OLG Nürnberg – Az.: 15 W 1125/19 – Beschluss vom 31.07.2019
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten J… wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Hersbruck – Grundbuchamt – vom 03.04.2019 aufgehoben.
2. Die Sache wird an das Amtsgericht Hersbruck – Grundbuchamt – zur Entscheidung über den Grundbuchberichtigungsantrag der Beschwerdeführerin unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.
Gründe
I.
Im Grundbuch des Amtsgerichts Hersbruck von Neunkirchen am Sand ist in Blatt 439 die Beteiligte J… als Eigentümerin eingetragen.
Das Grundstück ist mit einem Nießbrauch zugunsten C… , geb. S… , belastet. Mit Schreiben des Notars … vom 21.03.2019 beantragt die Eigentümerin unter anderem die Löschung dieses Nießbrauchs wegen Gegenstandslosigkeit infolge Ablebens der Berechtigten. Beigefügt ist die vom Notar hergestellte und mit dem von ihm am 04.02.2019 unterschriebenen Vermerk, dass die Übereinstimmung mit der Urschrift bestätigt wird, versehene beglaubigte Abschrift einer mit dem Siegel des Standesamts der Stadt N… versehenen und von der Standesbeamtin S… unterschriebenen Sterbeurkunde vom 30.04.2015, in der bescheinigt wird, dass C… , geb. S… , am 29.03.2015, 18:15 Uhr verstorben ist. Die Sterbeurkunde trägt den (offenbar aufgestempelten) Vermerk „Nur für Rente – gebührenfrei -“.
Das Amtsgericht Hersbruck – Grundbuchamt – erließ am 03.04.2019 eine Zwischenverfügung unter Fristsetzung bis 03.05.2019, wonach der beantragten Eintragung entgegenstehe, dass es an einem geeigneten Nachweis des Versterbens der Frau C… fehle. Durch den Vermerk „Nur für Rente – gebührenfrei -“ sei ausgedrückt, dass die Urkunde nur in Rentenangelegenheiten Beweiskraft haben soll. Den Hinterbliebenen soll die Erledigung bestimmter rechtlicher Angelegenheiten um den Sterbefall erleichtert, aber gleichzeitig das Kosteninteresse der Stadt N… geschützt werden. Durch die Anerkennung der Urkunde als Nachweis würde dieses Interesse der Stadt N… verletzt werden. Sie habe daher keine Gültigkeit außerhalb des Verfahrens über die Rente.
Gegen diesen am 08.04.2019 zugestellten Beschluss legte der Urkundsnotar mit Schreiben vom 08.04.2019 im Namen der Antragstellerin Beschwerde ein, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 10.04.2019 nicht abhalf.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg. Der Beschwerdeführer hat den Nachweis des Versterbens der Frau C… in grundbuchrechtlicher Form geführt.
1. Gemäß § 1061 Satz 1 BGB erlischt der Nießbrauch einer natürlichen Person mit dem Tod des Nießbrauchers. Die aufgrund des Todes des Nießbrauchers eintretende Unrichtigkeit der Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch muss gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO nachgewiesen werden (vgl. Demharter, GBO, 31. Aufl. § 22 Rn. 18). Die Löschung gegenstandsloser Eintragungen, wie etwa des Nießbrauchs beim Tod des Berechtigten (vgl. Demharter a.a.O. § 84 Rn.. 6 f.) kann gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 GBO auch von Amts wegen erfolgen, wenn sich aus Tatsachen, die in einer den Anforderungen der GBO entsprechenden Weise festgestellt sind, ergibt, dass die Eintragung gegenstandslos ist (§ 87 lit. a GBO). Auch diese Tatsachen müssen entsprechend den Anforderungen der GBO festgestellt, d.h. in der Form des § 29 GBO nachgewiesen sein (Demharter, a.a.O., § 87 Rn. 2 f.). In beiden Verfahrensarten muss somit der Tod des Berechtigten durch eine Sterbeurkunde nachgewiesen werden.
2. Dem Formerfordernis des § 29 GBO – Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden – ist die Antragstellerin durch Vorlage der notariell beglaubigten Abschrift (vgl. § 42 Abs. 1 BeurkG; s. hierzu Demharter, a.a.O., § 29 Rn. 57 f.) der Sterbeurkunde vom 30.04.2015 nachgekommen. Hierbei handelt sich um eine öffentliche Urkunde i.S.d. § 415 Abs. 1 ZPO, durch die der Tod der Nießbrauchsberechtigten bewiesen wird.
