Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Geschäftswertbemessung im Nachlassverfahren: Ein aktuelles Gerichtsurteil analysiert
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Gebührenbestandteile enthält eine Notarrechnung für ein Nachlassverzeichnis?
- Wie wird der Geschäftswert bei einem notariellen Nachlassverzeichnis korrekt berechnet?
- Was kann man tun, wenn die Notargebühren für ein Nachlassverzeichnis zu hoch erscheinen?
- Welche Rolle spielen Nachlassverbindlichkeiten bei der Gebührenberechnung?
- Wann ist eine gerichtliche Überprüfung der Notarkosten erfolgversprechend?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Weitere Beiträge zum Thema
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Stuttgart
- Datum: 29.10.2024
- Aktenzeichen: 19 OH 22/23
- Verfahrensart: Kostenprüfungsverfahren
- Rechtsbereiche: Notarkostenrecht, Familienrecht
Beteiligte Parteien:
- Antragstellerin (Kostenschuldnerin): Beauftragte den Notar mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses und stellte die Berechnung des Geschäftswerts sowie die darauf basierenden Kosten in Frage. Sie argumentiert, dass der Geschäftswert nur die Aktiva umfassen sollte.
- Antragsgegner (Notar): Erstellte das Nachlassverzeichnis und berechnete die Kosten unter Berücksichtigung eines Geschäftswerts, der auch Verbindlichkeiten enthält. Der Antragsgegner besteht darauf, dass für die Berechnung alle verzeichneten Vermögensgegenstände einschließlich der Verbindlichkeiten berücksichtigt werden sollten.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Antragstellerin beauftragte den Notar mit der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses. Es bestand Uneinigkeit darüber, ob Verbindlichkeiten in den Geschäftswert einbezogen werden sollten, was die Kostenrechnung des Notars beeinflusste.
- Kern des Rechtsstreits: Ob bei der Bestimmung des Geschäftswerts zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses Verbindlichkeiten hinzugefügt werden sollten, wodurch sich die Notarkosten erhöhen würden.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Kostenberechnung des Notars wurde teilweise abgeändert. Der Geschäftswert wurde auf 2.188.106,10 € festgelegt, ohne Hinzurechnung der Verbindlichkeiten.
- Begründung: Das Gericht schloss sich der Ansicht an, dass Verbindlichkeiten nicht zum Geschäftswert zu addieren sind, da sie nicht als „Gegenstände“ im Sinne des Gesetzes gelten. Der Gesetzestext und die Gesetzgebungsgeschichte unterstützen diese Auslegung.
- Folgen: Die Antragstellerin erhält eine Neufestlegung der Notarkosten auf Basis des korrigierten Geschäftswerts. Damit sind die Kosten niedriger als ursprünglich berechnet. Gerichtskosten fallen nicht an, und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Geschäftswertbemessung im Nachlassverfahren: Ein aktuelles Gerichtsurteil analysiert
Die Geschäftswertbemessung ist ein zentraler Aspekt im Nachlassverfahren und erfolgt gemäß § 115 GNotKG. Bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses müssen alle Vermögenswerte, einschließlich Immobilien und Unternehmensanteilen, sorgfältig erfasst und bewertet werden. Diese Vermögensermittlung hat nicht nur Einfluss auf die Höhe der Notarkosten, sondern auch auf die Erbschaftsteuer, die die Erben bezahlen müssen. Eine präzise Immobilienbewertung sowie die Aufstellung des Nachlassverzeichnisses sind daher unerlässlich, insbesondere bei testamentarischen Regelungen oder in Erbengemeinschaften.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen wie Bewertungsverfahren und Bewertungsgrundlagen spielen eine entscheidende Rolle in diesem Zusammenhang. Ein aktuelles Gerichtsurteil beleuchtet diese komplexen Zusammenhänge und die Herausforderungen, die bei der Geschäftswertbemessung auftreten können. In der folgenden Analyse wird ein konkreter Fall vorgestellt, der wichtige Aspekte dieser Thematik verdeutlicht.
