OLG München – Az.: 34 Wx 239/15 – Beschluss vom 14.03.2016
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Pfaffenhofen a. d. Ilm – Grundbuchamt – vom 15. Juli 2015 wird insoweit zurückgewiesen, als der Antrag auf Eintragung der Beteiligten zu 1 als Inhaberin der Höchstbetragssicherungshypothek von 100.000 DM im Grundbuch von xxx Blatt 1426 (Abt. III lfde. Nr. 6) zurückgewiesen wurde.
II. Im Übrigen wird der Beschluss des Amtsgerichts Pfaffenhofen a. d. Ilm – Grundbuchamt – vom 15. Juli 2015 auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 aufgehoben.
III. Das Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm – Grundbuchamt – wird angewiesen, die Grundbücher von xxx Blatt 1426 und xxx Blatt 1891 durch die Löschung des je in Abt. II gebuchten Nacherbfolgevermerks und durch Eintragung der Beteiligten zu 1 als Eigentümerin zu berichtigen.
IV. Von der Erhebung gerichtlicher Kosten wird abgesehen.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1 als Erbin des im Grundbuch an zwei Blattstellen (1426 und 1891) als Eigentümer von Grundbesitz eingetragenen Ernst R. jun. (nachfolgend nur: Ernst R.) begehrt, im Weg der Grundbuchberichtigung das Eigentum am Grundbesitz unter Löschung des je in der Zweiten Abteilung eingetragenen Nacherbenvermerks auf sie umzuschreiben und sie als Berechtigte einer Sicherungshöchstbetragshypothek (Blatt 1426 Abt. III lfd. Nr. 6) einzutragen. Dem liegt folgendes zugrunde:
1. Eigentümer der auf Blatt 1426 gebuchten Flurstücke waren die im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft verheirateten Eheleute Ernst R. sen. und Erna R..
Ernst R. sen. verstarb am 8.2.1983. Er wurde gemäß notariellem (Ehe– und) Erbvertrag vom 21.12.1951 mit Nachträgen vom 24.7.1968 und 27.1.1983, eröffnet am 23.3.1983, beerbt von Erna R. allein als nicht befreiter Vorerbin. Zum Nacherben war der gemeinsame Sohn Ernst R. bestimmt. Ersatznacherben sollten dessen leibliche Abkömmlinge – nicht Adoptivkinder – sein. Für den Fall seines kinderlosen Versterbens nach Eintritt des Nacherbfalls sollte er nur befreiter Vorerbe sein. Zu Nachnacherben für diesen Fall waren die Abkömmlinge seiner Schwester Renate F. (vormals Renate V.), der Beteiligten zu 2, bestimmt.
Am 26.5.1983 wurde in Abteilung II dieses Grundbuchs unter Bezugnahme auf die Akte des Nachlassgerichts folgender Nacherbfolgevermerk eingetragen:
Nacherbfolge ist angeordnet. Nacherbe ist Ernst R., … . Vorerbin ist nicht befreit. Ersatznacherben sind die leiblichen Abkömmlinge des Ernst R. – nicht Adoptivkinder -.
Bei Ableben des Nacherben nach Erbanfall ohne Hinterlassung von leiblichen Abkömmlingen ist Ernst R. nur Vorerbe, in diesem Fall befreit. Nacherben sind dann die Kinder der Renate V., …, zu gleichen Teilen.
Zu notarieller Urkunde vom 14.10.1983 übertrug Erna R. das Eigentum am Grundbesitz auf Ernst R.. Für den Fall künftiger Veräußerungen von Grundbesitz bestimmter Mindestgröße zu Lebzeiten von Erna R. verpflichtete sich Ernst R., an jene 25 % des Verkaufserlöses auszuzahlen (Ziff. III Abschnitt J der Urkunde). Zur Sicherung dieser Forderung bestellte und bewilligte er zugunsten von Erna R. eine – auflösend bedingte – Sicherungshöchstbetragshypothek von 100.000 DM. Unter Ziff. V. gaben die Urkundsbeteiligten folgende Erklärung ab:
Mit Abschluss gegenwärtigen Übergabevertrages ist der am Anwesen eingetragene Nacherbfolgevermerk gegenstandslos. Seine Löschung im Grundbuch wird daher – soweit möglich – von den Vertragsteilen bewilligt und beantragt.