Dem steht nicht entgegen, dass die Originalurkunde den Vermerk „Nur für Rente – gebührenfrei -“trägt. Entgegen der Ansicht des Grundbuchamts beeinflusst dieser Vermerk nicht die Beweiskraft der Sterbeurkunde für die Tatsache des Versterbens der Nießbrauchsberechtigten.
a) Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG beweisen die Beurkundungen in den Personenstandsregistern unter anderem den Tod und die darüber gemachten näheren Angaben sowie die sonstigen Angaben über den Personenstand der Personen, auf die sich der Eintrag bezieht. Gemäß § 54 Abs. 2 PStG haben die Personenstandsurkunden (§ 55 Abs. 1 PStG) dieselbe Beweiskraft wie die Beurkundungen in den Personenstandsregistern.
Gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 5 PStG stellt das Standesamt aus dem Sterberegister Sterbeurkunden aus. Nach § 60 PStG werden in die Sterbeurkunde aufgenommen
Nr. 1: die Vornamen und der Familienname des Verstorbenen, Ort und Tag seiner Geburt sowie seine rechtliche Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, sofern sich die Zugehörigkeit aus dem Registereintrag ergibt,
Nr. 2: der letzte Wohnsitz und der Familienstand des Verstorbenen,
Nr. 3: die Vornamen und der Familienname des Ehegatten oder Lebenspartners, wenn der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes verheiratet war oder eine Lebenspartnerschaft führte; war die Ehe oder Lebenspartnerschaft durch Tod aufgelöst oder war der Ehegatte oder Lebenspartner für tot erklärt oder war seine Todeszeit gerichtlich festgestellt worden, sind die Vornamen und der Familienname des letzten Ehegatten oder Lebenspartners anzugeben,
Nr. 4: Sterbeort und Zeitpunkt des Todes.
Alle diese Voraussetzungen erfüllt die in beglaubigter Abschrift vorgelegte Sterbeurkunde.
b) Das Personenstandsgesetz selbst kennt keine Beschränkung der Verwendungsmöglichkeit von Personenstandsurkunden. Diese sind nach § 62 Abs. 1 Satz 1 PStG auf Antrag den Personen zu erteilen, auf die sich der Registereintrag bezieht, sowie unter anderem deren Abkömmlingen.
c) Die Verwendungsmöglichkeit wird auch nicht durch die Frage bestimmt, ob die Personenstandsurkunde gebührenpflichtig oder gebührenfrei erteilt wurde.
Für die Erteilung von Personenstandsurkunden durch ein bayerisches Standesamt wird nach laufender Nummer 2.II.8 Tarifstelle 4.1. des auf der Grundlage des Art. 5 des bayerischen Kostengesetzes (KG) vom 20. Februar 1998 (GVBl. S. 43) in Form einer Rechtsverordnung vom 12. Oktober 2001 (GVBl. S. 766) erlassenen Kostenverzeichnisses grundsätzlich eine Gebühr von 12 € erhoben. Als Ausnahme hiervon befreit § 64 Abs. 2 Satz 3 SGB X Urkunden, die in der Sozialversicherung bei den Versicherungsträgern und Versicherungsbehörden erforderlich werden, um die Rechtsverhältnisse zwischen den Versicherungsträgern einerseits und u.a. den Hinterbliebenen andererseits abzuwickeln, von Beurkundungs- und Beglaubigungskosten.
Diese Regelung ordnet zwar die Gebührenfreiheit der Erteilung von Sterbeurkunden unter anderem für Rentenzwecke an, beschränkt aber nicht die Verwendung der auf dieser Grundlage als Nachweis für den Tod der bezeichneten Person erteilten Sterbeurkunde. Auch wenn somit für bestimmte Verwendungszwecke kostenlose Abdrucke erteilt werden, hindert dies die Empfänger nicht daran, diese für andere Zwecke zu verwenden, zumal sie unabhängig vom konkreten Verwendungszweck immer denselben Umstand, nämlich den Tod der darin bezeichneten Person beweist. Sie verliert diese Beweiskraft nicht mit ihrer Verwendung. Demgemäß besteht – anders als es das Grundbuchamt andeutet – auch keine Parallelität mit der Verwendbarkeit einer erteilten vollstreckbaren Ausfertigung einer Urkunde.
d) Aus der Grundbuchordnung ergibt sich auch nicht, dass das Grundbuchamt die Gebühreninteressen des Standesamts zu wahren hätte und deshalb gebührenfrei erteilte Sterbeurkunden zurückweisen dürfte.
III.
1. Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG nicht veranlasst.
2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 70 Abs. 2 FamFG) liegen nicht vor, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern.