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Grundbuchauskunft – Darlegung des berechtigten Interesses

Spannung im Luftraum: Einsicht ins Grundbuch wegen Drohnenflug

Der Alltag bietet manchmal die außergewöhnlichsten Rechtsgeschichten. Eine davon dreht sich um einen geplanten Drohnenflug über ein privates Grundstück und wirft rechtliche Fragen auf, die bis ins Grundbuch reichen. Der Wunsch, eine Immobilie aus der Vogelperspektive zu betrachten, veranlasste einen Antragsteller dazu, Einblick in das Grundbuch zu erlangen. Die Motivation: Die gesetzliche Notwendigkeit, vor einem Drohnenflug über ein Grundstück, die ausdrückliche Zustimmung des Grundstückseigentümers einzuholen. Wer ist der Eigentümer? Genau das wollte der Antragsteller wissen und behauptete daher, ein berechtigtes Interesse an den Eigentümerinformationen im Grundbuch zu haben. Doch das ist nicht so einfach, wie es scheint.

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Ein juristisches Tauziehen um Grundbuchinformationen

Der Antragsteller hatte bei dem Grundbuchamt Magdeburg die Auskunft aus dem Grundbuch beantragt und seine Absicht erklärt, das betreffende Grundstück mit einer Drohne überfliegen zu wollen. Gemäß § 21b Abs. 1 der Luftverkehrsordnung (LuftVO) benötigt er dafür die ausdrückliche Zustimmung des Grundstückseigentümers. Dies begründete er als sein berechtigtes Interesse zur Anforderung der Grundbuchauskunft. Doch das Grundbuchamt sah dies anders und lehnte den Antrag ab.

Der Weg durch die Instanzen

Auf die Ablehnung des Grundbuchamtes hin legte der Antragsteller Beschwerde ein, die vom zuständigen Rechtspfleger als Erinnerung gewertet und zurückgewiesen wurde. Unbeirrt von der Ablehnung legte der Antragsteller erneut Beschwerde ein. Er behauptete, er habe sein berechtigtes Interesse nachgewiesen, was rechtlicher, wirtschaftlicher oder tatsächlicher Natur sein könne.

Drohnenflug als berechtigtes Interesse?

In seinem Argument verwies der Antragsteller auf seine Absicht, das Grundstück mit einer Drohne zu überfliegen und die Notwendigkeit, vorher die Zustimmung des Eigentümers einzuholen. Um dieser gesetzlichen Pflicht nachzukommen, argumentierte er, müsse er Kenntnis von den Eigentümerangaben haben. Dies war das Kernargument seines Vorstoßes – die Notwendigkeit einer rechtlichen Verpflichtung, die Zustimmung eines Grundstückseigentümers für einen geplanten Drohnenflug einzuholen, begründet ein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme ins Grundbuch.

Der spannende Fall zeigt, wie komplex und vielfältig rechtliche Fragen in unserer zunehmend technologisierten Welt sein können. Mit Blick auf die Rechtsprechung und die sich weiterentwickelnden gesetzlichen Anforderungen bleibt abzuwarten, wie zukünftige Fälle dieser Art entschieden werden.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 76/20 – Beschluss vom 20.04.2021

Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg – Grundbuchamt – vom 12. November 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000,00 €.

Gründe

I.

Mit Schreiben vom 27. August 2020 beantragte der Antragsteller Einsicht in das Grundbuch von Magdeburg, Gemarkung Magdeburg, Flur … , Flurstück … , das seit April 2020 im Grundbuchblatt … verzeichnet ist, durch Übersendung der Eigentümerangaben. Zur Begründung seines berechtigten Interesses trug der Antragsteller vor, er plane, dass genannte Grundstück mit einer „Drohne“ zu überfliegen, und müsse davor gemäß § 21b Abs. 1 Luftverkehrsordnung (LuftVO) die ausdrückliche Zustimmung des Grundstückeigentümers einholen. Aus dieser gesetzlichen Pflicht, vor dem Überflug eine Erlaubnis einzuholen, ergäbe sich sein Anspruch auf Auskunft.

Nachdem zunächst die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Grundbuchamts den Antrag am 29. September 2020 abgelehnt hatte, legte der Antragsteller hiergegen am 6. Oktober 2020 Beschwerde ein, der die Urkundsbeamtin nicht abhalf und die Sache dem zuständigen Rechtspfleger vorlegte. Der Rechtspfleger wertete die Beschwerde als Erinnerung und wies seinerseits mit Beschluss vom 13. November 2020 den Antrag vom 27. August 2020 zurück.

