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Generalvollmacht von Ehegatten – Amtspflicht zur weiteren Ausfertigung an einen Ehegatten

Ehefrau erkämpft vor Gericht Recht auf Zweitausfertigung der gemeinsamen Generalvollmacht, nachdem der Notar die Herausgabe wegen Demenzerkrankung des Ehemanns verweigert hatte. Ein wegweisendes Urteil für Ehepaare mit Vorsorgevollmacht stärkt die Position des Bevollmächtigten im Ernstfall. Das Landgericht Gera entschied, dass der Notar die Vollmachtsurkunde erneut aushändigen muss, auch wenn der Vollmachtgeber nicht mehr zustimmen kann.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Das Gericht ordnete an, dass der Notar der Antragstellerin eine weitere ungekürzte Ausfertigung der General- und Vorsorgevollmacht von 2006 ausstellen muss.
  • Die Antragstellerin und ihr Ehemann hatten sich gegenseitige General- und Vorsorgevollmachten erteilt.
  • Die Antragstellerin konnte die ursprünglich ausgestellte Ausfertigung nicht mehr auffinden und benötigte diese zur Vertretung ihres demenzkranken Ehemanns.
  • Der Notar lehnte die Erteilung einer weiteren Ausfertigung ab, da nur derjenige, der die Erklärung abgegeben hat, eine solche verlangen könne.
  • Das Gericht entschied, dass die Antragstellerin als Mitunterzeichnerin das Recht hat, eine weitere Ausfertigung der gesamten Urkunde zu verlangen.
  • Der Notar hatte keinen Ermessensspielraum und musste die Ausfertigung aufgrund der formalen Anforderungen des BeurkG erteilen.
  • Die Entscheidung des Notars, die Ausfertigung wegen Missbrauchsrisiko abzulehnen, wurde vom Gericht nicht akzeptiert.
  • Der Verlust der ursprünglichen Ausfertigung begründet keinen hinreichenden Verdacht auf Missbrauch.
  • Es lagen keine speziellen Bestimmungen in der Urkunde vor, die die Erteilung einer weiteren Ausfertigung einschränken könnten.
  • Die Beschwerde der Antragstellerin war erfolgreich und führte zur Anweisung an den Notar, die gewünschte Ausfertigung zu erteilen.

Gericht entscheidet über Erteilung von Generalvollmacht zwischen Ehegatten

Die Generalvollmacht ist ein wichtiges Instrument, um einem anderen Menschen umfassende Vollmacht zu erteilen. Im Eheleben ermöglicht sie es insbesondere, im Krankheitsfall oder bei Abwesenheit eines Ehegatten wichtige Entscheidungen zu treffen und den Alltag zu regeln. So kann der bevollmächtigte Ehegatte beispielsweise Bankgeschäfte tätigen, Verträge abschließen oder medizinische Entscheidungen treffen.

Wer eine Generalvollmacht erhalten möchte, muss diese in der Regel eigenhändig ausfertigen. Der Gesetzgeber sieht jedoch eine Ausnahme vor, wenn die Vollmacht von einem Ehegatten für den anderen Ehegatten ausgestellt wird. In diesen Fällen kann das Gericht die Vollmacht auf Antrag eines der Ehegatten an den anderen Ehegatten weitergeben. Dies hat den Zweck, den Zugang zu dieser wichtigen Vollmacht zu erleichtern und unnötige Formalitäten zu vermeiden.

Im Anschluss wollen wir uns mit einem konkreten Fall auseinandersetzen, der die Frage aufwirft, unter welchen Voraussetzungen das Gericht die Weitergabe einer Generalvollmacht an einen Ehegatten ablehnen kann.

Der Fall vor Gericht


Generalvollmacht für Ehepartner: Gericht bestätigt Recht auf weitere Ausfertigung

Im Zentrum des Falls steht ein Ehepaar, das sich am 6. Juni 2006 gegenseitig eine General- und Vorsorgevollmacht erteilt hatte. Diese Vollmacht wurde notariell beurkundet und beiden Ehepartnern wurde eine Ausfertigung der Urkunde ausgehändigt. Jahre später konnte die Ehefrau ihre Ausfertigung nicht mehr finden. Dies wurde zum Problem, als ihr Ehemann an Demenz erkrankte und sie ihn im Rechtsverkehr vertreten musste.

Die Ehefrau wandte sich an den Notar A., der inzwischen die Urkundenverwahrung übernommen hatte, und beantragte eine weitere Ausfertigung der Vollmachtsurkunde. Der Notar lehnte dies jedoch ab, was zu einer rechtlichen Auseinandersetzung führte. Er begründete seine Ablehnung damit, dass nur der Ehemann als Vollmachtgeber berechtigt sei, der Ehefrau als Bevollmächtigter eine Ausfertigung seiner Willenserklärung zu erteilen. Aufgrund der Demenzerkrankung sei der Ehemann dazu aber nicht mehr in der Lage.

Rechtliche Herausforderung: Interpretation des Beurkundungsgesetzes

Die zentrale rechtliche Frage in diesem Fall war die Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG). Diese Vorschrift regelt, wer berechtigt ist, Ausfertigungen einer notariellen Urkunde zu verlangen. Der Notar vertrat die Ansicht, dass bei einer gegenseitigen Vollmacht jeder Ehepartner nur Ausfertigungen seiner eigenen Willenserklärung verlangen könne.

Ein weiterer strittiger Punkt war die Frage, ob die Nichtvorlage der ursprünglichen Ausfertigung ein Indiz dafür sein könnte, dass die Vollmacht widerrufen oder zurückgegeben wurde. Der Notar sah darin ein potenzielles Missbrauchsrisiko und fühlte sich verpflichtet, dies zu berücksichtigen.

Gerichtliche Entscheidung: Recht auf weitere Ausfertigung bestätigt

Das Landgericht Gera kam zu dem Schluss, dass die Beschwerde der Ehefrau gegen die Ablehnung des Notars begründet ist. Das Gericht legte § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG weit aus und entschied, dass jeder, der in einer Niederschrift eine Erklärung im eigenen Namen abgegeben hat, Ausfertigungen der gesamten Urkunde verlangen kann. Dies gilt auch bei gegenseitigen Vollmachten.

