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Erbfolgennachweis – Vorliegen eines der Berichtigungsbewilligung stattgebenden Urteils

LG München – Az.: 34 Wx 315/17 – Beschluss vom 27.11.2017

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Augsburg – Grundbuchamt – vom 20. Juli 2017 aufgehoben.

Gründe

I.

Der Beteiligte ist einer der Söhne von Herrn K. Dieser war mit seiner Ehefrau im Grundbuch als Miteigentümer zu ½ eingetragen. Die Ehegatten hatten nach den Feststellungen des Landgerichts im rechtskräftigen Urteil vom 11.8.2016, ergangen zwischen dem Beteiligten und Frau H., der Schwester von Frau K., am 7.1.1975 ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Herr K. setzte darin seine Ehefrau als Alleinerbin ein, Frau K. ihren Ehemann hingegen als Vorerben, wobei ihm unter anderem der Miteigentumsanteil am Grundstück als Vorausvermächtnis zugewandt war. Als Nacherbe war ihr Bruder, Herr W., bestimmt. Mit gemeinschaftlichem Testament vom 30.7.1983 änderten die Eheleute K. das Testament vom 7.1.1975 dahin, dass Frau H., Nacherbin sein sollte.

Frau K. verstarb im Februar 2012, Herr K. im Oktober 2012. Anstelle von Frau K. wurde am 27.3.2015 ihre Schwester, Frau H., aufgrund Erbscheins vom 16.1.2014 als Eigentümerin des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück eingetragen.

Im Rechtsstreit vor dem Landgericht begehrte der Beteiligte, Frau H. zu verurteilen, den Miteigentumsanteil an ihn und seine beiden Brüder aufzulassen, hilfsweise, sie zu verurteilen, der Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung des Beteiligten und seiner beiden Brüder zuzustimmen. Herr K. sei nämlich Erbe oder Vorausvermächtnisnehmer hinsichtlich des Grundbesitzes geworden und nach dessen Ableben der Beteiligte zusammen mit seinen zwei Brüdern als gesetzliche Erben in die Rechtsstellung des Herrn K. eingetreten.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 11.8.2016 den Antrag auf Auflassung abgewiesen, dem Hilfsantrag hingegen stattgegeben und Frau H. zur Abgabe der Berichtigungsbewilligung verurteilt. Das Grundbuch sei unrichtig, da der Miteigentumsanteil am Grundstück mit dem Ableben der Ehefrau in das freie Vermögen des Herrn K. gefallen und damit der Nacherbfolge von Frau H. entzogen sei. Vielmehr seien der Beteiligte und seine Brüder Erben des Miteigentumsanteils geworden.

Dieses Urteil legte der Beteiligte durch seinen Anwalt am 16.1.2017 in Ausfertigung vor mit dem Antrag, das Grundbuch zu berichtigen. Zudem wurden die Erklärungen der beiden Brüder des Beteiligten mit der Zustimmung zur Berichtigung in notariell beglaubigten Urkunden dem Grundbuchamt vorgelegt.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 27.6.2017 beanstandete das Grundbuchamt, dass zur Eintragung der Brüder des Beteiligten die Auflassung des Miteigentumsanteils in notarieller Urkunde erforderlich sei, wobei die Anwesenheit von Frau H. beim Notartermin nicht erforderlich sei, da insofern das Endurteil genüge.

Daraufhin beantragte der Beteiligte durch den Notar erneut die Eintragung der Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Beteiligten und seinen Brüdern, im Wege der Berichtigung unter Bezugnahme auf das Urteil des Landgerichts.

Mit erneuter Zwischenverfügung vom 20.7.2017 hat das Grundbuchamt nunmehr als Hindernis benannt, dass es am Nachweis der Erbfolge fehle. Die Eintragung des Beteiligten und seiner Brüder in Erbengemeinschaft erfordere die Vorlage eines Erbscheins oder eines öffentlichen Testaments oder Erbvertrags mit Eröffnungsniederschrift. Da beides nicht vorliege, werde um Mitteilung hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise gebeten.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten vom 17.8.2017. Durch die Eintragung von Frau H. sei das Grundbuch unrichtig, da der Beteiligte und seine Brüder als gesetzliche Erben in Erbengemeinschaft Eigentümer des Grundstücksanteils seien. Das Urteil ersetze die Berichtigungsbewilligung von Frau H. Der Nachweis der Erbfolge sei entbehrlich.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Gegen die nach § 18 Abs. 1 GBO ergangene Zwischenverfügung ist die Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft und vom Notar gemäß § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG zulässig eingelegt.

1. Der Senat geht davon aus, dass das Grundbuchamt die – dem Inhalt nach unzulässige – Zwischenverfügung vom 27.6.2017 (vgl. BGH Rpfleger 2014, 580/581; NJW 2014, 1002; Senat vom 2.4.2015, 34 Wx 482/14, juris Rn. 15; OLG Düsseldorf FamRZ 2015, 1137/1138; Demharter GBO 30. Aufl. § 18 Rn. 8; Hügel/Zeiser GBO 3. Aufl. § 18 Rn. 17) selbst schon konkludent dadurch aufgehoben hat, dass eine neue Zwischenverfügung erlassen wurde. Einer (klarstellenden) Aufhebung der Zwischenverfügung vom 27.6.2017 durch das Beschwerdegericht bedarf es daher nicht.

2. Die Zwischenverfügung vom 20.7.2017 entspricht zwar ebenfalls nicht den Anforderungen, soweit darin „um Mitteilung hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise gebeten“ wird. Bei wohlwollender Auslegung ergibt sich aus dem übrigen Wortlaut allerdings, dass – nachdem der Beteiligte geltend macht, gesetzlicher Erbe zu sein – die Vorlage eines Erbscheins als Mittel der Behebung des vom Grundbuchamt angenommenen Hindernisses gefordert wird. Mit diesem Inhalt genügt die Zwischenverfügung zumindest den Anforderungen des § 18 Abs. 1 GBO.

