Oberlandesgericht Naumburg – Az.: 12 W 99/15 – Beschluss vom 14.06.2016
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Einzelrichterbeschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 28. September 2015 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) und zu 2) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Der Notar beurkundete unter dem 10. November 2014 (UR-Nr. … ) im Auftrag der Antragsteller die Bestellung eines Wohnungsrechts zu Gunsten ihrer am 17. März 2000 (J. S. ) und am 22. August 2003 (Z. S. ) geborenen Kinder und die Bewilligung der Eintragung des Wohnungsrechts in das Grundbuch. Das Wohnungsrecht wurde auf die Lebensdauer der Berechtigten und aufschiebend bedingt auf den Tod des Letztversterbenden der Antragsteller bestellt. Den Jahreswert des Wohnungsrechts gaben die Antragsteller im Kosteninteresse mit ca. 5.000,00 € an.
Mit Kostenrechnung Nr. 2014/1968 vom 11. November 2014 stellte der Notar den Antragstellern als Kostenschuldnern nach § 3 Nr. 1 der Urkunde unter Zugrundelegung eines Geschäftswertes von 100.000,00 € einen Gesamtbetrag in Höhe von insgesamt 688,42 € in Rechnung, der sich aus den Gebühren für das Beurkundungsverfahren (546,00 €), Abrufkosten elektronisches Grundbuch (8,00 €), Dokumentenpauschale (4,50 €) und Post- und Telekommunikationspauschale(20,00 €), zzgl. Umsatzsteuer zusammensetzt.
Hiergegen haben sich die Antragsteller mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 7. Dezember 2014 an das Landgericht gewandt. Sie waren der Ansicht, dass der Notar einen falschen Geschäftswert angenommen habe. Von Notar L. hätten sie für die Beurkundung eines gleichen Rechts nur eine Kostenrechnung über 42,00 € erhalten. Der Notar müsse für die Gebühren die Tabelle B anwenden. Es sei auch zu klären, ob und inwieweit auch § 52 Abs. 6 GNotKG Anwendung gefunden habe.
Der Notar ist dem entgegen getreten. In Anwendung des § 52 Abs. 4 und Abs. 6 GNotKG sei es so, dass es sich bei dem mit dem Wohnungsrecht belasteten Grundbesitz um ein Mehrfamilienhaus mit mindestens 150 qm Wohnfläche handele. Es sei ein Mietzins von 4,00 € pro qm angenommen worden, so dass sich ein Jahreswert von ca. 7.200,00 € (150 X 4,00 € X 12 Monate) errechne. Nicht eingerechnet worden seien Nebenkosten sowie ein Wertanteil für die Nutzung der sonstigen Anlagen und Nebengebäude. Da das Recht auf die Lebensdauer einer Person beschränkt sei, sei der Wert mit einem Faktor 20 zu multiplizieren, entsprechend dem Lebensalter der jüngsten berechtigten Person. Der sich ergebende Geschäftswert von 144.000,00 € sei nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, weil zum Zeitpunkt des Geschäfts der Beginn des Rechts noch nicht feststehe. Daher sei ein Abschlag vorzunehmen gewesen und ein Geschäftswert von 100.000,00 € angenommen worden.
Die Antragsteller erachteten die Berechnung in ihrem Schreiben vom 9. Februar 2015 weiterhin für fragwürdig. Bei dem Mietzins müssten Instandhaltungskosten, Steuern usw. gegengerechnet werden. Der Faktor 20 sei nicht richtig, da sie im Zeitpunkt der Beurkundung beide schon über 30 gewesen seien, weshalb ein Faktor 15 anzunehmen sei. Was den niedrigeren Wert im Sinne des § 52 Abs. 6 GNotKG angehe, gehe nirgends hervor, was darunter zu verstehen sei. 100.000,00 € seien aus der Luft gegriffen. Sie erachteten einen Abschlag von 75 % für angemessen. Die Tabelle B für Notare scheine nicht angewendet worden zu sein.
Das Landgericht hat die Ländernotarkasse und den Landgerichtspräsidenten angehört. Beide sind dem Standpunkt des Notars beigetreten. Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten auf die jeweilige Stellungnahme verwiesen.
