatte sich in seiner Ablehnung auf zwei ältere Beschlüsse desselben Senats berufen. Das Gericht erklärte nun ausdrücklich, dass es an dieser früheren Auffassung nicht mehr festhalte. Diese Kehrtwende signalisiert eine wichtige Entwicklung in der Rechtsprechung: Die Gerichte erkennen die praktische Notwendigkeit an, auch komplexe und persönliche Lebenssachverhalte im Grundbuch absichern zu können, solange die vertragliche Gestaltung die nötige rechtliche Klarheit schafft.
Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?
Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg ist weit mehr als nur ein Einzelfall. Sie formuliert grundlegende Prinzipien für die Absicherung von Partnern in nichtehelichen Lebensgemeinschaften und gibt wertvolle Hinweise für die Gestaltung von Immobilienverträgen.
Die zentrale Erkenntnis ist die klare Trennung zwischen der formellen Anforderung an die Eintragungsbewilligung und dem späteren Nachweis des Bedingungseintritts. Das Urteil stellt sicher, dass die Türen des Grundbuchs nicht für kreative und bedarfsgerechte vertragliche Gestaltungen verschlossen werden, nur weil zukünftige Ereignisse naturgemäß nicht schon heute mit einer öffentlichen Urkunde belegt werden können. Dies stärkt die Vertragsfreiheit und ermöglicht es Paaren, ihre gegenseitige Absicherung präzise auf ihre individuelle Lebenssituation zuzuschneiden, ohne an überzogenen formalen Hürden zu scheitern.
Darüber hinaus unterstreicht der Fall eindrucksvoll die Macht eines präzise formulierten Vertrags. Der Erfolg der Antragsteller lag maßgeblich darin begründet, dass ihre notarielle Urkunde die entscheidende Bedingung – die Beendigung der Lebensgemeinschaft – nicht im Vagen ließ. Indem sie auf gefestigte juristische Definitionen Bezug nahmen und zusätzlich ein klares, objektives Ereignis (den Auszug) als maßgeblich festlegten, nahmen sie dem Argument der Unbestimmtheit den Wind aus den Segeln. Das Urteil ist somit ein Appell, bei der Gestaltung von bedingten Rechten größte Sorgfalt auf die exakte und nachprüfbare Definition der Bedingungen zu legen.
Die Urteilslogik
Die Eintragung dinglicher Rechte in das Grundbuch darf nicht an dem zukünftigen, noch nicht eingetretenen Nachweis von Bedingungen scheitern.
- [Zeitpunkt des Bedingungsnachweises]: Das Grundbuchamt muss den Eintritt einer bedingten Tatsache erst prüfen, wenn das Recht tatsächlich ausgeübt oder gelöscht werden soll, nicht bereits bei der Antragstellung zur Eintragung.
- [Formelle vs. Materielle Prüfung]: Die strenge Formvorschrift des Grundbuchrechts (GBO § 29) bezieht sich ausschließlich auf den Nachweis der Eintragungsbewilligung durch den Eigentümer, nicht aber auf den späteren Nachweis des Bedingungseintritts.
- [Bestimmtheit privater Lebenssachverhalte]: Der Bestimmtheitsgrundsatz wird erfüllt, wenn Vertragspartner eine auflösende Bedingung – auch wenn sie höchstpersönliche Umstände betrifft – anhand objektiver, für Dritte nachprüfbarer Kriterien klar definieren und festlegen.
Präzise vertragliche Gestaltung gewährleistet, dass auch komplexe und zukunftsgerichtete Sicherungsrechte dinglich im Grundbuch verankert werden können.
