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Geschäftswert für Notarkosten bei Beurkundung eines Ehevertrags

OLG Karlsruhe setzt Notarkosten für Ehevertrag drastisch herab: Streit um Berechnungsgrundlage geht in die nächste Runde. Ehepaar wehrt sich erfolgreich gegen überhöhte Gebühren für Beurkundung eines Ehevertrags. Gericht bestätigt: Nur der Wert der konkret geregelten Ansprüche ist für die Berechnung der Notarkosten relevant.

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✔ Der Fall: Kurz und knapp

  • Die Beteiligten gehen gegen die Berechnung der Notarkosten vor, da sie diese als zu hoch empfinden.
  • Die Ehegatten schlossen aufgrund einer schweren Erkrankung der Ehefrau einen Erbvertrag.
  • Der Erbvertrag enthält sowohl erbrechtliche Verfügungen als auch gegenseitige Verzichtsvereinbarungen bezüglich Pflichtteilsansprüche und Zugewinnausgleich.
  • Das Landgericht Heidelberg hatte ursprünglich in einem ersten Beschluss die Kostenberechnung des Notars bestätigt.
  • Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat diesen Beschluss abgeändert und die Notarkosten herabgesetzt.
  • Die Herabsetzung der Notarkosten erfolgte, weil das Gericht zu dem Schluss kam, dass die ursprüngliche Berechnung zu hoch angesetzt war.
  • Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren wurden nicht erhoben und außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
  • Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wurde nicht zugelassen.
  • Die Auswirkungen dieser Entscheidung sind eine Klärung der Kostenberechnung in solchen Fällen und eine potenzielle Reduzierung zukünftiger Notarkosten bei ähnlichen Verträgen.

Nur der Wert der im Ehevertrag ausgeschlossenen Ansprüche ist für Notarkosten entscheidend

Beim Abschluss eines Ehevertrags spielt der sogenannte Geschäftswert eine entscheidende Rolle. Dieser Wert bestimmt die Höhe der Notarkosten, die bei der Beurkundung des Ehevertrags anfallen. Der Geschäftswert orientiert sich dabei an den vermögensmäßigen Folgen, die der Ehevertrag für die Vertragsparteien hat. Je höher der Geschäftswert, desto höher sind die zu entrichtenden Notargebühren.

Um die Kosten für die Beurkundung eines Ehevertrags im Vorfeld besser einschätzen zu können, ist es wichtig, die Grundlagen des Geschäftswerts zu verstehen. Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall erläutert, der die Berechnung des Geschäftswerts in der Praxis veranschaulicht.

✔ Der Fall vor dem OLG Karlsruhe


OLG Karlsruhe: Ausschluss der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und 3 BGB bestimmt Notarkosten nur nach dem Wert dieser Ansprüche

In einem aktuellen Beschluss hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass bei der notariellen Beurkundung eines Ehevertrags, in dem lediglich die Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und 3 BGB ausgeschlossen werden, für die Berechnung der Notarkosten nicht der Wert des gesamten Vermögens der Eheleute heranzuziehen ist. Stattdessen ist nur der Wert dieser konkreten Ansprüche maßgeblich, die durch den Ehevertrag ausgeschlossen werden.

Im vorliegenden Fall hatten Eheleute, die im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten, bei einem Notar einen Erbvertrag beurkunden lassen. Darin waren neben erbrechtlichen Verfügungen und einem gegenseitigen Pflichtteilsverzicht auch der Ausschluss der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und 3 BGB geregelt. Diese Vorschriften erlauben es dem überlebenden Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen, statt des pauschalen Zugewinnausgleichs durch Erhöhung des Erbteils einen konkreten Zugewinnausgleich nach den Regeln der §§ 1373 ff. BGB zu verlangen.

Notar berechnet Geschäftswert nach dem Gesamtvermögen der Ehegatten

Der beurkundende Notar berechnete den Geschäftswert für den Ehevertrag nach § 100 Abs. 1 GNotKG und zog dafür die Summe der Werte des gesamten Vermögens beider Ehegatten heran. Die daraus resultierenden hohen Notarkosten von über 11.000 Euro beanstandeten die Eheleute. Sie waren der Ansicht, der Notar hätte sie vorab über die erhebliche Verteuerung durch den Ausschluss der Ansprüche nach § 1371 Abs. 2 und 3 BGB aufklären müssen.

Das Landgericht folgte der Auffassung des Notars, dass der Geschäftswert sich nach dem Gesamtvermögen richte, da der Ausschluss der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und 3 BGB das gesamte Vermögen der Eheleute betreffe. Eine Aufklärung über die Kostenhöhe sei nicht erforderlich gewesen. Die Notarkosten wurden nur geringfügig auf etwas über 11.000 Euro herabgesetzt.

OLG Karlsruhe: Nur der Wert der ausgeschlossenen Ansprüche ist maßgeblich

Die dagegen gerichtete Beschwerde der Eheleute hatte vor dem OLG Karlsruhe teilweise Erfolg. Das Gericht stellte klar, dass für die Berechnung des Geschäftswerts nicht § 100 Abs. 1 GNotKG, sondern § 100 Abs. 2 GNotKG einschlägig sei. Denn der Ehevertrag betreffe hier nur bestimmte güterrechtliche Ansprüche und keine grundlegende strukturelle Änderung des Güterstands. Der gesetzliche Güterstand werde für den Regelfall nicht verändert.

Da der Wert der ausgeschlossenen Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und 3 BGB mangels ausreichender Angaben zum Anfangsvermögen der Ehegatten nicht konkret beziffert werden konnte, war nach § 36 Abs. 3 GNotKG ein Geschäftswert von 5.000 Euro anzusetzen. Insgesamt ergab sich dadurch ein deutlich geringerer Geschäftswert für das gesamte Beurkundungsverfahren, so dass die Notarkosten auf unter 6.000 Euro herabzusetzen waren.

