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Geschäftswert eines notariellen Nachlassverzeichnisses

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 5 Wx 11/21 – Beschluss vom 03.02.2022

Die Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluß der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 1. Juli 2021 wird zurückgewiesen.

Der Kostengläubiger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

A.

Die Kostenschuldnerin ist Erbin des im Jahre 2012 verstorbenen V. S. . Das Landgericht Dessau-Roßlau verurteilte sie am 11. November 2016 auf Antrag einer Pflichtteilsberechtigten zur Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Nachlassverzeichnisses. Dieses Verzeichnis erstellte am 27. Februar 2020 der von ihr damit beauftragte Kostengläubiger. Es weist Vermögensgegenstände im Wert von insgesamt 455.831,88 € und Nachlassverbindlichkeiten von 2.928.981,30 € aus. Am selben Tage stellte der Kostengläubiger seine Kostenberechnung auf, die unter Berücksichtigung bereits entrichteter 1.963,64 € mit einer offenen Forderung von 12.750,46 € endet. In diesem Betrag ist eine auf der Grundlage eines Geschäftswertes von 2.934.815,10 € berechnete Gebühr nach Nr. 23.500 der Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG enthalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kostenberechnung in ihrer am 23. Juni 2020 in formeller Hinsicht berichtigten Fassung (Bl. 11 d. A.) Bezug genommen.

Die Kostenschuldnerin hat verschiedene Einwendungen gegen die Kostenberechnung erhoben. Unter anderem hat sie geltend gemacht, dass der Geschäftswert dem Wert der in das Nachlassverzeichnis aufgenommenen Gegenstände ohne Berücksichtigung der Nachlassverbindlichkeiten entspreche. Dies hat der Kostengläubiger zum Anlass genommen, um die gerichtliche Entscheidung über die Kostenberechnung nachzusuchen.

Das Landgericht hat dem Präsidenten des Landgerichts Dessau-Roßlau Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben, eine Stellungnahme der Ländernotarkasse (Bl. 39 bis 43 d. A.) eingeholt und die Kostenberechnung am 1. Juli 2021 dahingehend abgeändert, dass der Rechnungsbetrag sich auf 5.265,50 € abzüglich der bereits geleisteten Zahlung und somit auf 3.301,86 € belaufe. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Geschäftswert sich nach dem Wert der in dem Nachlassverzeichnis aufgeführten Vermögensgegenstände ohne Hinzurechnung des Betrages der Nachlassverbindlichkeiten richte und deshalb bei 455.831,88 € liege. Daraus ergebe sich eine Gebühr nach Nr. 23.500 der Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG von 1.770 €. Die übrigen Einwendungen der Kostenschuldnerin gegen die Kostenberechnung hat das Landgericht für nicht durchgreifend erachtet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Beschlusses (Bl. 56 bis 62 d. A.) verwiesen.

Gegen diese, ihm am 19. Juli 2021 zugestellte Entscheidung hat der Kostengläubiger am 26. Juli 2021 Beschwerde eingelegt. Er vertritt weiterhin die Ansicht, dass der Betrag der Nachlassverbindlichkeiten Eingang in den Geschäftswert zu finden habe.

Das Landgericht hat es am 26. August 2021 abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

B.

Die Beschwerde des Kostengläubigers gegen den Beschluß des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 1. Juli 2021 ist zulässig (§§ 129 Abs. 1, 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, 10 Abs. 2 S. 1, 59 Abs. 1, 63 Abs. 1 und 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG), aber unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht die Gebühr für die Aufnahme des Nachlassverzeichnisses (Nr. 23.500 der Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG) auf der Grundlage eines Geschäftswertes von 455.831,88 € mit 1.770 € berechnet.

Der Geschäftswert der Aufnahme des Nachlassverzeichnisses entspricht dem Verkehrswert der darin aufgeführten Gegenstände (§§ 46 Abs. 1, 115 S. 1 GNotKG). Nachlassverbindlichkeiten sind gemäß § 38 S. 2 GNotKG – anders als bei den in §§ 102 f. GNotKG bezeichneten Geschäften – nicht abzuziehen. Ihr Betrag ist dem Wert der Vermögensgegenstände allerdings auch nicht hinzuzurechnen.

Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, umfasst der in § 115 S. 1 GNotKG verwandte Begriff der Gegenstände, auf deren Wert es ankommt, nicht auch die in dem Nachlassverzeichnis erwähnten Nachlassverbindlichkeiten. Entgegen der Ansicht des Kostengläubigers ergibt sich nichts Anderes daraus, dass in der Vorschrift von dem Wert der verzeichneten oder versiegelten Gegenstände die Rede ist. Damit wird lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift sowohl bei der Aufnahme von Vermögensverzeichnissen als auch bei Siegelungen anzuwenden ist. Nicht hingegen folgt daraus, dass mit dem Begriff der verzeichneten Gegenstände in Abgrenzung zu den versiegelten Gegenständen nicht nur Sachen, sondern neben weiteren Vermögensgegenständen auch Verbindlichkeiten gemeint seien.

Zudem hat die Behandlung von Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Geschäftswertes in § 38 GNotKG, der nach seinem S. 2 gerade auch Nachlassverbindlichkeiten betrifft, eine abschließende Regelung erfahren. Durch diese Vorschrift ist klargestellt, dass Verbindlichkeiten – außer im Falle abweichender Regelungen wie in den §§ 102 f. GNotKG – nicht abzuziehen sind. Ein Hinweis darauf, dass sie stattdessen dem Wert der Vermögensgegenstände hinzugerechnet werden sollen, ergibt sich indes weder aus dieser Vorschrift, noch an anderer Stelle im GNotKG. Die ausdrückliche Anordnung des Abzugsverbotes in § 38 GNotKG belegt hingegen, dass eine Hinzurechnung der Verbindlichkeiten ohne weiteres stets ausgeschlossen ist. Wäre die Hinzurechnung die Regel, käme der Abzug ohnehin nicht in Betracht, sodass es der Vorschrift des § 38 GNotKG nicht bedurft hätte. Aus der Notwendigkeit des Abzugsverbotes folgt vielmehr, dass der Geschäftswert ohne diese Regelung dem nach Abzug der Verbindlichkeiten verbleibenden Reinvermögen entspräche.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG, 84 FamFG.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 129 Abs. 2, 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG, 70 Abs. 2 S. 1 FamFG) sind nicht erfüllt. Der Wunsch des Kostengläubigers, eine von der herrschenden Meinung abweichende Entscheidung herbeizuführen verleiht der Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Vereinzelt gebliebene, der Ansicht des Kostengläubigers entsprechende landgerichtliche Beurteilungen erfordern nicht die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

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