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Entlassung mehrerer Grundstücke aus der Mithaft – Grundbuchkosten

OLG Köln – Az.: I-2 Wx 403/16 – Beschluss vom 24.10.2016

I. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren auf den Senat zur Entscheidung in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung.

II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 23.09.2016 gegen den am 19.09.2016 erlassenen Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts – Grundbuchamtes – Euskirchen vom 16.09.2016, EU-12037-24, wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligte zu 1) war Eigentümerin der im Grundbuch des Amtsgerichts Euskirchen von F, Blatt x, Gemarkung F, Flur 40, unter den laufenden Nummern 1, 2, 4, 5, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 15, 16 und 17 (Flurstücke 355, 356, 463, 63, 358, 33, 45, 348, 46, 498, 462, 496 und 497) eingetragenen Grundstücke. In Abteilung 3 dieses Grundbuchs war unter der laufenden Nummer 3 eine Gesamtgrundschuld über einen Betrag von 70.765.000,00 € nebst Zinsen und Nebenleistungen an diesen Grundstücken sowie die Gesamthaft mit den in den Grundbüchern des Amtsgerichts Viersen von X, Blatt .., des Amtsgerichts Essen von B, Blatt … und …, des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr von N, Blatt x1 und von T, Blatt ..1, sowie des Amtsgerichts Suhl von T2, Blatt …1, eingetragen. Die Beteiligte zu 1) hat den im Grundbuch des Amtsgerichts Euskirchen von F, Blatt x, eingetragenen Grundbesitz an die Q mbH zu einem Kaufpreis von 17.600.000,00 € verkauft. Der Übergang des Eigentums ist am 02.05.2016 im Grundbuch eingetragen worden. Zugleich ist die Entlassung der im Grundbuch des Amtsgerichts Euskirchen von F, Blatt x, eingetragenen Grundstücke aus der Mithaft der in Abt. III lfd. Nr. 3 eingetragenen Gesamtgrundschuld eingetragen worden.

Das Grundbuchamt hat die Beteiligte zu 1) aufgefordert, zum Zwecke der Gebührenerhebung die Verkehrswerte der einzelnen Grundstücke mitzuteilen. Dem ist die Beteiligte zu 1) mit der Begründung entgegengetreten, es komme für die Berechnung der Gebühr für die Eintragung der Entlassung aus der Mithaft nicht auf die Werte der einzelnen Grundstücke, sondern auf deren Gesamtwert von 17.600.000,00 € an. Daraufhin hat das Grundbuchamt durch Beschluss vom 30.06.2016 die Verkehrswerte der einzelnen Grundstücke ausgehend von einem Preis von 2.234,64 €/qm – bei einem Gesamtwert von 17.600.000,00 € und einer Gesamtfläche von 7.876 qm – nach der jeweiligen Größe der Grundstücke wie folgt festgesetzt (Bl. 141 f. d. A.):

  • lfd. Nr. 1: 513.966,00 €
  • lfd. Nr. 2: 473.743,00 €
  • lfd. Nr. 4: 4.348.603,00 €
  • lfd. Nr. 5: 355.307,00 €
  • lfd. Nr. 8: 1.414.526,00 €
  • lfd. Nr. 9: 3.074.861,00 €
  • lfd. Nr. 10: 1.327.374,00 €
  • lfd. Nr. 11: 272.625,00 €
  • lfd. Nr. 12: 6.703,00 €
  • lfd. Nr. 13: 862.569,00 €
  • lfd. Nr. 15: 4.118.436,00 €
  • lfd. Nr. 16: 793.296,00 €
  • -lfd. Nr. 17: 37.988,00 €

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz vom 26.07.2016 Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die 0,3-fache Gebühr nach Nr. 14142 KV GNotKG für die Eintragung der Mithaftentlassung sei nach dem addierten Verkehrswert aller entlassenen Grundstücke zu berechnen. Hierfür spreche der Rechtsgedanke der einmaligen Gebührenerhebung, der in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 S. 1 und Abs. 5 KV GNotKG sowie in den Anmerkungen zu Nr. 14122 KV GNotKG und Nr. 14141 GNotKG zum Ausdruck komme.

In ihrer Stellungnahme vom 04.08.2016 hat die Beteiligte zu 2) die Auffassung vertreten, dass die beabsichtigte Verfahrensweise des Grundbuchamtes zwar zutreffend sei, sich die Beteiligte zu 1) aber gar nicht gegen den Geschäftswert wende, sondern gegen die beabsichtigte Gebührenerhebung.

Daraufhin haben sich das Grundbuchamt und die Beteiligte zu 1) darauf verständigt, dass die Kostenrechnung erfolgen und die Beteiligte zu 1) dagegen Beschwerde einlegen soll.

Mit Rechnung vom 11.08.2016 sind der Beteiligten zu 1) für die einzelnen Grundstücke folgende Kostenansätze in Rechnung gestellt worden (Bl. 174 f. d. A.):

  • lfd. Nr. 1: 304,50 €
  • lfd. Nr. 2: 280,50 €
  • lfd. Nr. 4: 2.128,50 €
  • lfd. Nr. 5: 220,50 €
  • lfd. Nr. 8: 736,50 €
  • lfd. Nr. 9: 1.528,50 €
  • lfd. Nr. 10: 688,50 €
  • lfd. Nr. 11: 175,50 €
  • lfd. Nr. 12: 17,10 €
  • lfd. Nr. 13: 472,50 €
  • lfd. Nr. 15: 2.032,50 €
  • lfd. Nr. 16: 424,50 €
  • lfd. Nr. 17:       43,50 €

Insgesamt: 9.053,10 €

Gegen diese Kostenrechnung vom 11.08.2016 hat sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer am 22.08.2016 beim Amtsgericht Euskirchen eingegangenen „Beschwerde“ vom 17.08.2016 gewandt (Bl. 179 ff. d. A.) und erneut vorgetragen, dass die 0,3-Gebühr nach Nr. 14142 KV GNotKG für die Eintragung der Mithaftentlassung nach dem addierten Verkehrswert aller entlassenen Grundstücke zu berechnen sei.

Die Kostenbeamtin hat dem Rechtsbehelf der Beteiligten zu 1) durch Verfügung vom 30.08.2016 nicht abgeholfen (Bl. 193 d. A.). Der Rechtspfleger des Amtsgerichts Euskirchen hat die „Beschwerde“ der Beteiligten zu 1) als Erinnerung gewertet und durch am 19.09.2016 erlassenen Beschluss vom 16.09.2016 zurückgewiesen (Bl. 194 ff. d. A.). Zur Begründung hat er ausgeführt, im Falle der Mithaftentlassung mehrerer Grundstücke bei demselben Grundbuchamt seien mehrere Gebühren in Ansatz zu bringen, weil es weder in § 55 GNotKG noch in der Vorbemerkung 1.4 Absatz 3 eine Regelung zur Behandlung mehrerer Grundstücke gebe. Die Vorbemerkung 1.4 sei nicht anwendbar, weil eine Mithaftentlassung weder Eintragung noch Löschung noch Veränderung sei.

Gegen diesen der Beteiligten zu 1) am 21.09.2016 zugestellten Beschluss richtet sich ihre am 26.09.2016 beim Amtsgericht Euskirchen eingegangene Beschwerde vom 23.09.2016, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 199 ff. d. A.). Durch Beschluss vom 28.09.2016 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts Euskirchen der Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 23.09.2016 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 224 d. A.).

II.

1.

Der Einzelrichter des Senats, der gem. § 81 Abs. 6 S. 1 GNotKG für die Entscheidung über die Beschwerde, die sich gegen die Entscheidung über die Erinnerung der Beteiligten zu 1) gegen den Kostenansatz richtet (81 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 S. 1 GNotKG), grundsätzlich zuständig ist, weil die angefochtene Entscheidung von einem Rechtspfleger erlassen wurde, überträgt das Verfahren dem Senat zur Entscheidung in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 81 Abs. 6 S. 2 GNotKG).

2.

Die gem. § 81 Abs. 2 S. 1 GNotKG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die 0,3-fache Gebühr Nr. 14142 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG war hier entsprechend der Zahl der betroffenen Grundstücke in 13 Fällen ausgehend vom jeweiligen Wert der einzelnen Grundstücke gem. §§ 44 Abs. 1 S. 1, 53 Abs. 1 GNotKG in Ansatz zu bringen, und nicht nach dem deutlich höheren Nennbetrag des Grundpfandrechts von 70.765.000,00 €. Es sind 13 Grundstücke aus der Mithaft entlassen worden. Der jeweilige Wert der Grundstücke ergibt sich aus dem Geschäftswertbeschluss des Grundbuchamtes vom 30.06.2016.

Nach § 55 Abs. 2 GNotKG werden die Gebühren für jede Eintragung in das Grundbuch (oder Löschung, Veränderung oder Entlassung aus der Mithaft) gesondert erhoben, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Eine anderweitige Bestimmung im Sinne des § 55 Abs. 2 GNotKG ist hier nicht ersichtlich. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 S. 1 des Hauptabschnittes 4 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG. Danach werden die Gebühren nur einmal erhoben, wenn derselbe Eigentümer oder dasselbe Recht bei mehreren Grundstücken eingetragen wird, über die das Grundbuch bei demselben Amtsgericht geführt wird, wenn die Anträge am selben Tag bei Gericht eingegangen sind, wobei als Eintragung desselben Rechts auch die Eintragung eines nicht gesamtrechtsfähigen Rechts bei mehreren Grundstücken gilt. Die Regelung in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 S. 1 des Hauptabschnittes 4 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG betrifft indes nur Eintragungen des Eigentümers oder desselben Rechts ins Grundbuch (Senat, Beschluss vom 27.11.2014 – 2 Wx 309/14, FGPrax 2015, 93). Zwar hat der Gesetzgeber nach Veröffentlichung der Senatsentscheidung die Anwendung der für Eintragungen geltenden Regelung in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 S. 1 des Hauptabschnittes 4 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG durch Einfügung von S. 3 auf Löschungen und Veränderungen mit Wirkung vom 04.07.2015 erweitert. Diese Erweiterung umfasst indes nicht die Entlassung aus der Mithaft. Dafür, dass eine Entlassung aus der Mithaft nicht von dieser Regelung erfasst wird, spricht zunächst der eindeutige Wortlaut des Absatzes 3 der Vorbemerkung 1.4. Es werden Eintragungen von Belastungen erfasst (Nr. 14120 bis Nr. 14125 des KV GNotKG), Löschungen von Belastungen (Nrn. 14140, 14141, 14143 KV GNotKG) und Veränderungen (Nr. 14130 und Nr. 14131 KV GNotKG), nicht aber die Eintragung der Entlastung aus der Mithaft gem. Nr. 14142 des KV GNotKG. Der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 des Hauptabschnittes 4 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin auch kein allgemeiner Rechtsgedanke entnommen werden. Schon bei Inkrafttreten des GNotKG am 01.08.2013 war davon auszugehen, dass die Regelung der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 KV keinen allgemeinen Rechtsgedanken enthielt, sondern gemäß dem Wortlaut nur auf Eintragungen anzuwenden war, nicht aber auf Löschungen von Rechten, Veränderungen oder Entlassungen aus der Mithaft (Senat, Beschluss vom 27.11.2014 – 2 Wx 309/14, FGPrax 2015, 93). Dies muss erst Recht seit der Einfügung von Satz 3 mit Wirkung ab dem 04.07.2015 gelten. Denn der Gesetzgeber hat die Regelung der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 KV gerade nicht auf alle denkbaren Eintragungen ins Grundbuch (einschließlich Löschungen, Veränderungen, Entlassungen aus der Mithaft etc.) erstreckt, sondern wiederum nur bestimmte (weitere) Fälle geregelt, und zwar Löschungen und Veränderungen. Dies führt im Umkehrschluss zu der Annahme, dass andere nicht geregelte Fälle wie die Entlassung aus der Mithaft gerade nicht erfasst werden sollen. Der Auffassung, dass der Regelung in der Vorbemerkung 1.4 Abs. 3 des Hauptabschnittes 4 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG ein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen sei (so Korintenberg/Hey´l, GNotKG, 19. Aufl. 2015, Nr. 14140-14143 KV Rn. 23), schließt sich der Senat daher nicht an.

Im vorliegenden Fall fällt die Gebühr Nr. 14142 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GNotKG dreizehnmal an. Es sind 13 Grundstücke aus der Mithaft entlassen worden. Unter einem Grundstück im Rechtssinne ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche zu verstehen, der auf einem besonderen Grundbuchblatt allein oder auf einem gemeinschaftlichen Grundbuchblatt unter einer besonderen Nummer im Verzeichnis der Grundstücke gebucht ist (Demharter, GBO, 30. Aufl. 2016, § 2 Rn. 15 m.w.N.). Danach sind die im Bestandsverzeichnis unter Ziffern 1, 2, 4, 5, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 15, 16 und 17 des Grundbuchs des Amtsgerichts Euskirchen von F, Blatt x, aufgeführten Flurstücke jeweils als Grundstücke im Rechtssinne anzusehen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 81 Abs. 8 GNotKG).

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