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Grundbuchberichtigung – Erbringung Unrichtigkeitsnachweis durch Gerichtsentscheidung

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 15/16 – Beschluss vom 26.09.2016

Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Haldensleben – Grundbuchamt – vom 15. Dezember 2015 aufgehoben.

Gründe

I.

Als Eigentümerin des o. g. Grundstücks ist die B. Stiftung zu R. im Grundbuch aufgrund der Auflassung vom 30. September 1903 eingetragen. Mit Schreiben vom 6. August 2015 beantragte die Beteiligte, die Eintragung unter der lfd. Nr. 1 der I. Abteilung dahingehend zu berichtigen, dass Eigentümer ist: „Evangelische Kirchengemeinde R. (die B. Stiftung zu R. )“.

Zur Begründung führte die Beteiligte aus, dass sich aus dem im Original anliegenden Schreiben des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland vom 30. Juli 2015 nebst dort anliegenden beglaubigten Kopie des Schreibens des Landesverwaltungsamtes des Landes Sachsen-Anhalt vom 30. August 2010 ergebe, dass es sich bei diesem verzeichneten Eigentümer um eine nicht rechtsfähige unselbständige Stiftung in Trägerschaft der evangelischen Kirchengemeinde R. handele. Das Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland sei gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 der Durchführungsbestimmungen zum Kirchengesetz über Grundstücke in der evangelischen Kirche Mitteldeutschland berechtigt, Grundbuchberichtigungsanträge für kirchliche Körperschaften zu stellen. In dem Schreiben des Landesverwaltungsamtes vom 13. Oktober 2010 heißt es, dass die B. Stiftung R. nach Prüfung und beiderseitiger Auffassung der staatlichen und kirchlichen Stiftungsbehörde eine unselbstständige Altstiftung in Trägerschaft der Kirchengemeinde R. sei. Die Zuständigkeit der staatlichen Stiftungsbehörden entfalle damit.

Mit Zwischenverfügung vom 15. Dezember 2015 wies das Amtsgerichts Haldensleben – Grundbuchamt – die Beteiligte darauf hin, dass die vorgelegten Schreiben keinen Unrichtigkeitsnachweis darstellten. Die Grundbuchunrichtigkeit sei gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO durch öffentliche Urkunden nachzuweisen. Ein solcher Nachweis sei nicht erbracht. Ob es sich beim eingetragenen Eigentümer um eine nicht rechtsfähige Stiftung handele oder nicht, sei urkundlich nicht belegt. Damit gelte auch für das Grundbuch die Vermutung, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgt sei, der wahre Rechtsinhaber sei. Der Grundbuchrechtspfleger dürfe sich über die Vermutung nur hinwegsetzen, wenn er sichere Kenntnis – positive Überzeugung – erlange, dass eine andere Rechtslage gegeben sei. Die bloße Möglichkeit oder Vermutung, dass eine vom Grundbuchinhalt abweichende Rechtslage gegeben sei, ja selbst die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des Grundbuchstandes reiche dafür nicht aus.

Gemäß § 5 Abs. 4 StiftG LSA begründe ein Eintrag im Stiftungsverzeichnis keine Vermutung der Richtigkeit. Damit sei ein öffentlicher Glaube wie beim Erbschein oder der Grundbucheintragung generell ausgeschlossen. Aber auch eine positive oder negative Publizität wie den Registern sei dadurch ausgeschlossen.

Das Grundbuchamt sei jedoch der Rechtsauffassung, dass eine mögliche Grundbuchunrichtigkeit nur schwer oder vermutlich gar nicht durch eine öffentliche Urkunde nachgewiesen werden könne, weil es sich um den Nachweis negativer Tatsachen handle. Zu dem vorliegenden Antrag auf Berichtigung des eingetragenen Eigentümers sei dem Grundbuchamt zum Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit ein Feststellungsurteil vorzulegen, soweit die Unrichtigkeit der Eigentümereintragung nicht durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden könne.

Mit Schreiben vom 19. Februar 2016 antwortete die Beteiligte, dass sie sich gegen das Schreiben des Grundbuchamtes vom 15. Dezember 2015 wende. Öffentliche Urkunden gemäß § 29 GBO seien auch kirchliche Urkunden. Hier sei durch öffentliche Urkunde demnach nachgewiesen, dass das Grundbuch unrichtig sei.

Mit Beschluss vom 23. Februar 2016 hat das Grundbuchamt das Schreiben der Beteiligten vom 19. Februar 2016 als Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes vom 15. Dezember 2015 ausgelegt, dieser nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Naumburg zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat das Grundbuchamt Naumburg ausgeführt, dass keine öffentlichen Urkunden, auch keine kirchlichen Urkunden, vorgelegt worden seien, die die Unrichtigkeit der Eigentümereintragung im Grundbuch von R. in der Form des § 29 GBO nachwiesen.

II.

Auf die nach §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässig eingelegte Beschwerde ist die Zwischenverfügung des Grundbuchamtes aufzuheben.

Die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO ist schon deshalb zu beanstanden, weil das Grundbuchamt die Beteiligte nicht auf den Prozessweg verweisen durfte, sondern selbst eine Entscheidung über den Antrag treffen musste. Es darf sich dieser Entscheidung auch bei zweifelhaften Fragen oder Vorfragen nicht dadurch entziehen, dass es von der Beteiligten – wie hier – die Vorlage einer Entscheidung des Prozessgerichts verlangt (z. B. Meikel/Böttcher, Rn. 22 zu § 18).

Ferner hätte es entweder den Antrag der Beteiligten sogleich zurückweisen müssen, wenn es – wie in der angefochtenen Zwischenverfügung ausgeführt – der Auffassung war, dass die Grundbuchunrichtigkeit nicht durch öffentliche Urkunden in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden könne, oder die seiner Auffassung noch fehlenden Urkunden konkret bezeichnen müssen. Dabei hätte es allerdings berücksichtigen müssen, dass zu den öffentlichen Urkunden – entgegen seiner Auffassung – auch die von der Beteiligten vorgelegten kirchlichen Urkunden zählen (vgl. BayObLG, Rpfleger 2001, 486; Demharter, Rn. 29 zu § 29).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

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