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Erweiterung eingetragene Grunddienstbarkeit

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 12 Wx 22/16 – Beschluss vom 23.01.2017

Unter Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) im Übrigen wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Halberstadt – Grundbuchamt – vom 3. Februar 2016 aufgehoben, soweit sie darauf hinweist, dass für das Flurstück 531 der Flur 13 schon ein Abwasser- und Regenwasserleitungsrecht besteht.

Die Beteiligten tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zur Hälfte.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 500,00 €.

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 3) ist als Eigentümer des im Grundbuch von O. Blatt 2661 verzeichneten Flurstücks 516 und die Beteiligte zu 1) als Eigentümerin der im Grundbuch von O. Blatt 2662 verzeichneten Flurstücke 529, 530, 531 und 532 eingetragen.

Auf Blatt 2661 ist unter lfd. Nr. 2 der Abteilung II für die lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses (Flurstück 516) folgende Eintragung verzeichnet:

Grunddienstbarkeit (Abwasser-/Regenwasserleitungsrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks Flur 13 Flurstück 517, eingetragen im Grundbuch von O. Blatt 2662. Gleichrang mit Abt. II Nr. 1 und 3. Unter Bezug auf die Bewilligungen vom 20.03.2013 und 03.06.2013, URNr. 415/2012 und 785/2013, Not. L. in W. , eingetragen und nach § 9 GBO vermerkt am 20.08.2013.“

Mit dem von der Notarin L. in W. zur UR-Nr. 296/2014 beurkundeten Vertrag vom 18. März 2014 hat die Beteiligte zu 1) an den Beteiligten zu 2) das „Vertragsobjekt“ veräußert. Dies war eine Teilfläche von ca. 1.540 qm des Flurstücks 118/11 und eine Teilfläche von ca. 140 qm des Flurstücks 517. In Ziffer II/7.4 haben die Vertragsparteien vereinbart:

„Die Notarin wird weiter beauftragt, bei dem unter Ziffer I./3. benannten Eigentümer – Herrn S. H. – eine nachträgliche Bewilligungsurkunde in notarieller Form dahingehend anzufordern, dass die im Grundbuch von O. Blatt 2661 zugunsten des Flurstück 517 eingetragene Grunddienstbarkeit Abt. II lfd. Nr. 2 – Abwasser- und Regenwasserleitungsrechts – auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers des heutigen Vertragsobjekts besteht und die Eintragung der Änderung im Grundbuch wird aufgrund der Bewilligungsurkunde UR.-Nr. 415/2012 bewilligt und beantragt.

Gleichzeitig wird die Eintragung eines Herrschvermerks in das Grundbuch zugunsten des heutigen Vertragsobjekts beantragt.“

Der Beteiligte zu 3) hat unter dem 5. September 2014 (unterschriftsbeglaubigt durch die Notarin L. zu UR-Nr. 1141/14) seine Zustimmung erteilt, dass die im Grundbuch von O. Blatt 2661 zugunsten des Flurstückes 517 der Flur 13 eingetragene Grunddienstbarkeit Abt. II lfd. Nr. 2 – Abwasser- und Regenwasserleitungsrecht – auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Vertragsobjektes aus dem Kaufvertrag der Notarin L. vom 18. März 2014 besteht und die Änderung im Grundbuch von O. Blatt 2661 in Abt. II eingetragen wird.

Die beurkundende Notarin hat mit Identitätserklärung vom 12. August 2015 (UR-Nr. 995/2015) erklärt, dass der Grundbesitz vermessen wurde und nunmehr, nach Vorlage der katasterlichen Fortschreibungsunterlagen, folgende Bezeichnung führt (Ziffer 2 der Urkunde):

  • Vorgängerflurstück 118/11:
  • Flur 13 Flurstück 529 …
  • Industrie- und Gewerbefläche 1.106 qm
  • Vorgängerflurstück 517:
  • Flur 13 Flurstück 531 …
  • Industrie- und Gewerbefläche 619 qm

Sie hat die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch an den neu vermessenen Flurstücken (Ziffer 3 der Urkunde) beantragt und unter Bezugnahme auf Ziffer II./7.4 des Kaufvertrages und Ziffer 2 der Urkunde UR-Nr. 1141/2014 die Eintragung der Änderung im Grundbuch dahingehend bewilligt und beantragt, dass die im Grundbuch von O. Blatt 2661 in Abt. II unter lfd. Nr. 2 eingetragene Grunddienstbarkeit auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers der neu vermessenen Flurstücke 531 und 529 jeweils der Flur 13 besteht. Zugleich hat sie die Eintragung eines Herrschvermerks zugunsten der neu vermessenen Flurstücke 529 und 531 beantragt.

Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2015 hat der Verfahrensbevollmächtigte unter Vorlage der Urkunden Nr. 296/2014 (Kaufvertrag), Nr. 995/15 (Identitätserklärung), Nr. 552/2014 (Genehmigungserklärung des Beteiligten zu 3)), Nr. 1141/2014 (Pfandfreigabeerklärung), sowie der Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamts und Vorkaufsrechtsverzichtserklärung der Kommune u. a. beantragt:

Eintragung der Änderung gem. Ziffer II./7.4 des Kaufvertrages i.V.m. Ziffer 7 der Identitätserklärung und Eintragung des Herrschvermerks.