Das Gericht betonte, dass der Notar bei der Erteilung von Ausfertigungen grundsätzlich nur die formalen Anforderungen zu prüfen habe. Eine sachlich-rechtliche Prüfung, etwa hinsichtlich eines möglichen Missbrauchs, sei nur in Ausnahmefällen zulässig, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts für den Notar offensichtlich erkennbar sei. Im vorliegenden Fall sah das Gericht keine evidenten Anhaltspunkte für die Nichterteilung oder das Erlöschen der Vollmacht.

Bedeutung für Ehepaare mit Generalvollmacht

Diese Gerichtsentscheidung hat wichtige Implikationen für Ehepaare, die sich gegenseitig bevollmächtigt haben. Sie stärkt die Position des Bevollmächtigten, indem sie klarstellt, dass dieser auch ohne Zustimmung des möglicherweise nicht mehr handlungsfähigen Vollmachtgebers eine weitere Ausfertigung der Vollmachtsurkunde erhalten kann. Dies ist besonders relevant in Fällen, wo der Vollmachtgeber aufgrund von Krankheit oder Alter nicht mehr in der Lage ist, seine Zustimmung zu erteilen.

Gleichzeitig weist das Gericht darauf hin, dass Vollmachtgeber die Möglichkeit haben, durch Erklärungen nach § 51 Abs. 2 BeurkG Einschränkungen bezüglich der Erteilung weiterer Ausfertigungen festzulegen. Ehepaare sollten daher bei der Erstellung einer Generalvollmacht sorgfältig überlegen, ob sie solche Einschränkungen vornehmen möchten, um möglichen Missbrauch zu verhindern.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stärkt die Rechte von Bevollmächtigten bei gegenseitigen Generalvollmachten. Es bestätigt, dass jeder Ehepartner Anspruch auf eine vollständige Ausfertigung der Urkunde hat, auch wenn der andere Partner nicht mehr einwilligungsfähig ist. Die Entscheidung betont die formale Prüfungspflicht des Notars und schränkt dessen Befugnis zur inhaltlichen Prüfung ein. Dies gewährleistet die Handlungsfähigkeit des Bevollmächtigten, unterstreicht aber auch die Wichtigkeit vorausschauender Regelungen zum Schutz vor Missbrauch.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Ehepaar mit einer gegenseitigen General- und Vorsorgevollmacht stärkt dieses Urteil Ihre Rechte erheblich. Selbst wenn Sie Ihre ursprüngliche Ausfertigung verlieren sollten, können Sie vom Notar eine neue, vollständige Kopie der Urkunde verlangen – auch wenn Ihr Partner aufgrund von Krankheit nicht mehr zustimmen kann. Der Notar darf die Herausgabe nicht verweigern, solange keine offensichtlichen Gründe für eine Ungültigkeit der Vollmacht vorliegen. Um möglichem Missbrauch vorzubeugen, sollten Sie bei der Erstellung der Vollmacht genau festlegen, unter welchen Bedingungen weitere Ausfertigungen erteilt werden dürfen. Dies gibt Ihnen die Sicherheit, im Ernstfall handlungsfähig zu bleiben, während Sie gleichzeitig Vorkehrungen gegen Missbrauch treffen können.


FAQ – Häufige Fragen

Sie möchten Ihrem Ehepartner die rechtliche Möglichkeit geben, in Ihrem Namen zu handeln, falls Sie einmal nicht mehr in der Lage dazu sind? Dann ist eine Generalvollmacht für Ehepartner ein wichtiges Thema für Sie. In unserer FAQ-Rubrik beantworten wir all Ihre Fragen rund um die rechtlichen Aspekte einer Generalvollmacht und erläutern die wichtigen Punkte, die Sie bei der Erstellung und Verwendung beachten sollten.


Was ist eine Generalvollmacht und wofür wird sie benötigt?

Eine Generalvollmacht ist ein umfassendes rechtliches Instrument, das einer Person weitreichende Befugnisse zur Vertretung einer anderen Person in nahezu allen rechtlichen und geschäftlichen Angelegenheiten einräumt. Der Bevollmächtigte erhält dadurch die Erlaubnis, im Namen des Vollmachtgebers zu handeln und rechtswirksame Entscheidungen zu treffen.

Die Erteilung einer Generalvollmacht erfolgt häufig, um für unvorhergesehene Situationen vorzusorgen, in denen der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Dies kann beispielsweise bei schwerer Krankheit, Unfällen oder altersbedingten Einschränkungen der Fall sein. Die Generalvollmacht ermöglicht es dem Bevollmächtigten, ohne zeitliche Verzögerung wichtige Entscheidungen zu treffen und Handlungen vorzunehmen.

Der Umfang einer Generalvollmacht ist beträchtlich und erstreckt sich auf verschiedene Lebensbereiche. Sie kann die Verwaltung von Vermögen, den Abschluss von Verträgen, die Vertretung gegenüber Behörden und Gerichten sowie die Regelung von Bankgeschäften umfassen. Besonders relevant ist die Generalvollmacht im Kontext von Ehepartnern, da sie es ermöglicht, dass ein Ehegatte im Notfall umfassend für den anderen handeln kann.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine Generalvollmacht ein Vertrauensverhältnis voraussetzt. Der Vollmachtgeber überträgt dem Bevollmächtigten weitreichende Rechte, weshalb die Wahl der bevollmächtigten Person wohlüberlegt sein sollte. Die Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist.

Im Gegensatz zu einer Vorsorgevollmacht, die erst bei Eintritt der Geschäftsunfähigkeit wirksam wird, kann eine Generalvollmacht sofort nach ihrer Erteilung genutzt werden. Dies macht sie zu einem flexiblen Instrument für verschiedene Lebenssituationen.