Der Fall vor Gericht
Streit um Notarkosten: Gericht korrigiert Gebührenberechnung für Nachlassverzeichnis
Das Landgericht Stuttgart hat in einem Kostenfestsetzungsverfahren die Berechnung der Notarkosten für ein Nachlassverzeichnis teilweise korrigiert. Die ursprünglich vom Notar berechneten Gebühren in Höhe von 14.456,00 Euro wurden auf 8.744,00 Euro reduziert.
Grundlegende Frage der Wertberechnung bei Nachlassverzeichnissen
Im Zentrum des Streits stand die Frage, ob bei der Ermittlung des Geschäftswerts für ein notarielles Nachlassverzeichnis neben den Vermögenswerten auch die Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen sind. Der Notar hatte in seiner Berechnung sowohl Aktiva als auch Passiva addiert und war so auf einen Geschäftswert von 3.650.866,09 Euro gekommen. Die Kostenschuldnerin vertrat hingegen die Auffassung, dass sich der Wert ausschließlich aus den im Verzeichnis aufgeführten Aktiva ergeben müsse.
Gerichtliche Entscheidung zur Wertberechnung
Das Landgericht Stuttgart folgte der Argumentation der Kostenschuldnerin und stellte klar, dass bei der Berechnung des Geschäftswerts nach § 115 GNotKG ausschließlich die Aktiva zu berücksichtigen sind. Der Geschäftswert wurde auf 2.188.106,10 Euro festgesetzt. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass sich eine Addition von Verbindlichkeiten weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzgebungsgeschichte oder der Gesetzessystematik ergebe.
Juristische Begründung des Landgerichts
In seiner Begründung führte das Gericht mehrere zentrale Argumente an: Verbindlichkeiten seien nach allgemeinem Sprachgebrauch keine Gegenstände im Sinne des § 115 GNotKG. Auch die Entwicklungsgeschichte der Norm spreche gegen eine Addition der Passiva. Das Gericht verwies zudem darauf, dass der Gesetzgeber in anderen Vorschriften des GNotKG, wie etwa in § 38 oder § 47, ausdrücklich regele, wenn Verbindlichkeiten bei der Wertermittlung zu berücksichtigen seien. Eine solche Regelung fehle jedoch in § 115 GNotKG.
Das Argument des Notars, die Berücksichtigung der Passiva sei wegen des damit verbundenen Mehraufwands gerechtfertigt, ließ das Gericht nicht gelten. Bei einer vom Geschäftswert abhängigen Gebühr komme es nicht auf den konkreten Arbeitsumfang an. Der Gesetzgeber habe sich bewusst für eine Verallgemeinerung und gegen eine einzelfallabhängige Betrachtung entschieden.
Die Gebühren wurden neu berechnet und setzen sich aus der Verfahrensgebühr für die Aufnahme des Vermögensverzeichnisses, verschiedenen Auslagen für Grundbucherhebungen, Dokumentenpauschalen sowie der Umsatzsteuer zusammen. Die Entscheidung erging gerichtskostenfrei, außergerichtliche Kosten wurden nicht erstattet.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Landgericht Stuttgart hat eine wichtige Grundsatzentscheidung zur Berechnung von Notarkosten bei Nachlassverzeichnissen getroffen: Bei der Ermittlung des Geschäftswerts dürfen nur die Vermögenswerte (Aktiva), nicht aber die Schulden (Passiva) berücksichtigt werden. Diese Klarstellung führt zu erheblich niedrigeren Notarkosten, da sich die Gebühren ausschließlich nach dem positiven Vermögen richten. Das Gericht stellte zudem klar, dass ein höherer Arbeitsaufwand des Notars bei der Erfassung von Schulden keine höheren Gebühren rechtfertigt, da die Kosten ausschließlich vom Geschäftswert abhängen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie ein notarielles Nachlassverzeichnis benötigen, können Sie jetzt mit deutlich niedrigeren Kosten rechnen. Der Notar darf bei seiner Gebührenberechnung die Schulden des Nachlasses nicht mehr zum Vermögen hinzuaddieren – im konkreten Fall führte dies zu einer Kostenreduzierung von etwa 14.500 Euro auf rund 8.700 Euro. Falls Ihr Notar die Schulden bei der Gebührenberechnung berücksichtigt hat, können Sie dagegen vorgehen und eine Korrektur der Kostenrechnung beantragen. Sie müssen dabei keine Gerichtsgebühren zahlen und können den Antrag auch ohne anwaltliche Vertretung stellen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Gebührenbestandteile enthält eine Notarrechnung für ein Nachlassverzeichnis?
