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Geschäftswert – Kirchenaustrittserklärung

Kirchenaustritt und Geschäftswert: Landgericht bestätigt Notarkosten

In einem Urteil bestätigte das Landgericht Arnsberg die Kostenrechnung eines Notars für die Beurkundung eines Kirchenaustritts, bei der ein Geschäftswert von 50.000 € zugrunde gelegt wurde, basierend auf der künftig entfallenden Kirchensteuer und unter Berücksichtigung spezifischer Umstände des Falles. Der Notar argumentierte erfolgreich, dass der Kirchenaustritt trotz seines primär nichtvermögensrechtlichen Charakters aufgrund der damit verbundenen Steuerersparnis einen vermögensrechtlichen Bezug habe, was vom Gericht anerkannt wurde.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Landgericht Arnsberg bestätigte die Kostenrechnung eines Notars für die Beurkundung eines Kirchenaustritts mit einem angenommenen Geschäftswert von 50.000 €.
  • Der Geschäftswert basierte auf der geschätzten künftig entfallenden Kirchensteuer, die unter Berücksichtigung des Lebensalters und der jährlichen Steuerbelastung des Betroffenen kalkuliert wurde.
  • Der Notar folgte einer spezifischen Vorschrift, die eine Schätzung des Werts unter Berücksichtigung der vermögensrechtlichen Auswirkungen erlaubt, was vom Gericht als korrekt angesehen wurde.
  • Das Gericht lehnte die Auffassung ab, dass bei Kirchenaustritten grundsätzlich ein niedrigerer Auffangwert anzusetzen sei, wenn spezifische finanzielle Auswirkungen nachweisbar sind.
  • Die Entscheidung berücksichtigt sowohl die nichtvermögensrechtliche Natur des Kirchenaustritts als auch seine unmittelbaren vermögensrechtlichen Konsequenzen.
  • Es wird klargestellt, dass eine individuelle Betrachtung der Umstände eines Kirchenaustritts notwendig ist, um den angemessenen Geschäftswert für die Kostenberechnung festzulegen.
  • Der Fall zeigt die Bedeutung der genauen Kenntnis und Anwendung gesetzlicher Vorschriften bei der Bestimmung des Geschäftswerts notarieller Tätigkeiten.
  • Die Urteilsbegründung betont die Relevanz der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beteiligten bei der Wertbestimmung in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten.

Kirchenaustritt und Geschäftswert: Komplexe Fragen

Bei einem Kirchenaustritt geht es zunächst um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit – die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft. Dennoch kann dieser Schritt auch vermögensrechtliche Auswirkungen haben, insbesondere durch den Wegfall der Kirchensteuerpflicht.

Für Notare stellt sich daher die Frage nach dem korrekten Geschäftswert als Bemessungsgrundlage für ihre Gebühren. Hier prallen unterschiedliche Auslegungen der gesetzlichen Bestimmungen aufeinander. Eine sorgfältige Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände ist erforderlich.

➜ Der Fall im Detail


Kirchenaustritt mit finanziellen Folgen: Notarkosten im Fokus

Im Mittelpunkt dieses Falles steht eine Kirchenaustrittserklärung, die vom Notar H. in B. am 09.03.2021 beurkundet wurde.

Kirchenaustritt
Kirchenaustritt: Gericht erkennt hohen Geschäftswert aufgrund von Kirchensteuerbelastung an (Symbolfoto: Suratn Sridama /Shutterstock.com)

Der Beteiligte zu 2) entschied sich aus der Kirche auszutreten, wobei für die notarielle Unterschriftsbeglaubigung und Entwurfserstellung Kosten in Höhe von 220,51 € in Rechnung gestellt wurden. Der Notar legte dieser Rechnung einen Geschäftswert von 50.000 € zugrunde, basierend auf dem Wegfall der Kirchensteuerpflicht des Beteiligten zu 2), der jährlich etwa 5.000 € betrug. Diese Einschätzung führte zu rechtlichen Auseinandersetzungen, insbesondere nachdem der Geschäftswert von der zuständigen Aufsichtsbehörde im Jahr 2022 beanstandet wurde.