Die Erstellung einer Generalvollmacht erfordert in der Regel keine spezielle Form, es sei denn, sie soll für bestimmte Rechtsgeschäfte wie Immobilienangelegenheiten genutzt werden. In solchen Fällen ist eine notarielle Beurkundung erforderlich. Eine schriftliche Fixierung ist jedoch generell empfehlenswert, um Missverständnisse zu vermeiden und die Akzeptanz bei Dritten zu erhöhen.

Bei der Erteilung einer Generalvollmacht an Ehepartner ist zu beachten, dass diese besondere Bedeutung haben kann. In manchen Fällen kann eine Amtspflicht zur weiteren Ausfertigung an einen Ehegatten bestehen, was die rechtliche Handlungsfähigkeit des bevollmächtigten Partners zusätzlich stärkt.

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Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Erteilung einer Generalvollmacht zwischen Ehepartnern?

Eine Generalvollmacht zwischen Ehepartnern unterliegt bestimmten rechtlichen Rahmenbedingungen, die es zu beachten gilt. Grundsätzlich können Ehepartner sich gegenseitig eine Generalvollmacht erteilen, um sich in allen rechtlichen und persönlichen Angelegenheiten vertreten zu lassen.

Für die Erteilung einer Generalvollmacht zwischen Ehepartnern gibt es keine zwingenden gesetzlichen Formvorschriften. Sie kann theoretisch sogar mündlich erteilt werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Beweisbarkeit ist jedoch eine schriftliche Form dringend zu empfehlen. Dies erleichtert auch die Akzeptanz der Vollmacht bei Behörden, Banken und anderen Institutionen.

In bestimmten Fällen ist allerdings eine notarielle Beurkundung oder Beglaubigung erforderlich. Dies gilt insbesondere für Immobiliengeschäfte, wie den Verkauf oder die Belastung von Grundstücken. Auch einige Behörden und Banken verlangen häufig eine notariell beglaubigte Vollmacht. Es ist daher ratsam, die Generalvollmacht von einem Notar beurkunden zu lassen, um ihre umfassende Wirksamkeit sicherzustellen.

Die Generalvollmacht muss von einer geschäftsfähigen Person erteilt werden. Der Vollmachtgeber muss zum Zeitpunkt der Erteilung in der Lage sein, die Tragweite seiner Entscheidung zu verstehen und eigenverantwortlich zu handeln. Dies ist besonders wichtig, da eine Generalvollmacht weitreichende Befugnisse überträgt.

Inhaltlich kann der Vollmachtgeber den Umfang der Vollmacht selbst bestimmen. Es ist möglich, bestimmte Bereiche von der Vollmacht auszunehmen oder spezielle Anweisungen zu erteilen. Typischerweise umfasst eine Generalvollmacht zwischen Ehepartnern Bereiche wie Vermögensverwaltung, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung und die Vertretung gegenüber Behörden.

Ein wichtiger Aspekt ist die Haftung des bevollmächtigten Ehepartners. Der Bevollmächtigte ist verpflichtet, im Sinne und zum Wohl des Vollmachtgebers zu handeln. Bei Missbrauch oder Pflichtverletzungen kann er haftbar gemacht werden. Es empfiehlt sich daher, klare Regelungen zum Innenverhältnis zwischen den Ehepartnern zu treffen.

Die Generalvollmacht bleibt grundsätzlich auch nach dem Tod des Vollmachtgebers wirksam, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Dies kann in bestimmten Situationen sinnvoll sein, etwa um laufende Geschäfte abzuwickeln. Allerdings sollte man bedenken, dass dies möglicherweise mit erbrechtlichen Bestimmungen kollidieren kann.

Es ist wichtig zu betonen, dass eine Generalvollmacht zwischen Ehepartnern das gegenseitige Vertrauen voraussetzt. Der bevollmächtigte Ehepartner erhält weitreichende Befugnisse, die er verantwortungsvoll ausüben muss. Gleichzeitig bietet die Vollmacht Schutz für den Fall, dass einer der Partner handlungsunfähig wird.

Trotz der Generalvollmacht behalten beide Ehepartner ihre rechtliche Handlungsfähigkeit. Der Vollmachtgeber kann also weiterhin selbst Entscheidungen treffen und Rechtsgeschäfte tätigen, solange er dazu in der Lage ist. Die Vollmacht dient primär als Absicherung für den Fall der Handlungsunfähigkeit.

Bei der Erstellung einer Generalvollmacht sollten Ehepartner auch die Möglichkeit der Erteilung von Untervollmachten bedenken. Dies kann sinnvoll sein, wenn der bevollmächtigte Ehepartner selbst verhindert ist und eine dritte Person mit der Wahrnehmung bestimmter Aufgaben betrauen möchte.

Abschließend ist zu erwähnen, dass eine Generalvollmacht jederzeit widerrufen werden kann, solange der Vollmachtgeber geschäftsfähig ist. Der Widerruf sollte ebenfalls schriftlich erfolgen und allen relevanten Stellen mitgeteilt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

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Was passiert, wenn die Originalvollmacht verloren geht?

Der Verlust einer Originalvollmacht kann erhebliche rechtliche Konsequenzen haben. Grundsätzlich bleibt die Vollmacht auch ohne das Originaldokument wirksam, da sie durch die Willenserklärung des Vollmachtgebers entsteht und nicht an die Existenz der Urkunde gebunden ist. Allerdings ergeben sich in der Praxis oft Schwierigkeiten, da viele Geschäftspartner auf der Vorlage des Originals bestehen.

Bei Verlust der Originalurkunde gibt es mehrere Handlungsoptionen. Zunächst sollte der Vollmachtgeber eine Ersatzausfertigung erstellen. Dies ist besonders einfach, wenn die Vollmacht notariell beurkundet wurde. In diesem Fall kann der beurkundende Notar eine neue Ausfertigung ausstellen. Bei privatschriftlichen Vollmachten ist die Erstellung einer Ersatzausfertigung komplizierter, da hier kein offizielles Register existiert.

Ist eine Neuausstellung nicht möglich, etwa weil der Vollmachtgeber verstorben oder geschäftsunfähig geworden ist, kann ein gerichtliches Aufgebotsverfahren eingeleitet werden. Dieses Verfahren dient dazu, die verlorene Urkunde für kraftlos zu erklären. Nach erfolgreichem Abschluss des Verfahrens kann der Bevollmächtigte seine Vertretungsmacht auch ohne Vorlage der Originalurkunde nachweisen.

In bestimmten Fällen, insbesondere bei Ehegattenvollmachten, besteht zudem die Möglichkeit, eine weitere Ausfertigung der Vollmacht zu erhalten. Dies basiert auf der Amtspflicht des Notars, bei gemeinschaftlich erteilten Vollmachten von Ehegatten jedem Ehegatten eine eigene Ausfertigung auszuhändigen. Diese Pflicht ergibt sich aus der besonderen Vertrauensstellung zwischen Ehegatten und dient dem Schutz ihrer gegenseitigen Interessen.

Es ist ratsam, präventive Maßnahmen zu ergreifen, um die Probleme bei Verlust der Originalvollmacht zu minimieren. Dazu gehört das Anfertigen beglaubigter Kopien, die in vielen Fällen als Nachweis der Vollmacht akzeptiert werden. Zudem sollte die Vollmacht an einem sicheren Ort aufbewahrt und ihr Standort dem Bevollmächtigten mitgeteilt werden.

Bei Generalvollmachten oder Vorsorgevollmachten empfiehlt sich außerdem die Registrierung im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer. Diese Registrierung erleichtert im Bedarfsfall den Nachweis der Bevollmächtigung, auch wenn das Original nicht vorgelegt werden kann.

Trotz dieser Möglichkeiten bleibt der sorgfältige Umgang mit der Originalvollmacht von großer Bedeutung. Der Verlust kann zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, insbesondere wenn schnelles Handeln erforderlich ist. Daher sollten alle verfügbaren Sicherungsmaßnahmen genutzt werden, um die Verfügbarkeit und Wirksamkeit der Vollmacht jederzeit zu gewährleisten.

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Unter welchen Bedingungen kann ein Notar die Ausstellung einer neuen Ausfertigung einer Generalvollmacht verweigern?

Ein Notar kann die Ausstellung einer neuen Ausfertigung einer Generalvollmacht unter bestimmten Umständen verweigern. Diese Möglichkeit ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen und der notariellen Amtspflicht.

Grundsätzlich hat der Notar die Pflicht, Ausfertigungen von Urkunden zu erteilen. Dies gilt insbesondere für Personen, die eine Erklärung im eigenen Namen abgegeben haben oder in deren Namen eine Erklärung abgegeben wurde, sowie für deren Rechtsnachfolger. Diese Regelung findet sich in § 51 Abs. 1 des Beurkundungsgesetzes (BeurkG).

Allerdings gibt es Situationen, in denen der Notar die Ausstellung einer neuen Ausfertigung verweigern kann oder sogar muss. Ein wichtiger Grund dafür ist die Kenntnis des Notars vom Widerruf der Vollmacht. Wenn der Notar erfährt, dass die Vollmacht widerrufen wurde, darf er die Erteilung einer weiteren Ausfertigung verweigern. Dies gilt auch dann, wenn der Widerruf durch einen Betreuer des Vollmachtgebers erklärt wurde.

Der Notar muss bei seiner Entscheidung einen formalisierten Prüfungsmaßstab anlegen. Er ist nicht befugt, eine umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Widerrufs durchzuführen, wie es in einem Gerichtsverfahren der Fall wäre. Stattdessen beschränkt sich seine Prüfung darauf, ob die formalen Voraussetzungen für die Erteilung einer weiteren Ausfertigung vorliegen.

Ein weiterer Grund für die Verweigerung kann sich aus den Bedingungen ergeben, die in der ursprünglichen Vollmachtsurkunde festgelegt wurden. Wenn beispielsweise in der Urkunde steht, dass eine weitere Ausfertigung nur erteilt werden darf, wenn der Bevollmächtigte glaubhaft versichert, dass die Vollmacht nicht widerrufen wurde, und diese Versicherung nicht gegeben werden kann, darf der Notar die Ausstellung verweigern.

Die Amtspflichten des Notars spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Gemäß § 14 der Bundesnotarordnung (BNotO) ist der Notar verpflichtet, die Beteiligten über die rechtliche Tragweite des Geschäfts zu belehren und Zweifel und Unklarheiten zu beseitigen. Wenn der Notar also schwerwiegende rechtliche Bedenken hat, kann dies ein ausreichender Grund zur Verweigerung der Urkundstätigkeit sein.

Es ist wichtig zu beachten, dass der Notar bei seiner Entscheidung nicht zwischen den Interessen verschiedener Parteien abwägen muss. Seine Aufgabe ist es, die rechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausfertigung zu prüfen und entsprechend zu handeln.

In Fällen, in denen ein Widerruf der Vollmacht vorliegt, hat der Notar sogar die Pflicht, die Erteilung von Ausfertigungen zu verweigern. Dies dient dem Schutz des Vollmachtgebers und verhindert, dass eine widerrufene Vollmacht missbräuchlich verwendet wird.

Sollte der Notar die Ausstellung einer neuen Ausfertigung verweigern, steht dem Antragsteller der Rechtsweg offen. Er kann gegen die Entscheidung des Notars Beschwerde einlegen. Die Beschwerde wird dann von einem Gericht überprüft, das die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Notars beurteilt.

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Welche rechtlichen Schritte sind möglich, wenn die Ausstellung einer neuen Ausfertigung verweigert wird?

Bei Verweigerung der Ausstellung einer neuen Ausfertigung durch einen Notar stehen dem Antragsteller verschiedene rechtliche Schritte zur Verfügung. Das zentrale Rechtsmittel ist die Notarbeschwerde gemäß § 15 Abs. 2 Bundesnotarordnung (BNotO). Diese Beschwerde richtet sich gegen die Verweigerung der Amtstätigkeit des Notars und ist beim zuständigen Landgericht einzureichen.