Experten Kommentar
Der Wunsch, private Lebensumstände wie eine Trennung rechtlich präzise abzusichern, scheiterte bisher oft an der starren Formalität des Grundbuchamtes. Das OLG Brandenburg zieht hier eine klare rote Linie und stellt fest: Die Grundbuchordnung verlangt strenge Form nur für die Zustimmung zur Eintragung, nicht für den späteren Nachweis, ob die vertragliche Bedingung wirklich eingetreten ist. Dieses Urteil ist strategisch wichtig, weil es unverheirateten Paaren erstmals einen gangbaren Weg eröffnet, komplexe, auf den Todesfall bezogene Nießbrauchsrechte zu registrieren. Entscheidend ist, dass die Notare zukünftige Ereignisse nicht vage, sondern durch den Verweis auf objektive Kriterien – wie den Auszug aus der gemeinsamen Wohnung – wasserdicht definieren. Wer seine Absicherung über den Tod hinaus präzise regeln will, hat jetzt eine klare Handlungsanleitung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie kann ich meinen unverheirateten Partner im Grundbuch über meinen Tod hinaus absichern?
Die wirksamste und sicherste Lösung ist die Eintragung eines sogenannten doppelt bedingten Nießbrauchs im Grundbuch. Dieses Recht sichert Ihren Partner nach Ihrem Tod umfassend ab, ohne die Eigentumsverhältnisse sofort zu ändern. Gleichzeitig schützt diese Gestaltung Sie davor, dass der Partner das eingeräumte Recht bei einer vorzeitigen Trennung missbraucht. Es stellt den besten Kompromiss zwischen Absicherung und Flexibilität dar.
Lassen Sie den Nießbrauch als aufschiebend bedingtes Recht notariell beurkunden. Die aufschiebende Bedingung ist in diesem Fall Ihr Tod; erst mit diesem Ereignis wird das Nutzungsrecht wirksam. Zwingend notwendig ist die zusätzliche auflösende Bedingung: Endet die Lebensgemeinschaft zu Ihren Lebzeiten, erlischt das Anrecht auf den Nießbrauch sofort und ersatzlos. Diese gesamte Vereinbarung muss als notarielle Urkunde vorliegen, da sie die zwingende Eintragungsbewilligung nach § 29 GBO darstellt.
Ein einfaches Vermächtnis in einem Testament sollten Sie vermeiden, da es den Partner nicht direkt im Grundbuch absichert. Ein Vermächtnis begründet nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben, dessen Durchsetzung im Streitfall langwierig sein kann. Durch die Grundbucheintragung des bedingten Nießbrauchs hingegen erhält der Partner ein dingliches Recht, das auch gegenüber möglichen Pflichtteilsberechtigten oder späteren Käufern bestand hat.
Vereinbaren Sie sofort einen Termin beim Notar und bringen Sie klare, objektive Definitionen mit, was das Ende der Lebensgemeinschaft bedeutet, zum Beispiel der Auszug aus der gemeinsamen Wohnung.
Ist die Trennung der Lebensgemeinschaft eine zulässige Bedingung für den Nießbrauch im Grundbuch?
Ja, die Beendigung einer Lebensgemeinschaft ist als auflösende Bedingung für einen Nießbrauch im Grundbuch zulässig. Persönliche Lebensumstände dürfen in das Grundbuch aufgenommen werden, da das materielle Recht dies grundsätzlich erlaubt (§ 158 BGB). Entscheidend ist dabei allein, dass die Bedingung dem strengen Bestimmtheitsgrundsatz des Grundbuchrechts genügt. Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte diese Auslegung nachdrücklich.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch können dingliche Rechte flexibel unter Bedingungen gestellt werden. Obwohl das Grundbuchrecht hohe formale Anforderungen stellt, schließt es Bedingungen, die an rein persönliche Umstände geknüpft sind, nicht aus. Die Bedingung muss lediglich so präzise formuliert werden, dass jeder Dritte – beispielsweise Banken oder potenzielle Käufer der Immobilie – den Inhalt des Rechts sowie die genauen Umstände seines Erlöschens verstehen kann. Aus diesem Grund führen vage oder rein subjektive Formulierungen unweigerlich zur Ablehnung durch das Grundbuchamt.