Genauer Blick auf Regelungsgehalt des Ehevertrags erforderlich

Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, bei der notariellen Beurkundung eines Ehevertrags genau zu prüfen, welche konkreten güterrechtlichen Regelungen getroffen werden. Selbst wenn sich die Regelungen auf das gesamte Vermögen der Ehegatten auswirken können, ist für die Bemessung der Notarkosten nach § 100 Abs. 2 GNotKG allein der Wert der konkret betroffenen Ansprüche maßgeblich, wenn der Güterstand nicht grundlegend strukturell geändert wird. Dies kann die Kosten erheblich reduzieren.

Ehepaare sollten sich daher vor der Beurkundung eines Ehevertrags vom beurkundenden Notar die Kostenfolgen genau erläutern lassen. Auch Notare tun gut daran, vorab transparent über die zu erwartenden Gebühren aufzuklären, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden und die Mandanten bestmöglich zu beraten. Der vorliegende Fall verdeutlicht die Komplexität des notariellen Kostenrechts und die Wichtigkeit einer sorgfältigen Vertragsgestaltung.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das OLG Karlsruhe stellt klar, dass bei der Beurkundung eines Ehevertrags, der lediglich bestimmte güterrechtliche Ansprüche ausschließt, für die Bemessung der Notarkosten nicht das Gesamtvermögen der Ehegatten, sondern nur der Wert der konkret ausgeschlossenen Ansprüche maßgeblich ist. Damit grenzt es die Anwendungsbereiche von § 100 Abs. 1 und Abs. 2 GNotKG präzise voneinander ab. Die Entscheidung mahnt zu einer sorgfältigen Prüfung des konkreten Regelungsgehalts eines Ehevertrags und einer transparenten Aufklärung über die Kostenfolgen.


✔ FAQ – Häufige Fragen

Das Thema: Notarkosten für Ehevertrag wirft bei vielen Lesern Fragen auf. Unsere FAQ-Sektion bietet Ihnen wertvolle Insights und Hintergrundinformationen, um Ihr Verständnis für dieses Thema zu vertiefen. Weiterhin finden Sie in der Folge einige der Rechtsgrundlagen, die für dieses Urteil wichtig waren.


Wie werden die Notarkosten für einen Ehevertrag berechnet?

Die Notarkosten für einen Ehevertrag werden auf Basis des sogenannten Geschäftswerts berechnet. Der Geschäftswert entspricht dem Reinvermögen der Ehepartner, das sich aus der Summe aller Vermögenswerte abzüglich der Schulden ergibt. Dabei dürfen Schulden maximal bis zur Hälfte des Aktivvermögens abgezogen werden.

Das Reinvermögen umfasst alle Vermögensgegenstände wie Immobilien, Bankguthaben, Wertpapiere und Gesellschaftsbeteiligungen. Der Geschäftswert dient als Grundlage für die Berechnung der Notargebühren, die nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegt sind. Diese Gebühren sind bundesweit einheitlich und dürfen nicht abweichen.

Die Notarkosten setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen: der zweifachen Gebühr für die Beurkundung, den Auslagen des Notars und der Umsatzsteuer. Die zweifache Gebühr wird erhoben, weil der Notar sowohl die Beratung als auch die Beurkundung des Ehevertrags übernimmt. Zusätzliche Kosten können für Auslagen wie Porto und Telefongebühren anfallen.

Ein Beispiel verdeutlicht die Berechnung: Bei einem Reinvermögen von 100.000 Euro betragen die Notarkosten etwa 780 Euro. Steigt das Reinvermögen auf 500.000 Euro, erhöhen sich die Notarkosten auf etwa 2.440 Euro.

Die Notarkosten sind unabhängig vom Schwierigkeitsgrad oder dem Aufwand der Erstellung des Ehevertrags. Der Notar berechnet die Gebühren ausschließlich auf Basis des Geschäftswerts, der sich aus dem Reinvermögen der Ehepartner ergibt. Dies gewährleistet eine transparente und nachvollziehbare Kostenstruktur.


Welche Faktoren beeinflussen die Höhe der Notarkosten bei einem Ehevertrag?

Die Höhe der Notarkosten bei einem Ehevertrag wird maßgeblich durch den Geschäftswert des Vertrags bestimmt. Der Geschäftswert setzt sich aus dem Reinvermögen der Ehepartner zusammen, das sich ergibt, wenn man von der Summe aller Vermögenswerte die Schulden abzieht, wobei Schulden maximal bis zur Hälfte des Aktivvermögens berücksichtigt werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die doppelte Gebühr, die für die Beurkundung eines Ehevertrags gemäß dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) erhoben wird. Diese doppelte Gebühr wird auf Basis des Geschäftswerts berechnet. Beispielsweise beträgt die einfache Gebühr bei einem Reinvermögen von 40.000 Euro 145 Euro, sodass die doppelte Gebühr 290 Euro beträgt. Hinzu kommen Auslagen und die Umsatzsteuer.

Die Anzahl der Beurkundungstermine und der Aufwand für die Beratung durch den Notar beeinflussen die Kosten nicht direkt, da die Gebührensätze gesetzlich festgelegt sind und unabhängig vom Aufwand oder der Anzahl der Termine gelten. Der Notar muss jedoch neutral beraten und den Vertrag rechtssicher aufsetzen, was in den Gebühren enthalten ist.

Zusätzliche Leistungen des Notars, wie die Anpassung des Ehevertrags an geänderte Lebensumstände oder die Aufhebung eines bestehenden Ehevertrags, können ebenfalls Kosten verursachen. Diese richten sich ebenfalls nach dem Geschäftswert zum Zeitpunkt der Änderung oder Aufhebung.

Ein Ehevertrag kann Regelungen zum Güterrecht, Unterhalt und Versorgungsausgleich enthalten. Diese individuellen Vereinbarungen können den Geschäftswert beeinflussen, insbesondere wenn sie erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Beispielsweise kann der Wert von Regelungen zum Versorgungsausgleich pauschal mit 5.000 Euro angesetzt werden.

Die Notarkosten sind somit transparent und gesetzlich geregelt, wobei der Geschäftswert der entscheidende Faktor ist. Zusätzliche Beratungsleistungen oder Anpassungen des Vertrags können weitere Kosten verursachen, die ebenfalls nach dem Geschäftswert berechnet werden.


Was ist der Geschäftswert und wie wird er bei einem Ehevertrag festgelegt?