Das Beschwerdeverfahren ist ein formalisiertes Verfahren, bei dem das Landgericht die Entscheidung des Notars überprüft. Wichtig ist, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung des Notars eingereicht werden muss. Die Frist beginnt mit dem Zugang des ablehnenden Bescheids des Notars.

Im Rahmen der Beschwerde prüft das Gericht, ob der Notar seine Amtspflichten verletzt hat. Dabei wird untersucht, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausfertigung vorlagen und ob der Notar diese korrekt geprüft hat. Der Prüfungsmaßstab des Gerichts ist dabei formalisiert und beschränkt sich grundsätzlich auf die Frage, ob die formellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausfertigung erfüllt waren.

Sollte das Landgericht die Beschwerde zurückweisen, besteht die Möglichkeit, Rechtsbeschwerde zum Oberlandesgericht einzulegen. Dies ist jedoch nur möglich, wenn das Landgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat oder wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 600 Euro übersteigt.

In Fällen, in denen es um eine Generalvollmacht zwischen Ehegatten geht, ist besonders zu beachten, dass der Notar bei Kenntnis eines Widerrufs der Vollmacht die Erteilung einer weiteren Ausfertigung verweigern darf und sogar muss. Dies gilt selbst dann, wenn in der ursprünglichen Vollmachtsurkunde festgelegt wurde, dass der Bevollmächtigte auf Verlangen weitere Ausfertigungen erhalten soll.

Der Bundesgerichtshof hat in einer Entscheidung vom 24.5.2023 (Az. V ZB 22/22) klargestellt, dass der Notar bei Kenntnis eines Widerrufs die Erteilung einer weiteren Ausfertigung ablehnen muss, auch wenn der Widerruf möglicherweise unwirksam sein könnte. Die Prüfung der materiellen Wirksamkeit des Widerrufs ist nicht Aufgabe des Notars im Rahmen des Ausfertigungsverfahrens.

Sollten Zweifel an der Wirksamkeit des Widerrufs bestehen, etwa weil die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt des Widerrufs fraglich war, muss diese Frage in einem separaten Verfahren geklärt werden. Dies kann beispielsweise im Rahmen eines Betreuungsverfahrens oder einer zivilrechtlichen Klage erfolgen.

In Fällen, in denen ein Betreuer bestellt wurde und dieser die Vollmacht widerrufen hat, ist die Situation besonders komplex. Hier kann es notwendig sein, die Wirksamkeit des Widerrufs durch den Betreuer gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies geschieht in der Regel im Rahmen des Betreuungsverfahrens vor dem zuständigen Amtsgericht.

Es ist zu beachten, dass die Notarbeschwerde und das anschließende gerichtliche Verfahren keine aufschiebende Wirkung haben. Das bedeutet, dass der Notar während des laufenden Verfahrens nicht verpflichtet ist, die Ausfertigung zu erteilen.

