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Enterbung bei Wegfall des testamentarischen Erben: Eintritt gesetzlicher Erbfolge?

Ein gemeinschaftliches Ehegattentestament sollte die Söhne dauerhaft enterben, zugunsten von Seitenverwandten – eine klassische Enterbung bei Wegfall des testamentarischen Erben. Nachdem die eingesetzten Verwandten jedoch die gesamte Erbschaft ausschlagen, stand das Gericht vor der Frage: War die Enterbungsklausel damit hinfällig?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 W 121/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Brandenburg
  • Datum: 17. November 2022
  • Aktenzeichen: 3 W 121/22
  • Verfahren: Beschwerdeverfahren in einer Erbsache
  • Rechtsbereiche: Erbrecht, Testamentsauslegung

  • Das Problem: Ein Mann hatte in einem gemeinschaftlichen Testament seine Söhne von der Erbfolge ausgeschlossen. Stattdessen sollten die Nichte und der Neffe seiner vorverstorbenen Frau erben. Diese eingesetzten Erben lehnten das Erbe jedoch ab. Die Söhne des Mannes forderten daraufhin, als gesetzliche Erben anerkannt zu werden.
  • Die Rechtsfrage: Waren die Söhne dauerhaft enterbt, auch wenn die im Testament eingesetzten Erben die Erbschaft ablehnten?
  • Die Antwort: Nein. Die Söhne sind die gesetzlichen Erben zu gleichen Teilen. Das Gericht befand, dass die Formulierung im Testament keine eigenständige und dauerhafte Enterbung der Söhne darstellte. Sie bestätigte nur, dass andere Personen als testamentarische Erben eingesetzt wurden.
  • Die Bedeutung: Fällt der im Testament eingesetzte Erbe weg und ist kein Ersatzerbe bestimmt, erbt der gesetzliche Erbe. Eine Enterbung muss im Testament absolut klar und unabhängig von der Einsetzung der anderen Erben formuliert sein, um dauerhaft zu gelten.

Enterbung unwirksam? Was passiert, wenn die testamentarischen Erben ausschlagen

Gealterte Hände eines Paares beugen sich konzentriert über ein handschriftliches Testament mit einer Enterbungs-Klausel.
Enterbung bleibt trotz Ausschlagung wirksam, wenn Ersatzerbe fehlt. | Symbolbild: KI

Ein Testament soll Klarheit schaffen, doch manchmal erzeugt es erst die entscheidenden Fragen. Was geschieht, wenn die eingesetzten Erben das Erbe ablehnen und das Testament zugleich die gesetzlichen Erben, wie die eigenen Kinder, ausdrücklich ausschließt? Führt dies zu einer dauerhaften Enterbung oder fällt das Erbe doch an die Familie zurück? Eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg vom 17. November 2022 (Az. 3 W 121/22) beleuchtet genau dieses Spannungsfeld und zeigt, wie entscheidend präzise Formulierungen im letzten Willen sind, um den wahren Willen des Erblassers durchzusetzen.

Was genau war im gemeinschaftlichen Testament geregelt?

Der Fall beginnt mit einem Ehepaar, das im Jahr 1985 ein gemeinschaftliches Testament verfasste. Der Ehemann brachte aus seiner ersten Ehe drei Söhne mit in die Beziehung. Die zweite Ehefrau war kinderlos. Ihr gemeinsamer letzter Wille folgte einem typischen Muster: Zuerst sollte der überlebende Ehegatte alles erben. Nach dem Tod des Längerlebenden sollte das gesamte Vermögen an zwei Verwandte der Ehefrau gehen – ihren Neffen und ihre Nichte.

Für die Söhne des Mannes fand sich im Testament eine klare, aber folgenschwere Passage: „Aus erster Ehe habe ich drei Kinder … Sie sind durch das Testament nicht erbberechtigt.“

Im Jahr 2012 verstarb die Ehefrau, 2016 folgte ihr der Ehemann. Nun sollte der zweite Teil des Testaments greifen: Das Erbe sollte an den Neffen und die Nichte der Frau gehen. Doch beide schlugen die Erbschaft form- und fristgerecht aus. Plötzlich gab es keine testamentarischen Erben mehr. Einer der Söhne des Erblassers sah darin seine Chance. Er beantragte beim Nachlassgericht einen Erbschein, der ihn und seine beiden Brüder als gesetzliche Erben zu je einem Drittel ausweisen sollte. Seine Argumentation: Da die eingesetzten Erben weggefallen sind, greift die gesetzliche Erbfolge. Der Satz im Testament sei keine allgemeingültige Enterbung, sondern nur die logische Folge der Einsetzung anderer Erben.

