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Erbbaugrundstück – Zuschreibung zum Erbbaurecht

KG Berlin – A.: 1 W 175 – 176/08 – Beschluss vom 02.03.2010

Die weitere Beschwerde wird  nach einem Wert von 3.000,- EUR zurückgewiesen.

Gründe

1.

Auf das vorliegende Verfahren sind gemäß Artikel 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-ReformG die bis zum 31. August 2009 geltenden Vorschriften anwendbar. Danach ist die weitere Beschwerde gemäß §§ 78-80 GBO zulässig.

2.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Landgericht die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Schöneberg zurückgewiesen, mit dem dieses den Antrag, das im Eingang bezeichnete Grundstück dem auf ihm lastenden Erbbaurecht zuzuschreiben, zurückgewiesen hat.

a) Die hier entscheidungserhebliche Frage, ob ein Erbbaugrundstück dem Erbbaurecht, das auf ihm lastet, gemäß § 890 Abs. 2 BGB zugeschrieben werden kann, ist seit Langem umstritten (bejahend: Hügel, GBO, § 6 Rdn. 9; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 6 Rdn. 6; KEHE GBO 6. Aufl., § 6 Rdn. 8; Palandt-Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 890 Rdn. 2 jeweils ohne Begründung; wohl auch Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdn. 1008, 145; Bauer/von Oefele/Weidner, GBO, 2. Aufl., §§ 5, 6 Rdn. 15; Schulte, BWNotZ 60, 137, 140; Kehrer BWNotZ 1954, 86; unter Vorbehalt: Gutachten DNotI-Report 2006, 111, 112; ablehnend: Gursky/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 6 Rdn. 8; Herrmann/Lorenz, BGB, § 890 Rdn. 3; Staudinger/Gursky, BGB (2002) § 890 Rdn. 19; MK von Oefele, BGB, 4. Aufl., § 11 ErbauVO Rdn. 33; von Oefele/Winkler, Handbuch des Erbbaurechts, 4. Aufl., Rdn. 5.178-5.180; Böttcher, Praktische Fragen des Erbbaurechts, 5. Aufl. Rdn. 552; Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 850 Rdn. 7 a.E.). Veröffentlichte Rechtsprechung zu dieser Frage gibt es, soweit ersichtlich, nicht (vgl. Gutachten DNotI-Report 2006, 112). Soweit die Zuschreibung des Erbbaugrundstücks zum auf ihm lastenden Erbbaurecht für zulässig gehalten wird, wird dies in erster Linie mit Gründen der Arbeitsvereinfachung sowie der Kostenersparnis begründet (Kehrer a.a.O.; Schulte a.a.O.; dagegen ablehnend: Staudinger/Gursky a.a.O., der insoweit von einem „Trick“ spricht). Dies würde sich insbesondere in dem Fall auswirken, dass das auf dem Erbbaugrundstück lastende Erbbaurecht gelöscht wird, weil dann die auf dem Erbbaurecht lastenden Grundpfandrechte nicht aufgehoben und auf das Grundstück übertragen werden müssten, sondern sich gemäß § 1131 BGB automatisch auf das zugeschriebene Grundstück erstrecken würden (Kehrer a.a.O. S. 86).

b) aa) Gegen eine Zuschreibung des Erbbaugrundstücks zum Erbbaurecht wird vorgebracht, die Vereinigung von Grundstücken und Erbbaurechten verlange eine auf Dauer ausgerichtete Schaffung einer Rechtseinheit. Dies sei nicht möglich, weil auf Erbbaurecht und Grundstück unterschiedliche Vorschriften anwendbar sind. Die Vorschriften der §§ 925, 927 und 928 BGB sind gemäß § 11 ErbbauVO auf Erbbaurechte nicht anwendbar. Vielmehr gilt § 873 BGB. Veräußerung und Belastung des Erbbaurechts können, wenn dies als Inhalt des Erbbaurechts vereinbart wurde, von der Zustimmung des Grundstückseigentümers abhängig gemacht werden (§ 5 ErbbauVO). Dies könne dazu führen, dass etwa bei Versagung der Zustimmung eine einheitliche Veräußerung von Grundstück und Erbbaurecht scheitere (von Oefele/Winkler a.a.O. Rdn. 5.179; Staudinger/Gursky a.a.O. Rdn. 19).

Dieses Argument erscheint für Fälle der vorliegenden Art nicht als zwingend. Voraussetzung für eine Zuschreibung gemäß § 890 BGB ist, dass die Grundstücke bzw. grundstücksgleichen Rechte demselben Inhaber zustehen (Palandt/Bassenge a.a.O. § 890 Rdn. 3). Wenn aber Erbbaurecht und Erbbaugrundstück notwendigerweise derselben Person zustehen, so ist nicht zu erwarten, dass die Übertragung des Erbbaurechts an der fehlenden Zustimmung des Grundstückseigentümers scheitern wird, da dieser mit dem Erbbauberechtigten identisch ist. Soweit für die gleichzeitige Übertragung des Erbbaugrundstücks mit dem Erbbaurechts hinsichtlich des Grundstücks die Voraussetzungen des § 925 BGB vorliegen müssen, steht dies einer rechtlichen Verbindung von Erbbaugrundstück und Erbbaurecht nicht grundsätzlich entgegen. Es müssen lediglich bei der gemeinsamen Übertragung von Erbbaurecht und Erbbaugrundstück zusätzlich die Voraussetzungen des § 925 BGB erfüllt werden.

bb) Der Einwand, die Vereinigung sei ihrem Wesen nach mit Entstehung, Übertragung und Erlöschen des Erbbaurechts vergleichbar, weshalb insoweit die Vorschriften für Rechte gelten würden und nicht § 890 BGB (von Oefele/Winkler a.a.O. Rdn. 5.180), erscheint als formal-juristisch und wurde von Schulte a.a.O. widerlegt.

cc) Weiter wird gegen die Zuschreibung des Erbbaugrundstücks zum Erbbaurecht eingewandt, dies führe zu einem unzulässigen subjektiv-dinglichen Erbbaurecht (Böttcher a.a.O. Rdn. 552; Staudinger/Gursky a.a.O. Rdn. 19; von Oefele/Winkler a.a.O. Rdn. 5.180). Erbbauberechtigter könne nur eine bestimmte natürliche oder juristische Person sein. Als subjektiv-dingliches Recht könne ein Erbbaurecht dagegen nicht begründet werden. Dies ergebe sich daraus, dass ein subjektiv-dingliches Recht als Bestandteil des berechtigten Grundstücks gemäß § 96 BGB nicht sonderrechtsfähig ist, während die selbständige Veräußerlichkeit und Vererblichkeit beim Erbbaurecht zum zwingenden gesetzlichen Inhalt gemäß § 1 Abs. 1 ErbbauVO gehöre (von Oefele/Winkler a.a.O. Rdn. 2.121).

Auch diese Argumentation erscheint nicht als zwingend. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass hier nicht das Erbbaurecht dem Grundstück zugeschrieben werden soll, sondern das Grundstück dem Erbbaurecht. Das Eigentum am Grundstück tritt in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht an Bedeutung hinter dem Erbbaurecht zurück (vgl. Schulte a.a.O. S. 140). Während bei der Dienstbarkeit eine Übertragung nur mit dem herrschenden Grundstück, dessen Bestandteil im Sinne des § 96 BGB sie ist, möglich (Palandt/Bassenge a.a.O. § 1018 Rdn. 34) und eine Abtrennung nicht möglich ist (BayObLG NJW-RR 2003, 451), ist nicht ersichtlich, was einer späteren Teilung von Erbbaugrundstück und Erbbaurecht entsprechend den Grundsätzen über die Grundstücksteilung (vgl. Palandt/Bassenge a.a.O. § 890 Rdn. 1, 5) entgegenstehen sollte. Wie oben gezeigt gehen die Gegner einer Zuschreibung des Erbbaugrundstücks zum Erbbaurecht selbst davon aus, dass im Einzelfall die Übertragung des Grundstücks oder des Erbbaurechts scheitern könnte, so dass, wenn nicht die Voraussetzungen des § 139 BGB vorliegen, die rechtliche Einheit von Erbbaurecht und Erbbaugrundstück wieder gelöst wird.

dd) Gegen die Zuschreibung des Erbbaugrundstücks zu dem auf ihm lastenden Erbbaurecht spricht aus Sicht des Senats jedoch die Zweckwidrigkeit der Konstruktion, die von Gursky (a.a.O.) als „monströs“ bezeichnet wird. Das Erbbaurecht braucht begrifflich ein Grundstück, auf dem es lastet und in dessen Grundbuchabteilung II es eingetragen ist. Das Rechtsverhältnis, das in der Belastung besteht, steht auch hier der Behandlung als eine Sache entgegen. Soll das Erbbaurecht bestehen bleiben, muss es bei Veräußerung gemäß § 925 BGB doch als Grundstück behandelt werden. Soll es aufgehoben werden, so kann es nicht mehr – wie in § 890 Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 2 ErbbauVO vorausgesetzt – wirtschaftlicher Hauptbestandteil einer einheitlichen Sache sein.

ee) Ein echtes praktisches Bedürfnis an der Möglichkeit der Zuschreibung des Erbbaugrundstücks zu dem auf ihm lastenden Erbbaurecht ist nicht erkennbar. Dagegen spricht schon das gänzliche Fehlen veröffentlichter Rechtsprechung zu dieser Frage.

ff) Auch der Einwand der Beschwerdeführer, es sei grundsätzlich die kostensparende Sachbehandlung zu wählen, verhilft dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg, denn eine kostensparende Sachbehandlung kommt naturgemäß nur dann in Betracht, wenn die gewählte Konstruktion auch rechtlich zulässig ist.

3. Die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 2 KostO.

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