In besonders dringenden Fällen, in denen die Verweigerung der Ausfertigung zu erheblichen Nachteilen führen würde, besteht die Möglichkeit, beim zuständigen Gericht eine einstweilige Anordnung zu beantragen. Hierbei muss jedoch ein besonderer Eilbedarf dargelegt und glaubhaft gemacht werden.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Generalvollmacht: Eine Generalvollmacht ist eine umfassende Vollmacht, die es dem Bevollmächtigten ermöglicht, in nahezu allen rechtlichen und geschäftlichen Angelegenheiten für den Vollmachtgeber zu handeln. Im Alltag bedeutet dies, dass der Bevollmächtigte zum Beispiel Bankgeschäfte tätigen, Verträge abschließen oder medizinische Entscheidungen treffen kann. Diese Vollmacht ist besonders nützlich, wenn der Vollmachtgeber krank oder abwesend ist. Es ist wichtig, dass die Generalvollmacht schriftlich erteilt und oft notariell beglaubigt wird, um ihre Gültigkeit zu sichern.
  • Beurkundungsgesetz (BeurkG): Das Beurkundungsgesetz regelt die formellen Anforderungen und den Ablauf notarieller Beurkundungen in Deutschland. Es stellt sicher, dass notarielle Urkunden rechtlich bindend und korrekt erstellt werden. § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG zum Beispiel besagt, dass jeder, der eine Erklärung in einer Niederschrift abgegeben hat, eine Ausfertigung dieser Niederschrift verlangen kann. Dies war im vorliegenden Fall entscheidend, da es um das Recht der Ehefrau auf eine weitere Ausfertigung der Generalvollmacht ging.
  • Willenserklärung: Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, durch die eine Person ihren Willen kundtut, eine bestimmte rechtliche Wirkung zu erzielen. Im Kontext einer Generalvollmacht handelt es sich dabei um die Erklärung, jemandem bestimmte Befugnisse zu erteilen. Die Willenserklärung ist ein zentraler Bestandteil jedes Rechtsgeschäfts und muss klar und eindeutig formuliert sein. In der vorliegenden Urkunde hatten beide Ehepartner jeweils eine Willenserklärung abgegeben.
  • Urkundenverwahrung: Dies ist die Aufbewahrung von wichtigen Dokumenten, insbesondere notariellen Urkunden, durch einen Notar. Der Notar übernimmt die Verantwortung, diese Urkunden sicher zu verwahren und bei Bedarf Ausfertigungen oder Abschriften zu erstellen. Im vorliegenden Fall war Notar A. der Urkundenverwahrer der Generalvollmacht, nachdem die ursprüngliche Notarin verstorben war. Die Ehefrau benötigte eine neue Ausfertigung dieser Urkunde, da die ursprüngliche verloren gegangen war.
  • Missbrauchsrisiko: Dies bezeichnet die Gefahr, dass eine Vollmacht oder ein anderes rechtliches Dokument in einer Weise genutzt wird, die nicht dem Willen des Vollmachtgebers entspricht oder ihm schadet. Im vorliegenden Fall argumentierte der Notar, dass die Ausstellung einer neuen Ausfertigung ein Missbrauchsrisiko darstellen könnte. Das Gericht stellte jedoch klar, dass der Notar nur formale Anforderungen prüfen dürfe und nicht pauschal von einem Missbrauch ausgehen könne.
  • Demenzerkrankung: Dies ist eine fortschreitende Erkrankung, die zu einem Verlust der kognitiven Fähigkeiten führt und die Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt. Im Kontext der Generalvollmacht war die Demenzerkrankung des Ehemanns relevant, weil sie ihn daran hinderte, eine neue Ausfertigung der Vollmacht zu erteilen. Das Gericht entschied, dass die Ehefrau trotzdem eine neue Ausfertigung verlangen kann, da sie im eigenen Namen eine Willenserklärung in der ursprünglichen Urkunde abgegeben hatte.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 51 Abs. 1 Nr. 1 Beurkundungsgesetz (BeurkG): Diese Vorschrift regelt das Recht auf Erteilung von Ausfertigungen notariell beurkundeter Erklärungen. Sie besagt, dass jeder, der eine Erklärung in einer Niederschrift abgegeben hat, eine Ausfertigung dieser Niederschrift verlangen kann. Im vorliegenden Fall ging es um die Frage, ob die Ehefrau auch dann eine Ausfertigung der gesamten Niederschrift verlangen kann, wenn sie nur eine der beiden in der Niederschrift enthaltenen Erklärungen abgegeben hat.
  • § 172 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph regelt die Aushändigung der Vollmachtsurkunde. Er besagt, dass der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten die Vollmachtsurkunde aushändigen muss. Im vorliegenden Fall war strittig, ob die Ehefrau auch dann eine weitere Ausfertigung der Vollmachtsurkunde verlangen kann, wenn sie die ursprüngliche Ausfertigung nicht mehr vorlegen kann.
  • § 54 Beurkundungsgesetz (BeurkG): Dieser Paragraph regelt das Beschwerdeverfahren gegen Amtshandlungen des Notars. Er besagt, dass gegen die Versagung einer Amtshandlung die Beschwerde zulässig ist. Im vorliegenden Fall hat die Ehefrau Beschwerde gegen die Verweigerung des Notars eingelegt, ihr eine weitere Ausfertigung der Vollmachtsurkunde zu erteilen.
  • § 15 Bundesnotarordnung (BNotO): Dieser Paragraph regelt die Amtspflichten des Notars. Er besagt unter anderem, dass der Notar Ausfertigungen von Urkunden erteilen muss. Im vorliegenden Fall wurde diskutiert, ob die Amtspflicht des Notars zur Erteilung einer weiteren Ausfertigung auch dann besteht, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer Demenzerkrankung nicht mehr zustimmen kann.
  • § 51 Abs. 2 Beurkundungsgesetz (BeurkG): Dieser Paragraph ermöglicht es dem Vollmachtgeber, Einschränkungen hinsichtlich der Erteilung von Ausfertigungen festzulegen. Im vorliegenden Fall wurde diese Vorschrift herangezogen, um zu prüfen, ob der Ehemann möglicherweise Einschränkungen hinsichtlich der Erteilung weiterer Ausfertigungen an seine Ehefrau verfügt hatte.

Das vorliegende Urteil

LG Gera – Az.: 7 T 19/24 – Beschluss vom 27.05.2024


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Auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 29.12.2023 wird der Notar A. in X. angewiesen, der Antragstellerin weitere, ungekürzte Ausfertigungen der Niederschrift der Notarin B. in X. vom 06.06.2006 zu UR-Nr. 1183/2006 zu erteilen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ihr Ehemann, Herr …, erstellten am 06.06.2006 eine „gegenseitige General- und Vorsorgevollmacht“. Dies erfolgte durch Niederschrift bei Notarin B. in X. zu UR-Nr. 1183/2006. Nach einem Vermerk der Notarin wurde u.a. der Antragstellerin eine Ausfertigung der Urkunde erteilt.

Inzwischen ist Notar A. Verwahrer der Urkunden der Notarin B., die verstorben ist.

Am 20.12.2023 beantragte die Antragstellerin bei Notar A. die Erteilung einer weiteren, auf ihren Namen lautenden Ausfertigung der Urkunde vom 06.06.2006 UR-Nr. 1183/2006. Sie erklärte, dass sie die auf sie ausgestellte Ausfertigung nicht mehr auffinden könne, diese aber zur Vertretung ihres Mannes im Rechtsverkehr benötige, weil dieser inzwischen schwer an Demenz erkrankt sei. Notar A. erklärte ihr, dass er sich aus Rechtsgründen gehindert sehe, die begehrte Ausfertigung zu erteilen und verwies sie auf die Möglichkeit der Beschwerde.

Die Antragstellerin hat am 29.12.2023 Beschwerde erhoben. Sie könne sich nicht daran erinnern, bei Errichtung der Urkunde eine Ausfertigung erhalten zu haben. Zumindest sei die Ausfertigung nicht mehr auffindbar. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG habe sie ein Recht auf Erhalt einer weiteren Ausfertigung durch den Urkundenverwahrer. Sie sei zudem von ihrem Ehemann umfassend bevollmächtigt worden. Das Original liege Notar A. vor. Ein Widerruf der Vollmacht sei nicht erfolgt und auch auf der Urkunde nicht vermerkt. Auch deshalb könne sie eine Ausfertigung verlangen.