Der Geschäftswert eines Ehevertrags spiegelt den finanziellen Wert der im Vertrag getroffenen Regelungen wider. Er dient als Grundlage für die Berechnung der Notarkosten. Der Geschäftswert wird durch das Reinvermögen der Ehepartner bestimmt, das sich aus der Summe ihrer Vermögenswerte abzüglich der Verbindlichkeiten ergibt. Dabei können Schulden höchstens bis zur Hälfte des Aktivvermögens abgezogen werden.

Ein Ehevertrag kann verschiedene Regelungen enthalten, die den Geschäftswert beeinflussen. Dazu gehören Änderungen des Güterstands, wie der Wechsel von der Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung, oder der Ausschluss bestimmter Vermögensgegenstände vom Zugewinnausgleich. Auch Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt und zum Versorgungsausgleich können den Geschäftswert erhöhen. Der Wert solcher Regelungen wird oft durch Multiplikation des jährlichen Unterhaltsbetrags mit einem Faktor, der vom Lebensalter der Ehegatten abhängt, ermittelt.

Die Notarkosten für die Beurkundung eines Ehevertrags richten sich nach dem Geschäftswert und sind im Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) festgelegt. Beispielsweise betragen die Notargebühren für einen Geschäftswert von 200.000 Euro etwa 1.200 Euro. Diese Kosten umfassen die Gebühr für die Beurkundung, Auslagen und die Umsatzsteuer.

Ein Ehevertrag kann auch eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts enthalten, um ein sonst anwendbares ausländisches Recht auszuschließen. In diesem Fall erhöht sich der Geschäftswert um 30 Prozent des Bezugswerts.

Die Berechnung des Geschäftswerts und der daraus resultierenden Notarkosten ist entscheidend, um die finanziellen Auswirkungen eines Ehevertrags zu verstehen und sicherzustellen, dass alle Regelungen rechtlich abgesichert sind.


Gibt es Möglichkeiten, die Notarkosten für einen Ehevertrag zu reduzieren?

Die Notarkosten für einen Ehevertrag lassen sich durch verschiedene Maßnahmen reduzieren. Ein wesentlicher Faktor ist der Geschäftswert des Ehevertrags, der sich aus dem Reinvermögen der Ehepartner ergibt. Das Reinvermögen wird berechnet, indem von den Vermögenswerten die Schulden bis maximal zur Hälfte abgezogen werden. Die Notarkosten steigen mit dem Geschäftswert, da sie nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) berechnet werden.

Eine Möglichkeit zur Reduzierung der Notarkosten besteht darin, den Ehevertrag auf wesentliche Regelungen zu beschränken. Je weniger komplex und umfangreich der Vertrag ist, desto geringer ist der Geschäftswert und damit die Notarkosten. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, nur grundlegende Vermögensregelungen und Unterhaltsvereinbarungen aufzunehmen und auf detaillierte Regelungen zu verzichten.

Ein weiterer Ansatz ist die Wahl eines Notars mit günstigeren Gebühren. Obwohl die Notarkosten gesetzlich festgelegt sind und bundesweit einheitlich gelten, können die Auslagen und zusätzlichen Gebühren variieren. Es lohnt sich, verschiedene Notare zu vergleichen und sich über deren Gebührenstruktur zu informieren.

Zusätzlich kann es hilfreich sein, den Ehevertrag zunächst von einem Anwalt prüfen zu lassen, um sicherzustellen, dass keine unnötigen oder unwirksamen Klauseln enthalten sind. Ein Anwalt kann auch dabei helfen, den Vertrag so zu gestalten, dass er den gesetzlichen Anforderungen entspricht und gleichzeitig kosteneffizient bleibt.

Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein Ehepaar mit einem Reinvermögen von 100.000 Euro würde bei einer einfachen Gebühr von 273 Euro und einer doppelten Gebühr von 546 Euro Notarkosten zahlen. Durch die Beschränkung auf wesentliche Regelungen könnte der Geschäftswert und damit die Notarkosten gesenkt werden.

Insgesamt ist es wichtig, den Ehevertrag sorgfältig zu planen und sich von Fachleuten beraten zu lassen, um sowohl rechtliche Sicherheit als auch Kosteneffizienz zu gewährleisten.


Welche Rolle spielt der Güterstand bei der Berechnung der Notarkosten?

Der Güterstand spielt eine wesentliche Rolle bei der Berechnung der Notarkosten, da er den Geschäftswert beeinflusst, der als Grundlage für die Gebührenberechnung dient. Der Geschäftswert eines Ehevertrags richtet sich nach dem Reinvermögen der Ehegatten, das sich aus der Summe der Vermögenswerte abzüglich der Verbindlichkeiten ergibt. Dabei können Schulden nur bis zur Hälfte des Aktivvermögens abgezogen werden.

Bei der Beurkundung eines Ehevertrags, der eine Änderung des Güterstands beinhaltet, wie etwa den Wechsel von der Zugewinngemeinschaft zur Gütertrennung, wird das gesamte Vermögen der Ehegatten berücksichtigt. Dies umfasst sowohl das Betriebs- als auch das Privatvermögen. Eine solche umfassende Änderung des Güterstands zieht vielfältige familien-, erb- und steuerrechtliche Folgen nach sich und vermeidet Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen.

Die Notarkosten für die Beurkundung eines Ehevertrags sind gesetzlich durch das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) geregelt. Die Gebühren richten sich nach dem Geschäftswert, der das gesamte Vermögen der Ehegatten umfasst. Beispielsweise können die Notarkosten für einen Geschäftswert von 500.000 Euro etwa 2.440 Euro betragen.