Das Nachlassgericht sah dies anders. Es wies den Antrag zurück und interpretierte den Satz als endgültigen Ausschluss der Söhne von der Erbfolge. Gegen diesen Beschluss legte der Sohn Beschwerde ein, und der Fall landete vor dem Oberlandesgericht Brandenburg.

Welche Gesetze bilden das Fundament der Entscheidung?

Um die richterliche Logik nachzuvollziehen, müssen Sie zwei zentrale Konzepte des deutschen Erbrechts verstehen: die Enterbung und die Ersatzerbfolge.

Die Enterbung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 1938 geregelt. Sie gibt einem Erblasser das Recht, einen gesetzlichen Erben – typischerweise Kinder oder den Ehepartner – durch eine Verfügung im Testament von der Erbfolge auszuschließen. Diese Enterbung ist oft die Kehrseite der Medaille: Indem man Person A zum Erben macht, schließt man Person B implizit aus. Die entscheidende Frage ist jedoch, ob dieser Ausschluss auch dann noch gilt, wenn Person A das Erbe gar nicht antritt.

Genau hierfür gibt es die Figur des Ersatzerben (§ 2096 BGB). Ein Erblasser kann vorausschauend bestimmen, wer erben soll, falls der ursprünglich eingesetzte Erbe – etwa durch Tod oder Ausschlagung – ausfällt. Fehlt eine solche Regelung, bietet das Gesetz Interpretationshilfen. Die wichtigste ist § 2069 BGB: Fällt ein Abkömmling (Kind, Enkel) des Erblassers als Erbe weg, wird vermutet, dass dessen eigene Abkömmlinge an seine Stelle treten sollen. Diese Regel spiegelt die typische Annahme wider, dass ein Erblasser den Wohlstand in seinem Familienstamm halten möchte.

Warum das Gericht die Enterbungsklausel nicht als absolut ansah

Das Oberlandesgericht Brandenburg folgte der Argumentation des Sohnes und hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf. Die Richter stellten fest, dass die drei Söhne tatsächlich die gesetzlichen Erben sind. Ihre Analyse ist ein Lehrstück in Sachen Testamentsauslegung und zeigt, warum Gerichte nicht spekulieren dürfen, sondern sich streng am Wortlaut und erkennbaren Willen des Erblassers orientieren müssen.

Die entscheidende Formulierung: Was bedeutet „durch das Testament nicht erbberechtigt“?

Das Herzstück der richterlichen Analyse war die genaue Untersuchung des entscheidenden Satzes. Das Nachlassgericht hatte ihn so gelesen, als stünde dort: „Aufgrund dieses Testaments sollt ihr dauerhaft von der Erbfolge ausgeschlossen sein.“ Das Oberlandesgericht hingegen wählte eine wörtlichere und, aus seiner Sicht, logischere Interpretation. Die Formulierung „Sie sind durch das Testament nicht erbberechtigt“ sei eine reine Feststellung. Sie beschreibe lediglich das Ergebnis der vorangegangenen Anordnung, nämlich der Einsetzung des Neffen und der Nichte.

Die Richter argumentierten, dass der Satz die Konsequenz beschreibt, nicht aber einen davon losgelösten, eigenständigen Enterbungswillen. Hätte das Ehepaar die Söhne unter allen Umständen ausschließen wollen, hätten sie eine andere, absolutere Formulierung wählen müssen, etwa: „Unsere Söhne sollen unter keinen Umständen unsere Erben werden.“ Eine solche Formulierung fehlte. Somit war der Ausschluss der Söhne untrennbar mit der wirksamen Erbeinsetzung der Verwandten der Ehefrau verknüpft. Fiel die Erbeinsetzung durch die Ausschlagung weg, verlor auch die damit verbundene Enterbung ihre Grundlage.

