Rechtsnachfolge und Grundbuchberichtigung: OLG Rostock klärt Schlüsselfragen bei Erbschaft in einer GbR
Der Fall, der dem Oberlandesgericht (OLG) Rostock vorlag, dreht sich um die komplexe Frage der Rechtsnachfolge in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach dem Tod eines Gesellschafters. Konkret ging es um die Berichtigung des Grundbuchs, nachdem einer der Gesellschafter der GbR verstorben war. Das Grundbuchamt hatte einen Berichtigungsantrag der Erben zurückgewiesen, was zu einer Beschwerde und schließlich zu diesem Urteil führte. Das Hauptproblem lag in der Klärung, ob und wie die Erben des verstorbenen Gesellschafters als neue Gesellschafter im Grundbuch eingetragen werden können.
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Übersicht
Rechtliche Grundlagen und Beschwerde
Das OLG Rostock stellte klar, dass eine Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Berichtigungsantrags durch das Grundbuchamt nicht unzulässig ist. Es betonte, dass die Buchposition eines verstorbenen Gesellschafters nicht gesondert vererbbar ist. Vielmehr muss die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung nach dem Gesellschaftervertrag geprüft werden. Das Gericht verwies auf die gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wonach eine GbR im Falle der Kündigung oder des Todes eines Gesellschafters nicht erlischt, sondern sich in eine Abwicklungsgesellschaft umwandelt.
Nachweis der Rechtsnachfolge
Das Gericht ging auch auf die Frage ein, wie die Rechtsnachfolge der Erben in die Gesellschafterstellung nachgewiesen werden kann, insbesondere wenn kein schriftlicher Gesellschaftervertrag vorliegt. Es reicht aus, wenn der verbliebene Gesellschafter und die Erben Erklärungen in der Form des § 29 GBO abgeben, dass kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert und keine besonderen Vereinbarungen für den Todesfall getroffen wurden.
Grundbuchunrichtigkeit und Finanzamt
Das Grundbuchamt hatte den Berichtigungsantrag unter anderem mit der Begründung zurückgewiesen, dass die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes fehle. Das OLG Rostock stellte jedoch fest, dass der allein erbrechtliche Erwerb der Gesellschafterstellung durch die Antragsteller nicht der Grunderwerbssteuer unterliegt.
Urteil und Konsequenzen
Das OLG Rostock hob den Beschluss des Amtsgerichts Stralsund auf und wies das Grundbuchamt an, die Erben des verstorbenen Gesellschafters als neue Gesellschafter der GbR im Grundbuch einzutragen. Dieses Urteil klärt wichtige Fragen zur Rechtsnachfolge in einer GbR und zur Berichtigung des Grundbuchs, die insbesondere für Erben und verbliebene Gesellschafter von Bedeutung sind.
Das vorliegende Urteil
OLG Rostock – Az.: 3 W 13/23 – Beschluss vom 03.05.2023
Leitsatz
1. Ist das Grundbuch nachträglich unrichtig geworden und wird ein Berichtigungsantrag der Berechtigten durch das Grundbuchamt zurückgewiesen, ist eine hiergegen gerichtete Beschwerde nicht gemäß § 71 Abs. 2 GBO unzulässig.
2. Die Buchposition eines verstorbenen Gesellschafters einer GbR ist als solche nicht gesondert vererbbar, vielmehr ist die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung nach Maßgabe des Gesellschaftervertrages materiell-rechtlich zu prüfen.
3. Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Falle der Kündigung (§ 723 BGB) und des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB) nicht, sondern wandelt sich zwecks Auflösung identitätswahrend in eine Abwicklungsgesellschaft um; an die Stelle eines verstorbenen Gesellschafters treten seine Erben. Eine Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim verbliebenen Gesellschafter findet nur statt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht enthält.
4. Zum Nachweis der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers reicht es bei Fehlen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages aus, wenn eine Erklärung des verbliebenen Gesellschafters in der Form des § 29 GBO beigebracht wird, wonach ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht besteht und besondere Vereinbarungen für den Kündigungs- bzw. Todesfall nicht getroffen wurden, und wenn die Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein entsprechender abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei.
1. Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts Stralsund vom 10.11.2022, Az. TRNT-10021-6, aufgehoben.
2. Das Amtsgericht Stralsund – Grundbuchamt – wird angewiesen, als Gesellschafter der im Grundbuch von T., Blatt 10021 als Eigentümerin eingetragenen „GbR T.“ statt des verstorbenen B. P. dessen Erben P. P., O. P., N. P., M. P. und S. C. K. in (ungeteilter) Erbengemeinschaft einzutragen.
3. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, notwendige Auslagen der Beteiligten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren eine Grundbuchberichtigung aufgrund Unrichtigkeitsnachweises.
Die GbR T., bestehend aus B. P. und M. R., ist aufgrund Auflassung vom 28.08.2013 seit dem 04.11.2015 als Eigentümerin der o.g. Grundstücke im Grundbuch von T. auf Blatt 10021 eingetragen.
Der Gesellschafter M. R. kündigte am 27.09.2019 die Gesellschaft. Der Gesellschafter B. P. verstarb am 20.11.2019 und wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts Schöneberg vom 07.04.2020 von seinen Kindern P. P., O. P., N. P., M. B. und S. C. K. beerbt.
Die Antragsteller haben am 31.03./06.04.2021 eine Berichtigung des Grundbuchs dahingehend beantragt, dass sie statt des verstorbenen B. P. als Gesellschafter der T. GbR eingetragen werden. Sie verweisen im Verfahren auf das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 23.10.2020 – 8 O 186/20 – sowie die Beschlüsse des OLG Brandenburg vom 07.07.2021 – 11 U 249/20 – und des Bundesgerichtshofs vom 30.06.2022 – III ZR 106/21 -, wonach die T. GbR als Abwicklungsgesellschaft fortbestehe und durch die Erbengemeinschaft vertreten werde. Im lediglich mündlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag der GbR T. seien keine Regelungen für das Ausscheiden eines Gesellschafters getroffen worden. Die Erbnachfolge im Gesellschafterbestand unterliege auch nicht der Grunderwerbssteuer.
Der Gesellschafter M. R. hat die auf Blatt 10021 eingetragenen Grundstücke am 18.05.2021 an eine N. N. und H. Wohnungswirtschaft T. GbR verkauft. Im notariellen Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU 503/2021) hat er an Eides statt versichert, dass für das Gesellschaftsverhältnis der GbR T. keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen worden seien. Da im Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 aber sinngemäß davon ausgegangen wird, dass der Gesellschaftsanteil des B. P. dem Verkäufer M. R. angewachsen wäre, prüft das Finanzamt Stralsund ausweislich eines Schreibens vom 05.05.2022 den Anfall von Grunderwerbssteuer. Die Erbengemeinschaft hat den Grundstückskaufvertrag nicht genehmigt, so dass dieser nicht vollzogen wird.
Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag mit Beschluss vom 10.11.2022 zurückgewiesen und auf sein vorheriges Schreiben vom 08.07.2022 verwiesen, wonach der Unrichtigkeitsnachweis mangels Vorlage des Gesellschaftsvertrages nicht in der Form des § 29 GBO geführt worden sei und eine Berichtigung ansonsten nur aufgrund Berichtigungsbewilligung erfolgen könne; ferner fehle die erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes.
Die Antragsteller haben am 02.12.2022 Beschwerde eingelegt, der das Grundbuchamt am 20.01.2023 nicht abgeholfen hat.
Im Beschwerdeverfahren haben die Erben notariell beglaubigte Erklärungen vorgelegt, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag der GbR T. geschlossen und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.
II.
Die gem. § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Grundbuchamt hat den Berichtigungsantrag vom 31.03.2021 zu Unrecht zurückgewiesen. Die Antragsteller haben die Unrichtigkeit des Grundbuchs dahingehend ausreichend nachgewiesen, dass sie statt des verstorbenen Burkhard Philipp Gesellschafter der GbR T. sind.