Eine Änderung des Güterstands kann daher höhere Notarkosten verursachen, da der Geschäftswert in solchen Fällen das gesamte Vermögen der Ehegatten umfasst. Dies ist besonders relevant, wenn umfangreiche Vermögenswerte wie Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen vorhanden sind. Die Beurkundung durch den Notar stellt sicher, dass der Ehevertrag rechtlich bindend ist und vermeidet spätere Streitigkeiten über die Vermögensverhältnisse im Falle einer Scheidung.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 1371 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt den Zugewinnausgleich im Falle des Todes eines Ehegatten. Im konkreten Fall wurde ein Ausschluss der Durchführung des Zugewinnausgleichs im Erbvertrag vereinbart, was eine wesentliche Auswirkung auf die Berechnung des Geschäftswerts und damit auf die Notarkosten hat.
  • KostO (Kostenordnung): Die Kostenordnung bestimmt die Gebühren für notarielle Dienstleistungen. Gemäß KostO wird der Geschäftswert für die Beurkundung von Eheverträgen festgelegt, was direkt die Höhe der Notarkosten beeinflusst. Hier stellt sich die Frage, ob der Notar den Geschäftswert korrekt berechnet hat.
  • GNotKG (Gerichts- und Notarkostengesetz): Dieses Gesetz ersetzt die alte Kostenordnung und ist für die Berechnung der Notarkosten relevant. Es enthält Regelungen zur Ermittlung des Geschäftswerts und zur Gebührenhöhe bei notariellen Tätigkeiten. Die Beteiligten zweifeln an der Höhe des Geschäftswerts, der zur doppelten Berechnung führte.
  • OLG Beschlüsse und Urteile (Gerichtsentscheidungen): Der Beschluss des OLG Karlsruhe ist ein Präzedenzfall, der die Notarkostenberechnung herabsetzt. Solche Entscheidungen beeinflussen die Praxis der Notar- und Gerichtskostenberechnung und sind daher wichtig für ähnliche zukünftige Fälle.
  • § 1410 BGB (Eheverträge): Dieser Paragraph sieht vor, dass Eheverträge der notariellen Beurkundung bedürfen. Die Einhaltung dieser Formvorschrift ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertrags und hat damit auch Auswirkungen auf die entstehenden Notarkosten.
  • Beratungs- und Hinweispflicht des Notars: Der Notar ist verpflichtet, die Beteiligten umfassend über die rechtlichen und finanziellen Folgen zu informieren. Im vorliegenden Fall wird bemängelt, dass der Notar nicht ausreichend über die erheblichen Kosten durch den Ausschluss des Zugewinnausgleichs aufgeklärt hat.
  • § 19 GNotKG (Gebühren bei Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch): Bei der Fragestellung des Geschäftswerts durch den Verzicht auf Pflichtteilsansprüche spielt dieser Paragraph eine Rolle. Der Verzicht beeinflusst den Geschäftswert und somit die Gebührenhöhe.
  • §§ 415-417 BGB (Notarkosten bei Erbverträgen): Diese Paragraphen regeln spezielle Aspekte bei der Beurkundung eines Erbvertrags, wie die erbrechtlichen Wirkungen, die für die Höhe des Geschäftswerts und somit für die Notarkosten von Bedeutung sind. Hier wurden Regelungen zur Erbeinsetzung und zu Vermächtnissen getroffen, die auch Einfluss auf die Kosten haben.


⇓ Das vorliegende Urteil vom OLG Karlsruhe

OLG Karlsruhe – Az.: 19 W 76/23 (Wx) – Beschluss vom 14.05.2024

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 wird der Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 26. Juli 2023 – 3 OH 11/22 – abgeändert und die Kostenberechnung des Beteiligten zu 3 Nr. … (Erbvertrag B., UR-Nr. … VE) in der korrigierten Fassung vom 11. April 2023 dahingehend herabgesetzt, dass der Rechnungsbetrag (insgesamt nur) 5.905,63 EUR lautet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Von der Erhebung von Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beteiligten zu 1 und 2 wenden sich gegen eine Notarkostenberechnung des Beteiligten zu 3 (im Folgenden: Notars).

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind verheiratet und leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Beteiligte zu 1 hat zwei Kinder, der Beteiligte zu 2 hat keine Kinder. Aufgrund einer schweren Erkrankung der Beteiligten zu 1 wollten die Ehegatten einen Erbvertrag schließen.

Der Notar beurkundete am 2. Dezember 2021 zu UR 2115/2021 den als Anlage zur Antragsschrift ersichtlichen Erbvertrag. Dieser enthält zunächst erbrechtliche Verfügungen der Beteiligten zu 1, nämlich eine Einsetzung ihrer beiden Kinder zu Erben (unter III) und drei Vermächtnisse zu Gunsten des Beteiligten zu 2 (unter IV – VI). Weiter enthält er unter IX gegenseitige Verzichtsvereinbarungen, und zwar in § 1 einen gegenseitigen Verzicht auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche und in § 2 einen Ausschluss der Durchführung des Zugewinnausgleichs im Wege der sogenannten „güterrechtlichen Lösung“ des § 1371 Abs. 2, Abs. 3 BGB bei Beendigung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten. Im Übrigen wird auf den beurkundeten Erbvertrag Bezug genommen.

Der Notar erteilte der Beteiligten zu 1 am 21. Dezember 2021 zur Rechnungsnummer 30545 eine dem Zitiergebot nicht genügende Notarkostenberechnung, die er im vorliegende Verfahren durch Rechnung vom 11. April 2023 korrigiert hat. Der Rechnungsbetrag lautet 11.236,83 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Notarkostenberechnung Bezug genommen.

Mit einem als Widerspruch bezeichneten Schreiben wandten sich die Beteiligten zu 1 und 2 außergerichtlich an den Notar und beanstandeten insbesondere, dass er den Ausschluss des Zugewinns im Todesfall zum Anlass genommen habe, den Geschäftswert der Urkunde zu verdoppeln, was nicht zwingend erforderlich gewesen wäre. Sie seien der Meinung, über diese erhebliche Verteuerung hätte der Notar sie im Voraus informieren müssen.

Der Notar antwortete insoweit, er habe bei der Entwurfsübersendung ausdrücklich angemerkt, dass die Regelung unter Abschnitt IX nur eine Empfehlung und nicht zwingend sei. Die Mitbeurkundung sei jedoch ohne Zweifel sachgerecht.

Mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung haben die Beteiligten zu 1 und 2 um Überprüfung der Kostenberechnung gebeten, weil ihnen die Kosten zu hoch erschienen.

Der Präsident des Landgerichts hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Daraufhin hat der Bezirksrevisor Stellung genommen und die Ansicht vertreten, der Geschäftswert für die Beurkundung des Ehevertrags sei nach § 100 Abs. 2 GNotKG zu bestimmen.

