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Genehmigungvoraussetzungen für Grundstückskaufvertrag über landwirtschaftliche Nutzflächen

AG Oschatz – Az.: XV 13/10 – Beschluss vom 23.12.2010

1. Der Bescheid des Landkreis Nordsachsen, Amt für Wirtschaftsförderung, Landwirtschaft und Tourismus vom 24.08.2010, Reg.-Nr. 438/2010 wird aufgehoben.

Der Kaufvertragsentwurf zwischen der … wird genehmigt.

2. Gerichtliche Kosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet

Geschäftswert: 685.000 Euro

Tatbestand

Die Antragsteller verlangen die Aufhebung des Bescheids des Landkreis Nordsachsen vom 24.08.2010 und die Genehmigung eines Kaufvertragsentwurfes.

Bei der Antragstellerin zu 1 handelt es sich um eine landwirtschaftliche Genossenschaft mit 12 Genossenschaftsmitgliedern. In der Satzung der Antragstellerin zu 1 ist in § 12 geregelt, dass Genossenschaftsmitglieder dazu verpflichtet sind, ihre landwirtschaftlichen Nutzflächen der Genossenschaft entgeltlich anzudienen. Die Antragstellerin zu 1 bewirtschaftet gegenwärtig 1.107 ha landwirtschaftliche Nutzfläche, davon 1009 ha Ackerland und 98 ha Grünland. Von dieser Gesamtfläche sind ca. 400 ha Eigentumsfläche.

Der Antragsteller zu 2 ist Diplom-Wirtschaftsingenieur. Mit Vertrag vom 15.06.2010 pachtete der Antragsteller zu 2 bei der Antragstellerin zu 1 eine Hofanlage mit einer Größe von 0,4103 ha. Weiter pachtete er am gleichen Tag bei der Antragstellerin zu 2 ein Flurstück in der Größe von 14,6291 ha zur landwirtschaftlichen Nutzung. Gleichzeitig schlossen die Parteien eine Bewirtschaftungsvertrag. Am 17.06.2010 zeigte der Antragsteller zu 2 einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bei der Gemeinde W… an, wobei er als angemeldete Tätigkeit „Landwirt im Nebenerwerb“ angab. Eine EU-Fördernummer/Betriebsnummer wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 25.06.2010 erteilt. Am 30.07.2010 stellte der Antragsteller zu 2 einen Aufnahmeantrag bei der Antragstellerin zu 1.

Die Antragstellerin zu 1 geriet in eine finanzielle Notlage und leitete deshalb ein Sanierungskonzept ein. Dieses sieht den Verkauf von Eigentumsland vorzugsweise an Genossenschaftsmitglieder unter der zwingenden Bedingung bzw. Geschäftsgrundlage einer langfristigen Rückverpachtung der landwirtschaftlichen Flächen und eines Vorkaufsrechts zu Gunsten der Antragstellerin zu 1 vor, um den derzeit bestehende Liquiditätsengpass zu überbrücken.

Der Antragsteller zu 2 beabsichtigt, Flächen der Antragstellerin zu 1 abzukaufen. Die Antragsteller ließen daher am 28.07.2010 einen notariellen Grundstückskaufvertrag mit Auflassung fertigen und unterschrieben diesen. Danach vereinbaren die Parteien den Verkauf durch die Antragstellerin zu 1 von Grün- und Ackerland mit einer Fläche von insgesamt 101,3041 ha zu einem Kaufpreis von insgesamt 685.000,00 Eur. Hinsichtlich der einzelnen Flächen wird auf den Entwurf des Kaufvertrages verwiesen.

In § 3 Nr. 5 des Kaufvertragsentwurfes vereinbarten die Parteien: „Der Käufer als künftiger Eigentümer des in § 1 dieses Vertrages näher bezeichneten vertragsgegenständlichen Grundbesitzes räumt hiermit dem Verkäufer an dem in § 1 beschriebenen Vertragsgegenstand Pachtgegenstand das nicht übertragbare subjektiv-persönliche Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle ein. …“

In § 8 des Kaufvertragsentwurfes vereinbarten die Antragsteller: „Verkäufer und Käufer sind sich darüber einig, dass der vertragsgegenständliche Grundbesitz aufschiebend mit dem in Abs. 1 näher definierten Besitzübergang vom Käufer als Verpächter an den Verkäufer als Pächter für eine Laufzeit von mindestens 20 Jahren zu einem wertgesicherten Jahrespachtzins von 29.900,00 Euro zu verpachten ist. Einen privatschriftlichen Pachtvertrag werden die Vertragsteile noch gesondert abschließen.“

Mit Bescheid vom 24.08.2010 versagte die Antragsgegnerin die Genehmigung gem. § 9 I GrdstVG. Die Behörde begründete den Bescheid damit, dass der Antragssteller zu 2 kein Landwirt sei. Er habe die Nachhaltigkeit seines landwirtschaftlichen Betriebes nicht glaubhaft nachgewiesen. Auf den zum GrdstVG verfahrensüblichen öffentlichen Hinweis hätten sich 5 landwirtschaftliche Unternehmen, welche als aufstockungsbedürftig, erwerbswillig, erwerbsfähig und erwerbsbereit eingeschätzt werden, beworben. Bei einem Verkauf an den Antragsteller zu 2 ergäben sich negative Auswirkungen für die Agrarstruktur. Diese würden durch die Verpachtung nicht ausgeräumt. Die Tätigkeit als Nebenerwerbslandwirt und die Mitgliedschaft in der Genossenschaft durch den Antragsteller zu 2 seien Umgehungsgeschäfte.

Die Antragsteller tragen vor, der Antragsteller zu 2 sei Landwirt im Nebenerwerb. Kaufinteressierte Landwirte lägen bei Kenntnis des Kaufvertragsentwurfes nicht vor.

Die Antragsteller beantragen, den Kaufvertragsentwurf zwischen der unter Aufhebung des Bescheides des Landkreis Nordsachsen vom 24.08.2010 zu genehmigen.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Zurückweisung des Antrages.

Der Antragsgegner meint, die Sachurteilsvoraussetzungen seien in der Sache nicht gegeben.

Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und das Protokoll vom 25.11.2010 verwiesen.

Der Bescheid wurde dem Antragsteller zu 2 am 28.08.2010 und der Antragstellerin zu 1 am 31.08.2010 zugestellt. Der Antrag auf gerichtliche Genehmigung ging am 10.09.2010 beim Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Oschatz ein.

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Der Antrag ist zulässig. Das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht – Oschatz ist gem. §§ 2,1 Nr. 1 LwVG sachlich ausschließlich und gem. § 10 LwVG örtlich ausschließlich zuständig.

Der Antrag auf gerichtliche Genehmigung ist fristgerecht beim Amtsgericht Oschatz eingegangen. Die Frist beträgt gem. § 22 I GrdstVG 2 Wochen ab Zustellung der Versagung der Genehmigung. Der Bescheid wurde dem Antragsteller zu 2 am 28.08.2010 und der Antragstellerin zu 1 am 31.08.2010 zugestellt. Die Frist lief demnach für den Antragsteller zu 2 am 11.09.2010 ab. Der Antrag ging am 10.09.2010 beim Amtsgericht Oschatz ein und war damit für beide Antragsteller fristgemäß.

Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Der Kaufvertragsentwurf vom 28.07.2010 ist zu genehmigen. Die Voraussetzungen für eine Versagung der Genehmigung gem. § 9 GrdstVG liegen nicht vor.

Ein genehmigungsfähiges Geschäft gem. § 2 I GrdstVG liegt vor. Gem. § 2 l S. 3 GrdstVG kann die Genehmigung auch vor der Beurkundung des Rechtsgeschäftes erteilt werden. Voraussetzung ist, dass der vollständige Vertragsentwurf mit sämtlichen Vertragsbedingungen der Genehmigungsbehörde schriftlich mitgeteilt werden und der vorgelegte Vertragsentwurf eines Veräußerungsgeschäftes von beiden Vertragsparteien unterzeichnet ist.

Diese Voraussetzung lag spätestens im Laufe des gerichtlichen Verfahrens mit der Vorlage des von beiden Antragstellern unterzeichneten Vertragsentwurfes vor.

Ein genehmigungspflichtiges Geschäft liegt vor. Die Voraussetzungen des § 4 GrdstVG sind nicht gegeben.

Die Genehmigung darf jedoch nicht versagt werden. Die Genehmigung darf gem. § 9 I Nr. 1 GrdstVG nur versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutet.

Eine ungesunde Bodenverteilung liegt in der Regel dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn ein land- oder forstwirtschaftliches Grundstück an einen Nicht- oder Nebenerwerbslandwirt veräußert wird, gleichzeitig aber ein leistungsfähiger Haupt- oder Nebenerwerbslandwirt vorhanden ist, der willens und in der Lage ist, das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes zu erwerben und dessen Betrieb dingend der Aufstockung bedarf.

Vorliegend ist streitig, ob es sich bei dem Antragsteller zu 2 um einen Landwirt handelt und ob leistungsfähige Landwirte vorhanden sind, die willens und in der Lage sind, die Grundstücke zur Aufstockung ihres Betriebes zu erwerben und deren Betrieb dringend der Aufstockung bedarf.

Dies kann jedoch dahingestellt bleiben. Vorliegend ist das Rechtsgeschäft abweichend von der Regeldefinition zur ungesunden Bodenverteilung zu genehmigen.

Durch die von den Antragstellern gewählte Vertragsgestaltung ergeben sich keine Auswirkungen auf die Agrarstruktur.

Ziel des Versagungsgrundes der ungesunden Verteilung von Grund und Boden ist es, Gefahren für die Agrarstruktur abzuwenden. Eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens ist deshalb nur dann gegeben, wenn aus bestimmten Tatsachen folgt, dass die Eigentumsverschiebung konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht oder wenn nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur erkennbar sind. Dabei versteht man unter Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur die Gesamtheit der agrarpolitischen Maßnahmen, die auf die Erhaltung und Förderung leistungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe und die Steigerung ihrer Ertragslage gerichtet sind.

Durch die Vertragsgestaltung der Antragsteller wird der Betrieb der Antragstellerin zu 1 in ihrer Gesamtheit erhalten. Der Antragsteller zu 2 hat sich in dem Vertrag verpflichtet, einen langfristigen Pachtvertrag über die Flächen mit der Antragstellerin zu 1 abzuschließen und die Flächen der Antragstellerin zu 1 zur Bewirtschaftung weiter zu überlassen. Weiter wurde der Antragstellerin zu 1 ein Vorkaufsrecht an den Flächen eingeräumt. Praktische Auswirkungen auf die Agrarstruktur durch das Veräußerungsgeschäft sind daher nicht ersichtlich. Eine Änderung für die Landbewirtschaftung ergibt sich nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 42,45 LwVG.

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