Die Eintragung der Auflassung und der auflösend bedingten Hypothek wurde am 10.1.1984 im Grundbuch vollzogen. Beim Nacherbenvermerk wurde nur der Passus über die unbedingt angeordnete Nacherbfolge (“Nacherbe ist Ernst R., … . Vorerbin ist nicht befreit. Ersatznacherben sind die leiblichen Abkömmlinge des Ernst R. – nicht Adoptivkinder -“) gelöscht. Die weitergehende Eintragung blieb unverändert bestehen.
Größe, Zuschnitt und katastermäßige Bezeichnung der auf Blatt 1426 gebuchten Flurstücke änderten sich nachfolgend durch Grundstücksabschreibungen und -zuschreibungen. Die Erstreckung des Nacherbenvermerks auf den zugeschriebenen Bestand wurde am 11.6.2001 und 20.3.2002 aufgrund notarieller Bewilligungen im Grundbuch eingetragen.
2. Das Eigentum an den auf Blatt 1891 gebuchten Grundstücken erwarb die verwitwete und nicht in fortgesetzter Gütergemeinschaft lebende Erna R. gemäß notarieller Urkunde vom 25.7.1997. Im Hinblick auf den Erna R. als Vorerbin nach Ernst. R. sen. zugefallenen, bereits mit Notarurkunde vom 26.4.1974 zugunsten der Ehegatten R. begründeten schuldrechtlichen Übertragungsanspruch vereinbarten die Vertragsparteien Folgendes:
…
3.4 Insoweit, als der … bezeichnete Übereignungsanspruch dem verstorbenen Ernst R. sen. zustand, erwirbt die Vorerbin, Erna R., diesen Grundbesitz aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts.
Es wird daher bewilligt und beantragt, gleichzeitig mit dem Vollzug der oben bezeichneten Auflassung den entsprechenden Nacherbfolgevermerk im Grundbuch einzutragen. …
Vor Vollziehung der Eigentumsumschreibung im Grundbuch übertrug Erna R. mit notariellem Überlassungsvertrag vom 29.8.1997 das Alleineigentum am Grundbesitz unentgeltlich auf Ernst R.. Dieser übernahm laut Ziff. 6.2. der Urkunde den Nacherbfolgevermerk, soweit er vom Grundbuchamt nicht gelöscht wird.
Am 12.11.1997 wurden Ernst R. als Alleineigentümer und zugleich in Abt. II des Grundbuchs ein Nacherbenvermerk folgenden Inhalts eingetragen:
Bezüglich des ehemaligen gütergemeinschaftlichen Anteils Ernst R., … (sc. Ernst R. sen.), ist Nacherbfolge angeordnet.
Nicht befreite Vorerbin ist Erna R., … . Nacherbe ist Ernst R., … . Ersatznacherben sind dessen leibliche Abkömmlinge, – nicht Adoptivkinder.
Bei seinem Ableben nach Erbanfall ohne Hinterlassung von leiblichen Abkömmlingen ist er nur Vorerbe, in diesem Fall befreit. Nacherben sind dann die Kinder von Renate V. … zu gleichen Teilen.
Größe, Zuschnitt und katastermäßige Bezeichnung der auf Blatt 1891 gebuchten Flurstücke änderten sich nachfolgend durch Grundstücksabschreibung und -zuschreibung. Die Erstreckung des Nacherbenvermerks auf den zugeschriebenen Bestand wurde am 20.3.2002 aufgrund Bewilligung vom 2.3.1998 im Grundbuch eingetragen.