Das Landgericht hat die angefochtene Kostenrechnung durch Beschluss vom 28. September 2015 aufrechterhalten. Der Antragsgegner sei zutreffend von einem Geschäftswert von 100.000,00 € ausgegangen. Dieser Wert ergebe sich aus dem 20-fachen Betrag des von den Antragstellern in der notariellen Urkunde angegebenen Jahreswertes des verhandelten Wohnungsrechts in Höhe von 5.000,00 €. Der Faktor 20 sei zu Recht verwendet worden. Entgegen der Ansicht der Antragsteller sei für dessen Bemessung nicht ihr eigenes Lebensalter, sondern das der begünstigten Kinder maßgebend, das in beiden Fällen nicht über 30 Jahre gelegen habe. Bei einem monatlichen Mietzins von 4,00 €/qm, der von den Antragstellern auch nicht infrage gestellt werde, errechne sich ein Jahreswert von 7.200,00 €. Da allerdings der Beginn des durch den Tod der Antragsteller aufschiebend bedingten Wohnungsrechts zum Zeitpunkt der Beurkundung nicht festgestanden habe, sei für die Wertberechnung gemäß § 52 Abs. 6 Satz 3 GNotKG ein niedrigerer Wert heranzuziehen, was durch die Festlegung eines Jahreswertes von lediglich 5.000,00 € in angemessenem Umfang erfolgt sei. Die Höhe der Beurkundungsgebühr ergebe sich aus Nummer 21100 des Kostenverzeichnisses, wonach bei einem Beurkundungsverfahren eine doppelte Gebühr anfällt. Da die Höhe einer Gebühr bei einem Geschäftswert von bis zu 110.000,00 € gemäß der nach Spalte 3 des Kostenverzeichnisses zu Nummer 21100 anzuwendenden Tabelle B 273,00 € betrage, sei der von dem Antragsgegner den Antragstellern berechnete Betrag von 546,00 € nicht zu beanstanden. Die übrigen Rechnungspositionen seien von den Antragstellern nicht angegriffen.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 5. Oktober 2015 machen die Antragsteller geltend, dass nach ihren Internetrecherchen die Gebührentatbestandsnummer 21100 bei dem Beurkunden gemeinschaftlicher Testamente bzw. zur Beurkundung von Erbverträgen anzuwenden sei. Im Übrigen würden sie an ihrem Schreiben vom 9. Februar 2015 festhalten, auf das das Gericht nicht eingegangen sei.
Das Landgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 9. Oktober 2015 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die Beschwerde, über die gemäß §§ 130 Abs. 3 S. 1 GNotKG, 68 Abs. 4 Hs. 1 FamFG der Senat zu entscheiden hat, ist zulässig (§ 129 Abs. 1 GNotKG), aber in der Sache nicht begründet.
Das Landgericht hat in dem angefochtenen Beschluss überzeugend begründet, weshalb der Notar mit Rechnung vom 11. November 2014 die Kosten korrekt abgerechnet hat. Dieser in jeder Hinsicht zutreffenden Begründung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an. Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:
Der Notar hat zweifelsfrei korrekt den Gebührentatbestand Nr. 21100 (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG) für die Beurkundung eines Wohnungsrechts angewendet, also eine 2,0-Gebühr zugrunde gelegt. Die aus einer „Internetrecherche“ gewonnenen Erkenntnisse der Antragsteller, wonach der Gebührentatbestand Nr. 21100 nur auf Beurkundungen gemeinsamer Testamente bzw. zur Beurkundung von Erbverträgen anzuwenden sei, treffen offenkundig nicht zu.
Im Übrigen ist das Landgericht durchaus und auch zutreffend auf die Einwendungen der Antragsteller aus deren Schreiben vom 9. Februar 2015 eingegangen. Dem zugrunde gelegten Mietzins sind keine Instandhaltungskosten, Steuern u.ä. gegenzurechnen gewesen. Maßgeblich ist nicht der Aufwand des Verpflichteten, sondern der Wert, den das Recht für den Berechtigten hat. Dies ist grundsätzlich der Nutzwert, den die Wohnung für den Inhaber des Wohnungsrechts besitzt. Dieser ist mit einem Betrag von nur 4,00 € je qm pro Monat recht moderat bemessen. Zutreffend hat das Landgericht daraus einen Jahresnutzwert von 7.200,00 € abgeleitet, den es gemäß § 52 Abs. 6 Satz 3 GNotKG angemessen – immerhin um 30 % – auf 5.000,00 € vermindert hat, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass im Zeitpunkt des Geschäfts der Beginn des Rechts noch nicht feststeht. Der von den Antragstellern eingeforderte Abschlag von 75 % ist jedenfalls nicht gerechtfertigt. Korrekt war auch die Anwendung des Faktors 20, so dass sich der Geschäftswert von 100.000,00 € ergibt (20 X 5.000,00 €). Ist das Wohnungsrecht auf die Lebensdauer einer Person beschränkt, ist sein Wert des Rechts bei einem Lebensalter der jüngsten berechtigten Person von bis zu 30 Jahren der auf die ersten 20 Jahre entfallende Wert, § 52 Abs. 4 GNotKG. Die jüngere der beiden Berechtigten (Z. S. ) war am Tage der Beurkundung 11 Jahre alt. Auf das Alter der Personen, die das Wohnungsrecht bestellen, kommt es für die Bemessung der Gebühren nicht an. Schließlich ist auch nicht fälschlich die Gebühr aus Tabelle A der Anlage 2 zu § 34 Abs. 3 GNotKG entnommen worden. Zutreffend hat der Notar bei einem Streitwert von bis zu 110.000,00 € aus Tabelle B der Anlage 2 zu § 34 Abs. 3 GNotKG eine Gebühr von 273,00 € zugrunde gelegt. Gemäß Nr. 21100 (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG) steht ihm eine doppelte Gebühr zu, also 546,00 €. Zuzüglich der unstreitigen Rechnungspositionen und der gesetzlichen Umsatzsteuer hat der Notar daher zu Recht insgesamt 688,42 € verlangt.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 81, 84 FamFG i.V.m. § 130 Abs. 3 GNotKG.