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Grundbuchbeschwerde des Mitglieds einer deutschrechtlichen Separationsgemeinschaft

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 60/19 – Beschluss vom 07.02.2020

Die Beschwerde der Beteiligten vom 7. November 2019 gegen den Beschluss des Grundbuchamts Burg vom 11. September 2019 wird verworfen.

Die Beteiligte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I. Im verfahrensgegenständlichen Grundbuch sind hinsichtlich der beiden im Bestandsverzeichnis verzeichneten Grundstücke der Flur …, Flurstück …5/46 und 5…/83 F.    D.    , O.    K.    und E.    K.    , R.    Z.    und R.    H.    als Eigentümer zur gesamten Hand aufgrund des am 29. Februar 1928 bestätigten Rentengutsrezesses eingetragen. Beide Grundstücke sind ausweislich des Liegenschaftskatasters Verkehrsflächen.

Die Beteiligte ist seit dem 6. Juni 2014 Eigentümerin des Grundstückes der Flur … ,Flurstück …6/42, eingetragen im Grundbuch von G.    , Blatt … 4 . Sie macht geltend, aufgrund des Rentengutsrezesses auch Miteigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke zu sein. Sie begehrt ihre Eintragung als Miteigentümerin der verfahrensgegenständlichen Grundstücke und macht geltend, als Eigentümerin des Grundstückes …6/42 der Flur … ,Gemarkung G.     , sei sie aufgrund des Rezesses auch Miteigentümerin dieser beiden Grundstücke. Ihr Miteigentumsanteil sei einzutragen, weil die Miteigentümer im Grundbuch namentlich benannt seien und eine Bruchteilsgemeinschaft vorliege.

Das Grundbuchamt hat den Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 11. September 2019 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei der eingetragenen Gemeinschaft handele es sich um einen Personenzusammenschluss alten Rechts und nicht um eine Gesamthandsgemeinschaft. Eine Grundbuchberichtigung aufgrund Erbfolge sei ebenfalls nicht möglich. Vielmehr sei in Art. 233 § 10 EGBGB geregelt, dass zur Auflösung dieser Personenzusammenschlüsse die Flurneuordnungsbehörde zuständig sei.

Hiergegen hat die Beteiligte mit am 12. November 2019 beim Grundbuchamt eingegangenen Schreiben vom 7. November 2019 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 15. November 2019 nicht abgeholfen hat.

II.

Die grundsätzlich gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthafte Beschwerde ist bereits unzulässig. Sie hätte aber auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

1.

Das Rechtsmittel erweist sich als unzulässig, weil es an der erforderlichen Beschwerdebefugnis der Beteiligten fehlt.

Die Beteiligte begehrt die Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GBO, weil nach dem Rentengutsrezess vom 29. Februar 1928 hinsichtlich der beiden verfahrensgegenständlichen Grundstücke Miteigentum entstanden sei, deren Inhaber bzw. Rechtsnachfolger – hier u.a. sie selbst – namentlich bekannt seien, insbesondere sei sie als Eigentümerin des Grundstückes …6/42, dessen Eigentümer auch zugleich Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Grundstücke sei, namentlich bekannt und könnte daher als (Mit-)eigentümerin im Grundbuch eingetragen werden. Angesichts der hier anzuwendenden Rechtsgrundlagen des Rentengutsrezesses geht diese Ansicht fehl.

a)

Gegen die Zurückweisung eines Antrags, mit dem die Berichtigung einer dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs unterliegenden Grundbucheintragung – wie die Eigentümereintragung – begehrt wird, ist zwar nach h. M. die unbeschränkte Beschwerde gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO dann statthaft, wenn geltend gemacht wird, die Eintragung sei nachträglich durch Vorgänge außerhalb des Grundbuchs unrichtig geworden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2017 – V ZB 59/17 –, Rn. 6, juris; Demharter, GBO, 31. Aufl. § 71 Rn. 29; Budde in Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 71 Rn. 58).

b)