Der Zulässigkeit der Beschwerde steht § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO nicht entgegen, da die Antragsteller eine Berichtigung aufgrund nachträglicher Unrichtigkeit beantragen und sich ihre Beschwerde daher nicht gegen eine von Anfang an unrichtige Eintragung richtet.
Gem. § 22 Abs. 1 GBO bedarf es der Bewilligung nach § 19 GBO nicht, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen wird. Der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit ist grundsätzlich in der Form des § 29 GBO zu führen.
Die Buchposition des verstorbenen B. P. als Gesellschafter der GbR T. ist als solche nicht gesondert vererbbar, vielmehr ist die Rechtsnachfolge in die Gesellschafterstellung nach Maßgabe des Gesellschaftervertrages materiell-rechtlich zu prüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2022 – V ZB 87/20, juris Rn. 11).
Nach den gesetzlichen Regelungen des BGB erlischt eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Falle der Kündigung (§ 723 BGB) und des Todes eines Gesellschafters (§ 727 BGB) nicht, sondern wandelt sich zwecks Auflösung identitätswahrend in eine Abwicklungsgesellschaft um; an die Stelle eines verstorbenen Gesellschafters treten seine Erben. Eine Anwachsung des Gesellschaftsvermögens beim verbliebenen Gesellschafter findet nur statt, wenn der Gesellschaftsvertrag eine entsprechende Fortsetzungsklausel oder ein Eintrittsrecht enthält.
Zum Nachweis der Rechtsnachfolge des Erben in die Gesellschafterstellung des Erblassers (bzgl. der Abwicklungsgesellschaft) reicht es bei Fehlen eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages aus, wenn eine Erklärung des verbliebenen Gesellschafters in der Form des § 29 GBO beigebracht wird, wonach ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag nicht besteht und besondere Vereinbarungen für den Kündigungs- bzw. Todesfall nicht getroffen wurden, und wenn die Erben ebenfalls in der Form des § 29 GBO erklären, dass ihnen ein entsprechender abweichender Inhalt des Gesellschaftsvertrages nicht bekannt sei (vgl. BGH, Beschluss vom 10.02.2022 – V ZB 87/20 für den gleich zu behandelnden Nachweis der Bewilligungsbefugnis; OLG München, Beschluss vom 07.01.2020 – 34 Wx 420/19, DNotZ 2020, 922; BeckOK/GBO-Holzer, § 22 Rn. 67 mwN, Demharter, GBO, 32. Aufl., § 22 Rn. 41/42).
Hier hat der Antragsgegner als verbliebener Gesellschafter im notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrag vom 18.05.2021 (Notar B., UR-Nr. BU 503/2021) an Eides statt versichert, dass für das Gesellschaftsverhältnis des GbR T. keine von den gesetzlichen Bestimmungen abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden. Einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag hat er trotz Aufforderung nicht eingereicht. Die Antragsteller als Erben des verstorbenen Gesellschafters B. P. haben in der Form des § 29 GBO erklärt, dass nach ihrer Kenntnis kein schriftlicher Gesellschaftsvertrag der GbR Trent geschlossen und keine besondere Vereinbarung für den Kündigungs- oder Todesfall getroffen worden sei.
Diese Erklärungen stimmen mit den Feststellungen des Landgerichts Potsdam im Urteil vom 23.10.2020 – 8 O 186/20 – und des Oberlandesgerichts Brandenburg in den Beschlüssen vom 12.05.2021 und 07.07.2021 – 11 U 249/20 – überein, wonach die durch Kündigung und anschließenden Tod eines Gesellschafters aufgelöste GbR T. als Abwicklungsgesellschaft fortbesteht; die Nichtzulassungsbeschwerde der vom Antragsgegner vertretenen Klägerin hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 30.06.2022 – III ZR 106/21 – zurückgewiesen.
Nach allem ist der Unrichtigkeitsnachweis hier geführt.
Der allein erbrechtliche Erwerb der Gesellschafterstellung durch die Antragsteller unterliegt auch nicht der Grunderwerbssteuer.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG.