OLG Düsseldorf – Az.: I-25 Wx 95/14 – Beschluss vom 02.12.2016
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Wuppertal vom 20. Oktober 2014 aufgehoben. Das Amtsgericht Wuppertal wird angewiesen, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats über den Antrag der Beteiligten zu 1) und 2) vom 14. Oktober 2014 im Wege der Richtigstellung neu zu befinden.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1) und 2), Zwillingsschwestern, waren neben ihrem Vater, zu jeweils ¼ Miteigentümer des im Grundbuch von Elberfeld Bl. eingetragenen Grundstücks. Durch notariellen Vertrag vom 10.06.2014 (UR-Nr. …/2014 W des Notars Prof. Dr. … aus Wuppertal, Bl. 3-23 GA) begründeten sie Wohnungseigentum. Abschnitt II 2 des Vertrages lautete ausschnittsweise:
„…
2. Die Beteiligten räumen sich gegenseitig das Sondereigentum wie folgt ein:
a. …
b. Die Beteiligte zu 3) [N] verbindet ihren Miteigentumsanteil von 30/100 mit dem Sondereigentum an der im 1. Ober- und 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung nebst Balkon im 2. Obergeschoss – im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet -,
c. Die Beteiligte zu 2) [U] verbindet ihren Miteigentumsanteil von 30/100 mit dem Sondereigentum an der im 2. Ober- und Staffelgeschoss gelegenen Wohnung nebst zwei Dachterrassen im Staffelgeschoss, – im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichnet.
…“
Es wurden Wohnungsgrundbücher angelegt, nämlich für die unter Ziffer II 2 b genannte Wohnung, das Wohnungsgrundbuch von Elberfeld, Bl. und die unter Ziffer II 2 c genannte Wohnung das Wohnungsgrundbuch von Elberfeld, Bl. … .
Nach einer Zwischenverfügung des Grundbuchamtes änderten die Beteiligten zu 1) und 2) durch notarielle Urkunde vom 14.08.2014 (UR-Nr. …/2014 W des Notars Prof. Dr. …, Bl. 29 – 35 GA) ihre Teilungserklärung vom 10.06.2014 und beantragten die Eintragung des Grundbuchabschnitt B 2 des Vertrages lautet:
„…
2. Die Beteiligten räumen sich gegenseitig das Sondereigentum wie folgt ein:
a. …
b. Die Beteiligte zu 3) [N] verbindet ihren Miteigentumsanteil von 300/1.000 mit dem Sondereigentum an der im 1. Ober- und 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung nebst Balkon im 2. Obergeschoss – im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet -,
c. die Beteiligte zu 2) [U] verbindet mit ihrem Miteigentumsanteil von 300/1.000 mit dem Sondereigentum an der im 2. Ober- und Staffelgeschoss gelegenen Wohnung nebst zwei Dachterrassen im Staffelgeschoss, – im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichnet -,
…
Die Beteiligten sind sich über den Eigentumsübergang einig, sie bewilligen und beantragen die Eintragung ins Grundbuch“.
Am 29.09.2014 wurden u. a. die Wohnungsgrundbücher von Elberfeld und angelegt und die Beteiligte zu 1) und die Beteiligte zu 2) als deren Eigentümer eingetragen. Am 14.10.2014 wandte sich der Beteiligte zu 3) an das Grundbuchamt und bat um Berichtigung der Grundbücher; er fügte eine Berichtigung der Fassung des Vertrages vom 14.08.2014 (UR-Nr. /2014 W des Notars Prof. Dr. …, Bl. 57 – 63 GA), der in Ziffer B 2 nunmehr lautet:
„…
Die Beteiligten räumen sich gegenseitig das Sondereigentum wie folgt ein:
a. …
b. Die Beteiligte zu 2) [] verbindet ihren Miteigentumsanteil von 300/1.000 mit dem Sondereigentum an der im 1. Obergeschoss- und 2. Obergeschoss gelegenen Wohnung nebst Balkon im 2. Obergeschoss – im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet -,
c. Die Beteiligte zu 3) [] verbindet ihren Miteigentumsanteil von 300/1.000 mit dem Sondereigentum an der im 2. Ober- und Staffelgeschoss gelegenen Wohnung nebst zwei Dachterrassen im Staffelgeschoss – im Aufteilungsplan mit Nr. 3 bezeichnet –
… Die Beteiligten sind über den Eigentumsübergang einig sie bewilligen und beantragen die Eintragung ins Grundbuch
…“
Das Amtsgericht Wuppertal – Grundbuchamt – erließ daraufhin am 20.10.2014 eine Zwischenverfügung (Bl. 64 – 66 GA) in der ausgeführt wurde, dass die beantragte Berichtigung des Grundbuchs nur aufgrund einer schreibfehlerberichtigten Urkunde nicht möglich sei. Die vorliegende Grundbuchberichtigung könne vielmehr nur unter Beachtung des § 22 GBO behoben werden. Dies setze eine Grundbuchberichtigungsbewilligung der Beteiligten zu 1) und 2) voraus.
Gegen diese Zwischenverfügung legten die Beteiligten zu 1) und 2) durch den Beteiligten zu 3) Beschwerde ein (Bl. 67 – 81 GA), der das Amtsgericht Wuppertal durch Beschluss vom 06.11.2014 (Bl. 82 – 84 GA) nicht abhalf, sondern die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vorlegte.
II.
Die nach § 71,18 GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Wuppertal – Grundbuchamt – vom 20.10.2014 ist auch begründet. Die von den Beteiligten zu 1) und 2) beantragte Richtigstellung der am 29.09.2014 vorgenommenen Eintragung ins Grundbuch von Elberfeld, Bl. 48672, und die Anlegung von Eigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz ist vorzunehmen.
1.Jede Eintragung im Grundbuch und jede Berichtigung des Grundbuchs kann auf der Grundlage der allgemeinen grundbuchrechtlichen Vorschriften vorgenommen werden. Erforderlich hierfür ist neben der Bewilligung des Berechtigten (§ 19 GBO) der Nachweis der Einigung in grundbuchtauglicher Form (§§ 20, 29 GBO). Dies gilt nach § 22 GBO grundsätzlich auch für die Berichtigung des Grundbuchs.
Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um die Berichtigung der Wohnungsgrundbücher im Sinne des § 22 GBO, sondern nur um die Richtigstellung der Einträge vom 29.09.2014, die – entgegen der Auffassung des Amtsgerichts Wuppertal – Grundbuchamt – im vorliegenden Fall keiner Berichtigungsbewilligung bedürfen. Es bedarf nämlich keiner Berichtigungsbewilligung, wenn der Nachweis der Unrichtigkeit erbracht ist. In diesem Fall wird die Berichtigungsbewilligung durch den Nachweis der Unrichtigkeit ersetzt (vgl. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 22 GBO, Rdn. 28 und 36 ff.). So liegt auch der vorliegende Fall.
a. Nach § 3 Abs. 1 WEG kann das Miteigentum (§ 1008 BGB) an einem Grundstück durch Vertrag der Miteigentümer in der Weise beschränkt werden, dass jedem Miteigentümer abweichend von § 93 BGB Sondereigentum eingeräumt wird. Dieser schuldrechtliche Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung (§ 4 Abs. 3 WEG i. V. m. § 311 b Abs. 1 BGB). Trotz notarieller Beurkundungsform ist der hier von den Beteiligten geschlossene Vertrag mit dem Inhalt wirksam geworden, der von den Beteiligten subjektiv gewollt war. Beim Inhalt von Rechtsgeschäften (§§ 133, 157 BGB) gilt der Grundsatz, dass der subjektiv übereinstimmende Wille der Parteien auch dann maßgebend ist, wenn er im objektiven Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unzureichenden Ausdruck gefunden hat (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 133 BGB, Rdn. 8 m. w. Nachw.). Dieser Grundsatz der sog. „falsa demonstratio non nocet“ gilt grundsätzlich auch bei formbedürftigen Willenserklärungen.
Richtig ist zwar, dass das von den Parteien Vereinbarte (vgl. BGH NotZ 2006, 854; Krüger, ZflR 2007, 175, 177) bei einem – wie hier – formbedürftigen Rechtsgeschäft nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seinen – wenigstens andeutungsweisen – Niederschlag gefunden haben muss, vgl. BGHZ 74, 116, 119; BGHZ 87, 150, 154; BGH NJW 2000, 1569, 1570). Dieses Erfordernis gilt aber bei einer versehentlichen Falschbezeichnung nicht. Hier reicht es aus, wenn das – von den Parteien im anderen Sinne verstandene – objektiv Erklärte – hier die versehentlich fehlerhafte Bezeichnung des Gegenstands im Vertrag – dem Formerfordernis genügt (vgl. BGHZ 87, 150, 155; Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 133 BGB, Rdn. 19; Staudinger/Singer, BGB, § 133 BGB, Rdn. 33 f.). Beurkundet ist dann das wirklich Gewollte, nur falsch Bezeichnete (vgl. BGH NJW 2008, 1658).