Jedoch ist die Beteiligte allein, also ohne Mitwirkung der weiteren eingetragenen bzw. durch den Rentengutsrezess berechtigten Personen, nicht beschwerdebefugt. Die Beschwerdebefugnis betrifft die Ausübung der Beschwerdeberechtigung (Demharter, a.a.O., § 71, Rn. 60). Soweit das Oberlandesgericht in seinen Entscheidungen vom 15. April 2003 – 11 Wx 15/02 – , Rn. 7, juris und vom 17. August 2015 – 12 Wx 48/14 –, Rn. 7, juris – ohne nähere Begründung – offenbar auch neben der Beschwerdeberechtigung eine Beschwerdebefugnis wegen der Geltendmachung eines vermeintlichen Miteigentumsrechts der dortigen Antragsteller bejaht hat, folgt der Senat dieser Ansicht aus den nachfolgend dargestellten Gründen nicht. Im Verfahren auf Vornahme einer Eintragung zugunsten eines Beteiligten gilt der Grundsatz: Die Beschwerdeberechtigung deckt sich mit dem Antragsrecht (siehe § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO; Demharter, a.a.O., § 71 Rn. 63; § 13, Rn. 42 ff.; Meikel, Grundbuchordnung, 11. Aufl., § 71, Rn. 112; BGH, Beschluss vom 3. Februar 2005, V ZB 44/04, BGHZ 162, 137 ff., Rn. 8; OLG München, Beschluss vom 4. Februar 2011, 34 Wx 157/10, Rn. 5, OLG Nürnberg, Beschluss vom 19. März 2012, Rn. 13, alle juris). Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechtsstellung durch die Entscheidung des Grundbuchamts – ihre Unrichtigkeit in dem mit der Beschwerde behaupteten Sinn unterstellt – unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt ist, und der deshalb ein rechtlich geschütztes Interesse an der Beseitigung der angegriffenen Entscheidung hat (BGH, Beschluss vom 6. März 1981 – V ZB 18/80 –, BGHZ 80, 126-129, Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 22. November 2018 – 34 Wx 105/18 –, Rn. 11 – 12, juris; Demharter, a.a.O., § 71, Rn. 58). Sie folgt nicht schon aus der Zurückweisung des Antrages, vielmehr ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer – hier die Beteiligte – ein Antragsrecht hat (Meikel, a.a.O., § 71, Rn. 112; BGH, Beschluss vom 3. Februar 2005, a.a.O., Rn. 8). Antragsberechtigt nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO ist nur der unmittelbar Beteiligte, d. h. derjenige, dessen dingliche Rechtsstellung durch die betreffende Eintragung einen Gewinn erfährt oder einen Verlust erleidet. Gewinnender Teil ist derjenige, dessen Begünstigung unmittelbar bezweckt wird. Dies ist bei der vorliegend erstrebten Grundbuchberichtigung der Eigentümer; allein er erreicht durch die beantragte Löschung einen unmittelbaren Vorteil. Ein rein wirtschaftliches Interesse führt nicht zu einem Antragsrecht, mithin auch nicht zu einer Beschwerdebefugnis (Meikel, GBO, a.a.O. § 71 Rn. 121; BGH, Beschluss vom 3. Februar 2005, a.a.O., Rn.8; OLG Nürnberg, Beschluss vom 19. März 2012 – 10 W 1639/ 11 –, Rn. 13, juris).

Eine solche Veränderung ihrer dinglichen Rechtsstellung kann die Beteiligte aus Rechtsgründen nicht erreichen; die bloße Behauptung eines Miteigentumsrechts reicht nicht aus. Ein solche muss auch rechtlich möglich sein. Die Inhaber des Rechts, aus dem sich die Antrags- und auch Beschwerdeberechtigung herleitet, ist hier nicht die Beteiligte allein; sie ist nicht verfügungsbefugt, so dass weder eine Antrags- noch Beschwerdebefugnis besteht. Die Antragsbefugnis fehlt, wenn der Antragsteller materiellrechtlich nicht verfügungsbefugt ist (Demharter, a.a.O., § 71, Rn. 60; Budde in Bauer/Schaub, GBO, 4. Aufl., § 71, Rn. 82; z.B.: OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2019 – 34 Wx 325/18 –, Rn. 16, juris) bzw. – wie hier – ein solches Recht – der Miteigentumsanteil an dem Grundstück der Separationsgemeinschaft – materiellrechtlich nicht existiert. Denn die Beschwerde- wie auch die Prozessführungsbefugnis entspringt der behaupteten Inhaberschaft des geltend gemachten Rechts und ist somit die Fähigkeit, dass behauptete streitige Recht als die richtige Partei im eigenen Namen zu führen (Zöller-Althammer, ZPO, 33. Aufl., vor § 50, Rn. 16).

Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Vielmehr besteht eine altrechtliche Gesamthandsberechtigung der Interessenten der Separationsgemeinschaft (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 1. Dezember 2015 – 3 W 107/15 –, Rn. 8 für den Fall einer Gesamthandsberechtigung, juris). Der Mitberechtigte einer Rechtsgemeinschaft ist jedoch jedenfalls insoweit nicht prozessführungs- und damit beschwerdebefugt, als nicht ersichtlich ist, dass sein Antrag – jenseits von Notgeschäftsführungsmaßnahmen – dem Willen der übrigen Mitberechtigten entspricht. Auf Verfahrensstandschaft kann er sich hierfür nicht berufen (vgl. Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. Vorbemerkungen zu §§ 50-58 Rn. 21 m. w. Nachw.; OLG München, Beschluss vom 22. November 2018 – 34 Wx 105/18 –, Rn. 17; OLG München, Beschluss vom 4. Februar 2011 – 34 Wx 157/10 –, Rn. 5 für die eheliche Gesamthandsgemeinschaft, juris). Vielmehr gilt dann ein gemeinschaftliches Verfügungsrecht und damit eine gemeinschaftliche Antrags- und Beschwerdebefugnis (OLG München, Beschluss vom 04. Februar 2011 – 34 Wx 157/10 –, Rn. 5, juris).

Der Beteiligten steht außerdem ein Miteigentumsanteil, aus dem sich eine Beschwerdebefugnis ergeben könnte, an dem Grundstück materiell-rechtlich nicht zu. Mitinhaberin des Eigentumsrechts, aus dem sich die Beschwerdeberechtigung herleitet, ist nicht die Beteiligte allein. Die altrechtliche Gesamthandsberechtigung sämtlicher Berechtigter, führt dazu, dass der Beteiligten keine eigene Verfügungsmacht über einen Miteigentumsanteil oder ein sonstiges anderes Recht an dem Grundstück hat. Der Mitberechtigte einer solchen altrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft ist insoweit nicht prozessführungs- und damit auch beschwerdebefugt, als sein Antrag – jenseits von Notgeschäftsführungsmaßnahmen, die hier nicht vorliegen – nicht dem Willen der übrigen Mitberechtigten entspricht bzw. eine andere Vertretungsregelung besteht. In diesen Fällen steht die Beschwerdebefugnis daher nur allen Berechtigten gemeinsam zu (Demharter, a.a.O., § 71, Rn. 60, 3; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 1. Dezember 2015 – 3 W 107/15 –, Rn. 8, juris).

d) Eine Rechtsbeeinträchtigung der Beteiligten dadurch, dass ein Miteigentumsanteil für sie nicht eingetragen ist, liegt zudem nicht vor.

Im Einzelnen:

