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Erbscheinsantrag Gläubiger zum Zweck der Zwangsvollstreckung an Stelle des Schuldners

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 210/19 – Beschluss vom 19.12.2019

Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

Geschäftswert: bis 1.500 €.

Gründe

I.

Das Rechtsmittel der Beteiligten bleibt ohne Erfolg.

Gemäß Art. 229 § 36 EGBGB findet, was lediglich klarstellend bemerkt sei, das seit dem 17. August 2015 geltende Recht Anwendung.

Danach ist das Rechtsmittel zwar als befristete Beschwerde statthaft und auch im übrigen zulässig, §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG. In der Sache ist es jedoch unbegründet, weil das Nachlassgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat.

a)

Nach § 792 ZPO kann ein Gläubiger, wenn er zum Zwecke der Zwangsvollstreckung eines Erbscheins bedarf, dessen Erteilung an Stelle des Schuldners verlangen. Dabei richtet sich das Verfahren nach denjenigen Vorschriften, nach denen auch dem Schuldner die Urkunde erteilt würde, also insbesondere nach § 352 FamFG. Außerdem muss der Gläubiger das Vorhandensein eines Vollstreckungstitels nachweisen; auf die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung kommt es hingegen nicht an. All dies ist anerkannt (vgl. BeckOK ZPO – Preuß, Stand: 01.09.2019, § 792 Rdnr. 7; Musielak/Voit-Lackmann, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 792 Rdnr. 3; MK-Schmidt/Brinkmann, ZPO, 5. Aufl. 2016, §792 Rdnr. 11).

Hier hat die Beteiligte ihre Gläubigerstellung – was auch das Nachlassgericht nicht bezweifelt hat – hinreichend dargetan und nachgewiesen. Was die weiteren Verfahrenslasten anbelangt, ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligte an das Nachlassgericht mit den Bitten herangetreten war, Auskunft über die Anhängigkeit von Nachlassverfahren und über Ausschlagungen sowie über etwa bekannte Erben erteilt zu erhalten; nachdem das Gericht unter anderem erwidert hatte, ausgeschlagen habe ein (namentlich bezeichneter) Sohn der Erblasserin, nicht hingegen ein anderer (wiederum mit Anschrift benannter), weitere Verwandte seien dort nicht bekannt, hat die Beteiligte ohne weitere Maßnahmen, auch ohne Akteneinsicht, als Gläubigerin der Erblasserin die Erteilung eines die letztgenannte Person als Alleinerben ausweisenden Erbscheins beantragt und hierzu vorgebracht: Ihr sei eine letztwillige Verfügung der Erblasserin nicht bekannt, es sei von gesetzlicher Erbfolge auszugehen; die Ausschlagungsfrist sei abgelaufen, eine Ausschlagungserklärung sei nicht zur Nachlassakte gelangt; sie versichere, dass ihr nach bestem Wissen und Gewissen nichts bekannt sei, was der Richtigkeit der vorstehenden Angaben entgegenstehe; sie bitte, von der Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung entbunden zu werden. Eine Ergänzung dieses Antrags hat die Beteiligte in der Folgezeit abgelehnt. Bei Lichte besehen, erschöpft sich ihr Erbscheinsantrag damit in der Behauptung, die ihr vom Gericht benannte Person sei tatsächlich der Erbe, und zwar der alleinige, und entsprechend zu öffentlichem Glauben auszuweisen. Mit diesem Vortrag genügt sie den sie treffenden Lasten keineswegs.

b)

aa)

Ausgegangen werden kann allerdings vom Eintritt gesetzlicher Erbfolge, mithin von der Entbehrlichkeit näherer Darlegungen gemäß § 352 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FamFG.

Der ausschlagende Sohn A. hatte zu Protokoll der Geschäftsstelle des Amtsgerichts erklärt, eine Verfügung von Todes wegen sei nicht vorhanden, und dies ist in der Folgezeit vom Gericht nicht bezweifelt worden, wozu es auch keinen Anlass gab.

bb)

Darüber hinaus dürfte es im Hinblick auf § 352 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 FamFG ausreichen, dass sich die Beteiligte wegen der Annahme der Erbschaft durch den vom Nachlassgericht benannten Sohn – wie geschehen – der Sache nach auf den Inhalt der Nachlassakte bezieht.