3. Erna R. ist am 27.10.2006 verstorben.
Zum Erben nach Erna R. ist im genannten Erbvertrag nebst Nachträgen, eröffnet am 10.11.2006, Ernst R. bestimmt. Zur Niederschrift des Nachlassgerichts haben er und dessen leibliche Tochter am 23.1.2007 die ihnen zugefallene Erbschaft aus jedem Berufungsgrund ausgeschlagen und hat die Beteiligte zu 2 die Erbschaft angenommen. Letzterer wurde am 24.1.2007 ein Erbschein erteilt, der sie als Alleinerbin ausweist.
Hinsichtlich der Erbfolge nach seinem Vater Ernst R. sen. erklärte Ernst R. gegenüber dem Nachlassgericht am 13.11.2006 schriftlich die Annahme der Erbschaft. Mit Erklärungen vom 6.3.2007 haben er – unter Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist – und dessen einzige leibliche Tochter die ihnen zugefallene Erbschaft aus jedem Berufungsgrund ausgeschlagen. Die Beteiligte zu 2 hat die Erbschaft mit schriftlicher Erklärung vom 11.3.2007 gegenüber dem Nachlassgericht angenommen und die Annahmeerklärung zur Niederschrift des Nachlassgerichts vom 15.10.2013 angefochten. Die Beteiligte zu 2 hat zwei leibliche Abkömmlinge, die Beteiligten zu 3 und 4. Diese haben auf Anfrage des Nachlassgerichts schriftlich mitgeteilt, die Erbschaft anzunehmen.
4. Ernst R. ist am 26.3.2012 verstorben. Er wurde gemäß notariellem Erbvertrag vom 21.2.1991, eröffnet am 31.5.2012, beerbt von der Beteiligten zu 1, seiner Ehefrau, alleine.
Mit Erklärung vom 12.3.2015 hat die Beteiligte zu 1 im Nachlassverfahren nach Ernst R. sen. die Erklärung ihres verstorbenen Ehemannes vom 6.3.2007 angefochten. Ein Erbschein nach Ernst R. sen. wurde mangels Antragstellung bislang nicht erteilt.
5. Über den Notar hat die Beteiligte zu 1 unter dem 15.4.2015 beim Grundbuchamt beantragt, den Nacherbenvermerk an beiden Blattstellen (1426 und 1891) zu löschen und sie im Weg der Grundbuchberichtigung als Eigentümerin des Grundbesitzes sowie als Inhaberin der Sicherungshöchstbetragshypothek (Blatt 1426 Abt. III lfd. Nr. 6) einzutragen. Die Eintragung der Nacherbenvermerke sei von Anfang an unzulässig gewesen. Als zum Gesamtgut der in Gütergemeinschaft verheirateten Eheleute Erna R. und Ernst R. sen. gehörend sei der Grundbesitz nicht, auch nicht mit einem Anteil, in die Erbschaft nach Ernst R. sen. gefallen. Zur Erbschaft gehöre nicht der jeweilige Gesamtgutsgegenstand selbst oder ein Anteil daran.
Mit Beschluss vom 15.7.2015 hat das Grundbuchamt diesen Antrag zurückgewiesen. Die Eintragung des Nacherbfolgevermerks sei weder von Anfang an unwirksam gewesen noch nachträglich gegenstandslos geworden. Es stehe nicht sicher fest, dass der Grundbesitz nicht der Nacherbfolge unterliege. Güterrechtliche Aspekte, nach denen der Vermerk nicht hätte eingetragen werden dürfen, würden dessen Löschung wegen nachgewiesener Grundbuchunrichtigkeit nicht rechtfertigen. Die im Verbund gestellten Anträge seien daher insgesamt zurückzuweisen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die notariell eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1 vom 20.7.2015, mit der die gestellten Eintragungsanträge weiter verfolgt werden. Über die nicht zum Nachlass gehörenden Grundstücke habe die Vorerbin wirksam durch Eigentumsübertragung auf Ernst R. verfügt. Die erst nach Eintritt des Vorerbfalls bestellte Sicherungshypothek habe ohnehin nicht der Vor- und Nacherbfolge unterlegen. Sie sei zudem als auflösend bedingt auf den Todesfall der Erna R. zu verstehen und habe sich mit deren Versterben zur Eigentümergrundschuld gewandelt.
Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.
Der Senat hat die Nachlassakten nach Ernst R. sen., Erna R. und Ernst R. beigezogen, die potentiellen Nachnacherben nach Ernst R. sen., die Beteiligten zu 3 und 4, sowie die durch Erbschein als Erbin nach Erna R. ausgewiesene Beteiligte zu 2 angehört. Diese haben sich gegen die beantragten Grundbuchberichtigungen ausgesprochen. Die Beteiligte zu 1 hat im Beschwerdeverfahren den Verbund zwischen den mehreren Berichtigungsanträgen aufgelöst.
II.
Gegen die Zurückweisung der auf Berichtigung des Grundbuchs durch Löschung des Nacherbenvermerks (wegen anfänglicher Grundbuchunrichtigkeit) und Eintragung der Beteiligten zu 1 als Eigentümerin des Grundbesitzes und Berechtigte der Hypothek (wegen nachträglicher Grundbuchunrichtigkeit) ist die unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG i. V. m. § 71 Abs. 1 GBO statthaft (vgl. Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 38 f. und 29; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 133 und 104). Die vom Notar gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FamFG für die Beteiligte zu 1 gemäß § 73 GBO erhobene Beschwerde erweist sich auch im Übrigen als zulässig. Insbesondere ist die Beteiligte zu 1 antrags- und daher auch beschwerdebefugt.
In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.
1. Das Grundbuch kann aufgrund von Berichtigungsbewilligungen bei lediglich schlüssiger Darlegung der Grundbuchunrichtigkeit (§ 19 GBO) oder bei grundsätzlich lückenlosem, besonders formalisiertem Nachweis der die Unrichtigkeit des Grundbuchs bedingenden Tatsachen (§ 22 GBO) berichtigt werden (Kohler in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 22 Rn. 7; Hügel/Holzer § 22 Rn. 16). Hier kommt nur eine Berichtigung aufgrund der zweiten Alternative in Betracht.
Da der Unrichtigkeitsnachweis hinsichtlich der eingetragenen Nacherbenvermerke und der Eigentümerstellung in der Form des § 22 GBO geführt und die Abstandnahme vom zuvor erklärten Verbund der mehreren Anträge (§ 16 Abs. 2 GBO) gemäß § 74 GBO im Beschwerdeverfahren zu berücksichtigen ist, war das Grundbuchamt unter teilweiser Aufhebung des zurückweisenden Ausgangsbeschlusses zur Vornahme der Berichtigung in entsprechendem Umfang anzuweisen.
2. Das auf die Löschung des Nacherbenvermerks gerichtete Berichtigungsbegehren der Beteiligten zu 1 ist begründet, weil das Grundbuch durch die Eintragung des Nacherbenvermerks unrichtig (§ 894 BGB) geworden ist und die Beteiligte zu 1 den Unrichtigkeitsnachweis in grundbuchmäßiger Form geführt hat, § 22 Abs. 1, § 29 GBO.
a) Die auf Blatt 1426 gebuchten Grundstücke fielen nicht in den Nachlass des Ernst R. sen.. Mit der von Amts wegen erfolgten Eintragung des Nacherbenvermerks (§ 51 GBO) ist das Grundbuch daher unrichtig geworden.