Gegen den Beschluss des Rechtspflegers vom 12. November 2020, der dem Antragsteller am 19. November 2020 zugestellt wurde, legte der Antragsteller mit Schreiben vom 29. Dezember 2020 Beschwerde ein. Er ist der Auffassung, er habe ein berechtigtes Interesse nachgewiesen, sodass es entgegen der Ansicht des Amtsgerichts einer weiteren Begründung nicht bedürfe. Das nachgewiesene Interesse könne rechtlicher, wirtschaftlicher oder bloß tatsächlicher Natur sein. Es müsse bei verständiger Würdigung des Einzelfalls und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die Einsichtnahme als Bestimmungsgrund für Entscheidungen als berechtigt erscheinen lassen und dürfe der amtlichen Förderung nicht unwürdig sein. Diesen Anforderungen entsprächen seine Darlegungen in der Antragsschrift vom 27. August 2020, denn er plane das vorgenannte Grundstück mit einer „Drohne“ zu überfliegen und müsse davor die ausdrückliche Zustimmung des Grundstückseigentümers einholen. Um dieser gesetzlichen Pflicht nachkommen zu können, sei er gezwungen, sich Kenntnis von den Eigentümerangaben zu verschaffen. Darin liege ein berechtigtes Interesse, denn die Einsicht wegen einer zu erwartenden Teilhabe am Rechtsverkehr im Zusammenhang mit im Grundbuch dokumentierten Rechtsverhältnissen stelle ein solches dar.

Unter dem 12. Januar 2021 half das Grundbuchamt der Beschwerde des Antragstellers nicht ab und berief sich zur Begründung auf seine im angegriffenen Beschluss dargestellte Rechtsauffassung.

II.

Die nach §§ 12c Absatz 4 Satz 2, 71 Absatz 1 GBO zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

1. Dass der Rechtspfleger nicht ausdrücklich die Erinnerung vom 6. Oktober 2020 gegen die Versagung der Auskunft durch die Urkundsbeamtin zurückgewiesen hat, sondern stattdessen den Antrag vom 27. August 2020, ist unschädlich. Aus dem Inhalt des Beschlusses vom 12. November 2020 geht eindeutig hervor, dass der Rechtspfleger sich über das allein zulässige Rechtsmittel der Erinnerung bewusst war und sein Beschluss eine Entscheidung hierüber darstellen sollte.

2. Zu Recht hat das Grundbuchamt dem Antragsteller die begehrte Auskunft über die Eigentumsverhältnisse an dem betroffenen Grundstück versagt. Das hierfür nach § 12 Absatz 1 Satz 1 GBO erforderliche berechtigte Interesse hat der Beteiligte bis zuletzt nicht dargelegt.

a) Die Einsicht des Grundbuchs ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt, § 12 Absatz 1 S. 1 GBO. Soweit die Einsicht des Grundbuchs gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden, § 12 Abs. 2 GBO.

b) Ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 GBO ist gegeben, wenn zur Überzeugung des Grundbuchamts ein verständiges, durch die Sachlage gerechtfertigtes Interesse des Antragstellers dargelegt wird, wobei auch ein bloß tatsächliches, insbesondere wirtschaftliches Interesse das Recht auf Grundbucheinsicht begründen kann (vgl. Demharter, GBO, 12. Auflage 2021, § 12 Rn. 6, 7 ff. m.z.N.). Grundsätzlich anerkannt ist die Grundbucheinsicht auch bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses (OLG München, Beschluss vom 11. Juli 2016 – 34 Wx 187/16 –, NJW-RR 2017, 77, 79; KG Berlin, Beschluss vom 18. Juni 2019 – 1 W 140/19 –, juris Rn. 9 f. = MDR 2019, 1123 f.).

Hingegen genügt nicht jedes beliebige Interesse des Antragstellers. Die Verfolgung unbefugter Zwecke oder reiner Neugier muss ausgeschlossen erscheinen und die Kenntnis vom Grundbuchstand für den Antragsteller aus sachlichen Gründen für sein künftiges Handeln erheblich sein. Das folgt aus dem durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten, zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehörenden Recht auf informationelle Selbstbestimmung der durch die Grundbucheinsicht Betroffenen, welches bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs einzubeziehen ist (vgl. KG Berlin, a.a.O. und Beschluss vom 20. Januar 2004 – 1 W 294/03 –, NJW-RR 2004, 1316, 1317; Demharter, a.a.O. Rn. 12 m.w.N.).

c) Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden Fall ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an der begehrten Grundbuchauskunft nicht angenommen werden.