Eine Notarrechnung für ein Nachlassverzeichnis setzt sich aus drei wesentlichen Bestandteilen zusammen: Gebühren, Auslagen und Umsatzsteuer.
Notargebühren
Die zweifache Verfahrensgebühr bildet den Hauptbestandteil der Rechnung und richtet sich nach dem Geschäftswert gemäß § 34 GNotKG. Der Geschäftswert wird dabei ausschließlich aus dem Aktivnachlass und dem fiktiven Nachlass berechnet – Nachlassverbindlichkeiten bleiben unberücksichtigt.
Auslagen
Zu den Auslagen gehören die notwendigen Aufwendungen des Notars für:
- Recherchen bei Behörden und Institutionen
- Anfertigung von Kopien und Dokumenten
- Einholung von Grundbuchauszügen
- Sonstige erforderliche Aufwendungen
Umsatzsteuer
Die gesetzliche Mehrwertsteuer von 19% wird auf die Summe aus Gebühren und Auslagen aufgeschlagen.
Beispiele für Gesamtkosten
Die Höhe der Gesamtrechnung variiert je nach Nachlasswert:
- Bei einem Nachlasswert bis 50.000 Euro: etwa 200 bis 300 Euro
- Bei einem Nachlasswert bis 100.000 Euro: etwa 400 bis 600 Euro
- Bei einem Nachlasswert bis 500.000 Euro: etwa 1.000 bis 1.500 Euro
Der Geschäftswert für die Gebührenberechnung orientiert sich dabei ausschließlich am positiven Nachlassvermögen. Wenn der Notar einen höheren Aufwand für die Ermittlung von Nachlassverbindlichkeiten hatte, kann er dies nicht zusätzlich in Rechnung stellen.
Wie wird der Geschäftswert bei einem notariellen Nachlassverzeichnis korrekt berechnet?
Der Geschäftswert eines notariellen Nachlassverzeichnisses bestimmt sich nach § 115 Satz 1 GNotKG ausschließlich nach dem Wert der verzeichneten Gegenstände.
Einbezogene Vermögenswerte
In den Geschäftswert fließen ausschließlich zwei Komponenten ein:
- Der Aktivnachlass, also alle positiven Vermögenswerte
- Der fiktive Nachlass, insbesondere pflichtteilsrelevante Schenkungen des Erblassers
Nicht zu berücksichtigende Werte
Nachlassverbindlichkeiten und Schulden des Erblassers werden bei der Geschäftswertberechnung nicht berücksichtigt. Dies hat das OLG Sachsen-Anhalt in einer wegweisenden Entscheidung bestätigt.
Rechtliche Begründung
Die Nichtberücksichtigung von Verbindlichkeiten ergibt sich aus mehreren Gründen:
Der Begriff „Gegenstände“ im Sinne des § 115 GNotKG umfasst nur individualisierbare, vermögenswerte Objekte und Güter, über die Rechtsmacht ausgeübt werden kann. Verbindlichkeiten fallen nicht unter diese Definition.