Rechtliche Auseinandersetzung um den Geschäftswert

Die zentrale rechtliche Frage drehte sich um die Angemessenheit des angesetzten Geschäftswertes. Der Notar argumentierte, dass trotz des primär nichtvermögensrechtlichen Charakters eines Kirchenaustritts, die unmittelbare vermögensrechtliche Konsequenz – der Wegfall der Kirchensteuerpflicht – eine Bewertung des Geschäftswertes von 50.000 € rechtfertige. Diese Argumentation stützte sich auf die Annahme, dass der Kirchenaustritt des Beteiligten zu 2) aufgrund der hohen Kirchensteuerbelastung erfolgte, was eine direkte finanzielle Auswirkung nach sich zog.

Die Entscheidung des Landgerichts Arnsberg

Das Landgericht Arnsberg folgte in seinem Beschluss vom 09.02.2024 der Argumentation des Notars und bestätigte den angesetzten Geschäftswert von 50.000 €. Das Gericht betonte, dass bei nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten der Geschäftswert nach § 36 Abs. 2 GNotKG zu bestimmen ist, sofern ausreichende Anhaltspunkte für eine Bewertung vorliegen. Im vorliegenden Fall sah das Gericht diese Anhaltspunkte als gegeben an, insbesondere aufgrund der expliziten Angaben des Beteiligten zu 2) über seine Beweggründe für den Kirchenaustritt und die damit verbundene erhebliche Kirchensteuerbelastung.

Bewertung des Urteils und seiner Begründung

Das Gericht wies darauf hin, dass der Geschäftswert nicht pauschal nach dem Auffangwert von 5.000 € zu bemessen ist, wenn spezifische Umstände einen höheren Wert rechtfertigen. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer individuellen Betrachtung jedes Einzelfalles und erkennt die direkten finanziellen Auswirkungen eines Kirchenaustritts auf die Kirchensteuerpflicht als relevanten Faktor für die Bestimmung des Geschäftswertes an.

Rechtliche Einordnung und Bedeutung für die Praxis

Dieses Urteil zeigt deutlich, wie in spezifischen Fällen, in denen nichtvermögensrechtliche Entscheidungen direkte vermögensrechtliche Folgen haben, eine differenzierte Herangehensweise bei der Bestimmung des Geschäftswertes erforderlich ist. Es bestätigt zudem, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen eine flexible Handhabung erlauben, um den realen Verhältnissen und den individuellen Umständen der Beteiligten gerecht zu werden.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was ist ein Geschäftswert und wie wird er bestimmt?

Ein Geschäftswert ist ein wichtiger Begriff im Notarkostenrecht und dient als Grundlage für die Berechnung der Notargebühren. Er spiegelt die Bedeutung und den Wert einer notariellen Tätigkeit wider. Hier sind die wichtigsten Punkte zum Geschäftswert:

  • Definition: Der Geschäftswert ist der Wert, der für die Gebührenberechnung nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) maßgeblich ist. Er richtet sich nach der Bedeutung und dem Wert des jeweiligen Rechtsgeschäfts, nicht nach dem Arbeitsaufwand des Notars.
  • Ermittlung: Das GNotKG legt fest, wie der Geschäftswert für verschiedene Rechtsgeschäfte zu ermitteln ist. Bei einem Kaufvertrag ist dies z.B. der Kaufpreis, bei Erb- und Familiensachen häufig der Wert des betroffenen Vermögens.
  • Additionsprinzip: Wenn ein notarielles Verfahren mehrere Gegenstände umfasst, werden deren Werte zum Geschäftswert addiert. Die Gebühr wird dann aus der Wertsumme errechnet und nur einmal erhoben (§ 35 Abs. 1 GNotKG).
  • Höchstgeschäftswert: Das GNotKG sieht für bestimmte Geschäfte Höchstgrenzen für den anzunehmenden Geschäftswert vor, z.B. bei Vorsorgevollmachten maximal 1 Mio. Euro (§ 98 GNotKG).
  • Gebührenberechnung: Aus dem ermittelten Geschäftswert errechnen sich nach den gesetzlichen Gebührensätzen die vom Notar zu erhebenden Gebühren. Je höher der Geschäftswert, desto höher fallen die Notarkosten aus.

Der Geschäftswert stellt also sicher, dass die Notargebühren der Bedeutung der Sache angemessen sind. Dieses Wertgebührensystem soll allen Bürgern den Zugang zu notarieller Beratung ermöglichen.

Warum können Kirchenaustritte zu finanziellen Folgen führen?