Der Notar hat geltend gemacht, er habe zu Recht die Geschäftswertberechnung nach dem Reinvermögen der Ehegatten nach § 100 Abs. 1 GNotKG vorgenommen, weil die in Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten für einen bestimmten Fall (hier: Beendigung der Ehe durch Tod) den vollständigen Verzicht auf Zugewinnausgleich vereinbart und dadurch eine nicht gegenstandsgebundene grundlegende strukturelle Modifikation güterrechtlicher Art vorgenommen hätten.

Das Landgericht hat die streitgegenständliche Notarkostenberechnung dahingehend abgeändert, dass die Beteiligten zu 1 und zu 2 insgesamt 11.046,43 EUR brutto an den Notar zu zahlen hätten. Dabei hat das Landgericht den Geschäftswert für die Beurkundung des Ehevertrags (also die Regelung in IX § 2 des beurkundeten Erbvertrags) nach § 100 Abs. 1 GNotKG bestimmt. Es hat die Ansicht vertreten, die Regelung in § 100 Abs. 2 GNotKG greife nicht, weil der beurkundete Ausschluss der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB das gesamte Vermögen der Ehegatten betreffe. Der Notar habe auch nicht ausnahmsweise über die Höhe der Kosten aufklären müssen, weil er weder gefragt worden sei, die Mandanten sich in einem Irrtum befunden hätten, noch sie erkennbar aufklärungsbedürftig seien. Wegen der weiteren Begründung wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2, mit der sie sich vornehmlich dagegen wenden, dass keine Kostenaufklärung erforderlich gewesen sei. Die Beteiligte zu 1 habe unter gesundheitlicher und emotionaler Belastung und hohem Zeitdruck kurz vor einer schweren Operation einen Beurkundungstermin vereinbart. Die Hilflosigkeit und Verzweiflung sei offenkundig gewesen, auch soweit von dem Notar neue Vorschläge zur Regelung des Nachlasses gemacht worden wären (Pflichtteilsverzicht und Ehevertrag). Zu keinem Zeitpunkt sei ihnen klar gewesen, dass die Kosten sich durch Hinzunahme dieser Vorschläge um ein Vielfaches erhöhen würden. Vor diesem Hintergrund hätte der Notar die Pflicht gehabt, sie über die Konsequenzen der Verträge und die Kosten zu informieren. Zumindest zeige die Stellungnahme des Bezirksrevisors, dass der Geschäftswert für die ehevertragliche Regelung abweichend zu bestimmen sei.

Der Notar tritt der Beschwerde entgegen. Weder im Vorgespräch noch im Beurkundungstermin sei nach den voraussichtlichen Kosten gefragt worden. In seiner Begleitemail zur Entwurfsübersendung habe er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf Wunsch der Beteiligten der absichernde Pflichtteilsverzicht und der Verzicht auf den rechnerischen Zugewinnausgleich auch gestrichen werden könnten. Weder die Beteiligte zu 1 noch der Beteiligte zu 2 hätten dies gewünscht oder hierzu weitere Fragen gestellt. Es sei ersichtlich die sicherste Vertragsgestaltung gewollt gewesen. Zu Recht habe das Landgericht den Geschäftswert für die ehevertragliche Regelung auch nach § 100 Abs. 1 GNotKG bestimmt. Die davon abweichende Auffassung des Bezirksrevisors werde in Rechtsprechung und Literatur nicht geteilt.

II.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und zu 2 hat teilweise Erfolg und führt zu der tenorierten Herabsetzung der streitgegenständlichen Notarkostenberechnung.

Die Kostenberechnung des Notars (in der korrigierten Berechnung vom 11. April 2023: 11.236,83 EUR) ist – über die Entscheidung des Landgerichts hinaus – weitergehend herabzusetzen, und zwar auf einen Rechnungsbetrag von (insgesamt nur) 5.905,63 EUR. Die Notarkostenberechnung ist auf diesen Betrag herabzusetzen, weil die Beurkundungsgebühr sich auf einen deutlich geringeren Geschäftswert bezieht, denn der darin enthaltene, auf die Beurkundung des Ausschlusses der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB bei Beendigung der Ehe durch den Tod eines Ehegatten (Erbvertrag unter IX § 2) bezogene Geschäftswert ist nach § 100 Abs. 2 GNotKG i.V.m. § 36 Abs. 3 GNotKG zu bestimmen.

Im Einzelnen:

1.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die korrigierte Kostenberechnung des Notars vom 11. April 2023 formell ordnungsgemäß ist und insbesondere dem Zitiergebot des § 19 GNotKG entspricht.

2.

Zutreffend hat das Landgericht weiter festgestellt, dass der Notar zu Recht eine 2,0 Beurkundungsgebühr für das gesamte Beurkundungsverfahren nach KV-Nr. 21100 GNotKG erhoben hat und der dafür maßgebliche Geschäftswert durch Zusammenrechnung der Werte der unterschiedlichen Verfahrensgegenstände zu bestimmen ist (§ 35 Abs. 1 GNotKG).

Verfahrensgegenstand ist das notarielle Beurkundungsverfahren (§ 85 GNotKG) und Beurkundungsgegenstand das Rechtsverhältnis, auf das sich die Erklärungen beziehen (§ 86 Abs. 1 GNotKG). Mehrere Rechtsverhältnisse sind verschiedene Beurkundungsgegenstände, soweit in § 109 GNotKG nichts anderes bestimmt ist (§ 86 Abs. 2 GNotKG). Als besonderer Beurkundungsgegenstand gilt nach § 111 Nr. 1 GNotKG stets eine letztwillige Verfügung (vorbehaltlich der Regelung in § 109 Satz 2 GNotKG) und nach § 111 Nr. 2 GNotKG ein Ehevertrag im Sinne des § 1408 BGB.

Daraus folgt im vorliegenden Fall, dass der Geschäftswert für das Beurkundungsverfahren sich aus den Werten für drei Beurkundungs- bzw. Verfahrensgegenstände zusammensetzt, nämlich dem Wert für die erbrechtlichen Verfügungen der Beteiligten zu 1, dem gegenseitigen Pflichtteilsverzicht und dem Ausschluss eines Anspruchs nach § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB.