Im vorliegenden Fall sind und waren sich alle Beteiligten bei Abschluss des notariellen Vertrages vom 14.08.2014, Bl. 29 – 35 GA, darüber einig, dass die Beteiligte die Wohnung Nr. 3 und die Beteiligte die Wohnung Nr. 2 als Sondereigentum und nicht – wie in dem Vertrag ausgeführt – die Beteiligte die Wohnung Nr. 2 und die Beteiligte die Wohnung Nr. 3 erhalten sollte. Nach den oben aufgezeigten Grundsätzen der „falsa demonstratio“ ist der schuldrechtliche Vertrag über die Begründung von Wohnungseigentum also mit dem tatsächlich gewollten Inhalt materiell-rechtlich zustande gekommen. Hier kommt sogar hinzu, dass in der Bezugsurkunde vom 10. Juni 2014 (UR-Nr. …/2014 W des Notars Dr. … aus Wuppertal – die insoweit nicht ausdrücklich aufgehoben und geändert wurde – die richtige Zuweisung erfolgt war und auch in den beiden ebenfalls nicht geänderten Grundschuldbestellungsurkunden von der richtigen Zuweisung ausgegangen war.
b. Für den dinglichen Vertrag gilt dasselbe.
Zur Einräumung und zur Aufhebung des Sondereigentums ist die Einigung der Beteiligten über den Eintritt der Rechtsänderung und die Eintragung in das Grundbuch erforderlich (§ 4 Abs. 1 WEG). Die den § 873, 925 BGB nachgebildete Einigung über die Einräumung des Sondereigentums bedarf zwar gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 WEG der für die Auflassung vorgeschriebenen Form, die Einigung selbst ist aber als dingliches Rechtsgeschäft genauso auslegungsfähig wie das schuldrechtliche Kausalgeschäft, so dass auch hier der Grundsatz der „“falsa demonstratio“ Anwendung findet (vgl. Staudinger-Gursky, BGB, Ergänzungslieferung 2012, § 873 BGB, Rdn. 65 m. w. Nachw.). Eine dingliche Einigung über das subjektiv Gewollte hat vorliegend wie beim schuldrechtlichen Vertrag stattgefunden. Es ist mithin materiell-rechtlich auch von einer wirksamen dinglichen Einigung hinsichtlich der Aufteilung auszugehen, und zwar dahingehend, dass die Beteiligte zu 2) () die Wohnung Nr. 2 und die Beteiligte zu 1) () die Wohnung Nr. 3 erhalten sollte.
2. Diesen Fehler hat der Notar in seiner Urkunde vom 14.10.2014 (UR-Nr. …/2014 W des Notars Prof. Dr. … aus Wuppertal, Bl. 57 – 63 GA) gemäß § 44 Abs. 2BeurkG korrigiert, wobei heute auch Falschbeurkundungen im Sinne einer „falsa demonstratio“ unter den Begriff der zu korrigierenden Mängel fallen (vgl. Winkler, BeurkG, 17. Aufl., § 44 a BeurkG, Rdn. 19 m. w. Nachw., Kanzleiter DNotZ 1999, 292, 305), sofern nur die Unrichtigkeit für den Notar offensichtlich ist (vgl. Winkler, a. a. O.,§ 44 a BeurkG, Rdn. 19 m. w. Nachw.; Bergermann, RNotZ 2002, 557).
Die Unrichtigkeit war im vorliegenden Fall allen Urkundsbeteiligten ersichtlich und war mit ihnen sogar erörtert worden. Die Beteiligten haben – im Unterschied zu anderen Fällen der der „falsa demonstratio“ – sogar das Richtige erklärt, aber das vom Notar falsch Niedergeschriebene unterzeichnet.
Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Möglichkeit der Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten besteht, ist seit der Aufnahme des § 44 a BeurkG entschieden. Seit der Neufassung des § 44 a BeurkG ist die Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten nicht auf den Zeitpunkt bis zur Erteilung der Ausfertigungen oder der beglaubigten Abschriften beschränkt, sondern auch danach uneingeschränkt möglich (vgl. Reithmann, DNotZ 1999, 27, 31; Kanzleiter, DNotZ 1990, 479, 482; Bergermann RNotZ 2002, 557, 558; Bergermann, DNotlReport 2000, 73, 75). § 44 a BeurkG enthält im Gesetzestext keine zeitliche Begrenzung für die Berichtigung der Urkunde. Deshalb ist eine Berichtigung auch noch nach grundbuchlichem Vollzug der Urkunde möglich (vgl. Winkler, a.a.O., § 44 a BeurkG, Rdn. 30; Bergermann, RNotZ 2002, 557, 568). Der notarielle Berichtigungsvermerk bzw. die Berichtigungsurkunde erfüllen als öffentliche Urkunden die verfahrensrechtlichen Formvorschriften des § 29 GBO (vgl. Winkler, a. a. O., § 44 a BeurkG, Rdn. 35; Kanzleiter, DNotZ 2007, 804, 809).
3. Folglich können die Eigentumsverhältnisse bezüglich der beiden im Rubrum genannten Wohnungen im Wege der Richtigstellung berichtigt werden.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, da die Beschwerde Erfolg hat. Dasselbe gilt auch für die Festsetzung des Gegenstandswertes.
Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nach § 78 Abs. 1 GBO nicht vor.