Notar A. hat am 28.02.2024 unter Vorlage einer Kopie der Niederschrift vom 06.06.2006 Stellung genommen. Es sei zutreffend, dass er die Erteilung einer weiteren Ausfertigung verweigert habe. Hintergrund sei, dass die Ausfertigung die Urschrift im Rechtsverkehr vertrete. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG könne nur derjenige, der eine Erklärung im eigenen Namen abgegeben habe, Ausfertigungen verlangen. Im vorliegenden Fall seien in der maßgeblichen Urkunde sowohl von der Antragstellerin als auch von Herrn … Erklärungen abgegeben worden. Diese seien in ihrem Bestand und ihrer Wirksamkeit voneinander unabhängig. Entsprechend könne auch nur Herr … nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG verlangen, der Antragstellerin als seiner Bevollmächtigten Ausfertigungen seiner Willenserklärung zu erteilen. Hierzu sei Herr … aber aufgrund der Demenz nicht mehr in der Lage. In der gegenständlichen Urkunde und auch sonst seinen keine Bestimmungen zur Erteilung von Ausfertigungen, insbesondere also auch keine abweichenden Bestimmungen im Sinne des § 51 Abs. 2 BeurkG getroffen. Die benannte Gestaltung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG gehe mit dem materiellen Recht konform. Nach § 172 BGB müsse der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten die Vollmachtsurkunde willentlich aushändigen. Bei notariellen Urkunden werde daher regelmäßig vermerkt, dass die Ausfertigung auf Ersuchen des Vollmachtgebers an den Bevollmächtigten erteilt werde. Hiervon abzuweichen würde das Missbrauchsrisiko erhöhen (OLG München DNotZ 2008, 844, 845). Könne die Ausfertigung nicht vorgelegt werden, bestünden Anhaltspunkte, dass die bevollmächtigte Person selbst nie eine Ausfertigung erhalten habe oder sie aber später habe an den Vollmachtgeber zurückgeben müssen. In der vorliegenden Konstellation komme nur in Betracht, der Antragstellerin eine auszugsweise Ausfertigung über ihre Willenserklärung, nicht aber die Willenserklärung des Herrn … zu erteilen. Damit sei dem Begehren der Antragstellerin aber nicht gedient.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet. Der Notar A. hat als Urkundenverwahrer an die Antragstellerin die von ihr begehrte Ausfertigung der notariellen Urkunde der Notarin B. aus X. zu UR-Nr. 1183/2006 zu erteilen.

A.) Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung einer Amtshandlung nach § 51 BeurkG durch den Notar, was ein statthafter Beschwerdegegenstand des § 54 BeurkG ist.

Die Zulässigkeit der Beschwerde scheitert nicht daran, dass die Antragstellerin sich in der Beschwerdeschrift auf § 15 BNotO beruft, während die einschlägige Norm des § 54 BeurkG eine den § 15 BNotO verdrängende spezialgesetzliche Regelung ist (vgl. BeckOGK/ Regler, 1.3.2024, BeurkG § 54 Rn. 9; Winkler BeurkG, 21. Aufl. 2023, BeurkG § 54 Rn. 4 m.w.N.). Die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels ist unschädlich. Denn das Beschwerdegericht hat im Wege der Auslegung das wahre Begehren zu ermitteln (vgl. Sternal/ Sternal, 21. Aufl. 2023, FamFG § 64 Rn. 37). Vorliegend ist dies die Erhebung der Beschwerde nach § 54 BeurkG.

Es steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass der Notar keinen die begehrte Amtshandlung versagenden Bescheid erlassen hat. Denn vom Erlass eines ausdrücklichen Bescheids oder Vorbescheids hängt die Beschwerdemöglichkeit nicht ab. Die Beschwerde ist auch bei andauernder Untätigkeit des Notars gegeben. Dann liegt eine konkludent ausgedrückte Weigerung des Notars vor, an deren Annahme auf Grund der Rechtsweggarantie nach Art. 19 Abs. 4 GG keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (vgl. BeckOK BNotO/ Sander, 9. Ed. 1.2.2024, BNotO § 15 Rn. 131 m.w.N.). Dies ist zu § 15 BNotO anerkannt und gilt entsprechend bei § 54 BeurkG, weil das Beschwerdeverfahren hier vergleichbar ist (BeckOK BNotO/ Sander, 9. Ed. 1.2.2024, BNotO § 15 Rn. 124; Frenz/ Miermeister/ Limmer, 5. Aufl. 2020, BeurkG § 54 Rn. 3).

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass der Notar im Schreiben vom 28.02.2024 bestätigt hat, die Amtshandlung in einem Gespräch mit der Antragstellerin verweigert und diese auf die Möglichkeit der Beschwerde an das Landgericht hingewiesen zu haben. Er habe die Beschwerdeschrift vorab zur Kenntnis erhalten und der Antragstellerin mündlich erklärt, ihr nicht abzuhelfen.

Die Beschwerde ist nicht fristgebunden und nicht von einem Beschwerdewert abhängig (vgl. BGH DNotZ 2016, 220).

B.) Die Beschwerde ist begründet.

Die Antragstellerin kann von Notar A. als Urkundenverwahrer gem. § 48 S. 1 BeurkG verlangen, dass er ihr eine Ausfertigung der Niederschrift der Notarin B. aus X. vom 06.06.2006 zu UR-Nr. 1183/2006 erteilt.

Der Anspruch folgt aus § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG. Hiernach kann bei Niederschriften über Willenserklärungen jeder, der eine Erklärung im eigenen Namen abgegeben hat, Ausfertigungen verlangen. Es besteht das Recht, mehrere Ausfertigungen zu verlangen (so auch Eickelberg in: Armbrüster/ Preuß, BeurkG, § 51, Rn. 4). Der Notar hat im Rahmen des § 51 BeurkG keinen Ermessensspielraum. Er muss bei Vorliegen der Voraussetzungen die begehrte Ausfertigung erteilen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 14 Wx 51/06 –, Rn. 15, juris m.w.N.).

Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG sind vorliegend erfüllt. Denn die Antragstellerin hat in der gegenständlichen Urkunde vom 06.06.2006 Willenserklärungen im eigenen Namen abgegeben: Sie hat erklärt, ihrem Ehemann General- und Vorsorgevollmacht zu erteilen.