3. Die Beschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung. Durch die Abweisung des Hauptantrags im Urteil des Landgerichts steht für die Parteien des Rechtsstreits bindend fest, dass der Beteiligte gegen Frau H. keinen Anspruch auf Auflassung hat (Reichold in Thomas/Putzo ZPO 38. Aufl. § 322 Rn. 17). Vielmehr hat das Landgericht unter Darlegung der Unrichtigkeit des Grundbuchs die als Miteigentümerin im Grundbuch eingetragene Frau H. zur Abgabe einer Berichtigungsbewilligung verurteilt. Zusätzlich zum Urteil ist die Vorlage eines Erbscheins nach dem verstorbenen Herrn K. für eine Berichtigung des Grundbuchs nicht erforderlich.

a) Soll das Grundbuch berichtigt werden (vgl. § 22 GBO), erfordert dies entweder eine Berichtigungsbewilligung (§ 19 GBO) oder den Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs (Demharter § 22 Rn. 28). Wird der Weg der Berichtigungsbewilligung gewählt, ist zusätzlich noch die Unrichtigkeit lediglich schlüssig darzulegen, weil der Betroffene verfahrensrechtlich mit der Beseitigung der Unrichtigkeit zu seinen Lasten einverstanden ist. Daneben ist nicht auch der Nachweis der Unrichtigkeit erforderlich (Senat vom 13.2.2015, 34 Wx 484/14 = NJW-RR 2015, 1107 Rn. 12; BayObLGZ 1976, 190/193; Hügel/Holzer § 22 Rn. 20). Anderes gilt für den Unrichtigkeitsnachweis, der als Ersatz für die (fehlende) Berichtigungsbewilligung den vollen Nachweis der Unrichtigkeit in Form des § 29 GBO erfordert (Hügel/Holzer § 22 Rn. 17).

b) Entgegen der Meinung des Grundbuchamts scheidet die Berichtigung aufgrund Bewilligung der als Miteigentümerin eingetragenen Frau H. ohne Vorlage des bezeichneten Erbscheins nicht aus. Deren Berichtigungsbewilligung wird durch das vorgelegte rechtskräftige Urteil fingiert (§ 894 ZPO; Kohler in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 9). Eine Berichtigungsbewilligung kommt zwar nicht in Frage, wenn Erben eines im Grundbuch als Eigentümer Eingetragenen Berichtigung durch Umschreibung auf die Erbengemeinschaft beantragen. Denn der noch eingetragene Erblasser kann nicht mehr bewilligen und der Erbe ist nur Begünstigter (BayObLGZ 1934, 179/181; Kohler in Bauer/von Oefele § 22 Rn. 27). Anders ist es aber, wenn – wie hier – aus dem vorgelegten, die Berichtigungsbewilligung ersetzenden Urteil hervorgeht, die als Mitglieder der Erbengemeinschaft bezeichneten Personen hätten den Miteigentumsanteil am fraglichen Grundstück vom Erblasser im Weg des Erbgangs (§ 1922 Abs. 1 BGB) erworben, während die als Eigentümerin eingetragene Frau H. niemals das (Mit-)Eigentum erlangt habe (BayObLGZ 1934, 179/181). In diesem Fall kommt im Berichtigungsverfahren eine Nachprüfung des Dargelegten über die Schlüssigkeit hinaus (Kohler in Bauer/von Oefele § 22 Rn. 12 f.) nicht in Frage; auch die behauptete Erbfolge muss nicht – zumal in Form eines Erbscheins (§ 35 GBO) – belegt werden (Senat vom 4.8.2015, 34 Wx 117/15 = FGPrax 2015, 254).

4. Nicht bindend weist der Senat darauf hin, dass der Berichtigung des Eigentümers aufgrund Bewilligung derzeit ein anderes Hindernis entgegensteht:

Die auf Bewilligung gestützte Berichtigung des Grundbuchs durch Eintragung eines Eigentümers darf grundsätzlich nur mit dessen Zustimmung erfolgen (§ 22 Abs. 2 GBO), um den notwendigen Gleichklang mit dem materiellen Konsensprinzip des § 20 GBO zu wahren. Eine solche Zustimmung ist als sonstige zu der Eintragung erforderliche Erklärung in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde abzugeben (Demharter § 22 Rn. 57).

Zwar haben die beiden Brüder des Beteiligten, nicht jedoch dieser selbst, die entsprechende Zustimmung erklärt. Mit dem vorgelegten Urteil wird die Zustimmung des Beteiligten nicht ersetzt. Auch wenn der Beteiligte als obsiegender Kläger und hiesiger Antragsteller gerade auch seine Eintragung im Grundbuch betreibt, genügt der formlos gestellte Eintragungsantrag nicht (vgl. § 30 GBO); der fragliche Titel ersetzt nur die Bewilligung der als Miteigentümerin eingetragenen Frau H., nicht aber sonstige Erklärungen, namentlich nicht solche des Titelgläubigers, die zur Herbeiführung der Eintragung noch abzugeben sind (vgl. Senat vom 4.8.2015. 34 Wx 117/15 = FGPrax 2015, 254, 255; vom 20.2.2012, 34 Wx 6/12 = FGPrax 2012, 104/105).

Das Grundbuchamt wird daher zu prüfen haben, ob mit einer Zwischenverfügung dem Beteiligten die Vorlage seiner Zustimmung zur Berichtigung in der Form des § 29 GBO aufzugeben ist.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

 

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