3.

Die Berechnung des Geschäftswerts für das Beurkundungsverfahren durch das Landgericht ist im vorliegenden Fall aber unzutreffend, weil es zwar die Geschäftswerte für die erbrechtliche Verfügung der Beteiligten zu 1 und auch für den gegenseitigen Pflichtteilsverzicht zutreffend festgestellt hat. Es hat für den Ausschluss des Anspruchs nach § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB aber zu Unrecht den Geschäftswert nach § 100 Abs. 1 GNotKG bestimmt, statt die hier einschlägige Vorschrift des § 100 Abs. 2 GNotKG anzuwenden, aus der sich – unter Berücksichtigung von § 36 Abs. 3 GNotKG – ein Geschäftswert von (nur) 5.000 EUR ergibt. Das führt dazu, dass der Geschäftswert für das Beurkundungsverfahren insgesamt (nur) 1.400.431,65 EUR beträgt (1.054.901,10 EUR + 340.530,55 EUR + 5.000 EUR).

Im Einzelnen:

a)

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass der Geschäftswert für die erbrechtlichen Verfügungen der Beteiligten zu 1 insgesamt 1.054.901,10 EUR beträgt.

Da die Beteiligte zu 1 über den gesamten Nachlass verfügt hat, richtet sich der Geschäftswert nach § 102 Abs. 1 Satz 1 GNotKG nach dem Wert ihres Vermögens. Diesen hat das Landgericht zutreffend festgestellt. Zur weiteren Begründung wird daher auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen

b)

Das Landgericht hat weiter zu Recht festgestellt, dass der Geschäftswert für den gegenseitigen Verzicht auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche 340.530,55 EUR beträgt.

Der Wert ist nach § 102 Abs. 1, Abs. 4 GNotKG zu bestimmen. Zur weiteren Begründung und der Berechnung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffende Begründung in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

c)

Der Geschäftswert für den Ausschluss eines Anspruchs aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB, der in dem beurkundeten Erbvertrag unter IX § 2 geregelt ist, ergibt sich jedoch nicht aus § 100 Abs. 1 GNotKG, sondern aus § 100 Abs. 2 GNotKG.

Nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 GNotKG ist der Geschäftswert bei der Beurkundung von Eheverträgen im Sinne des § 1408 BGB, die sich nicht auf Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich beschränken, nach der Summe der Werte der gewärtigen Vermögen beider Ehegatten zu bestimmen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll durch den Verweis auf § 1408 BGB klargestellt werden, dass diese Bestimmung nur dann gilt, wenn ein Ehevertrag die güterrechtlichen Verhältnisse betrifft (BT-Drs. 17/11471 (neu), S. 181).

Demgegenüber ist § 102 Abs. 2 GNotKG anwendbar, wenn der Ehevertrag nur bestimmte Vermögenswerte betrifft, auch wenn sie dem Anfangsvermögen hinzuzurechnen wären, oder bestimmte güterrechtliche Ansprüche. Dann wird der Geschäftswert (nur) durch den Wert dieser Ansprüche bestimmt. Der Gesetzgeber hat also für Eheverträge, die nur bestimmte güterrechtliche Ansprüche regeln, eine abweichende Regelung getroffen. Zur Begründung hat er angegeben, dass durch diese Regelung die zuvor geltende Regelung des § 39 Abs. 3 KostO übernommen und in verschiedener Hinsicht ergänzt werden sollte (BT-Drs. 11/11471 (neu), S. 181).

Der Bundesgerichtshof hat zur Abgrenzung entschieden, dass sich der Geschäftswert nach § 100 Abs. 1 GNotKG richtet, wenn der beurkundete Ehevertrag die Wahl des Güterstands regelt und damit eine strukturelle Änderung des Güterstands bewirkt (BGH, Beschluss vom 19. April 2023 – XII ZB 234/22, juris Rn. 10).

Die weiteren Einzelheiten der Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 100 Abs. 1 und Abs. 2 GNotKG werden in der Literatur insbesondere unter dem Stichwort einer „Modifikation“ oder „Modifizierung“ des gesetzlichen Güterstands diskutiert (vgl. BeckOK Kostenrecht-Diehn, 24. Edition, § 100 GNotKG Rn. 9 ff.; Bormann/Diehn/Sommerfeldt-Pfeiffer, GNotKG, 4. Aufl., § 100 Rn. 3; Korintenberg-Tiedtke, GNotKG, 22. Aufl., § 100 Rn. 16, 37 ff.; Renner/Otto/Heinze-Reetz/Riss, Leipziger GNotKG, 2. Aufl., § 100 Rn. 21 ff.; Rohs/Wedewer-Waldner, GNotKG, 140 Lfg., § 100 Rn. 14; Schneider/Volpert/Fölsch-Fackelmann, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl., § 100 GNotKG Rn. 6; Toussaint-Uhl, Kostenrecht, 54. Aufl., § 100 GNotKG Rn. 11). Die Diskussion in der Literatur kann aber weder eine Abweichung von der Entscheidung des Gesetzgebers begründen, für die Regelung (nur) bestimmter güterrechtlicher Ansprüche in einem Ehevertrag nach § 100 Abs. 2 GNotKG nur deren Geschäftswert bei den Notarkosten zu berücksichtigen, noch die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Maßstäbe ändern.

Vorliegend wird in dem beurkundeten Erbvertrag unter IX § 2 weder die Wahl des Güterstands zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 geregelt, noch wird eine strukturelle Änderung des Güterstands bewirkt. Vielmehr werden (nur) die im Einzelnen bezeichneten, gesonderten güterrechtlichen Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB ausgeschlossen.

Es ist zwar richtig, dass sich der Ausschluss von Ansprüchen nach § 1371 Absatz 2 und 3 BGB nicht nur auf einzelne Vermögenswerte der Eheleute bezogen hat. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 100 Absatz 2 GNotKG soll die Geschäftswertbeschränkung nach dieser Vorschrift aber auch dann eintreten, wenn die Beschränkung der vertraglichen Regelung (nur) darin besteht, dass lediglich einzelne Ansprüche ausgeschlossen werden. Das ist hier in zweierlei Hinsicht der Fall, weil der Güterstand nur für den Todesfall modifiziert und auch nur ein Teil der in diesem Fall bestehenden Ansprüche ausgeschlossen wird.

aa)

Der beurkundete Erbvertrag enthält keine Regelung der Beteiligten zu 1 und zu 2 zu einer Änderung ihres Güterstands oder eine Regelung im Zusammenhang mit der Durchführung des Zugewinnausgleichs bei Beendigung des Güterstands in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten (§§ 1372 – 1390 BGB).

bb)

Auch für den Fall der Beendigung des gesetzlichen Güterstands durch den Tod eines Ehegatten lässt der beurkundete Ehevertrag die grundsätzliche Regelung in § 1371 Abs. 1 BGB unberührt, nach der der Ausgleich des Zugewinns durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des überlebenden Ehegatten um ein Viertel verwirklicht wird (sogenannte erbrechtliche Lösung).

cc)

Der beurkundete Erbvertrag enthält nur eine Regelung für die Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB.

Statt der zuvor genannten erbrechtlichen Lösung bei der Beendigung des gesetzlichen Güterstands durch den Tod eines Ehegatten sehen § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB die Möglichkeit vor, unter bestimmten weiteren Voraussetzungen einen Zugewinnausgleich nach den Vorschriften der §§ 1373 – 1383, 1390 BGB durchzuführen, also nach den Vorschriften, nach denen ein Zugewinn ausgeglichen wird, wenn der gesetzliche Güterstand in anderer Weise als durch den Tod eines Ehegatten beendet wird (sogenannte güterrechtliche Lösung). Diese Ansprüche werden durch den beurkundeten Erbvertrag ausgeschlossen.

Bereits aus der zuvor vorgenommenen Erörterung ergibt sich, dass nur im Einzelnen bezeichnete, gesonderte Ansprüche ausgeschlossen sind, ohne dass damit eine grundlegende strukturelle Änderung des Güterstands bewirkt wird. Der Zugewinnausgleich wird weder grundsätzlich noch für einen bestimmten Fall ausgeschlossen. Ausgeschlossen wird lediglich eine bestimmte Möglichkeit einer von dem Grundsatz der erbrechtlichen Lösung abweichenden Berechnung des Zugewinnausgleichs bei Beendigung des Güterstands durch den Tod eines Ehegatten (sogenannte güterrechtliche Lösung).

Der Ausschluss der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB bewirkt im vorliegenden Fall auch deshalb keine strukturelle Änderung des Güterstands, weil nur eine von bestimmten (weiteren) Voraussetzungen abhängige andere Berechnung des Zugewinnausgleichs ausgeschlossen wird.  Die Regelung des § 1371 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass der überlebende Ehegatte weder Erbe noch Vermächtnisnehmer ist. Die Regelung des § 1371 Abs. 3 BGB setzt die Ausschlagung einer Erbschaft durch den überlebenden Ehegatten voraus. Da die Beteiligte zu 1 in dem beurkundeten Erbvertrag den Beteiligten zu 2 mit mehreren Vermächtnissen bedacht hat, würden ihm bei einem Vorversterben der Beteiligten zu 1 Vermächtnisse zustehen, so dass weder § 1371 Abs. 2 BGB noch § 1371 Abs. 3 BGB eingreifen würden. Der Beteiligte zu 2 könnte einen Anspruch aus § 1371 Abs. 2 BGB nur durch eine Ausschlagung der Vermächtnisse herbeiführen (§§ 2180 Abs. 3, 1953 Abs. 1 BGB). Über letztwillige Verfügungen des Beteiligten zu 2 ist nichts bekannt. Sollte er entweder keine letztwillige Verfügung getroffen oder in einer solchen die Beteiligte zu 1 als Erbin eingesetzt oder mit einem Vermächtnis bedacht habe, würden bei einem Vorversterben des Beteiligten zu 2 weder § 1371 Abs. 2 BGB noch § 1371 Abs. 3 BGB eingreifen. Auch insoweit könnten die Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB nur durch eine Ausschlagung durch die Beteiligte zu 1 herbeigeführt werden. Nur für diese Fälle wird die Berechnung eines Zugewinnausgleichs nach der sogenannten güterrechtlichen Lösung in dem beurkundeten Erbvertrag ausgeschlossen.

Die wirtschaftliche Bedeutung der zu bewertenden notarvertraglichen Regelung in IX § 2 liegt darin, dass dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit genommen wird, anstelle des erbrechtlichen Ausgleichs des Zugewinns nach § 1371 Absatz 1 BGB denjenigen nach Absatz 2 oder 3 dieser Regelung zu wählen. Der Wert des entsprechenden Verzichts lässt sich nicht beziffern, weil zum einen Angaben zum Anfangsvermögen der Urkundsbeteiligten bei Eheschließung fehlen und zum anderen keine belastbare Prognose darüber angestellt werden kann, ob und ggf. in welcher Höhe ein nach § 1371 Absatz 2 oder 3 BGB berechneter Zugewinnausgleich über denjenigen nach § 1371 Absatz 1 BGB hinausgehen würde.

Soweit die Regelung der güterrechtlichen Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB im beurkundeten Erbvertrag im Zusammenhang mit den gesondert bewerteten weiteren Regelungen (der erbrechtlichen Verfügung der Beteiligten zu 1, s.o. unter a: Geschäftswert nach § 102 Abs. 1 GNotKG 1.054.901,10 EUR; dem gegenseitigen Verzicht auf Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche, s.o. unter b: Geschäftswert nach § 102 Abs. 1, Abs. 4 GNotKG 340.530,55 EUR) zu dem von den Beteiligten gewünschten Ergebnis führt, dass im Falle eines Vorversterbens der Beteiligten zu 1 der Beteiligte zu 2 (nur) die in dem Erbvertrag geregelten Vermächtnisse erhält, werden dadurch keine weiteren güterrechtlichen Ansprüche geregelt. Sie sind nur die Folge der anderweitigen Regelungen. Nicht durch die ehevertragliche Regelung ist im Ergebnis ein Verzicht auf den Zugewinnausgleich für den Fall der Beendigung des Güterstands durch den Tod eines Ehegatten vereinbart worden, sondern dadurch, dass die Beteiligte zu 1 den Beteiligten zu 2 (nur) als Vermächtnisnehmer eingesetzt und dieser sodann auf Pflichtteilsansprüche verzichtet hat. Die ehevertragliche Regelung sichert diese Regelung lediglich für den gesonderten Fall der Ausschlagung der Vermächtnisse durch den Beteiligten zu 2 im Falle des Vorversterbens der Beteiligten zu 1 ab. Darin liegt keine grundlegende strukturelle Modifikation des gesetzlichen Güterstands.

dd)

Nach § 100 Abs. 2 GNotKG ist für den Geschäftswert von bestimmten güterrechtlichen Ansprüchen deren Wert maßgebend.

