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Geschäftswert bei notarieller Beurkundung güterrechtlicher Vereinbarungen

Der Wert des Geschäfts bei der notariellen Beurkundung von güterrechtlichen Vereinbarungen

In einem kürzlich vom XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschiedenen Fall standen die notarielle Beurkundung von güterrechtlichen Vereinbarungen und die damit verbundenen Kosten im Mittelpunkt. Eine der zentralen Fragen dabei war, wie der Geschäftswert für die Kostenberechnung bestimmt werden sollte.

In diesem speziellen Fall, der eine Reihe von wichtigen juristischen Fragen aufwirft, geht es um einen Ehevertrag, der im Oktober 2011 von einem Ehepaar abgeschlossen wurde. Mit dieser Vereinbarung wurde das jeweilige Betriebsvermögen des Ehepaars vom Zugewinnausgleich und den güterrechtlichen Verfügungsbeschränkungen ausgeschlossen, und ein gegenseitiger Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbart. 2020 unterzeichneten die Eheleute eine weitere güterrechtliche Vereinbarung, durch die sie den ursprünglichen Ehevertrag aufhoben, Gütertrennung vereinbarten und auf gegenseitige Zugewinnausgleichsansprüche verzichteten.

Für die Beurkundung dieser Vereinbarung stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine Rechnung aus, die auf Grundlage des § 100 Abs. 1 GNotKG aus dem Wert des gesamten Vermögens der Eheleute berechnet wurde. Der Antragsteller legte gegen diese Kostenrechnung Rechtsbeschwerde ein.

Direkt zum Urteil Az: XII ZB 234/22 springen.

Kontroverse um die Berechnung des Geschäftswertes

Die Kontroverse in diesem Fall drehte sich hauptsächlich um die Berechnung des Geschäftswertes bei der Beurkundung güterrechtlicher Vereinbarungen. Der Antragsteller war der Ansicht, dass der Wert seines gesamten Vermögens, einschließlich seines Betriebs- und Privatvermögens, bei der Berechnung des Geschäftswertes und damit bei der Festsetzung der Notargebühren, nicht berücksichtigt werden sollte.

Die Beurteilung des Bundesgerichtshofs

Das Oberlandesgericht Nürnberg und der Bundesgerichtshof wiesen jedoch die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zurück. Sie argumentierten, dass die Beurkundung einer Gütertrennung als Ehevertrag gilt, der den Güterstand strukturell ändert. Nach § 100 Abs. 1 GNotKG ist für solche Beurkundungen der Geschäftswert zu berechnen, der sich nach der Summe des Wertes des Vermögens beider Eheleute richtet.

Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung eines genauen Verständnisses des Geschäftswertes und der güterrechtlichen Vereinbarungen bei der Beurkundung von Eheverträgen und den damit verbundenen Kosten.


Das vorliegende Urteil

BGH – Az.. XII ZB 234/22 – Beschluss vom 19.04.2023

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. April 2023 beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 9. Mai 2022 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich mit seiner Rechtsbeschwerde gegen eine notarielle Kostenrechnung für die Beurkundung eines Ehevertrags.

Mit notarieller Urkunde vom 24. Oktober 2011 schlossen der Antragsteller und seine Ehefrau eine Vereinbarung, durch die sie unter anderem ihr jeweiliges Betriebsvermögen dem Zugewinnausgleich und den güterrechtlichen Verfügungsbeschränkungen entzogen und einen wechselseitigen Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbarten. Am 5. Mai 2020 beurkundete die Antragsgegnerin eine weitere güterrechtliche Vereinbarung der Eheleute, durch welche diese unter anderem den im Jahr 2011 geschlossenen Ehevertrag aufhoben, Gütertrennung vereinbarten sowie wechselseitig auf Zugewinnausgleichsansprüche verzichteten.

Unter dem 7. Mai 2021 stellte die Antragsgegnerin dem Antragsteller für die Beurkundung dieser güterrechtlichen Vereinbarung einen auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 GNotKG aus dem Wert des gesamten Vermögens der Eheleute (jeweiliges Betriebs- und Privatvermögen) berechneten Betrag von 57.199,39 EUR in Rechnung.