aa) Die Rechtsfolgen der zwischen der Vorerbin und deren Ehegatten noch vor Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes vom 18.6.1957 (BGBl I S. 609) am 1.7.1958 vereinbarten allgemeinen Gütergemeinschaft, deren Fortsetzung nach dem Tod eines Ehegatten ausgeschlossen wurde, beurteilen sich gemäß Art. 8 Abs. 2 Nr. 4 GleichberG nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB). Gemäß § 1482 Satz 1 BGB, der mit dem gegenwärtigen Inhalt bereits bei Eintritt des Vorerbfalls galt, fiel mit dem Tod des Ehemannes dessen Anteil am Gesamtgut (§§ 1416, 1419 Abs. 1 BGB) in den Nachlass mit der Folge, dass die Alleinerbin Erna R. durch Vereinigung beider Gesamtgutsanteile in ihrer Person ohne Auseinandersetzung des Gesamtguts Alleineigentümerin des bis dahin gemeinschaftlichen (§ 1416 Abs. 2 BGB) Grundbesitzes wurde. Zum Nachlass gehörten hingegen nicht die Grundstücke oder ein Anteil an den Grundstücken selbst (BGH NJW 1976, 893/894; BayObLG Rpfleger 1996, 150; Senat vom 10.2.2012, 34 Wx 143/11 = FGPrax 2012, 103; OLG Zweibrücken NJW-RR 1998, 666/667; Palandt/Brudermüller BGB 75. Aufl. § 1482 Rn. 1; MüKo/Kanzleiter BGB 6. Aufl. § 1482 Rn. 3; Hügel/Zeiser § 51 Rn. 14). Dies gilt auch dann, wenn – wie hier – der überlebende Ehegatte nicht alleiniger Vollerbe, sondern (nur) alleiniger Vorerbe geworden ist (BayObLG Rpfleger 1996, 150). Weder die mit der Anordnung der Vor- und Nacherbfolge gemäß § 2113 BGB einhergehende Verfügungsbeschränkung des Vorerben noch deren grundbuchliche Absicherung durch die Verfahrensvorschrift des § 51 GBO, wonach mit der Eintragung eines Vorerben in das Grundbuch zugleich der Nacherbenvermerk aufgenommen werden muss, kommen in dieser Situation, in der der überlebende Ehegatte infolge seiner Alleineigentümerstellung an einer Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft trotz deren Beendigung (§§ 1471 ff. BGB) gehindert ist, zur – unmittelbaren oder analogen – Anwendung. Die Vorerbin konnte daher ohne die Beschränkungen des § 2113 BGB über den Grundbesitz verfügen (BGHZ 26, 378/382; 171, 351/353 Rn. 8 m. w. N.; NJW 1976, 893/894; NJW 1964, 768/769; BayObLGZ 1994, 177/182; OLG Stuttgart NJW-RR 2007, 454; Palandt/Weidlich § 2113 Rn. 3 f.; MüKo/Grunsky § 2113 Rn. 3 f.; Meikel/Böhringer GBO 11. Aufl. § 51 Rn. 68 und 75; Hügel/Zeiser § 51 Rn. 14; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 3487b mit 3509; KEHE/Munzig GBO 7. Aufl. § 51 Rn. 18; Jung Rpfleger 1995, 9/11; Keim NJW 2007, 2116).
Diese Grundsätze gelten für entgeltliche und unentgeltliche Verfügungen des Vorerben gleichermaßen (BayObLG Rpfleger 1996, 150) und unabhängig davon, ob der Vorerbe von den gesetzlichen Beschränkungen und Verpflichtungen gemäß § 2136 BGB befreit war oder nicht (vgl. DNotI-Report 2005, 92).
bb) Dass die Grundstücke zum Gesamtgut der Eheleute Erna und Ernst R. sen. gehörten, ergibt sich aus dem Eigentümereintrag in Abteilung I des Grundbuchs, der die Ehegatten als Eigentümer „in allgemeiner Gütergemeinschaft“ ausweist und nach § 891 BGB die Vermutung der Richtigkeit für sich hat, darüber hinaus aus dem im Original vorliegenden notariellen Ehe- und Erbvertrag nebst Nachträgen. Damit ist in grundbuchmäßiger Form, § 29 GBO, der Nachweis geführt, dass die Grundstücke als Gesamtgutsgegenstände nicht in den Nachlass nach Ernst R. sen. fielen und der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk im Widerspruch zur materiellen Rechtslage steht (BayObLGZ 1994, 177; MüKo/Grunsky § 2113 Rn. 3; Demharter § 51 Rn. 3 und 41; Meikel/Böhringer § 51 Rn. 183; Schaub in Bauer/von Oefele § 51 Rn. 131).
