OLG Nürnberg – Az.: 15 W 987/21 – Beschluss vom 26.04.2021
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Nürnberg vom 24.02.2021, Az. xxxxx, aufgehoben.
Gründe
I.
Im Grundbuch des Amtsgerichts Nürnberg von G. ist im Band X auf Blatt xxxxx der am 09.12.2017 verstorbene G. L. als Eigentümer der dort gebuchten Grundstücke vermerkt.
Am 08.01.2018 stellte das Amtsgericht – Nachlassgericht – Nürnberg dem Beschwerdeführer ein Zeugnis über die Ernennung zum Testamentsvollstrecker aus. Dieser hatte mit Schreiben vom selben Tag gegenüber dem Nachlassgericht neben der Berichtigung des Grundbuchs auch die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks beantragt.
Den Antrag leitete das Nachlassgericht mit Schreiben vom 16.02.2021 zum Vollzug an das Grundbuchamt weiter. Im Zuge dessen verwies es darauf, dass die Gründung der zur Erbin eingesetzten Stiftung noch nicht mitgeteilt worden sei. Im Jahr 2018 sei man davon ausgegangen, dass die Berichtigung erst nach der Existenz der Stiftung erfolgen solle.
Am 24.02.2021 erließ das Grundbuchamt wegen der „Eintragung [eines] Testamentsvollstreckervermerk[s]“ eine Zwischenverfügung mit folgendem Inhalt:
„Die Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks in den Grundbüchern erfolgt von Amts wegen gleichzeitig mit der Eintragung der Erben. Eine isolierte Eintragung des TV-Vermerks ist unzulässig. Vorzulegen ist daher ein nach Gründung der Stiftung zu beantragender Erbschein als Nachweis der Erbfolge samt Grundbuchberichtigungsantrag.“
Daraufhin bat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 02.03.2021, „um isolierte Eintragung des TV-Vermerks, da [die] Stiftungserrichtung noch geraume Zeit in Anspruch nehmen“ werde. Dies wurde seitens des Grundbuchsamts zunächst fernmündlich und schließlich mit Schreiben vom 05.03.2021 unter Verweis auf die Zwischenverfügung vom 24.02.2021 abgelehnt.
In der Folge erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.04.2021 Beschwerde gegen die Zwischenverfügung vom 24.02.2021. Er beantragt, das Grundbuchamt anzuweisen, die Anordnung der Testamentsvollstreckung in das Grundbuch einzutragen. Der Erblasser habe eine noch zu gründende gemeinnützige öffentliche Stiftung des privaten Rechts als Alleinerbin eingesetzt und Dauertestamentsvollstreckung angeordnet. Die Errichtung der Stiftung bzw. deren Anerkennung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde könne wegen offener Fragen noch nicht vollzogen werden. Das Grundbuchamt könne nach Beiziehung der Nachlassakte die Erbeinsetzung der in Gründung befindlichen und damit bereits grundbuchfähigen Stiftung prüfen. Hierzu sei das Grundbuchamt auch verpflichtet. Es bestehe ein schützenswertes Interesse des Rechtsverkehrs, Verfügungsberechtigungen und -einschränkungen dem Grundbuch entnehmen zu können. Der Zweck der Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks sei es, den gutgläubigen Erwerb zu verhindern. Wenn ein Antrag auf Eintragung des Erben mangels dessen noch nicht vollständiger rechtlicher Existenz als unzulässig behandelt werde, bestehe ein Bedürfnis an einer isolierten Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks. Ein gutgläubiger Erwerb sei aufgrund einer postmortalen Vollmacht möglich. Außerdem zwinge das Grundbuchamt die noch zu gründende Stiftung bzw. ihn als Testamentsvollstrecker mit der Forderung nach einem Erbschein zu einem nicht unerheblichen Kostenaufwand.
Am 16.04.2021 entschied das Grundbuchamt, der Beschwerde nicht abzuhelfen.
II.
1. Die Beschwerde ist zulässig. Die angegriffene Zwischenverfügung vom 24.02.2021 ist eine Entscheidung des Grundbuchamts im Sinne von § 71 Abs. 1 GBO, gegen welche die (unbeschränkte) Beschwerde statthaft ist (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 71 Rn. 34). Dem steht nicht entgegen, dass die Ernennung eines Testamentsvollstreckers gemäß § 52 GBO von Amts wegen bei der Eintragung des Erben mit eingetragen wird, mithin die Eintragung weder zur Disposition des Testamentsvollstreckers noch der Erben steht (Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 52 Rn. 22). Der Antrag des Beschwerdeführers ist demgemäß zwar lediglich im Sinne einer Anregung an das Grundbuchamt zu verstehen, von Amts wegen tätig zu werden. Es ist aber anerkannt, dass auch die Zurückweisung einer solchen Anregung der Beschwerde unterliegt (KG, Beschluss vom 03.02.1987 – 1 W 5441/86 –, abgedruckt in: NJW-RR 1987, 592; OLG München, Beschluss vom 10.03.2011 – 34 Wx 143/10 –, juris Rn. 10 f.; Demharter, GBO, 32. Aufl., § 71 Rn. 26; Schmidt-Räntsch in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 71 Rn. 33). Nichts anderes kann in Bezug auf eine Zwischenverfügung gelten, die infolge einer solchen Anregung ergeht. Denn eine Zwischenverfügung dient der Beseitigung von Vollzugshindernissen und soll damit eine andernfalls erforderliche (anfechtbare) zurückweisende Entscheidung vermeiden.