Der juristische Konflikt entsteht häufig, weil Grundbuchämter befürchten, den Eintritt der Bedingung später nicht formal nachweisen zu können. Das OLG Brandenburg stellte jedoch klar, dass Bestimmtheit nicht verlangt, dass das Ereignis von vornherein unstreitig feststehen muss. Eine zulässige Bedingung muss lediglich anhand objektiver Kriterien nachprüfbar sein. Deswegen müssen die Partner im Notarvertrag die Trennung klar definieren, indem sie etwa auf den Auszug eines Partners oder auf gefestigte juristische Kriterien zur häuslichen und wirtschaftlichen Gemeinschaft Bezug nehmen.
Überprüfen Sie Ihren Vertragsentwurf daraufhin, ob die Definition der Trennung ausdrücklich an gefestigte Rechtsprechung zur häuslichen und wirtschaftlichen Gemeinschaft angelehnt ist.
Wann muss ich den Eintritt der Bedingung für den bedingten Nießbrauch dem Grundbuchamt nachweisen?
Die Forderung des Grundbuchamtes, ein zukünftiges Ereignis wie Ihren Tod oder eine Trennung bereits heute nachzuweisen, ist unrechtmäßig. Sie müssen den Eintritt der Bedingung für den bedingten Nießbrauch nicht zum Zeitpunkt der Eintragung belegen. Der Nachweis der bedingten Tatsachen wird erst dann notwendig, wenn das eingetragene Recht in der Zukunft tatsächlich ausgeübt, aktiviert oder gelöscht werden soll. Die grundlegende Eintragung des bedingten Nießbrauchs erfolgt völlig unabhängig von der späteren Aktivierung.
Die Regel trennt klar zwischen der Bewilligung der Eintragung und dem tatsächlichen Eintritt der Bedingung. § 29 der Grundbuchordnung (GBO) verlangt den formstrengen Nachweis lediglich für die Eintragungsbewilligung des Eigentümers. Diese Bewilligung liegt durch die notarielle Beurkundung des Vertrages vor. Das Grundbuchrecht schreibt jedoch nicht vor, dass die zukünftige Wirksamkeit – also der Eintritt der Bedingung – schon bei der Antragstellung mit derselben strengen Form belegt werden muss.
Grundbuchämter interpretieren die Reichweite des § 29 GBO oft rechtsirrig. Konkret wird der Nachweis des Bedingungseintritts erst dann relevant, wenn der berechtigte Partner das Recht ausüben möchte (z.B. nach dem Todesfall) oder wenn das Recht wegen des Eintritts der auflösenden Bedingung (Trennung) gelöscht werden soll. Zu diesem späteren Zeitpunkt kann und muss der Nachweis mit den dann geeigneten Mitteln geführt werden.
Widerspricht das Grundbuchamt Ihrer Eintragung, legen Sie formell Beschwerde ein und verweisen Sie auf den klärenden Beschluss des OLG Brandenburg (Az.: 5 W 110/21).
Wie muss ich die Bedingung des Nießbrauchs im Notarvertrag rechtssicher definieren?
Die rechtssichere Formulierung des bedingten Nießbrauchs erfordert eine Doppelstrategie. Sie müssen die Bedingung (Beendigung der Lebensgemeinschaft) sowohl juristisch sauber definieren als auch ein klares, objektives Auslösekriterium festlegen. Nur diese Kombination verhindert eine Ablehnung durch das Grundbuchamt wegen mangelnder Bestimmtheit. Die hohe Präzision der Klausel nimmt dem Argument der Unbestimmtheit den Wind aus den Segeln.
Die Definition der Trennung darf nicht auf vagen oder subjektiven Gefühlen basieren. Verknüpfen Sie die Formulierung stattdessen explizit mit der gefestigten Rechtsprechung zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die Bedingung tritt ein, wenn die häusliche Gemeinschaft nach den Kriterien des Bürgerlichen Gesetzbuches (analog § 1567 BGB) nicht mehr besteht und keiner der Partner diese wieder herstellen will. Durch diesen juristischen Anker stellen Sie sicher, dass der Inhalt der Bedingung für Dritte nachvollziehbar ist. Das ist entscheidend, um dem strengen Bestimmtheitsgrundsatz des Grundbuchrechts zu genügen.