b) Weder die auf Blatt 1891 gebuchten Grundstücke selbst noch ein gütergemeinschaftlicher Anteil des Ernst R. sen. an ihnen gehören zum Nachlass des Ernst R. sen., so dass mit der Eintragung des Nacherbenvermerks auch dieses Grundbuch unrichtig geworden ist.
aa) Infolge dinglicher Surrogation gehört zur Erbschaft zwar auch, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts oder aufgrund Rechtsgeschäfts mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, § 2111 Abs. 1 BGB. Deshalb ist ein Nacherbenvermerk nicht nur an den ursprünglichen Nachlassgrundstücken, sondern auch an Surrogatgrundstücken einzutragen (Meikel/Böhringer § 51 Rn. 21; Schöner/Stöber Rn. 3496), wobei es unerheblich ist, ob der Vermerk – zu Recht oder zu Unrecht – am ursprünglichen Nachlassgegenstand eingetragen war (Senat vom 10.2.2012, 34 Wx 143/11 = FGPrax 2012, 103). Beim gegenständlichen Grundbesitz handelt es sich jedoch nicht um ein Surrogat für der Nacherbfolge unterliegende Nachlassgegenstände.
Keiner der in § 2111 Abs. 1 BGB normierten Tatbestände gesetzlicher Surrogation ist erfüllt. Die erste Variante der Norm erfasst nur Erwerb, der kraft Gesetzes ohne Hinzutreten eines Rechtsgeschäfts stattfindet, etwa Rechtserwerb kraft Verbindung oder Vermischung (Palandt/Weidlich § 2111 Rn. 3). Eine Nachlasszugehörigkeit des Grundbesitzes aufgrund dieser Norm scheidet schon deshalb aus, weil Erna R. das Eigentum am Grundbesitz in Erfüllung des zum Gesamtgut gehörenden schuldrechtlichen Übertragungsanspruchs, der sich infolge Vererbung des Gesamthandsanteils des Erstverstorbenen in der Hand von Erna R. zu deren alleinigem Anspruch vereinigte (siehe II. 2. a) aa)), rechtsgeschäftlich erworben hat. Die zweite Variante der Norm greift ebenfalls nicht, denn in die Erbschaft waren nicht die Gesamtgutsgegenstände selbst, sondern der einer Verfügung nicht zugängliche (§ 1419 Abs. 1 BGB) Anteil des Verstorbenen am Gesamtgut gefallen.
Es liegt auch kein Ausnahmefall vor, in dem – nach dem anzulegenden wirtschaftlichen Maßstab – außer Acht gelassen werden könnte, dass zur Erbschaft nicht der Anteil an den einzelnen Gesamtgutsgegenständen, sondern der Gesamthandsanteil an der Gütergemeinschaft gehört (vgl. Senat vom 10.2.2012). Von einer Auseinandersetzung der Erbschaft unter mehreren Vorerben unterscheidet sich das hier vorliegende Erwerbsgeschäft der alleinigen Vorerbin mit Dritten grundlegend, denn mangels Einsetzung mehrerer Vorerben bedurfte es zur Begründung von Alleineigentum keiner Zuweisung einzelner Vermögensgegenstände an einzelne Vorerben im Weg der Auseinandersetzung. Da die Ehefrau alleine als Vorerbin eingesetzt war, vereinigten sich in deren Hand mit dem Erbfall deren eigener und der ererbte Anteil am Gesamtgut und bewirkte deren Alleineigentum an den zum ehemaligen Gesamtgut zählenden Gegenständen.