Denn auf dieser Grundlage ist das Gericht selbst von einer Annahme ausgegangen. Anders ist die gerichtsinterne Verfügung vom 11. Oktober 2018 nicht zu erklären, B. habe nicht ausgeschlagen, die Sache sei wegzulegen, dies vor dem die Kenntnis des Bezeichneten vom Erbschaftanfall hinreichend erweisenden Schreiben des Oberbürgermeisters der Stadt Krefeld vom 6. September 2018, wonach unter anderem B. wegen der Bestattungskosten vorgesprochen habe.

cc)

Sodann spricht alles dafür, dass der Beteiligten die eidesstattliche Versicherung nach § 352 Abs. 3 Satz 3 FamFG bezüglich ihrer Behauptungen zu § 352 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 6 und 8 FamFG zu erlassen ist.

Denn nach § 352 Abs. 3 Satz 4 FamFG kann das Nachlassgericht dem Antragsteller diese Versicherung erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich hält. Dabei ist wegen § 352e Abs. 1 Satz 1 FamFG maßgeblich, ob durch die Versicherung die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Angaben erhöht wird, was regelmäßig zu verneinen ist, wenn der Antragsteller, wie etwa und vor allem ein Nichterbe, mangels eigener Kenntnis von den Umständen nichts zur Sachverhaltsaufklärung beitragen kann (Keidel-Zimmermann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 352 Rdnr. 83 f; BeckOK FamFG – Schlögel, Stand: 01.10.2019, § 352 Rdnr. 30; MK-Grziwotz, FamFG, 3. Aufl. 2019, § 352 Rdnr. 101 f).

So liegen die Dinge hier, da die Beteiligte ersichtlich und nicht zweifelhaft über keine Kenntnisse verfügt. Überdies kommt im vorliegenden Fall der Versicherung zum Güterstand (§ 352 Abs. 3 Satz 3, 1. Fall FamFG) keine Bedeutung zu, da die Erblasserin geschieden war.

c)

Demgegenüber ist nicht zu erkennen, weshalb es nicht geboten sein sollte, der Beteiligten anzusinnen, – gegebenenfalls nach Einsicht in die Nachlassakte – ihre Behauptungen zur Alleinerbenstellung des von ihr Benannten zu überprüfen und ihre Angaben nach § 352 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 sowie Satz 2 – letzteres mit Ausnahme des Sohnes, der ausgeschlagen hat – FamFG gemäß § 352 Abs. 3 Satz 1 FamFG im Rahmen des Möglichen durch standesamtliche Urkunden zu belegen.

aa)

Der Höhe der zu vollstreckenden Schuld kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Vielmehr handelt es sich beim Aufwand zur Erlangung des Erbscheins nicht anders als bei sonstigen Vollstreckungskosten und ebenso wie bei den Vollstreckungsaussichten um Gesichtspunkte, die in die kaufmännische Entscheidung darüber, ob die Vollstreckung betrieben werden soll, einfließen.

bb)

Es ist der Beteiligten auch durchaus nicht unmöglich, derartige Unterlagen zumindest zur Vorlage beim Nachlassgericht zu beschaffen.

Das Benutzungsrecht für standesamtliche Urkunden regelt § 62 PStG. Nach § 61 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbs. PStG haben „andere Personen“ – zu denen auch Gläubiger zählen – ein Recht auf Erteilung, wenn sie ein rechtliches Interesse glaubhaft machen; Entsprechendes gilt nach § 62 Abs. 2 PStG für Auskunft aus einem oder Einsicht in einen Registereintrag. Ein rechtliches Interesse ist gegeben, wenn die Kenntnis der Personenstandsdaten zur Verfolgung von Rechten erforderlich ist (näher: Senat, FamRZ 2014, 605 ff; OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 960 ff und 1995, 846 ff; Gaaz/Bornhofen, PStG, 4. Aufl. 2018, § 62 Rdnr. 12). Selbst wenn ein Standesamt im Rahmen der Beurteilung dieses Tatbestandsmerkmals Bedenken wegen der Schutzbedürftigkeit bestimmter Daten äußern sollte, bliebe immer noch die – schon vom Nachlassgericht im Nichtabhilfebeschluss aufgezeigte – Möglichkeit, eine Erteilung ausschließlich zu Händen des Nachlassgerichts zur dortigen Akte zu beantragen.

II.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, denn die Tragung der Gerichtskosten ergibt sich bereits aus dem Gesetz (§§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 GNotKG), und eine Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten erübrigt sich, weil am Beschwerdeverfahren allein die Beteiligte teilgenommen hat.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG liegen nicht vor.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 1 GNotKG; sie bestimmt sich nach den titulierten Hauptsachebeträgen von (nach dem Vorbringen der Beteiligten) 650 € und 440 €.

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