Fügen Sie zusätzlich einen harten, physisch nachweisbaren Anker hinzu, um jeglichen Zweifel auszuräumen. Definieren Sie beispielsweise den Auszug eines Partners aus der gemeinsamen Wohnung als unmissverständlichen Nachweis für den Bedingungseintritt. Dadurch wird das Geschehen sofort überprüfbar, was bei späteren Auslegungsfragen hilfreich ist. Das Oberlandesgericht Brandenburg bestätigte in seinem Urteil, dass diese präzise Gestaltung das Argument der Unbestimmtheit wirksam entkräftet.
Prüfen Sie, ob Ihre notarielle Urkunde sowohl auf die juristischen Grundlagen Bezug nimmt als auch ein klares, physisches Ereignis als Maßstab festlegt.
Welche Kriterien machen eine persönliche Bedingung im Grundbuch für Dritte überprüfbar?
Die Überprüfbarkeit einer persönlichen Bedingung, wie etwa das Ende einer Lebensgemeinschaft, ist für den Rechtsverkehr von entscheidender Bedeutung. Dritte, wie potenzielle Käufer oder Banken, müssen den Inhalt des Rechts und die Umstände seines Erlöschens klar nachvollziehen können. Dies wird nur durch die Verwendung objektiver Anknüpfungspunkte gewährleistet, die im Streitfall vor Gericht beweisbar sind.
Das Grundbuchrecht folgt dem Bestimmtheitsgrundsatz, welcher absolute Klarheit über die eingetragenen Belastungen fordert. Vage oder rein subjektive Definitionen, beispielsweise wenn man sich ausschließlich auf das Ende des gegenseitigen Vertrauens stützt, führen zur Ablehnung der Eintragung. Juristen raten deshalb, Kriterien zu wählen, die das äußere Erscheinungsbild der Beziehung betreffen, wie das Führen eines gemeinsamen Haushalts oder gemeinsames Wirtschaften. Die notarielle Beurkundung allein kann einen unklaren oder unbestimmten Inhalt nicht heilen.
Konkret benötigen Sie einen unmissverständlichen Auslöser, der über rein emotionale oder innere Aspekte hinausgeht. Ein Beispiel: Definieren Sie die Beendigung der Gemeinschaft als den Zeitpunkt, an dem einer der Partner dauerhaft aus der gemeinsamen Wohnung auszieht. Diese physische Trennung dient als harter Beweispunkt, der sich anhand einer polizeilichen Ummeldung oder der Rückgabe der Schlüssel belegen lässt. Solche Kriterien stellen sicher, dass Dritte den Umfang des eingetragenen Rechts verstehen und dessen Erlöschen im Bedarfsfall akzeptieren.
Fügen Sie in Ihre notarielle Vereinbarung eine explizite Feststellung ein, wann die Bedingung als unwiderlegbar eingetreten gilt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Auflösende Bedingung
Eine Auflösende Bedingung beschreibt einen Mechanismus, bei dem ein Rechtsgeschäft oder ein bereits bestehendes Recht automatisch endet, sobald ein zukünftiges, ungewisses Ereignis eintritt (§ 158 Abs. 2 BGB). Das Gesetz nutzt dieses Instrument, um Verträge flexibel zu gestalten und Parteien die Möglichkeit zu geben, sich für den Fall zu schützen, dass sich die ursprüngliche Grundlage der Vereinbarung später ändert.
Beispiel: Im vorliegenden Fall wurde der Nießbrauch unter die auflösende Bedingung gestellt, dass er sofort erlischt, wenn die Partner ihre nichteheliche Lebensgemeinschaft zu Lebzeiten des Eigentümers beenden.