bb) Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk macht das Grundbuch unrichtig, denn er weist zum Schutz von Nacherben eine materiell nicht bestehende Verfügungsbeschränkung aus. Zwar bezieht sich der hier eingetragene Vermerk nach seinem Wortlaut nicht auf das Grundstück selbst, sondern auf den ehemaligen gütergemeinschaftlichen Anteil des Ernst R. sen.. Auch diese Eintragung entsprechend § 51 GBO macht das Grundbuch allerdings unrichtig, denn in die Erbschaft war nicht der Anteil an den Gesamtgutsgegenständen, sondern der Anteil des Verstorbenen am Gesamtgut gefallen. Die Eintragung des Nacherbenvermerks hinsichtlich des ehemaligen gütergemeinschaftlichen Anteils im Grundbuch begründet die Vermutung, dass spätere Verfügungen über den Grundbesitz das Recht des Nacherben beeinträchtigen können und dann relativ unwirksam sind (vgl. BGHZ 141, 169/172; Meikel/Böhringer § 51 Rn. 183; Demharter § 51 Rn. 31 f.; Hügel/Zeiser § 51 Rn. 43). Die damit verlautbarte rechtliche Beschränkung widerspricht der wahren materiell-rechtlichen Rechtslage und bedingt die Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 894 BGB). Denn wie ausgeführt (II. 2. a) aa)) trifft die mit der Anordnung der Vor- und Nacherbfolge gemäß § 2113 BGB einhergehende Verfügungsbeschränkung den zum Vorerben eingesetzten, längerlebenden Ehegatten bei durch Tod beendeter Gütergemeinschaft nicht.
cc) Die der Eintragung des Nacherbenvermerks zugrunde liegende Eintragungsbewilligung, § 19 GBO, bewirkte als rein verfahrensrechtliche, nicht zugleich sachlich-rechtliche Erklärung keine Änderung der materiellen Rechtslage. Sie stellte als Erklärung der Bewilligungsberechtigten (vgl. Demharter § 19 Rn. 13, 31 und 44) zwar eine grundsätzlich ausreichende Grundlage für die Eintragung dar (Demharter § 19 Rn. 110), führte aber nicht dazu, dass der erworbene Grundbesitz dem Recht des Nacherben unterstellt wurde.
dd) Da zum einen der notarielle Ehe- und Erbvertrag nebst Nachträgen im Original vorliegt und zum anderen die Grundlage des Eigentumserwerbs mit dem Notarvertrag nachgewiesen ist, ist der Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit in grundbuchmäßiger Form geführt (siehe zu II. 2. a) bb)) .
c) Aus den unter II. 2. a) und b) dargelegten Gründen erweist sich auch die auf den Grundbuchblättern 1426 und 1891 jeweils eingetragene Erstreckung des Nacherbenvermerks als im Widerspruch zum materiellen Recht stehend.
3. Daraus folgt zugleich, dass das auf die Eintragung der Beteiligten zu 1 als Eigentümerin des Grundbesitzes gerichtete Berichtigungsbegehren begründet ist, weil das Grundbuch infolge Versterbens des eingetragenen Eigentümers unrichtig (§ 894 BGB) geworden ist und die Beteiligte zu 1 in grundbuchmäßiger Form den Nachweis darüber geführt hat, dass sie dessen Rechtsnachfolge angetreten hat, § 22 Abs. 1, § 29 GBO.
a) Mangels materieller Verfügungsbeschränkung (siehe II. 2.) ist die Übertragung des Eigentums am Grundbesitz von Erna R. auf Ernst R. auch gegenüber etwaigen Nacherben des Ernst R. sen. rechtswirksam. Weder die Grundstücke noch Grundstücksanteile des Erblassers Ernst R. sen. waren Nachlassgegenstände. Die vom Grundbuchamt aufgeworfene Frage nach dem Ausscheiden aus dem Nachlass stellt sich deshalb nicht.
b) Die Nachfolge im Eigentum wird mithin allein durch die Erbenstellung nach Ernst R. bestimmt, § 1922 Abs. 1 BGB. Als dessen Alleinerbin ist die Beteiligte zu 1 in der nach § 35 Abs. 1 GBO genügenden Weise durch Bezugnahme auf die Akte des Nachlassgerichts nachgewiesen.