aa) Die Eintragung der vorbezeichneten Eigentümer als Gesamthandsgemeinschaft geht auf den bestätigten Rentengutsrezess vom 29. Februar 1928 zurück. Ziel und Gegenstand der Rentenrezesse oder auch Gemeinheitsteilungen war es seit dem 19. Jahrhundert, die wirtschaftlich nutzbaren und bislang gemeinschaftlich genutzten Grundstücke (Gemeinheiten) den Nutzern im Interesse einer besseren wirtschaftlichen Verwertbarkeit zu Alleineigentum zuzuweisen und die sog. Zweck- (Interessenten- oder Separations-) grundstücke wie beispielsweise Wege (hier: Verkehrsflächen), Tränken, Trocken- und Bleichplätze, Triften, Sand-, Kies-, Lehm-, Mergel- und Kalkgruben oder Gräben in gemeinschaftlichem Eigentum zu belassen, wobei Miteigentümer dieser Zweckgrundstücke (sog. Interessenten) nur diejenigen sein konnten, die im Wege des Rezesses auch sog. Stammgrundstücke zugewiesen erhielten. In einem das Verfahren abschließenden und obrigkeitlich bestätigten Rezess wurde festgelegt, wer an den Grundstücksumlegungen beteiligt war, wer eine Landabfindung erhielt und wer demnach Miteigentümer oder Interessent der Zweckgrundstücke war. Wer ein Stammgrundstück erhielt, gehörte ohne weiteres der Gemeinschaft der Interessenten an, die weiterhin Eigentümer der gemeinschaftlich genutzten Zweckgrundstücke waren. Diese Regelung lag in der deutschrechtlichen Tradition der Allmende begründet, welche seit dem Mittelalter gemeinschaftliches Eigentum der Dorfgenossen war und der gemeinschaftlichen Nutzung unterlag (Seehusen, Zum Recht der Teilungs- und Verkopplungsinteressengemeinschaften, Recht der Landwirtschaft 1962, 305, 306; Böhringer, Altrechtliche Personenzusammenschlüsse und ihr Grundbuch-Schicksal in den neuen Bundesländern, NJ 2000, 120 ff.; auch zur rechtsgeschichtlichen Entwicklung der altrechtlichen Interessentengemeinschaften in Sachsen-Anhalt; Böttcher, in: Meikel, GBO, a.a.O., § 123 GBO, Rn. 23; BGH, Urteil vom 27. Mai 1966 – V ZR 156/63 –, Rn. 35, juris; OLG Celle, Urteil vom 3. Februar 1964, 1 U 97/62, RdL 1964, 157; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2007 – 1 L 39/06 –, Rn. 30, juris).

bb) Die Rechtsnatur der aus derartigen Auseinandersetzungsverfahren (Rezessen) hervorgegangenen Rechtsgemeinschaften hinsichtlich der Zweckgrundstücke ist in den zugrundeliegenden Rechtsvorschriften, der Preußischen Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821 (Preuß. GS 1821, S. 53) und dem Gesetz betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. April 1887 (Preuß. GS 1887, S. 105) nicht definiert. Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Literatur darin, dass das Eigentum der in gemeinschaftlicher Nutzung verbleibenden Grundstücke den am Rezess Beteiligten zustehen sollte und diese – soweit im Rezess nicht anders bestimmt – eine deutschrechtliche Gemeinschaft zur gesamten Hand bilden (Seehusen, a.a.O., S. 306; OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamm, Beschluss vom 12. April 1973, 15 W 166/72, RdL 1974, 73; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2007 – 1 L 39/06 – , Rn. 32, juris). Um den Zweck der gemeinschaftlichen Nutzung weiter erfüllen zu können, sollte das Miteigentum ungeteilt und rechtlich untrennbar mit dem Eigentum der Stammgrundstücke verbunden bleiben. Das Anteilsrecht stand damit den Eigentümern der Stammgrundstücke nicht persönlich zu, sondern war und ist untrennbarer Bestandteil des Zweckgrundstückes und geht stets auf den jeweiligen Eigentümer dieses Grundstückes über (Böhringer, a.a.O., S. 122; OLG Celle und OLG Hamm, a.a.O; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, a.a.O., Rn. 32). Das Kammergericht Berlin hat zur Rechtsnatur der Beteiligung an den Zweckgrundstücken in seinem Beschluss vom 10. Juni 1915, 1 L 102/15, ausgeführt:

„… dass es sich bei diesem Wegegrundstücke hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse daran nicht um frei bewegliche Miteigentumsrechte handelt, sondern um das Miteigentum an einer bestimmten (Real-)Gemeinschaft an einer den ausschließlichen Zwecken dieser Gemeinschaft dienenden Landfläche, die, um diese Zwecke dauernd erfüllen zu können, ungeteilt und rechtlich untrennbar mit dem Eigentum an den zur Benutzung dieser Flächen berechtigten Grundstücken verbunden bleiben soll und muss.“ (KGJ 48, 199)