Ein Kirchenaustritt hat direkte finanzielle Folgen, da er zum Wegfall der Kirchensteuerpflicht führt. Hier sind die wichtigsten Punkte dazu:

  • Kirchensteuer: Als Kirchenmitglied zahlt man eine Kirchensteuer, die als Zuschlag zur Einkommensteuer erhoben wird. Bei einem Austritt entfällt diese Steuerpflicht, was zu Einsparungen führt. Beispielsweise kann jemand mit 36.000 Euro Jahresbrutto durch einen Austritt ca. 450 Euro jährlich sparen.
  • Besonderes Kirchgeld: In manchen Fällen wird nach einem Austritt trotzdem noch ein „besonderes Kirchgeld“ fällig, wenn der Ehepartner weiterhin Mitglied ist und ein geringes Einkommen hat. Dieses kann zwischen 96 und 3600 Euro betragen und die Ersparnis durch den Austritt schmälern.
  • Steuerminderung: Alternativ zum Austritt kann man die gezahlte Kirchensteuer auch als Sonderausgabe in der Steuererklärung absetzen und so seine Steuerlast etwas senken. Allerdings übersteigt die Kirchensteuer meist die Einsparung.
  • Folgen für Kirchenfinanzen: Für die Kirchen bedeuten Austritte spürbare Einnahmeverluste, auch wenn diese durch steigende Einkommen der verbleibenden Mitglieder teilweise ausgeglichen werden. Langfristig führt der Mitgliederschwund aber zu großen finanziellen Herausforderungen.

Der Kirchenaustritt ist also ein effektiver Weg, um Steuern zu sparen, wobei Sonderfälle wie das besondere Kirchgeld beachtet werden müssen. Für die Berechnung des Geschäftswertes beim Austritt ist daher die Höhe der individuellen Ersparnis ein wichtiger Faktor.

Was besagt § 36 Abs. 2 GNotKG über die Bestimmung des Geschäftswertes?

§ 36 Abs. 2 GNotKG regelt die Bestimmung des Geschäftswertes in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten, wenn sich dieser nicht aus anderen Vorschriften des GNotKG ergibt. Die wichtigsten Punkte sind:

  • Der Geschäftswert ist in diesen Fällen nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.
  • Insbesondere sind der Umfang und die Bedeutung der Sache sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten einzubeziehen.
  • Der Geschäftswert darf jedoch nicht über 1 Million Euro festgesetzt werden. Dies stellt eine Obergrenze dar.
  • Beispiele für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten sind Verfahren über die Bestellung eines Betreuers, auch wenn die Betreuung vermögensrechtliche Aufgaben umfasst.
  • Der Notar kann in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten keine Gebühren nach § 36 Abs. 2 GNotKG berechnen, wenn der Geschäftswert bereits anderweitig aus dem Gesetz hervorgeht.

§ 36 Abs. 2 GNotKG gibt also einen Rahmen vor, innerhalb dessen der Geschäftswert in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten zu bestimmen ist, wenn keine spezielleren Vorschriften greifen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalls ausschlaggebend.

Wie beeinflusst die Kirchensteuerbelastung den Geschäftswert bei einem Kirchenaustritt?

Die Höhe der bisherigen Kirchensteuerbelastung kann den Geschäftswert bei der Beurkundung eines Kirchenaustritts durch einen Notar beeinflussen. Hier sind die wichtigsten Punkte dazu:

  • Grundsätzlich richtet sich der Geschäftswert bei einem Kirchenaustritt nach § 36 Abs. 2 GNotKG. Danach ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen, wobei der Umfang und die Bedeutung der Sache sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten zu berücksichtigen sind.
  • Anhaltspunkte für die Bestimmung können sich aus der Höhe der bisher gezahlten Kirchensteuer ergeben. Diese spiegelt die finanziellen Auswirkungen des Austritts wider. Je höher die Kirchensteuerbelastung war, desto höher kann der Geschäftswert angesetzt werden.
  • In einem Gerichtsfall hatte der Notar den Geschäftswert auf Basis der Angabe des Austrittswilligen, er zahle ca. 5000 Euro Kirchensteuer pro Jahr, festgesetzt. Das Gericht sah dies als zulässig an, da ausreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung nach § 36 Abs. 2 GNotKG vorlagen.
  • Nur wenn sich gar keine genügenden Anhaltspunkte für eine Wertbestimmung ergeben, ist von einem Auffangwert von 5000 Euro nach § 36 Abs. 3 GNotKG auszugehen. Dies soll aber die Ausnahme bleiben.
  • Die Berücksichtigung der Kirchensteuerersparnis dient dazu, den Geschäftswert an die Bedeutung der Sache anzupassen. Ein hoher Geschäftswert führt zu höheren Notargebühren, was aber gerechtfertigt sein kann, wenn der Austritt den Beteiligten erheblich finanziell entlastet.