Einer ungekürzten Ausfertigung der Niederschrift steht nicht entgegen, dass sich die Eheleute vorliegend eine „gegenseitige General- und Vorsorgevollmacht“ erteilt haben, mithin auch Herr … eine Willenserklärung abgegeben hat. Dies folgt aus dem Wortlaut von § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG: Ausfertigungen können verlangen bei „Niederschriften über Willenserklärungen“ (Plural) „jeder, der eine Erklärung“ (Singular) im eigenen Namen abgegeben hat. Die Norm enthält auch sonst für den gesetzlichen Regelfall keine Einschränkung dahin, dass derjenige, der in einer Niederschrift über Willenserklärungen eine Erklärung im eigenen Namen abgegeben hat, eine Ausfertigung nur über „seine“ Erklärung verlangen kann.

Aus dem genannten Grund kann bei einem in einer Niederschrift beurkundeten Vertrag jeder Vertragspartner nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG (weitere) Ausfertigungen der gesamten Vertragsurkunde verlangen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 14 Wx 51/06 –, juris). Nichts anderes hat für Urkunden zu gelten, in denen sich Personen jeweils gemeinsam und wechselseitig bevollmächtigen. Der Gesetzgeber wollte mit § 51 BeurkG eine Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht des Notars für einen bestimmten Personenkreis erreichen (BT-Drucks. V/3282, S. 41; vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 15). Für eine Verschwiegenheit besteht bei denjenigen Personen kein Bedürfnis, die Willenserklärungen in einer Niederschrift abgegeben haben, weil diese Personen die Niederschrift kennen.

Dem Notar ist nicht zu folgen, soweit er sich im vorliegenden Fall auf die Gefahr des Missbrauchs der Vollmacht beruft und geltend macht, dass durch die Nichtvorlage einer Ausfertigung Anhaltspunkte bestünden, dass die Antragstellerin die Ausfertigung nie erhalten oder diese später an den Vollmachtgeber habe zurückgeben müssen. Denn der Notar hat bei der Erteilung von Ausfertigungen grundsätzlich nur das Vorliegen der formalen Anforderungen gemäß § 51 Abs. 1 und 2 BeurkG zu prüfen (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2023 – V ZB 22/22 –, Rn. 7, juris). Er ist grundsätzlich nicht berechtigt, die Erteilung einer Ausfertigung von einer sachlich-rechtlichen Prüfung abhängig zu machen (vgl. LG Darmstadt, Beschluss vom 19. Mai 2008 – 5 T 685/07 –, Rn. 19, juris).

Umstände, die hier ausnahmsweise eine abweichende Beurteilung rechtfertigen, liegen nicht vor. Dies wäre nur der Fall, wenn die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts für den Notar ohne jeden vernünftigen Zweifel erkennbar, also evident ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2021 – V ZB 25/21 –, Rn. 5, juris; BGH, Beschluss vom 24. Mai 2023 – V ZB 22/22 –, Rn. 6 ff., juris). Evidente Anhaltspunkte für die Nichterteilung oder das zwischenzeitliche Erlöschen der Vollmacht bestehen nicht. Die bloße Nichtvorlage einer Ausfertigung ist kein ausreichendes Indiz. Das Unvermögen zur Vorlage kann aus schlichtem Verlust des Dokuments herrühren, worauf sich die Antragstellerin vorliegend auch beruft. Soweit der Notar im Übrigen auf Seite 3 seines Schreibens vom 28.02.2024 ausführt, in der Nichtvorlage der Ausfertigung bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin nie eine Ausfertigung der Vollmacht erhalten habe, steht dem bereits der aktenkundige Vermerk der Notarin B. entgegen, wonach am 08.06.2006 eine Ausfertigung für die Antragstellerin erteilt worden sei (Bl. 20 d.A.).

Für eine einschränkende Auslegung des § 51 Abs. 1 Nr. 1 BeurkG besteht kein Bedürfnis, weil diejenigen, die in einer Niederschrift Willenserklärungen abgeben, abweichend von dem weiten gesetzlichen Wortlaut durch Erklärung nach § 51 Abs. 2 BeurkG nicht nur die Zahl der zu erteilenden Ausfertigungen, sondern auch die Voraussetzungen, unter denen weitere Ausfertigungen erteilt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Mai 2023 – V ZB 22/22 –, juris), bzw. überhaupt den Kreis der nach § 51 BeurkG Antragsberechtigten beschränken können (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16. Januar 2007 – 14 Wx 51/06 –, Rn. 16, juris). Damit kann einer befürchteten Missbrauchsgefahr hinreichend Rechnung getragen werden.

Im vorliegenden Fall gibt es keine Einschränkungen durch Erklärungen nach § 51 Abs. 2 BeurkG. Hierzu nimmt die Kammer Bezug auf die entsprechenden Ausführungen des Notars in seinem Schreiben vom 28.02.2024.

Die vom Notar zitierte Entscheidung des OLG München (Beschluss vom 19. Mai 2008 – 34 Wx 23/08 –, juris = DNotZ 2008, 844) steht der Erteilung einer Ausfertigung ebenfalls nicht entgegen. Denn die Entscheidung betrifft nicht den vorliegend zu beurteilenden Anspruch auf Erteilung einer weiteren Ausfertigung nach § 51 Abs. 1 BeurkG. In dem Beschluss des OLG München ging es um einen Antrag auf Vollzug der Eigentumsübertragung im Grundbuch, dem wegen unzureichendem Nachweis einer Vollmacht vom Grundbuchamt nicht stattgegeben wurde. Die hierfür maßgebliche Rechtslage beurteilt sich – wie der veröffentlichten Entscheidung zu entnehmen ist – nach ganz anderen Normen als im vorliegenden Fall.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 81 FamFG. Im Beschwerdeverfahren nach § 54 BeurkG sind dem Notar als Vorinstanz keine Kosten aufzuerlegen, da er am Verfahren nicht beteiligt ist (Winkler BeurkG, 21. Aufl. 2023, BeurkG § 54 Rn. 26).

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 70 Abs. 2 S. 1 FamFG sind nicht ersichtlich.


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