Die Zugehörigkeit zu einer Interessentengemeinschaft ist damit als subjektiv-dingliches Recht untrennbar mit dem Eigentum an einem Stammgrundstück verbunden, dessen Bewirtschaftung die gemeinschaftlichen Flächen diesen sollten. Wer ein solches Stammgrundstück – wie hier die Beteiligte – erwirbt, gehört – vorbehaltlich der genauen Regelungen im Rezess – ohne weiteres zur Gesamthandsgemeinschaft der Interessenten und scheidet ebenso wieder bei Verlust des Eigentumsrechts an dem Stammgrundstück wieder aus. Damit ist eine willkürliche Loslösung des Anteilsrechts von dem Abfindungsgrundstück und seine Übertragung an eine Person – wie von der Beteiligten begehrt – nicht statthaft, weil anderenfalls aus dem subjektiv-dinglichen Recht eine subjektiv-persönliche Berechtigung gemacht werden würde (OLG Celle und Hamm, a.a.O.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2007 – 1 L 39/06 –, Rn. 34, juris). Das Anteilsrecht an dem Zweckgrundstück geht vielmehr ohne weiteres auf den jeweiligen Erwerber des nutzbaren Grundstücks über, ohne dass es einer ausdrücklichen Auflassung des Anteilsrechts oder der Eintragung im Grundbuch des Zweckgrundstücks bedarf (KG a.a.O.). Die Anteile am Zweckgrundstück sind grundgebunden; sie teilen das rechtliche Schicksal des Zweckgrundstücks und drücken lediglich einen altrechtlichen Nutzanteil des jeweiligen Mitglieds aus (OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. Januar 2012 – 20 W 169/11 –, Rn. 51, juris). Diese Grundgebundenheit des Anteilsrechts bedeutet heute rechtstechnisch eine Verfügungsbeschränkung einerseits und andererseits, dass der begehrte Miteigentumsanteil an den verfahrensgegenständlichen Grundstücken aus Rechtsgründen nicht besteht. Die Gemeinschaften an den Zweckgrundstücken sind eben zwangsweise geschaffene Gemeinschaften, bei denen es sich nach deren Zweck und nicht nach dem Belieben Einzelner bestimmt, ob und unter welchen Umständen ein Anteilsrecht übertragen werden kann (Seehusen, a.a.O..; OVG Lüneburg, Urteil vom 24. Mai 1963 – III OVG A 26/63 – RdL 1963, 305 f.; OLG Celle, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. Juni 1999 – 2 U (Lw) 4/99 –, Rn. 27; BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 320/02 –, Rn. 6; BVerwG, Urteil vom 29. August 2006 – 8 C 21/05 –, BVerwGE 126, 316-326, Rn. 45, juris).

cc) Die entsprechenden Interessentengemeinschaften, deren Mitglieder als Eigentümer der Stammgrundstücke auch Eigentümer der Zweckgrundstücke waren, sind nach diesen Ausführungen an juristische Personen angenäherte, genossenschaftliche Züge aufweisende Gesamthandsgemeinschaften deutschen Rechts ohne eigene Rechtspersönlichkeit, an deren Vermögen die jeweiligen Interessenten teilhaben können, ohne eigene Miteigentumsrechte erwerben zu können (Böhringer, a.a.O, 120, 122; Seehusen, a.a.O., 305, 306; KG Berlin, a.a.O.; OLG Celle und OLG Hamm, a.a.O.; BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 320/02 –, Rn. 6; OLG Naumburg, Beschluss vom 15. April 2003, 11 Wx 15/02, Senatsbeschluss vom 17. August 2015 – 12 Wx 48/14 –, Rn. 12, juris). Bei derartigen altrechtlichen Gemeinschaften bildet die Gemeinschaft einen körperschaftlich organisierten Verband; das Eigentum steht nicht Einzelpersonen, sondern der Gesamtheit der Teilhaber zu. Ob die Korporation eine juristische Person ist oder nicht oder, wovon die rechtswissenschaftliche Literatur hier ausgeht, dieser angenähert ist, kann dahinstehen, weil die Grundbuchfähigkeit der Gemeinschaft davon nicht abhängt. Damit aber ist die Gemeinschaft und nicht die Gesamtheit ihrer einzelnen Mitglieder, als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch einzutragen (OLG München, Beschluss vom 30. Oktober 2009 – 34 Wx 56/09 –, Rn. 14, juris). Dem entspricht auch der durch § 4 Abs. 3 der Allgemeinen Verfügung des preußischen Justizministers zur Ausführung der Grundbuchordnung vom 20. November 1899, preuß. JMBl. 1899, 349 ff. eröffneten Eintragungsmöglichkeit für solche Personenmehrheiten.