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg, allerdings nur aus formalen Gründen.
Das Grundbuchamt hätte in Bezug auf die Anregung des Beschwerdeführers keine Zwischenverfügung erlassen dürfen. Die Regelung des § 18 GBO findet auf Verfahren von Amts wegen keine Anwendung (Böttcher in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 18 Rn. 3; Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 18 Rn. 7; Zeiser in: BeckOK, GBO, 41. Edition, § 18 Rn. 4). Sie kommt vielmehr nur im Antragsverfahren in Betracht; im Amtsverfahren ist für sie kein Raum (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 18 Rn. 26.1), weil die Zwischenverfügung ihre (ausschließlich) rangwahrende Funktion dort nicht entfalten kann. Eine Zwischenverfügung ohne rangwahrende Wirkung ist im Hinblick auf ihren Sinn und Zweck dem Grundbuchverfahrensrecht fremd (Senat, Beschluss vom 09.11.2017 – 15 W 1859/17 –, juris Rn. 18 m. w. N.).
Ob es angesichts dessen möglich ist, einem Antragsteller gemäß § 18 GBO aufzuerlegen, beispielsweise ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorzulegen, obwohl für die amtswegige Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks der Amtsermittlungsgrundsatz des § 26 FamFG gilt (Munzig in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 52 Rn. 15), kann hier dahingestellt bleiben. Denn es ist jedenfalls nicht zulässig, mittels einer Zwischenverfügung die Gelegenheit zur Schaffung der Voraussetzungen für eine Eintragung von Amts wegen zu geben, mithin einen Grundbuchberichtigungsantrag zu stellen und einen Erbschein als Nachweis für die Erbfolge vorzulegen, um auf Grundlage von § 52 GBO amtswegig tätig werden zu können.
3. Gegenstand eines Rechtsmittelverfahrens gegen eine Zwischenverfügung ist nur das in ihr angenommene Eintragungshindernis; über den Eintragungsantrag (bzw. eine Anregung auf ein Tätigwerden von Amts wegen) selbst ist vom Beschwerdegericht dagegen nicht zu entscheiden (BayObLG, Beschluss vom 29.08.1989 – BReg 2 Z 92/89 –, juris Rn. 19). Für das weitere Verfahren weist der Senat allerdings auf das Folgende hin:
a. Der Beschwerdeführer hat bereits in seinem Schreiben vom 08.01.2018 an das Nachlassgericht einen Berichtigungsantrag (§ 13 GBO) gestellt, in Bezug auf den das Grundbuchamt bislang keine Entscheidung getroffen hat. Dieser Antrag ist – wie sich aus Art. 37 Abs. 3 BayAGGVG ergibt – zu beachten. Selbst wenn eine sich in Gründung befindliche Stiftung grundbuchfähig sein sollte, ändert dies allerdings nichts daran, dass abgesehen von den hier nicht einschlägigen Sonderfällen des § 35 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 GBO (Erbfolge, die auf einer in öffentlicher Urkunde enthaltenen Verfügung von Todes wegen beruht, sowie geringer Wert der betroffenen Grundstücke oder Grundstücksteile) der Nachweis der Erbfolge gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO nur durch Erbschein geführt werden kann. Dies gilt auch für Fälle der Grundbuchberichtigung (um eine solche handelt es sich bei der hier beantragten Eigentumsumschreibung nach Eintritt eines Erbfalls), da § 35 GBO gegenüber § 29 GBO die speziellere Vorschrift ist (BGH, Beschluss vom 26.05.1982 – V ZB 8/81 –, juris Rn. 7).