Mit Zwischenverfügung vom 3. Februar 2016 hat das Amtsgericht Halberstadt – Grundbuchamt – darauf hingewiesen, dass der beantragten Grundbuchberichtigung ein Hindernis entgegenstehe und hat zu deren formgerechter Behebung eine Frist von sechs Wochen bestimmt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die beantragte Änderung der eingetragenen Grunddienstbarkeit nicht möglich, sondern insoweit die Bewilligung und Eintragung eines neuen eigenständigen Rechts erforderlich sei. Bezüglich des Flurstücks 531 der Flur 13 bestehe dieses Recht schon, da dieses Flurstück durch Vermessung des herrschenden Flurstücks 517 entstanden sei.

Hiergegen haben die Beteiligten zu 1) und 2) mit Schriftsatz vom 16. Februar 2016 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass sämtliche für den Vollzug notwendigen Erklärungen dem Grundbuchamt vorlägen. Der Eigentümer des dienenden Flurstücks 516 habe in der Urkunde Nr. 1141/2014 seine Zustimmung erteilt, dass die zugunsten des Flurstücks 517 eingetragene Grunddienstbarkeit auch zugunsten des Vertragsobjekts bestehe und die Änderung im Grundbuch von O. Blatt 2661 in Abteilung II eingetragen werde. Mit der Urkunde Nr. 995/2015 der Notarin L. seien die vermessenen Grundstücke konkret bezeichnet und die Eintragungsbewilligungen und -anträge wiederholt worden. Ausreichend sei der erkennbare Wille, eine Änderung der Grundbuchlage herbeizuführen. Eine Bewilligungserklärung des Eigentümers des dienenden Grundstücks liege vor. Auch der Antrag auf Eintragung sei auslegungsfähig. Zutreffend sei die „Änderung“ der Grunddienstbarkeit beantragt worden. Aus den vorliegenden Erklärungen gehe eindeutig hervor, was hierunter zu verstehen sei. Dass es sich hinsichtlich der Erweiterung um eine Neubestellung handele, ändere an dem eindeutig zum Ausdruck kommenden Willen nichts. Sie könne ohne weiteres bei der bereits bestehenden Grunddienstbarkeit eingetragen werden. Die Eintragung einer komplett neuen Dienstbarkeit unter einer eigenen Nummer sei nicht erforderlich.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine Inhaltsänderung einer bereits eingetragenen Grunddienstbarkeit nicht in der Erweiterung der herrschenden Grundstücke bestehen könne. Die vorliegenden Erklärungen mögen so ausgelegt werden können, dass für das Flurstück 529 eine neue Grunddienstbarkeit eingetragen werden könne. Dies sei mit dem Antrag vom 14. Oktober 2015 und der Beschwerde jedoch ausdrücklich nicht gewollt. Eine Änderung bzgl. des Flurstücks 531 sei auch nicht erforderlich.

II.

Die Beschwerde ist nach §§ 71 Abs. 1, 73 GBO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Denn Gegenstand der angefochtenen Zwischenverfügung ist ausschließlich die Erweiterung des für das dienende Flurstück 516 eingetragenen Abwasser/Regenwasserleitungsrechts auf die Flurstücke 529 und 531 als herrschende Grundstücke, das durch Vermessung konkretisierte und durch Identitätserklärung vom 12. August 2015 bestimmte „Vertragsobjekt“ im Sinne des Kaufvertrages vom 18. März 2014.

Die Beschwerde hat teilweise – aus formellen Gründen – Erfolg. Den eine Zwischenverfügung ist ausgeschlossen, wenn der Mangel des Antrags nicht mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann (z. B. BayObLGZ 1990, 6). Zwar hat das Grundbuchamt zu Recht darauf hingewiesen, dass die Grunddienstbarkeit bereits für das Flurstück 531 bestellt ist, so dass es insoweit keiner Eintragung bedarf. Das Flurstück 531 ist ein herausvermessener Teil des ursprünglichen Flurstück 517 (nunmehr Flurstück 532), für das als herrschendes Grundstück die Grunddienstbarkeit bestellt worden war. Bei einer Teilung des herrschenden Grundstücks bleibt nach § 1025 Satz 1 BGB eine Grunddienstbarkeit für alle Teile des Grundstücks fortbestehen (z. B. OLG Celle, FGPrax 2010, 224; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, Rdn. 1166). Anhaltspunkte für ein ausnahmsweises Erlöschen nach § 1025 Satz 2 BGB bezogen auf das Flurstück 531, also für die Annahme, dass die Dienstbarkeit nur dem Flurstück 532 zum Vorteil gereicht, bestehen nicht. Im Übrigen enthält das Grundbuch von O. Blatt 2662 auch bereits den begehrten Herrschvermerk. Im Bestandsverzeichnis unter lfd. Nr. 3 ist die fragliche Grunddienstbarkeit an dem Flurstück 516 bereits für beide herrschenden Flurstücke 531 und 532 eingetragen. Dieser Herrschvermerk bezieht sich gerade auch auf das Flurstück 531. Unter lfd. 6 des Bestandsverzeichnisses sind die beiden Flurstücke 531 und 532 aufgeführt, die aus dem unter lfd. Nr. 2 eingetragenen herrschenden Flurstück 517 hervorgegangen sind. Dementsprechend ist bei dem Herrschvermerk die laufende Nr. der Grundstücke, auf die er sich bezieht, bereits in der Vergangenheit geändert worden. Der Bezug zu lfd. Nr. 2 – Flurstück 517 – ist gerötet und durch einen Bezug zu lfd. Nr. 6 – Flurstücke 531 und 532 – ersetzt worden. Bedarf es daher hinsichtlich des Flurstücks 531 gar keines Eintragungsantrages, konnte das Grundbuchamt mit der Zwischenverfügung auch auf kein behebbares Hindernis hinweisen.

Hinsichtlich der Grunddienstbarkeit zugunsten des Flurstücks 529 hat das Grundbuchamt allerdings zutreffend auf ein behebbares Hindernis hingewiesen. Denn die Beteiligten wollen den Inhalt der eingetragenen Dienstbarkeit in Bezug auf die Befugnisse des eingetragenen Begünstigten nicht ändern. Der Eigentümer der herrschenden Grundstücke (ursprünglich Flurstück 517, nunmehr Flurstücke 531 und 532) soll das Abwasser-/Regenwasserleitungsrecht weiterhin so nutzen dürfen, wie es bestellt ist. Es soll aber darüber hinaus auch dahin erweitert werden, dass das eingetragene Abwasser-/Regenwasserleitungsrecht auch von dem Eigentümer eines anderen Grundstücks (Flurstück 529) genutzt werden darf. Eine solche Änderung der Rechtsinhaberschaft ist von der in § 877 BGB geregelten Inhaltsänderung, wonach für Änderungen des Inhalts eines Rechts an einem Grundstück die §§ 873, 874 und 876 BGB Anwendung finden, nicht erfasst und nicht zulässig. Der Inhalt eines Grundstücksrechts wird durch die Gesamtheit der mit ihm verbundenen Befugnisse und Pflichten bestimmt. Die Regelung des § 877 BGB beinhaltet eine nachträgliche Abwandlung der Befugnisse oder Pflichten des Berechtigten, die unter Wahrung der Identität des bestehenden Rechts weder Begründung, Übertragung, Belastung noch Aufhebung ist. Davon werden nur Inhaltsänderungen erfasst, die sich auf bloße inhaltsändernde Modalitäten des Rechts beschränken, keine Änderungen, die die Rechtsinhaberschaft betreffen (z. B. OLG Hamm, MDR 2014, 1386; Mü-Ko/Kohler, Rdn. 2 zu § 877 BGB; Staudinger/Gursky, Rdn. 8 zu § 877 BGB). Die Gegenansicht, die ohne weitere Begründung zumindest dann, wenn bei mehreren Berechtigten später ein weiteres herrschendes Grundstück hinzutritt, dies als eine Inhaltsänderung betrachtet und eine Neubestellung nicht für erforderlich erachtet (z. B. Erman/Grziwotz, Rdn. 5 zu § 1018 BGB; Weber, Anmerkung zu OLG Hamm, Beschluss vom 10. Juli 2014, 15 W 122/14, Notar 2015, 94), überzeugt demgegenüber nicht.

Ist danach – wie hier – die Neubestellung einer Grunddienstbarkeit zugunsten der Eigentümer des Flurstücks 529 erforderlich, liegt darin ein behebbares Hindernis. Wie das Grundbuchamt in der Nichtabhilfeentscheidung vom 30. März 2016 zutreffend erkannt hat, können die vorgelegten Erklärungen nach ihrem Inhalt jedenfalls auch so ausgelegt werden, dass der Eigentümer des dienenden Grundstücks (Flurstück 516), der Beteiligte zu 3), die Eintragung einer neuen Grunddienstbarkeit zugunsten des Flurstücks 529 bewilligt. Was für eine Eintragung fehlt, ist allerdings ein entsprechender Antrag. Die Beteiligten zu 1) und 2) haben mit ihrer Beschwerde nämlich ausdrücklich klargestellt, dass sie nicht die Eintragung einer neuen Grunddienstbarkeit anstreben, sondern weiterhin eine Erweiterung der eingetragenen Grunddienstbarkeit auf weitere herrschende Grundstücke im Wege der Inhaltsänderung. Den Antrag in dem von dem Grundbuchamt vorgezeichneten Sinne zu ändern, ist ein behebbares Hindernis.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 81, 84 FamFG.

Die Entscheidung über den Beschwerdewert folgt aus §§ 79 Abs. 1, 61 Abs. 1 S. 1, 36 Abs. 1 GNotKG.

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