OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 12/20 – Beschluss vom 01.04.2020
Auf die Beschwerde vom 10. Jan. 2020 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Kevelaer vom 6. Jan. 2020 aufgehoben.
Das Grundbuchamt wird angewiesen, über den Berichtigungsantrag des Beteiligten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu entscheiden.
Gründe
I.
Der am 3. Okt. 2019 verstorbene Eigentümer des in Rede stehenden Grundbesitzes hat am 28. Sept. 2019 ein „Nottestament vor dem Bürgermeister nach § 2249 BGB“ errichtet und darin verfügt:
„1. Frau … erhält aus meinem Eigentum in bar 5.000 €.
2. Frau … erhält aus meinem Eigentum auch in bar 5.000 €.
3. B+T (die Beteiligten) … erhalten mein sämtliches anderes Eigentum.“
Weiter heißt es in der Urkunde, das Nottestament sei vor dem Allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters … sowie den beiden unabhängigen und nicht im Testament bedachten Zeugen … errichtet.
Unterzeichnet ist das Testament vom Erblasser, dem Vertreter des Bürgermeisters und den beiden Zeugen.
Am 16. Dez. 2019 hat der beteiligte Ehemann angetragen, das Grundbuch aufgrund Erbfolge zu berichtigen.
Mit Zwischenverfügung vom 6. Jan. 2020 hat das Grundbuchamt um Vorlage eines Erbscheins gebeten. Das Nottestament sei formnichtig, weil der Vermerk fehle, dass es dem Erblasser vorgelesen, von ihm genehmigt und unterschrieben wurde.
Der beteiligte Ehemann hat sich dagegen beschwert. Auch wenn Formfehler unterlaufen seien, stehe dies nach § 2249 Abs. 6 BGB der Wirksamkeit der Beurkundung nicht entgegen, wenn – wie hier – mit Sicherheit anzunehmen sei, dass das Testament eine zuverlässige Wiedergabe der Erklärung des Erblassers enthalte.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie mit Beschluss vom 17. Jan. 2020 dem Senat vorgelegt. Grundsätzlich sei ein – wirksames – Nottestament als Nachweis der Erbfolge gem. § 35 GBO geeignet. Der unterlassene Vermerk bedeute aber einen unheilbaren Formverstoß.
Hiergegen hat sich der beteiligte Ehemann erneut beschwert. Nach § 13 Abs. 1 Satz 3 BeurkG werde vermutet, dass die Niederschrift vorgelesen und genehmigt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Grundakte und der beigezogenen Nachlassakte – 26 IV 709/19 AG Geldern – Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 18 Abs. 1, 71 Abs. 1, 72, 73 GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung ist dem Senat nach der vom Amtsgericht erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 75 GBO. Der darüber hinaus auch gegen den Nichtabhilfe- und Vorlagebeschluss erneut eingelegten Beschwerde kommt keine eigenständige Bedeutung zu.
Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Erbfolge der Beteiligten beruht auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentliche Urkunde enthalten ist, nämlich dem Nottestament vom 28. Sept. 2019, § 35 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. GBO (Demharter, GBO, 31. Aufl., § 35, RdNr. 34).
Zu Unrecht erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunde deshalb für nicht nachgewiesen, weil das Nottestament formunwirksam sei. Allerdings hat das Grundbuchamt die Verfügung von Todes wegen (auch) auf ihre Formgültigkeit zu prüfen (Demharter, a.a.O., RdNr. 42). Die Bedenken gegen die Formwirksamkeit des Nottestaments vom 28. Sept. 2019 greifen jedoch nicht durch.
Nach §§ 2249 Abs. 1 Satz 4 BGB, 13 Abs. 1 Satz 1 BeurkG muss die Niederschrift des Nottestaments in Gegenwart des Bürgermeisters dem Erblasser vorgelesen, von ihm genehmigt und eigenhändig unterschrieben werden. Dass dies geschehen ist, soll in der Niederschrift festgestellt werden, §§ 2249 Abs. 1 Satz 4 BGB, 13 Abs. 1 Satz 2 BeurkG. An einer solchen Feststellung – dies hat das Grundbuchamt richtig erkannt – fehlt es hier. Dadurch wird zwar die Soll-Vorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 2 BeurkG verletzt; das bewirkt jedoch nicht die Unwirksamkeit des Nottestaments. Das folgt auch nicht aus der vom Grundbuchamt angeführten Kommentierung bei Palandt (Palandt/Weidlich, BGB, 79. Aufl., § 2249, RdNr. 11). Dort heißt es, unheilbar und zur Nichtigkeit führend sei die Nichtbeachtung wesentlicher Erfordernisse des Errichtungsaktes wie … ihre Vorlesung oder Genehmigung durch den Erblasser unterbleibt. Dem entspricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach es zu den zwingenden Erfordernissen für ein wirksames Nottestament gehört, dass die Niederschrift über die Erklärung des Erblassers diesem vorgelesen und von ihm genehmigt wird (BGHZ 115, 169 = NJW 1991, 3210, 3211 unter Hinweis auf BGH NJW 1970, 1601). All dies besagt jedoch nichts über die Frage der Rechtsfolge des Fehlens der Feststellung nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BeurkG.
Jedenfalls kann aus dem Fehlen dieser Feststellung nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass bei der Errichtung des Nottestaments die wesentlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen nicht beachtet worden seien. Ein Verstoß – allein – gegen die Vermerkpflicht des § 13 Abs. 1 Satz 2 BeurkG lässt vielmehr die Formwirksamkeit der Urkunde unberührt (Seebach/Rachlitz, in: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, BeckOGK § 13 BeurkG, RdNrn. 207 + 14).
Dafür, dass das Verlesen der Niederschrift und deren Genehmigung durch den Erblasser als zwingende Erfordernisse des Errichtungsaktes beachtet worden sind, spricht hier – worauf die Beschwerde mit Recht hinweist – schon die gesetzliche Vermutung des § 13 Abs. 1 Satz 3 BeurkG. Sie greift, wenn die Beteiligten die Niederschrift eigenhändig unterschrieben haben. Diese Vermutung ist zwar keine gesetzliche Fiktion und daher grundsätzlich widerleglich (dies. a.a.O., RdNr. 156). Es sind jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Vermutungswirkung entkräften würden. Im Wege der Zwischenverfügung kann dem Antragsteller eines Berichtigungsantrages aber nicht aufgegeben werden, (gar in der Form des § 29 GBO) nachzuweisen, dass eine gesetzliche Vermutung nicht widerlegt sei; dies liefe Sinn und Zweck einer derartigen Vermutung erkennbar zuwider.
Eine Kostenentscheidung und somit eine Wertfestsetzung sind nicht veranlasst, gleiches gilt für die Zulassung der Rechtsbeschwerde.