Zwar wird unter Verweis auf § 29 Abs. 1 Satz 2 GBO vertreten, dass ein Erbnachweis bei Offenkundigkeit entbehrlich sein soll (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 35 Rn. 8; kritisch: Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht, 8. Aufl., § 35 Rn. 15 ff.; Krause/Weber in: Meikel, GBO, 12. Aufl., § 35 Rn. 19 f.). Wenn man dieser Ansicht folgt, macht der Umstand, dass das maßgebliche Testament und die Niederschrift über dessen Eröffnung in einer Verfahrensakte desselben Gerichts enthalten sind, die Vorlage eines Erbscheins aber nicht entbehrlich. Tatsachen, die das Grundbuchamt anderen Verfahrensakten desselben Gerichts entnehmen kann, mögen offenkundig sein (OLG München, Beschluss vom 12.08.2016 – 34 Wx 106/16 –, juris Rn. 26; Demharter, GBO, 32. Aufl., § 29 Rn. 61, Volmer in: Keller/Munzig, KEHE Grundbuchrecht – Kommentar, 8. Aufl., § 29 Rn. 174). Es fehlt allerdings an der erforderlichen Sicherheit, dass das privatschriftliche Testament vom Erblasser stammt (was vom Grundbuchamt auch nicht zu prüfen ist). Die Gewähr dafür bietet nur eine Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist. Dem trägt § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO Rechnung.
b. Die Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks ohne gleichzeitige Eintragung des Erben ist im Hinblick auf § 52 GBO unzulässig (BayObLG, Beschluss vom 25.10.1995 – 2Z BR 114/95 –, juris Rn. 5 f.). Soweit § 40 GBO in Erbfällen vom Voreintragungsgrundsatz des § 39 GBO, der auf die Eintragung des Erben mit der Folge des § 52 GBO gerichtet wäre, dispensiert, gilt dies allerdings gerade nicht (LG Bamberg, Beschluss vom 17.03.1965 – 2 T 19/65 –, abgedruckt in MittBayNot 1965, 187; Zeiser in: BeckOK, GBO, 41. Edition, § 52 Rn. 34; Klinger in: Bengel/Reimann; Handbuch der Testamentsvollstreckung, 7. Aufl., § 3 Rn. 96; Imre in: Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 2. Aufl., § 52 GBO Rn. 17; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Fn. 1290). Für eine isolierte, also von einer Übertragung oder Aufhebung des Rechts unabhängige Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks besteht dabei kein Raum, weil für den nach § 892 BGB erforderlichen Buchstand der Zeitpunkt maßgebend ist, in dem sich der Rechtserwerb vollendet (BGH, Urteil vom 16.05.1980 – V ZR 27/79 –, juris 13). Dies ist der Tag der Eigentumsumschreibung im Grundbuch. Ist das Grundbuch also erst nach Antragstellung, aber vor Vollzug der Rechtsänderung, die zu einem gutgläubigen Erwerb führen soll, unrichtig geworden, ist ebenfalls der letzte Zeitpunkt maßgeblich (Eckert in: BeckOK, BGB, 57. Edition, § 892 Rn. 14). Erst dann kommt der Zweck des § 52 GBO zum Tragen, eine im Hinblick auf § 2211 Abs. 2, § 892 BGB auch ohne Mitwirkung des Testamentsvollstreckers wirksame Verfügung durch eine Zerstörung des guten Glaubens zu verhindern.
Durch diese Einschränkung in Bezug auf § 40 GBO wird auch der Gutglaubenserwerb vom Erben verhindert, der aufgrund einer trans- oder postmortalen Vollmacht des Erblassers vertreten wird (zu letzterem: BGH, Urteil vom 23.02.1983 – IVa ZR 186/81 –, juris Rn. 20). Möglich ist dies jedoch sowieso nur, wenn eine solche Vollmacht dem Bevollmächtigten lediglich eine Verfügungsbefugnis gibt, die derjenigen des Erben in Anbetracht einer angeordneten Testamentsvollstreckung entspricht. Soweit eine trans- oder postmortale Vollmacht selbstständig neben der Testamentsvollstreckung steht und dem Bevollmächtigten eigenständige, vom Erblasser abgeleitete Befugnisse verleiht (OLG München, Beschluss vom 15.11.2011 – 34 Wx 388/11 –, juris Rn. 9 m. w. N.), also im Ergebnis den Bevollmächtigten zu Rechtshandlungen ermächtigt, zu denen dem vertretenen Erben selbst die Befugnis fehlt (näher dazu: Strobel, ZEV 220, 449, 452), kommt einem Testamentsvollstreckervermerk keine Bedeutung zu.
4. Die Kostenfolge der zulässigen und begründeten Beschwerde ergibt sich aus dem Gesetz (§ 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG).
Für eine Kostenerstattungsanordnung zugunsten des Beschwerdeführers auf der Grundlage von §§ 81 ff. FamFG bestand kein Anlass. Die Staatskasse kommt in Grundbuchsachen grundsätzlich nicht als Beteiligter in Betracht, dem bei erfolgreicher Beschwerde die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer auferlegt werden könnten (Demharter, GBO, 32. Aufl., § 77 Rn. 33).
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen nicht vorliegen.