Der hiergegen gerichtete Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung ist beim Landgericht und beim Oberlandesgericht erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Die aufgrund der nach § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG, § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG bindenden Zulassung durch das Beschwerdegericht gemäß § 70 Abs. 1 FamFG, §§ 129 Abs. 2, 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

1. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die von der Antragsgegnerin in Rechnung gestellten Gebühren seien aus dem richtigen Geschäftswert berechnet. Bei der beurkundeten Vereinbarung einer Gütertrennung handele es sich um einen Ehevertrag, der den Güterstand strukturell ändere. Für derartige Beurkundungen seien die Notargebühren aus dem nach § 100 Abs. 1 GNotKG zu ermittelnden Geschäftswert zu berechnen, der sich nach der Summe des Wertes des Vermögens beider Eheleute richte. Der von der Antragsgegnerin beurkundete Ehevertrag betreffe trotz der bereits im Jahr 2011 vereinbarten Herausnahme der Betriebsvermögen beider Eheleute aus dem Zugewinnausgleich nicht nur bestimmte Vermögenswerte im Sinne von § 100 Abs. 2 GNotKG, sondern das Vermögen der Eheleute als Ganzes. Denn die Aufhebung des gesetzlichen Güterstands mit Vereinbarung von Gütertrennung ziehe vielfältige familien-, erb- und steuerrechtliche Folgen für das gesamte Vermögen der Eheleute nach sich und vermeide zudem Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Betriebs- und Privatvermögen. Die Kosten seien auch nicht nach § 21 GNotKG niederzuschlagen.

2. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.

a) Gemäß § 100 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 GNotKG bemisst sich der Geschäftswert bei der Beurkundung von Eheverträgen im Sinne des § 1408 BGB, die sich nicht auf Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich beschränken, auf die Summe der Werte der gegenwärtigen Vermögen beider Ehegatten beziehungsweise, sofern der Vertrag nur das Vermögen eines Ehegatten betrifft, auf den Wert seines Vermögens. Verbindlichkeiten werden bei der Ermittlung des Vermögens bis zur Hälfte des nach Satz 1 oder 2 maßgeblichen Werts in Abzug gebracht. Sind dagegen nur bestimmte Vermögenswerte oder bestimmte güterrechtliche Ansprüche Gegenstand eines beurkundeten Ehevertrags, ist gemäß § 100 Abs. 2 GNotKG deren Wert für die Bestimmung des Geschäftswerts maßgeblich, höchstens jedoch der Wert nach Absatz 1.

Durch diese Wertbestimmungen wurden die zuvor in § 39 Abs. 3 Satz 1 bis 3 KostO enthaltenen Regelungen in ihrem Kerngehalt im Wesentlichen unverändert in das Notar- und Gerichtskostengesetz übernommen (BT-Drucks. 17/11471 S. 181; vgl. auch Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer GNotKG 4. Aufl. § 100 Rn. 1; BeckOK KostR/Diehn [Stand: 1. Januar 2023] GNotKG § 100 Rn. 2 und 9; Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 18). Wie bereits die Vorgängerregelung des § 39 Abs. 3 KostO (vgl. hierzu Bengel/Tiedtke in Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann KostO 18. Aufl. § 39 Rn. 108) sind auch die speziellen Wertvorschriften in § 100 Abs. 1 und 2 GNotKG im Lichte der allgemeinen Wertbestimmungen, insbesondere der Regelungen in § 97 Abs. 1 und 2 GNotKG, die an die Stelle von § 39 Abs. 1 KostO getreten sind (BT-Drucks. 17/11471 S. 180), auszulegen.

b) Der Geschäftswert richtet sich danach bei der notariellen Beurkundung eines Ehevertrags, der die Wahl des Güterstands regelt und damit eine strukturelle Änderung des Güterstands bewirkt, nach § 100 Abs. 1 GNotKG (vgl. Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 13 ff.; Felix RNotZ 2019, 527, 528) . Die Aufhebung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB) und die Vereinbarung von Gütertrennung (§ 1414 BGB) stellen sich, wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat und auch die Rechtsbeschwerde nicht grundsätzlich in Zweifel zieht, als derartige Änderung des Güterstands dar (vgl. Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 13; Felix RNotZ 2019, 527, 528; Toussaint/Uhl Kostenrecht 52. Aufl. § 100 GNotKG Rn. 8 mwN; Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer GNotKG 4. Aufl. § 100 Rn. 7; vgl. bereits Vogt Rpfleger 1958, 8 ff.).