Da somit keine genügenden Anhaltspunkte für die Bestimmung des Geschäftswerts nach § 36 Abs. 1 GNotKG bestehen, ist nach § 36 Abs. 3 GNotKG von einem Geschäftswert von 5.000 EUR auszugehen.

Für die Bestimmung des Geschäftswerts scheidet auch eine Orientierung an § 51 Abs. 2 GNotKG aus (entgegen der Stellungnahme des Bezirksrevisors). Danach beträgt der Wert einer Verfügungsbeschränkung 30% des von der Beschränkung betroffenen Gegenstands. Eine Verfügungsbeschränkung wird in dem beurkundeten Ehevertrag nicht geregelt.

4.

Die Notarkosten sind daher in Höhe von insgesamt 5.905,63 EUR angefallen.

Da die 2,0-Gebühr nach KV-Nr. 21100 GNotKG sich auf einen Geschäftswert von 1.400.431,65 EUR bezieht, besteht sie in Höhe von netto 4.910 EUR (2 x 2.455 EUR).

Die weiteren Positionen und Berechnungen sind der Notarkostenberechnung des Notars vom 28. April 2021 zu entnehmen. Zu der Gebühr von netto 4.910 EUR sind zunächst die Pauschalen und Auslagen zu addieren, die auch der Umsatzsteuer unterliegen, nämlich netto 3 EUR, netto 20 EUR und netto 4,50 EUR (vgl. streitgegenständliche Notarkostenberechnung; in der Summe nunmehr: 4.937,50 EUR), sodann ist die Umsatzsteuer auf diese Kosten nach KV-Nr. 32014 GNotKG in Höhe von 938,13 EUR (19% von 4.937,50 EUR) zu berücksichtigen und schließlich die Aufwendungen des Notars nach KV-Nr. 32015 GNotKG in Höhe von 30 EUR.

Die Notarkosten bestehen also in Höhe von 5.905,63 EUR (Kosten netto 4.937,50 EUR + Umsatzsteuer 938,13 EUR + sonstige Aufwendungen 30 EUR).

5.

Die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der Kosten wegen einer unrichtigen Sachbehandlung nach § 21 GNotKG liegen nicht vor.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine unrichtige Sachbehandlung nach § 21 GNotKG nur vor, wenn dem Notar ein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen materiell- oder verfahrensrechtlicher Art oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist sowie dann, wenn der Notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere wählt (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2022 – V ZB 9/21, juris Rn. 25). Dies war bereits deshalb nicht der Fall, weil dem Notar weder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist, noch gleich sichere Gestaltungsmöglichkeiten bestanden.

Bestanden keine gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten kann eine unrichtige Sachbehandlung durch den Notar i.S.d. § 21 GNotKG nicht aus einer unterlassenen Aufklärung über die zu erwartenden Kosten folgen. Im Übrigen hat der Notar auf die Nachfrage der Beteiligten zu 1 und zu 2 in ihrer E-Mail vom 26. November 2021 nach den zu erwartenden Notarkosten durch E-Mail vom 30. November 2021 zutreffend darauf hingewiesen, dass diese gesetzlich geregelt seien, vom Geschäftswert sowie dem Vertragsinhalt abhingen und erst nach Kenntnis aller Bedingungen überblickt werden könnten. Eine weitere Nachfrage haben die Beteiligten zu 1 und zu 2 nicht behauptet.

Soweit das Vorbringen der Beteiligten zu 1 und zu 2 auf einen Schadensersatzanspruch gegen den Notar gerichtet sein sollte, könnte dieser dem Gebührenanspruch des Notars im Verfahren nach §§ 127 ff. GNotKG nicht entgegengehalten werden (BGH, ebd. Rn. 13 ff.). Im Übrigen ist der Argumentation der Beteiligten zu 1 und zu 2 bei der Berücksichtigung der zutreffenden Notarkosten (insbesondere auch des Geschäftswerts für die Regelung in IX § 2 des beurkundeten Erbvertrags nach § 100 Abs. 2 GNotKG) die Grundlage entzogen. Die Hinzunahme der Regelungen unter IX des beurkundeten Erbvertrags auf Vorschlag des Notars diente der Umsetzung der Vorgaben der Beteiligten zu 1 und zu 2 und hat – bei zutreffender Berechnung – auch nicht dazu geführt, dass die Notarkosten sich allein durch diese Regelungen um ein Vielfaches erhöht hätten.

Das Vorbringen der Beteiligten zu 1 und zu 2 zu einem hohen Zeitdruck aufgrund der Erkrankung der Beteiligten zu 1 führt zu keiner anderen Beurteilung. Gerade deshalb hat der Notar kurzfristig die Beurkundung durchgeführt.

6.

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren folgt aus § 130 Abs. 3 GNotKG i.V.m. § 81 Abs. 1 FamFG. Die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG.

Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht. Der Geschäftswert für den Ausschluss der Ansprüche aus § 1371 Abs. 2 und Abs. 3 BGB in dem beurkundeten Erbvertrag ist im vorliegenden Einzelfall nach § 100 Abs. 2 GNotKG zu bemessen, weil dadurch nur bestimmte güterrechtliche Ansprüche ausgeschlossen werden, die sich auf eine von weiteren Voraussetzungen abhängige Möglichkeit der Berechnung des Zugewinnausgleichs beziehen.

 

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