Das Gesetz sieht in § 38 GNotKG bereits eine abschließende Regelung zur Behandlung von Verbindlichkeiten vor. Eine zusätzliche Hinzurechnung von Schulden ist im Gesetz an keiner Stelle vorgesehen.
Praktische Berechnung
Der Notar muss für seine Gebührenrechnung ausschließlich den Wert der positiven Vermögensgegenstände heranziehen. Der Arbeitsaufwand für die Ermittlung und Dokumentation von Schulden spielt für die Gebührenhöhe keine Rolle.
Dies gilt auch dann, wenn die Ermittlung der Verbindlichkeiten einen erheblichen Aufwand verursacht hat. Maßgeblich ist allein der Wert der Aktiva.
Was kann man tun, wenn die Notargebühren für ein Nachlassverzeichnis zu hoch erscheinen?
Bei der Prüfung der Notargebühren für ein Nachlassverzeichnis ist der Geschäftswert der entscheidende Faktor. Der Notar darf für seine Berechnung ausschließlich den Aktivnachlass und den fiktiven Nachlass heranziehen.
Grundlagen der Gebührenberechnung
Der Notar erhält eine zweifache Verfahrensgebühr nach § 34 GNotKG, die sich nach dem Geschäftswert richtet. Für die Ermittlung des Geschäftswerts gilt § 115 GNotKG, wonach nur der Wert der verzeichneten Gegenstände maßgeblich ist.
Prüfung der Kostenrechnung
Bei der Kontrolle der Notarrechnung sollten Sie besonders auf folgende Punkte achten:
- Der Notar darf keine Nachlassverbindlichkeiten in den Geschäftswert einbeziehen.
- Der Arbeitsaufwand des Notars spielt für die Gebührenhöhe keine Rolle.
- Nur der Aktivnachlass und fiktive Nachlass (wie etwa Schenkungen des Erblassers) dürfen berücksichtigt werden.
Rechtliche Schritte
Wenn Sie Zweifel an der Richtigkeit der Kostenberechnung haben, können Sie eine Überprüfung der Kostenrechnung beantragen. Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss vom 01.08.2023 (15 W 310/20) die Berechnungsgrundlagen nochmals eindeutig bestätigt. Die Gebühren müssen sich strikt nach dem positiven Nachlassvermögen richten, auch wenn die Ermittlung der Verbindlichkeiten möglicherweise aufwendiger war.
Welche Rolle spielen Nachlassverbindlichkeiten bei der Gebührenberechnung?
Bei der Berechnung der Notargebühren für ein Nachlassverzeichnis werden Nachlassverbindlichkeiten nicht berücksichtigt. Der Geschäftswert richtet sich ausschließlich nach dem Verkehrswert der im Verzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände (Aktiva).
Gesetzliche Grundlage
Nach § 115 Satz 1 GNotKG bestimmt sich der Geschäftswert für die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses allein nach dem Wert der verzeichneten Gegenstände. Wenn Sie ein notarielles Nachlassverzeichnis erstellen lassen, werden die Schulden des Erblassers weder dem Wert hinzugerechnet noch davon abgezogen.
Praktische Auswirkung
Stellen Sie sich vor, ein Nachlass besteht aus Vermögensgegenständen im Wert von 455.831,88 € und Verbindlichkeiten von 2.928.981,30 €. Für die Berechnung der Notargebühren ist dann ausschließlich der Wert der Vermögensgegenstände (455.831,88 €) maßgeblich. Die hohen Verbindlichkeiten haben keinen Einfluss auf die Gebührenhöhe.
Begründung der Rechtsprechung
Die Gerichte begründen diese Handhabung damit, dass Verbindlichkeiten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine „Gegenstände“ im Sinne des Gesetzes sind. Diese Auslegung wird durch § 38 GNotKG bestätigt, der ausdrücklich festlegt, dass Verbindlichkeiten nicht abgezogen werden dürfen. Die ausdrückliche Anordnung des Abzugsverbots in § 38 GNotKG belegt zudem, dass auch eine Hinzurechnung der Verbindlichkeiten ausgeschlossen ist.