Fehlender Wille zur endgültigen Enterbung: Warum der Gesamtzusammenhang zählt

Für eine Enterbung, die auch den Ausfall der testamentarischen Erben überdauert, verlangt die Rechtsprechung klare Anhaltspunkte im Testament selbst. Das Gericht suchte nach solchen Hinweisen, fand aber keine. Im Gegenteil: Es gab keine Informationen über ein tiefes Zerwürfnis zwischen dem Vater und seinen Söhnen, das einen solch endgültigen Bruch nahelegen würde.

Die bloße Tatsache, dass andere Personen als Erben eingesetzt wurden, reicht nach ständiger Rechtsprechung nicht aus, um auf einen unabhängigen Enterbungswillen zu schließen. Das Gericht betonte, dass die Enterbung im Regelfall nur die logische Folge der Erbeinsetzung ist. Soll sie mehr sein, muss der Erblasser dies deutlich zum Ausdruck bringen. Hier tat er es nicht. Der Wille, die Verwandten der Ehefrau zu begünstigen, war erkennbar. Ein Wille, die eigenen Söhne auch dann noch zu enterben, wenn dieser Plan scheitert, war es nicht.

Keine Ersatzerben in Sicht: Warum die Seitenlinie nicht automatisch nachrückt

Damit war der Weg für die gesetzliche Erbfolge der Söhne fast frei. Zu klären war nur noch eine letzte Frage: Könnte an die Stelle der ausschlagenden Nichte möglicherweise deren Sohn als Ersatzerbe treten? Dies hätte die Söhne ebenfalls von der Erbfolge ausgeschlossen. Das Gericht verneinte dies entschieden.

Die gesetzliche Auslegungsregel des § 2069 BGB, wonach die Kinder eines weggefallenen Erben nachrücken, gilt ausdrücklich nur für Abkömmlinge des Erblassers selbst. Die Nichte der Ehefrau war jedoch nur eine Seitenverwandte. Eine analoge Anwendung dieser Regel auf Seitenverwandte ist zwar in Ausnahmefällen denkbar, erfordert aber besondere Anhaltspunkte im Testament. Der Erblasser muss erkennbar gemacht haben, dass er nicht eine bestimmte Person, sondern deren gesamten „Stamm“ oder Familienzweig bedenken wollte.

Dafür fand das Gericht hier keinerlei Beweise. Das Testament nannte den Neffen und die Nichte namentlich und persönlich. Hätte das Ehepaar die Stämme der Schwestern der Ehefrau bedenken wollen, hätten sie anders formuliert, etwa „die Abkömmlinge meiner Schwestern“. Die persönliche Benennung sprach klar für eine Zuwendung an genau diese beiden Personen – und nicht an deren Nachkommen. Da das Testament auch sonst keine Regelung für den Ersatzerbfall enthielt, gab es keine Grundlage, einen Ersatzerben zu bestimmen.

Welche Lehren sich aus diesem Urteil ziehen lassen

Dieses Urteil verdeutlicht eindrücklich, wie wichtig juristische Präzision bei der Formulierung eines Testaments ist. Es zeigt, dass der gut gemeinte Versuch, den letzten Willen festzuhalten, ohne fachkundige Beratung zu Ergebnissen führen kann, die dem ursprünglichen Wunsch diametral entgegenstehen. Zwei zentrale Prinzipien lassen sich aus der Entscheidung des Gerichts ableiten.

Das erste Prinzip ist das der unmissverständlichen Anordnung. Wenn Sie einen gesetzlichen Erben dauerhaft und unter allen Umständen von der Erbfolge ausschließen möchten, muss dies im Testament als eigenständiger und unbedingter Wille formuliert werden. Eine Formulierung, die sich lediglich als Beschreibung der Folge einer anderen Anordnung lesen lässt, ist riskant. Sätze wie „Mein Sohn soll nicht Erbe sein“ sind deutlich stärker als „Erbe wird Person X, mein Sohn ist daher nicht erbberechtigt.“ Im Zweifel legt ein Gericht eine solche Klausel als untrennbar mit der Erbeinsetzung verbunden aus – mit der Folge, dass bei deren Scheitern die gesetzliche Erbfolge wieder auflebt.

Das zweite Prinzip betrifft die Voraussicht bei der Erbenbestimmung. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass gesetzliche Auslegungsregeln Ihre Wünsche schon richtig interpretieren werden, insbesondere wenn Sie Personen außerhalb der direkten Abkömmlingslinie bedenken. Die automatische Ersatzerbfolge für Kinder und Enkel greift bei Nichten, Neffen oder Freunden nicht. Wenn Sie sicherstellen wollen, dass bei einem Wegfall des Wunscherben eine andere, bestimmte Person nachrückt, müssen Sie diesen Ersatzerben ausdrücklich im Testament benennen. Nur so vermeiden Sie, dass im Ernstfall eine Lücke im Testament entsteht, die durch die gesetzliche Erbfolge gefüllt wird – und damit möglicherweise genau die Personen zu Erben macht, die Sie eigentlich ausschließen wollten.

Die Urteilslogik

Eine testamentarische Enterbung verliert ihre Wirkung, sobald die eingesetzten Haupterben das Erbe ausschlagen, es sei denn, der Erblasser hat diesen Ausschluss absolut formuliert.

  • Die Enterbungsanordnung muss unbedingt sein: Eine Anordnung, die einen gesetzlichen Erben ausschließt, wirkt nur dann dauerhaft, wenn der Erblasser diesen Ausschluss unmissverständlich und unbedingt als eigenständige Verfügung anordnet; dient die Formulierung lediglich der Feststellung einer Konsequenz, lebt die gesetzliche Erbfolge bei Scheitern der Erbeinsetzung wieder auf.
  • Ersatzerben in der Seitenlinie müssen ausdrücklich benannt werden: Das Gesetz vermutet bei wegfallenden Erben nur dann automatisch das Nachrücken ihrer eigenen Kinder, wenn es sich um direkte Abkömmlinge des Erblassers handelt; Seitenverwandte (wie Nichten oder Neffen) rücken nicht nach, sofern der Erblasser sie nicht explizit als Ersatzerben bestimmt.

Nur ein Testament, das jeden denkbaren Ausfall eines Erben berücksichtigt, gewährleistet, dass der erklärte Wille des Erblassers nicht durch die gesetzliche Erbfolge unterlaufen wird.


Experten Kommentar

Wer glaubt, mit der Einsetzung eines Wunscherben seien ungeliebte gesetzliche Erben automatisch und für immer raus, irrt sich gewaltig. Dieses Urteil ist eine klare Ansage: Reine Feststellungen wie „durch das Testament nicht erbberechtigt“ sind juristisch zu schwach, um eine dauerhafte Enterbung zu garantieren. Fehlt der absolute und unabhängige Wille, die Abkömmlinge unter allen Umständen auszuschließen, leben diese wieder auf, sobald der ursprünglich Bedachte ausschlägt. Wer sicherstellen will, dass die gesetzliche Erbfolge auch bei Scheitern des Hauptplans nicht greift, braucht eine glasklare, unbedingte Enterbungs-Verfügung.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wird meine Enterbung unwirksam, wenn die im Testament eingesetzten Erben das Erbe ausschlagen?

Ja, dieser Fall tritt häufig ein, wenn der Ausschluss nicht absolut formuliert wurde. Wenn Sie einen gesetzlichen Erben nur als logische Folge der Einsetzung anderer Personen ausschließen, handelt es sich um eine bedingte Enterbung. Schlagen die eingesetzten Wunscherben die Erbschaft aus oder fallen sie weg, verliert der Ausschluss seine Wirkung. Die gesetzliche Erbfolge greift dann unmittelbar, und der ursprünglich enterbte Erbe kann doch zum Zug kommen.

Die Wirkung der Enterbung ist untrennbar an die Wirksamkeit der Erbeinsetzung gekoppelt, wenn die Formulierung keine unbedingte Anordnung enthält. Der Ausschluss eines gesetzlichen Erben ist nur so lange gültig, wie die von Ihnen eingesetzten Alternativ-Erben die Erbschaft auch tatsächlich antreten. Fehlt im Testament eine explizite Anweisung, den gesetzlichen Erben unter allen Umständen von der Erbfolge fernzuhalten, ist die entstandene Lücke durch die Regelungen der gesetzlichen Erbfolge zu füllen.

Gerichte interpretieren Formulierungen, die lediglich das Ergebnis einer Anordnung beschreiben (wie „Sie sind durch das Testament nicht erbberechtigt“), nicht als losgelösten Enterbungswillen. Fehlt der unbedingte Ausschluss, darf das Gericht Ihren mutmaßlichen Willen, jemanden dauerhaft zu enterben, nicht hineininterpretieren. War die Enterbung untrennbar mit der Einsetzung der Wunscherben verknüpft, verliert sie ihre Grundlage, sobald diese Personen die Erbschaft ausschlagen.

Suchen Sie Ihr Testament heraus und prüfen Sie, ob die Enterbung als eigenständiger, unbedingter Satz formuliert ist oder nur als Folge der Einsetzung anderer Erben.


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Wie muss ich meine Enterbung formulieren, damit sie auch bei Ausfall der Wunscherben bestehen bleibt?

Sie müssen den Ausschluss eines gesetzlichen Erben als unbedingten Enterbungswillen formulieren, der völlig unabhängig von der Einsetzung anderer Personen ist. Nur so vermeiden Sie, dass die gesetzliche Erbfolge greift, falls Ihre Wunscherben das Erbe ausschlagen oder wegfallen. Der Ausschluss muss der Endzweck Ihrer Anordnung sein und darf nicht nur als Begründung oder logische Folge einer Erbeinsetzung gelesen werden.

Gerichte unterscheiden streng zwischen der bedingten und der absoluten Enterbung. Die bedingte Enterbung liegt vor, wenn Sie den Ausschluss lediglich als logische Konsequenz der Erbeinsetzung eines Dritten feststellen. Fehlen im Testament klare Formulierungen für einen absoluten Ausschluss, verliert die Enterbung ihre Grundlage, sobald die eingesetzten Erben wegfallen. Um dies zu verhindern, müssen Sie eine sogenannte Negativklausel verwenden, die den Ausschluss von der Erbeinsetzung entkoppelt.

Wählen Sie daher einen Satz, der den Ausschluss als eigenständige Anordnung darstellt. Vermeiden Sie kausale oder begründende Formulierungen wie: „Da Person X alles erbt, sind meine Kinder nicht erbberechtigt.“ Solche Sätze interpretieren Gerichte oft nur als Beschreibung der Rechtslage, nicht als eigenständigen Willen zur dauerhaften Enterbung. Eine juristisch belastbare Formulierung lautet beispielsweise: „Mein Sohn soll unter keinen Umständen mein Erbe werden, auch nicht, wenn die eingesetzten Erben ausfallen.“

Prüfen Sie Ihren Testamentsentwurf daraufhin, dass Sie den Ausschluss durch verstärkende Worte wie „dauerhaft“ oder „unter allen Umständen“ juristisch absichern.


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Was passiert, wenn der eingesetzte Erbe ausschlägt und ich im Testament keinen Ersatzerben benannt habe?

Wenn der von Ihnen eingesetzte Erbe die Erbschaft ausschlägt und Sie keinen Ersatzerben im Testament bestimmt haben, entsteht eine gravierende Lücke im letzten Willen. Da das Erbrecht keine dauerhaft herrenlose Erbschaft kennt, greift in diesem Fall die gesetzliche Erbfolge. Dies führt oft dazu, dass genau jene gesetzlichen Erben, wie zum Beispiel eigene Kinder, das Vermögen erhalten, die Sie ursprünglich durch Ihr Testament ausschließen wollten.

Fehlt eine klare Regelung für den Fall des Ausfalls (§ 2096 BGB), muss das Nachlassgericht prüfen, ob die gesetzlichen Auslegungsregeln Ihre Intentionen noch stützen können. Eine wichtige Hilfe bietet hier § 2069 BGB. Dieser Paragraf besagt, dass bei Wegfall eines direkten Abkömmlings (Kind oder Enkel des Erblassers) dessen Nachkommen automatisch als Ersatzerbfolge nachrücken sollen. Diese Vermutungsregel spiegelt die Annahme wider, dass der Erblasser den Wohlstand in seinem eigenen Familienstamm halten möchte.

Sind die eingesetzten Haupterben jedoch Seitenverwandte wie Nichten, Neffen oder enge Freunde, greift diese automatische Nachrückregelung nicht. Das Gericht interpretiert die Zuwendung dann primär als persönliche Begünstigung und nicht als die Begünstigung eines gesamten Familienstammes. Weil die Lücke im Testament nicht geschlossen werden kann, wird das Erbe gemäß den Regeln der gesetzlichen Erbfolge verteilt, was Ihre ursprünglichen Verfügungen untergräbt.

Prüfen Sie Ihr Testament umgehend und ergänzen Sie die Benennung von Ersatzerben, besonders wenn Sie Personen außerhalb Ihrer direkten Abkömmlingslinie bedenken.


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Wann gilt mein testamentarischer Ausschluss als bedingte und nicht als absolute Enterbung?

Der Ausschluss eines gesetzlichen Erben gilt als bedingte Enterbung, wenn er lediglich die logische Konsequenz der vorgenommenen Erbeinsetzung anderer Personen beschreibt. Bei dieser Auslegung sehen Gerichte keinen darüber hinausgehenden, unabhängigen Willen zum dauerhaften Ausschluss. Fehlt ein solcher eigenständiger Enterbungswille, kann der Ausschluss unwirksam werden, sobald die Wunscherben wegfallen.

Eine Enterbung ist nur dann absolute Enterbung, wenn der Erblasser unmissverständlich erklärt, dass der gesetzliche Erbe unter allen Umständen von der Erbfolge fernbleiben soll. Dies ist der Fall, wenn der Ausschluss als Endzweck, und nicht nur als Mittel zum Zweck der Erbeinsetzung, formuliert wurde. Gerichte legen Testamente im Zweifel immer so aus, dass sie die gesetzliche Erbfolge so wenig wie möglich einschränken und einen Ausschluss restriktiv handhaben.

Konkret: Formulierungen wie „Sie sind durch das Testament nicht erbberechtigt“ werden oft als bedingt interpretiert. Dieser Satz beschreibt lediglich den Zustand, der durch die Einsetzung der primären Erben eintritt. Sollte der eingesetzte Wunscherbe das Erbe ablehnen oder ausschlagen, entfällt die Grundlage der bedingten Enterbung. Ohne einen unbedingten Ausschluss greift daraufhin die gesetzliche Erbfolge und die ursprünglich ausgeschlossenen Personen erben doch.

Möchten Sie den Ausschluss unumstößlich festlegen, dokumentieren Sie die Gründe für einen absoluten Ausschluss zur Klarstellung Ihres dauerhaften Willens.


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Greift die gesetzliche Ersatzerbenregelung (§ 2069 BGB) automatisch auch für Nichten oder Neffen?

Die kurze Antwort lautet: Nein, die gesetzliche Ersatzerbenregelung des § 2069 BGB greift nicht automatisch bei Seitenverwandten. Diese Auslegungsregel gilt ausdrücklich nur für Abkömmlinge des Erblassers selbst, also für die eigenen Kinder, Enkel oder Urenkel. Hat man beispielsweise eine Nichte als Erbin eingesetzt, rücken deren Kinder im Falle ihres Ausfalls nicht automatisch nach.

§ 2069 BGB ist eine spezifische Auslegungsregel, die primär den Stamm der direkten Nachkommen des Erblassers schützen soll. Fällt ein Kind als Erbe aus, vermutet das Gesetz, dass die Enkel an seine Stelle treten sollen. Bei Personen außerhalb dieser direkten Verwandtschaftslinie, wie Nichten oder Neffen, interpretiert das Gericht die Erbeinsetzung primär als Zuwendung an die persönlich benannte Person.

Dementsprechend entsteht eine testamentarische Lücke, wenn der eingesetzte Seitenverwandte die Erbschaft ausschlägt oder stirbt. Dadurch greift unmittelbar die gesetzliche Erbfolge, welche oftmals zu unerwünschten Erben führt. Soll der gesamte Familienstamm der Seitenverwandten begünstigt werden, müssen Sie dies im Testament klarmachen. Präzise Formulierungen sind nötig, beispielsweise „die Abkömmlinge meiner Nichte XY“ oder eine Benennung „des Stammes meiner Schwester“.

Überprüfen Sie alle in Ihrem Testament eingesetzten Erben, die keine direkten Kinder oder Enkel von Ihnen sind, und fügen Sie sofort eine klare Ersatzerbenklausel hinzu.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


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Abkömmling

Ein Abkömmling ist die juristische Bezeichnung für einen direkten Nachfahren des Erblassers, also dessen Kind, Enkel oder Urenkel.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) verwendet diesen spezifischen Begriff, um die direkte Verwandtschaftslinie von entfernteren Verwandten abzugrenzen und die automatische Nachfolgeregelung gemäß § 2069 BGB zu ermöglichen.

Beispiel: Nach den gesetzlichen Auslegungsregeln greift die Vermutung der Ersatzerbfolge automatisch nur, wenn ein direkter Abkömmling des Erblassers als Erbe wegfällt.

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Bedingte Enterbung

Juristen nennen das eine Bedingte Enterbung, wenn der Ausschluss eines gesetzlichen Erben lediglich die logische Konsequenz der Einsetzung eines Dritten darstellt, ohne dass ein eigenständiger Wille zum dauerhaften Ausschluss existiert.
Das Gesetz interpretiert solche Formulierungen im Zweifel restriktiv, um zu vermeiden, dass bei einem Scheitern des testamentarischen Plans die gesetzliche Erbfolge unbeabsichtigt ausgehebelt wird.

Beispiel: Die Richter des OLG Brandenburg werteten die Formulierung als eine Bedingte Enterbung, die unwirksam wurde, da die eingesetzten Neffen und Nichten das ihnen zugedachte Erbe fristgerecht ausschlugen.

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Ersatzerbfolge

Die Ersatzerbfolge ist der Mechanismus, mit dem der Erblasser im Testament vorsorglich bestimmt, wer erben soll, falls der ursprünglich benannte Erbe vor dem Erbfall stirbt oder die Erbschaft ausschlägt.
Diese spezifische Regelung in § 2096 BGB gibt dem Verfasser des Testaments die nötige Sicherheit, dass sein letzter Wille auch bei unvorhergesehenen Ausfällen der Wunscherben erfüllt wird.

Beispiel: Mangels Benennung einer Ersatzerbfolge im gemeinschaftlichen Testament konnten die Kinder der ausschlagenden Nichte nicht als Erben nachrücken, da die gesetzliche Auslegungsregel hier nicht griff.

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Seitenverwandte

Als Seitenverwandte gelten alle Verwandten, die keine direkten Abkömmlinge in der geraden Linie des Erblassers sind, also typischerweise Geschwister, Nichten, Neffen oder Cousins.
Der Gesetzgeber behandelt Seitenverwandte gesondert, weil die gesetzliche Vermutungsregel, dass deren Nachkommen automatisch nachrücken sollen, bei ihnen nicht greift; die Erbeinsetzung gilt als persönliche Zuwendung.

Beispiel: Weil die eingesetzten Neffen und Nichten lediglich Seitenverwandte der Erblasserin waren, musste das Gericht die automatische Ersatzerbfolge der Enkel (§ 2069 BGB) für diesen Fall ablehnen.

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Testamentsauslegung

Unter Testamentsauslegung versteht man den notwendigen richterlichen Prozess, den wahren Willen des Erblassers zu erforschen und zu ermitteln, wenn die Verfügungen im letzten Willen mehrdeutig oder lückenhaft formuliert sind.
Gerichte müssen dabei äußerst sorgfältig vorgehen und dürfen sich nicht über den klaren oder zumindest erkennbaren Wortlaut hinwegsetzen, um die Autonomie des Erblassers zu schützen.

Beispiel: Die juristische Herausforderung im Fall war die exakte Testamentsauslegung der Ausschlussklausel, um festzustellen, ob diese als unbedingter Wille oder lediglich als Folge der Erbeinsetzung gemeint war.

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Unbedingter Enterbungswille

Der Unbedingte Enterbungswille beschreibt die explizite und dauerhafte Absicht des Erblassers, einen gesetzlichen Erben von der Erbfolge auszuschließen, und zwar unabhängig davon, ob die gleichzeitig eingesetzten Wunscherben das Erbe annehmen.
Um diesen Willen zu beweisen, verlangt die Rechtsprechung eine klare Formulierung (Negativklausel), die den Ausschluss als eigenständige Anordnung darstellt und nicht nur als Beschreibung der Rechtslage.

Beispiel: Hätte das Ehepaar einen Unbedingten Enterbungswillen gehabt, hätten sie die Söhne explizit „unter keinen Umständen“ zu Erben erklären müssen, um die gesetzliche Erbfolge zu verhindern.

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Das vorliegende Urteil


OLG Brandenburg – Az.: 3 W 121/22 – Beschluss vom 17.11.2022


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