Soweit rechtlich auch eine Bruchteilsgemeinschaft denkbar wäre, kommt dies hier aufgrund des eindeutigen Grundbucheintrages „zur gesamten Hand“ nicht in Betracht.

dd) Die aus diesen Rezessen hervorgegangenen Gemeinschaften bestehen gemäß Art. 113, 164 EGBGB fort. Gemäß Art. 164 S. 1 EGBGB, § 117 GBO bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehenden Realgemeinden und ähnliche Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken berechtigt sind, in Kraft, ungeachtet dessen, dass das BGB Gesamthandseigentum nur in der Form der von ihm ausdrücklich geregelten Gemeinschaften (z.B. eheliche Gütergemeinschaft, Erbengemeinschaft) kennt. Hiernach sind die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des BGB bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen u. a. an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken berechtigt sind, in Kraft geblieben. Die Regelungen haben auch in der DDR weiter gegolten (§§ 2 Abs. 2, 15 EGZGB) und bestehen in Sachsen-Anhalt nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Zweiten Gesetzes zur Bereinigung des zu Landesrecht gewordenen Rechts der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik vom 26. Februar 1998 (GVBl. LSA 1998, S. 80) ausdrücklich fort (vgl. zur Weitergeltung des Preußischen Gesetzes, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. April 1887: BVerwG, Urteil vom 29. August 2006, 8 C 21.05, Rn. 33 f.; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. April 2007 – 1 L 39/06 –, Rn. 28, juris).

Das Vermögen solcher Gesellschaften ist nicht gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter, sondern Vermögen der Gesellschaft selbst; die Gemeinschaft allein ist Rechtsinhaberin (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 – V ZB 18/15 –, Rn. 11, juris). Gemäß Art. 164 S. 2 EGBGB macht es keinen Unterschied, ob diese juristische Personen sind. Letzteres verdeutlicht, dass körperschaftliche Strukturen, wie sie die §§ 21 – 89 BGB für die bürgerlichen Körperschaften, insbesondere für die eingetragenen Vereine, Stiftungen, sowie für Körperschaften des öffentlichen Rechts bestimmen und wie sie in vielen körperschaftlichen Spezialgesetzen im Einzelnen geregelt sind, für die früheren landesrechtlichen Separationsgemeinschaften unmaßgeblich sind (KG Berlin, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 29. Juni 2017 – V ZB 18/15 –, Rn. 11 ff.; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. Januar 2013 – 3 W 21/12 –, Rn. 9, juris).

ee) Folge dieser rechtlichen Konstruktion der sog. Separations- oder Interessentengemeinschaften ist, dass ein Miteigentumsanteil wie auch ein Verfügungsrecht des Einzelnen hierüber ausgeschlossen ist und die einzelnen Beteiligten dieser Gemeinschaften etwaige Grundbuchberichtigungsansprüche nicht im eigenen Namen geltend machen können. Eine Einzelbefugnis der Beteiligten besteht nicht; ein eigenes Anteilsrecht können die Berechtigten nicht erwerben (Böhringer, a.a.O.; BGH a.a.O.). Entsprechend ist ein Grundbuchberichtigungsantrag von der die Gemeinschaft vertretenden Person und nicht von einem einzelnen Mitglied zu stellen (OLG München, Beschluss vom 25. August 2010 – 34 Wx 40/10 –, Rn. 13; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 17. Januar 1991 – BReg 2 Z 98/90 –, Rn. 34 hinsichtlich einer altrechtlichen Alpengenossenschaft, juris).

Der Beteiligten ist allerdings zuzugeben, dass die rechtliche Konstruktion der Separationsgemeinschaften die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit ihren Mitgliedern die Befugnis zukommt, Rechte im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, erschwert. Der Bundesgerichtshof hat im Hinblick auf die Argumentation der Beteiligten bereits entschieden, dass selbst bei Anwendbarkeit des § 744 Abs. 2 BGB dies nur als subsidiäres Recht zu verstehen ist, das nur eingreift, wenn die handlungsbefugten Organe der Gemeinschaft nicht handeln. Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein Beschwerderecht der Beteiligten im Interesse der Separationsinteressenten, einen Berichtigungsantrag zu verfolgen (BGH, Urteil vom 6. Juni 2003 – V ZR 320/02 –, Rn. 6; BVerwG, Urteil vom 29. August 2006 – 8 C 21/05 –, BVerwGE 126, 316-326, Rn. 41, juris). Dafür gibt es hier keinen Anhalt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beteiligte die weiteren Separationsinteressenten um eine Ermächtigung zur Grundbuchberichtigung gebeten haben könnte. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Gemeinde G.    die Beteiligte ermächtigt haben könnte.

Aus § 2 des Gesetzes betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftliche Angelegenheiten vom 2. April 1887 (Preuß. GS 1887, 105 f) folgt, dass die Vertretung und Verwaltung von Separationsgemeinschaften dem Gemeindevorstand zu übertragen ist bzw. nur die Gesamtheit der Beteiligten im Rechtsverkehr auftreten kann. Allerdings liegt hier entgegen der Ansicht des Grundbuchamts keine gesetzliche Vertretung der Gemeinde gemäß Art. 233 § 10 EGBGB vor, weil Mitglieder der Gesamthandsgemeinschaft im Grundbuch aufgeführt sind und nicht ersichtlich ist, dass eine Vertretung gemäß § 2 des Gesetzes vom 2. April 1887 bestellt wurde. An der Rechtsnatur ändert sich jedoch nichts, wenn die Gemeinschaft keine gesetzliche Vertretung entsprechend des Gesetzes vom 2. April 1887 erhalten hat (KG Berlin, a.a.O., S. 202; Staudinger/Rauscher (2016) Artikel 233 § 10 EGBGB, Rn. 4).

2.

Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:

Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 Abs. 1 GBO nicht vor. Vorbehaltlich des genauen Inhalts des Rentengutsrezesses kommt eine Eigentümereintragung der Beteiligten nicht in Betracht. Vielmehr kann nur die Gesamthandsgemeinschaft als Berechtigte eingetragen werden, ohne dass es der Bezeichnung der einzelnen Beteiligten bedarf oder diese erforderlich wäre (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2018, 12 Wx 14/18, Rn. 17, juris; Böhringer, a.a.O.). Zulässig ist insoweit eine Zusammenfassung aller Interessenten – ohne deren Namensbezeichnung – unter einer gemeinschaftlichen Bezeichnung (z. B. Senat, Beschluss vom 1. Oktober 2018 – 12 Wx 14/18 –, Rn. 17; Beschluss vom 17. August 2015 – 12 Wx 48/14 –, Rn. 12; Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. April 2003 – 11 Wx 15/02 –, Rn. 14, juris, OLG Hamm, a.a.O.; KG Berlin, a.a.O.; Böhringer, a.a.O.). Insoweit ist es zur näheren Bezeichnung der Gesamtheit nur erforderlich, dass auf den Rezess verwiesen wird, in dem die Rechtsverhältnisse geregelt sind. Für die auf Grund des Gesetzes vom 2. April 1887 mit einer Vertretung ausgestattete Gesamtheit der Beteiligten hat der § 4 Abs. 3 der Allgemeinen Verfügung des preuß. Justizministers zur Ausführung der Grundbuchordnung vom 20. November 1899 (JMBl. S. 349) ausdrücklich bestimmt, dass eine solche Gesamtheit als Berechtigte im Grundbuch eingetragen werden kann, ohne dass es der Bezeichnung der einzelnen Beteiligten bedarf (Seehusen, a.a.O., S. 311; KG Berlin, a.a.O., S. 203). Hieran ändert auch der Umstand, dass die Gemeinschaft keine Vertretung nach Maßgabe des Gesetzes vom 2. April 1887 erhalten hat, nichts (KG Berlin, a.a.O., S. 202).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 80, 84 FamFG.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 und Abs. 3 GNotKG, wobei der Senat mangels anderweitiger Anhaltspunkte von einem Gegenstandswert von 5.000,00 Euro ausgeht.

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