Wann ist eine gerichtliche Überprüfung der Notarkosten erfolgversprechend?
Eine gerichtliche Überprüfung der Notarkosten kommt in zwei konkreten Fällen in Betracht: Wenn der Notar einen zu hohen Geschäftswert zugrunde gelegt hat oder wenn er einen falschen Gebührentatbestand aus dem Kostenverzeichnis angewandt hat.
Vorgehensweise bei vermuteten Fehlern
Zunächst können Sie sich formlos an den Notar wenden und um Aufklärung der Kostenberechnung bitten. Der Notar wird Ihnen die Grundlagen seiner Berechnung erläutern und bei offensichtlichen Fehlern eine Korrektur vornehmen.
Gerichtliches Überprüfungsverfahren
Wenn die formlose Klärung nicht zum gewünschten Ergebnis führt, können Sie einen Antrag beim zuständigen Landgericht stellen. Dieses Verfahren hat mehrere Vorteile:
- Es fallen keine Gerichtskosten an
- Sie benötigen keinen Rechtsanwalt
- Der Antrag kann sowohl schriftlich als auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden
Wichtige Fristen und Bedingungen
Die Überprüfung ist grundsätzlich zeitlich nicht begrenzt und kann selbst dann noch beantragt werden, wenn Sie die Rechnung bereits bezahlt haben. Eine wichtige Ausnahme besteht jedoch: Wurde Ihnen eine vollstreckbare Ausfertigung der Kostenrechnung zugestellt, können Sie nur noch bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einen Überprüfungsantrag stellen.
Begründung des Antrags
Im Antrag müssen Sie konkret darlegen, welche Fehler Sie in der Kostenberechnung vermuten. Dies können beispielsweise sein:
- Eine fehlerhafte Wertberechnung bei der Erstellung eines Nachlassverzeichnisses
- Die Anwendung falscher Gebührensätze
- Doppelte Berechnung von Gebühren
Beachten Sie, dass Notare gesetzlich verpflichtet sind, die im Gerichts- und Notarkostengesetz vorgeschriebenen Gebühren zu erheben. Gebührenvereinbarungen oder Rabatte sind nicht zulässig.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Nachlassverzeichnis
Ein notarielles Dokument, das alle Vermögenswerte (Aktiva) und Schulden (Passiva) eines Verstorbenen zum Zeitpunkt des Todes detailliert auflistet. Es dient als Grundlage für die Verteilung des Erbes und die Berechnung der Erbschaftsteuer. Geregelt ist dies im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Ein typisches Nachlassverzeichnis enthält Immobilien, Bankguthaben, Wertpapiere, aber auch Verbindlichkeiten wie Hypotheken oder offene Rechnungen. Besonders wichtig ist es bei Erbengemeinschaften oder wenn Pflichtteile berechnet werden müssen.
Geschäftswertbemessung
Die Berechnung des Wertes einer notariellen Amtshandlung nach § 115 GNotKG, die als Grundlage für die Ermittlung der Notargebühren dient. Bei einem Nachlassverzeichnis werden dabei nur die Vermögenswerte (Aktiva), nicht aber die Schulden (Passiva) berücksichtigt. Beispiel: Bei einem Nachlass mit Vermögenswerten von 500.000 € und Schulden von 200.000 € beträgt der Geschäftswert 500.000 €, nicht etwa 700.000 €.
GNotKG
Das Gerichts- und Notarkostengesetz regelt bundeseinheitlich die Gebühren für Leistungen der Gerichte und Notare. Es legt fest, wie Kosten berechnet werden und welche Gebührensätze anzuwenden sind. Besonders relevant sind die §§ 34-39 für die Wertberechnung und die §§ 114-116 für notarielle Beurkundungen. Das Gesetz arbeitet mit Festgebühren oder wertabhängigen Gebühren, die sich nach dem Geschäftswert richten.