Der Zusammenhang zwischen Kirchensteuer und Geschäftswert stellt also sicher, dass die Notarkosten der wirtschaftlichen Tragweite des Austritts angemessen sind. Pauschale Geschäftswerte sollen vermieden werden.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 36 Abs. 2 GNotKG: Bestimmt den Geschäftswert in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten und verlangt eine Schätzung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles. Dies ist zentral für die Bestimmung des Geschäftswertes bei einem Kirchenaustritt, da es direkt die Höhe der Notarkosten beeinflusst.
  • § 36 Abs. 3 GNotKG: Regelt den Auffangwert von 5.000 € für die Bestimmung des Geschäftswertes, wenn keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Schätzung vorliegen. Dieser Paragraph ist relevant, weil er als alternative Bewertungsgrundlage dient, falls die spezifischen Umstände eines Kirchenaustritts nicht genügend Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung bieten.
  • § 52 Abs. 4 GNotKG: Erlaubt die Schätzung des Geschäftswertes basierend auf der erwarteten Dauer der finanziellen Auswirkungen, wie im Fall der Einsparungen durch den Wegfall der Kirchensteuer. Im Kontext des Kirchenaustritts ermöglicht dieser Paragraph eine Schätzung des Geschäftswertes auf Basis der langfristigen finanziellen Vorteile für den Beteiligten.
  • §§ 130 Abs. 2, 127 GNotKG: Regeln das Verfahren für die Beantragung einer gerichtlichen Entscheidung über notarielle Kostenberechnungen. Diese Vorschriften sind wesentlich, da sie das Verfahrensrecht darstellen, welches dem Notar ermöglicht, bei Beanstandungen des Geschäftswertes durch Aufsichtsbehörden eine gerichtliche Klärung zu suchen.
  • § 119 Abs. 1, 92 Abs. 2 GNotKG: Sind relevant für die Festlegung des Geschäftswertes bei bestimmten notariellen Tätigkeiten, unterstreichen die gesetzliche Grundlage für die Berechnung des Geschäftswertes und die daraus resultierenden Notarkosten im Allgemeinen.
  • § 81 Abs. 1 FamFG: Bietet die rechtliche Grundlage für die Kostenentscheidung in gerichtlichen Verfahren, die nicht im Kern dieses Falls steht, aber dennoch für das Verständnis der abschließenden Kostenverteilung im gerichtlichen Beschluss relevant ist.


Das vorliegende Urteil

Landgericht Arnsberg – Az.: 5 OH 21/23 – Beschluss vom 09.02.2024

Auf den Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung vom 08.11.2023 wird die Kostenrechnung des Notars H. in B. vom 25.05.2021 (Rechnungs-Nr.: 0000464/21) bestätigt.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller hat am 09.03.2021 zur Urkundenrolle Nr. 65/2021 die Kirchenaustrittserklärung des Beteiligten zu 2) beurkundet.

Für seine Tätigkeit der Unterschriftsbeglaubigung mit Entwurfserstellung hat der Antragsteller mit Rechnung vom 25.05.2021 (Rechnungs-Nr. 0000464/21) dem Beteiligten zu 2) gegenüber 220,51 € berechnet. Dieser Rechnung hat der Notar einen Geschäftswert gemäß §§ 119 Abs. 1, 92 Abs. 2, 36 Abs. 2,52 Abs. 4 GNotKG i.H.v. 50.000 € zugrunde gelegt.

Der Beteiligte zu 3) hat den Ansatz dieses Geschäftswertes anlässlich einer Geschäftsprüfung bei dem Notar im Jahr 2022 beanstandet und ihn mit Verfügung vom 19.07.2022 angewiesen, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu stellen.

Mit Schreiben vom 08.11.2023 hat der Antragsteller aufgrund dieser Weisung eine Entscheidung über die notarielle Kostenberechnung nach §§ 130 Abs. 2, 127 GNotKG beantragt.