Dagegen ist § 100 Abs. 2 GNotKG der Bestimmung des Geschäftswerts nach dem klaren Wortlaut der Regelung nur dann zugrunde zu legen, wenn einzelne – bestimmte oder zumindest bestimmbare – Vermögenswerte oder bestimmte güterrechtliche Ansprüche Gegenstand der Beurkundung sind (vgl. Korintenberg/Tiedtke GNotKG 22. Aufl. § 100 Rn. 18; Schneider/Volpert/ Fölsch/Fackelmann Gesamtes Kostenrecht 3. Aufl. § 100 GNotKG Rn. 15 f.; Bormann/Diehn/Sommerfeldt/Pfeiffer GNotKG 4. Aufl. § 100 Rn. 12 mwN; Toussaint/Uhl Kostenrecht 52. Aufl. § 100 GNotKG Rn. 10 f.; BeckOK KostR/ Diehn [Stand: 1. Januar 2023] GNotKG § 100 Rn. 9 mwN).

c) Das Oberlandesgericht hat danach jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die vorliegend in Rechnung gestellte Beurkundung der vom Antragsteller und seiner Ehefrau vereinbarten Aufhebung der Zugewinngemeinschaft und Wahl von Gütertrennung eine strukturelle Gestaltung des Güterstands im Sinne von § 100 Abs. 1 GNotKG zum Gegenstand hatte und sich gerade nicht lediglich auf einzelne Vermögensgegenstände der Eheleute bezog. Denn mit der beurkundeten Vereinbarung wurde der Güterstand als solcher mit allen familien-, erb- und steuerrechtlichen Konsequenzen für die Vermögen der Eheleute insgesamt geändert und entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gerade nicht nur die zusätzliche Herausnahme des Privatvermögens der Eheleute aus dem Zugewinnausgleich geregelt.

Anderes folgt insbesondere nicht daraus, dass die Eheleute bereits mit dem Ehevertrag vom 24. Oktober 2011 die dem Betriebsvermögen beider Ehegatten zugehörigen Vermögensgegenstände dem Zugewinnausgleich entzogen, die Verfügungsbeschränkungen – insbesondere § 1365 BGB – diesbezüglich aufgehoben sowie einen Erb- und Pflichtteilsverzicht vereinbart hatten (vgl. hierzu Diehn Notarkostenberechnungen 8. Aufl. Rn. 1596 f.). Bereits aufgrund der von der Antragsgegnerin am 5. Mai 2020 beurkundeten Aufhebung dieses Ehevertrags und der gleichzeitigen Wahl des Güterstands der Gütertrennung durch den Antragsteller und seine Ehefrau war das zuvor dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft entzogene beiderseitige Betriebsvermögen Gegenstand der verfahrensgegenständlichen Beurkundung und daher bei der Bemessung des Geschäftswerts nach § 100 Abs. 1 Satz 1 GNotKG zu berücksichtigen. Die Annahme der Rechtsbeschwerde, die verfahrensgegenständliche Beurkundung betreffe das Betriebsvermögen nicht, trifft somit nicht zu.

d) Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen ist das Oberlandesgericht schließlich davon ausgegangen, dass auch eine Niederschlagung der Kosten nach § 21 GNotKG nicht in Betracht kommt. Eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne von § 21 GNotKG liegt nur vor, wenn dem Notar ein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen materiell- oder verfahrensrechtlicher Art oder ein offensichtliches Versehen unterlaufen ist sowie dann, wenn der Notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere wählt (BGHZ 233, 325 = RNotZ 2022, 511 Rn. 25 mwN). Dies war hier bereits deshalb nicht der Fall, weil durch die von der Antragsgegnerin gewählte Vertragsgestaltung Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von Privat- und Betriebsvermögen vermieden wurden. Dass es zum Beurkundungszeitpunkt gleich sichere, aber kostengünstigere Gestaltungsmöglichkeiten gegeben hätte, ist nicht ersichtlich.

Mit dem vom Antragsteller im landgerichtlichen Verfahren erhobenen und bereits in der Beschwerde fallengelassenen Einwand, die Antragsgegnerin habe pflichtwidrig eine gebührenmäßig ungünstige Vertragsgestaltung gewählt und sei daher verpflichtet, ihn von der Gebührenforderung freizustellen, kann der Antragsteller im Verfahren nach §§ 127 ff. GNotKG von vornherein nicht gehört werden (vgl. BGHZ 233, 325 = RNotZ 2022, 511 Rn. 13 ff. mwN).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 130 Abs. 3 Satz 1 GNotKG in Verbindung mit § 84 FamFG. Einer Wertfestsetzung für das Rechtsbeschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil hierfür gemäß Nr. 19120 KV GNotKG eine Festgebühr anfällt.

 

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