Aufschiebende Bedingung
Wenn Juristen von einer Aufschiebenden Bedingung sprechen, meinen sie eine vertragliche Vereinbarung, die besagt, dass ein Rechtsgeschäft erst dann rechtswirksam wird, wenn ein spezifisches, zukünftiges und ungewisses Ereignis eintritt (§ 158 Abs. 1 BGB). Diese Regelung dient dazu, die Gültigkeit von Rechten zeitlich zu steuern; bis zum Eintritt der Bedingung befindet sich das Rechtsverhältnis in einem sogenannten Schwebezustand und entfaltet noch keine volle Wirkung.
Beispiel: Der bedingte Nießbrauch im Grundbuch war eine aufschiebende Bedingung, da er erst mit dem Tod des Immobilieneigentümers für die Lebensgefährtin wirksam werden sollte.
Bestimmtheitsgrundsatz
Der Bestimmtheitsgrundsatz ist eine zwingende Regelung im Grundbuchrecht, die verlangt, dass alle eingetragenen Rechte klar, eindeutig und für Dritte nachvollziehbar definiert sein müssen. Diese Anforderung schützt den Rechtsverkehr, indem sie sicherstellt, dass beispielsweise potenzielle Käufer oder Gläubiger den genauen Inhalt und Umfang einer Belastung (wie den Nießbrauch) ohne zusätzliche Nachforschungen erkennen können.
Beispiel: Die Partner mussten die Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft so präzise definieren, dass die Bedingung dem strengen Bestimmtheitsgrundsatz genügte und das Grundbuchamt sie nicht wegen Unklarheit ablehnen konnte.
Eintragungsbewilligung
Die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) ist die einseitige, formelle Erklärung desjenigen, dessen Recht durch die Eintragung im Grundbuch betroffen oder belastet wird, dass er mit der Eintragung einverstanden ist. Durch diese Bewilligung bestätigt der Eigentümer vor dem Notar seinen rechtlichen Willen, ein dingliches Recht an seiner Immobilie zu bestellen; dies ist die unabdingbare Grundlage für das Tätigwerden des Grundbuchamts.
Beispiel: Das Oberlandesgericht stellte klar, dass der formstrenge Nachweis nach § 29 GBO nur für die Eintragungsbewilligung selbst erforderlich ist, nicht aber für den zukünftigen Eintritt der vereinbarten Bedingung.
Grundbuchordnung (GBO)
Die Grundbuchordnung (GBO) ist das zentrale deutsche formelle Gesetz, das die Regeln und Verfahren für die Führung der Grundbücher und die Vornahme von Eintragungen festlegt. Sie sorgt für Rechtssicherheit und Transparenz, indem sie vorschreibt, welche Dokumente (etwa öffentliche oder notarielle Urkunden) vorgelegt werden müssen, damit dingliche Rechte wirksam im Grundbuch verankert werden können.
Beispiel: Aufgrund der strengen formalen Anforderungen des § 29 der Grundbuchordnung lehnte das Grundbuchamt zunächst die Eintragung des bedingten Nießbrauchs ab, weil es den Nachweis der Bedingung bereits bei Antragstellung forderte.
Nießbrauch
Der Nießbrauch (§§ 1030 ff. BGB) ist ein umfassendes Nutzungsrecht an einer Sache oder einem Vermögen, das dem Berechtigten erlaubt, die gesamte wirtschaftliche Frucht daraus zu ziehen, ohne selbst Eigentümer zu sein. Dieses dingliche Recht wird oft zur vorweggenommenen Erbfolge oder zur Absicherung von Partnern genutzt, da der Nießbraucher die Immobilie vermieten, bewohnen oder verpachten und die Einnahmen vollständig behalten darf.
Beispiel: Der Eigentümer wollte seiner Partnerin einen doppelt bedingten Nießbrauch an seinem Grundstück einräumen, damit sie nach seinem Tod die volle Nutzung der Immobilie innehatte.
Das vorliegende Urteil
OLG Brandenburg – Az.: 5 W 110/21 – Beschluss vom 18.11.2022
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