Kostenfestsetzungsverfahren
Ein gerichtliches Verfahren zur verbindlichen Feststellung der Höhe von Verfahrenskosten, hier der Notarkosten. Geregelt in §§ 103 ff. ZPO. Die Beteiligten können die Höhe der festgesetzten Kosten gerichtlich überprüfen lassen. Das Gericht prüft dabei die Rechtmäßigkeit der Kostenberechnung und kann diese korrigieren. Beispiel: Reduzierung überhöhter Notargebühren aufgrund falscher Geschäftswertberechnung.
Kostenschuldnerin
Die Person oder Institution, die zur Zahlung von Verfahrenskosten verpflichtet ist. Im Erbrecht typischerweise die Erben oder die Erbengemeinschaft. Die Kostenschuld entsteht kraft Gesetzes mit Inanspruchnahme der Dienstleistung, hier der Erstellung des Nachlassverzeichnisses. Geregelt in §§ 13 ff. GNotKG. Die Kostenschuldner haften gesamtschuldnerisch, können also einzeln für die gesamte Summe in Anspruch genommen werden.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 115 GNotKG: Dieser Paragraph regelt die Gebühren für die notariellen Leistungen, insbesondere für die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses. Die Gebührenstaffelung orientiert sich amswert des Nachlasses, der sowohl Aktiva als auch Passiva umfasst. Im vorliegenden Fall wird die Höhe der Gebühr für die Erstellung des Nachlassverzeichnisses angefochten, da die Antragstellerin eine andere Berechnungsgrundlage anführt, bei der Verbindlichkeiten nicht berücksichtigt werden sollten.
- § 29 GNotKG: Hier wird die Kostenschuldnerschaft bei notariellen Dienstleistungen festgelegt. Diese Regelung besagt, dass der Auftraggeber der notariellen Dienstleistung für die anfallenden Kosten verantwortlich ist. Im Fall ist die Kostenschuldnerin, die Antragstellerin, laut dieser Vorschrift unstreitig für die Zahlung der Notarkosten verantwortlich, was die rechtliche Grundlage für die Prüfung und Anfechtung der Gebühren darstellt.
- § 127 Abs. 2 GNotKG: Dieser Paragraph erläutert die Zulässigkeit eines Kostenprüfungsverfahrens in Bezug auf die Notarkosten. Er ist entscheidend für die vorliegende Entscheidung, da die Antragstellerin einen Antrag auf Kostenprüfung gestellt hat, der sowohl statthaft als auch in der richtigen Form und Frist eingereicht wurde. Dies begründet die rechtliche Möglichkeit, die Kostenberechnung des Notars gerichtlich überprüfen zu lassen.
- § 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG: In diesem Paragraphen wird die Prüfung und Anfechtung von Notarkosten näher beschrieben, insbesondere im Kontext von Kostenrechnungen. Die Antragstellerin hat den formgerechten Antrag und die entsprechenden Argumente vorgebracht, sodass das Gericht die Notarkostenrechnung teilweise abändern konnte. Hierbei wird die konkrete Höhe des Geschäftswertes für die Berechnung der Notarkosten relevant, was die Grundlage für die Neubewertung der Gebühren bildet.
- § 23 FamFG: Dieser Paragraph regelt die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Kostenprüfung in Angelegenheiten des Familienrechts und ist in diesem Fall als Verknüpfung zur GNotKG von Bedeutung. Er stellt sicher, dass die Anträge entsprechend den Vorschriften geprüft werden können. Dies hat zur Folge, dass der gerichtliche Antrag der Antragstellerin auf Abänderung der Kostenrechnung auf einer solide rechtlichen Basis fußt, die auch die Bewertung der Kosten im Hinblick auf den tatsächlichen Nachlasswert berücksichtigt.
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Das vorliegende Urteil
LG Stuttgart – Az.: 19 OH 22/23 – Beschluss vom 29.10.2024
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