Der Antragsteller vertritt unter Hinweis auf die in Kommentaren vertretene Literaturmeinung die Ansicht, es handele sich bei einem Kirchenaustritt zwar um eine Erklärung, die sich unmittelbar auf eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, nämlich die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Glaubensgemeinschaft, richte, die aber unmittelbar einen vermögensrechtlichen Bezug, nämlich den Wegfall der Kirchensteuerpflicht, habe. Deshalb sei hier nicht der Auffangwert von 5000 € gemäß § 36 Abs. 3 GNotKG zugrundezulegen, sondern der Wert stattdessen nach § 36 Abs. 2 GNotKG unter Berücksichtigung des Umfangs der künftig entfallenden Kirchensteuer zu schätzen. Es hätten im vorliegenden Fall auch genügend Anhaltspunkte für eine Wertbestimmung nach § 36 Abs. 2 GNotKG bestanden, weil der Beteiligte zu 2) ihm mitgeteilt habe, der Kirchenaustritt erfolge auch wegen seiner hohen Kirchensteuerbelastung, welche ca. 5000 € pro Jahr betrage. Ausgehend von dieser jährlichen Steuerersparnis von 5000 € habe er entsprechend § 52 Abs. 4 GNotKG unter Berücksichtigung des Lebensalters des Beteiligten zu 2) von damals 59 Jahren, einen Zeitraum von zehn Jahren zugrunde gelegt und somit den Wert auf 50.000 € bestimmt.

Der Präsident des Landgerichts hat unter dem 20.12.2023 Stellung genommen. Insoweit wird auf Bl. 26, 27 der Akte Bezug genommen.

Dem Beteiligten zu 2) ist rechtliches Gehör gewährt worden, von dem er jedoch keinen Gebrauch gemacht hat.

II.

Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 130 Abs. 2 S. 1, 127 GNotKG vom 08.11.2023 ist unbegründet.

Die Anweisung des Präsidenten des Landgerichts Arnsberg vom 19.07.2023 ist nicht gerechtfertigt, weil die streitgegenständliche Kostenrechnung des Antragstellers vom 25.05.2021 nicht fehlerhaft ist.

Bei einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit ist nach § 36 Abs. 2 GNotKG der Geschäftswert – sofern er sich nicht aus den Vorschriften des GNotKG ergibt- unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens-und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen.

Erst wenn sich keine genügenden Anhaltspunkte für die Wertbestimmung ergeben, ist von einem Auffangwert von 5000 € nach § 36 Abs. 3 GNotKG auszugehen.

Vorliegend indessen hatte der Notar genügend Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Wertes nach § 36 Abs. 2 GNotKG, weil ihm nach seinem unbestrittenen Vortrag der Beteiligte zu 2) als Grund für seinen Kirchenaustritt seine hohe Kirchensteuerbelastung mit ca. 5000 € jährlich angegeben hatte. In diesem Fall ist es beanstandungsfrei, dass der Notar seiner Kostenrechnung als Geschäftswert nicht den Auffangwert von 5000 € gemäß § 36 Abs. 3 GNotKG zugrunde gelegt hat, sondern stattdessen den Wert nach § 36 Abs. 2 GNotKG unter Berücksichtigung des Umfangs der künftig entfallenden Kirchensteuer in entsprechender Anwendung von § 52 Abs. 4 GNotKG zugrunde gelegt und so im Hinblick auf das Lebensalter des Beteiligten zu 2) und seiner Steuerpflicht einen Wert von 50.000 € bestimmt hat.

Dem Beteiligten zu 3) ist zuzubilligen, dass in den Fällen, in denen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Wertfestsetzung nach § 36 Abs. 2 GNotKG bestehen, etwa weil dem Notar die Gründe für den Kirchenaustritt nicht bekannt oder diese nicht finanzieller Natur sind, auf den Auffangwert von 5000 € nach § 36 Abs. 3 GNotKG zurückzugreifen sein dürfte. Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Im Hinblick auf den Auffangcharakter des § 36 Abs. 3 GNotKG besteht keine Veranlassung, bei Kirchenaustritten stets einen Geschäftswert von 5000 € anzunehmen, auch wenn sich aus den Umständen des Einzelfalles hinreichende Anhaltspunkte für einen abweichenden Geschäftswert nach § 36 Abs. 2 GNotKG ergeben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 130 Abs. 3 GNotKG, § 81 Abs.1 FamFG.

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