aa) Die Benutzung von unbemannten Luftfahrtsystemen und Flugmodellen (Drohnen) ist nicht grundsätzlich verboten. Der Antragsteller hat schon nicht vorgetragen, welchem der unterschiedlichen Verbotstatbestände des § 21b LuftVO das von ihm geplante Überflugmanöver unterliegen soll. Da er keinerlei Angaben zu Art und Umständen (beispielsweise Flughöhe, Startgewicht, Flug außerhalb der Sichtweite, …) des geplanten Drohnenflugs macht, vermag auch der Senat nicht zu beurteilen, ob der Überflug durch den Eigentümer genehmigungsfähig ist oder ob andererseits nach § 21b LuftVO überhaupt eine Erlaubnis des Grundstückseigentümers erforderlich ist. Schon aus diesem Grund kann der Antrag keinen Erfolg haben.

bb) Aber selbst wenn man dem nicht folgen wollte und zugunsten des Antragstellers unterstellte, dass es für sein Vorhaben einer Erlaubnis des Grundstückseigentümers bedürfe, wäre ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 12 Abs. 1 S. 1 GBO nicht dargelegt.

Wäre im Falle des Antragstellers eine Erlaubnis des Grundstückseigentümers erforderlich, so führte dies entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht ohne Weiteres zu einem Anspruch auf Einsicht ins Grundbuch. Vielmehr erstreckt sich die Prüfung des berechtigten Interesses auf den beabsichtigten Drohnenüberflug. Hat der Antragsteller kein berechtigtes tatsächliches Interesse an dem Drohnenüberflug, hat er auch kein Interesse, zu diesem Zweck Auskunft aus dem Grundbuch zu erlangen.

Wenn der Antragsteller sich mit der Absicht trüge, das Grundstück zu erwerben, wäre auch dies rechtlich nicht ohne (vertragliche) Zustimmung des Grundstückeigentümers möglich. Gleichwohl begründet das rechtliche Zustimmungserfordernis zu einem gewünschten Kauf nicht ohne Weiteres einen Anspruch auf Auskunft über die Eigentumsverhältnisse (vgl. Senatsbeschluss vom Beschluss vom 17. September 2015 – 12 Wx 41/15 –, juris und NZM 2016, 287-288; BayObLG, Beschluss vom 8. Mai 1991 – BReg 2 Z 17/91, juris Rn. 12; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 1. Juni 2015 – 11 Wx 97/14 –, FGPrax 2015, 202; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Auflage 2021, § 12, Rn. 34; Demharter, GBO, a.a.O. Rn. 12; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Auflage 2020, Rn. 525; BeckOK GBO/Wilsch, 41. Edition, Stand 1. Februar 2021, § 12, Rn. 65).

Erst Recht kann es nicht ausreichen, wenn der Antragsteller lediglich beabsichtigt, ohne erkennbaren Grund das Grundstück mit einer Drohne zu überfliegen.

Auf die Entscheidung des OLG München vom 17. Oktober 2016 (34 Wx 287/16, MDR 2017, 30 zur beabsichtigte Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen) kann sich der Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Zwar kann § 12 GBO die Einsicht bei einer zu erwartenden Teilnahme am Rechtsverkehr im Zusammenhang mit im Grundbuch dokumentierten Rechtsverhältnissen eröffnen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 – 1 BvR 1307/91 –, NJW 2001, 503 f.; OLG München, a.a.O.; KG Berlin, OLGRspr. 29, 391/392;). Eine Teilnahmeabsicht stellt aber nicht unter allen Umständen und zwangsläufig ein berechtigtes Interesse dar, wie das dargestellte Beispiel der Kaufabsicht belegt, noch lässt es eine Einsicht zu, wenn nicht auszuschließen ist, dass die gewünschte rechtliche Teilhabe zu unbefugten Zwecken oder aus reiner Neugier angestrebt wird.

Solange der Antragsteller nicht mitteilt, aus welchem Grund er das Grundstück mit einer Drohne überfliegen will, können unbefugte Zwecke oder bloße Neugier (vgl. dazu KG Berlin a.a.O.) nicht ausgeschlossen werden. Die Absicht, ein Grundstück ohne nachvollziehbaren Grund mit einer Drohne überfliegen zu wollen, stellt deshalb kein berechtigtes Interesse i.S.d. § 12 Abs. 1 S. 1 GBO dar.

Eine Grundbuchauskunft nach § 12 GBO kommt daher nicht in Betracht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 80, 84 FamFG.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1, 36 Abs. 1 GNotKG, wobei der Senat mangels anderweitiger Anhaltspunkte den Regelwert zugrunde gelegt hat.

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