Im Berichtigungsverfahren unerheblich ist deshalb, dass mangels durchgeführten Erbscheinsverfahrens nach Ernst R. sen. nachlassgerichtlich nicht darüber entschieden wurde, ob die von Ernst R. und dessen leiblicher Tochter erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach Ernst R. sen. rechtswirksam sind und – bejahendenfalls – welche erbrechtlichen Folgen sich daraus ergeben. Weder etwaige Ersatznacherben anstelle von Ernst R. noch etwaige Nachnacherben nach Ernst R. sind nach Obenstehendem gemäß § 1922 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 2112 bis 2115 BGB in die Eigentümerposition am Grundbesitz eingerückt. Der Vorlage eines Erbscheins (vgl. Senat vom 26.11.2014, 34 Wx 50/15, juris Rn. 30 f.; BayObLG Rpfleger 2000, 324; Hügel/Wilsch § 35 Rn. 123; Bestelmeyer notar 2013, 147/151) bedarf es daher hier nicht.
c) Eine Zustimmungserklärung der Beteiligten zu 1 in der Form des § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO zur beantragten Berichtigung durch Eintragung als Eigentümerin erübrigt sich, § 22 Abs. 2 GBO.
4. Der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Umschreibung der Hypothek (Blatt 1426 Abt. III/6) im Weg der Grundbuchberichtigung hat hingegen keinen Erfolg.
Die Berichtigung des Grundbuchs aufgrund Unrichtigkeitsnachweises gemäß § 22 Abs. 1 GBO setzt neben dem Nachweis der Unrichtigkeit voraus, dass der Antragsteller alle Möglichkeiten ausräumt, die der Richtigkeit der beantragten neuen Eintragung entgegenstehen würden (Senat vom 28.7.2015, 34 Wx 106/15 = Rpfleger 2016, 14 m. w. N.). Denn das unrichtig gewordene Grundbuch darf nur in der Weise berichtigt werden, dass es den geänderten Rechtszustand insgesamt richtig wiedergibt (BayObLG NJW-RR 1995, 272; OLG Schleswig FGPrax 2012, 62, Leitsatz 1).
Zwar ist das Grundbuch insoweit unrichtig, als es noch Erna R. als Berechtigte der Hypothek ausweist. Die Beteiligte zu 1 hat jedoch nicht nachgewiesen, dass die auflösend bedingte Sicherungshöchstbetragshypothek (§§ 1184, 1190 BGB) mit dem Versterben von Erna R. infolge Bedingungseintritts (§ 158 BGB) oder auf andere Weise (§ 1163 Abs. 1 Satz 2, § 1177 Abs. 1 BGB) zur Eigentümergrundschuld geworden oder mangels Entstehens einer gesicherten Forderung nicht als Fremdrecht, sondern als Eigentümergrundschuld entstanden (§ 1163 Abs. 1 Satz 1 BGB) und dies geblieben ist.
a) Die zugunsten von Erna R. bestellte Hypothek unterlag aus den unter 2. dargelegten Gründen nicht der Nacherbfolge. Mithin beurteilt sich die Rechtsnachfolge in die Hypothek grundsätzlich danach, wer Erbe nach Erna R. geworden ist. Da der erteilte Erbschein (§ 35 GBO) nicht die Beteiligte zu 1, sondern die Beteiligte zu 2 als Erbin nach Erna R. ausweist, ist eine Vereinigung von Grundstückseigentum und Hypothek in einer Hand (§ 1177 Abs. 1 BGB) aufgrund Erbfolge nicht nachgewiesen.
b) Im Hinblick auf die aus der Grundakte ersichtlichen Grundstücksteilabschreibungen hat die Beteiligte zu 1 nicht mit der erforderlichen Gewissheit die Möglichkeit widerlegt, dass die für etwaige künftige Forderungen auf teilweise Auskehr des Erlöses aus Grundbesitzveräußerung bestellte Hypothek als Fremdrecht entstanden ist (vgl. § 1163 Abs. 1 Satz 1 BGB; Palandt/Bassenge § 1113 Rn. 7) und als solches fortbesteht (vgl. § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Eine Auslegung dahingehend, dass die gesicherte schuldrechtliche Forderung mit dem Tod der Berechtigten Erna R. erlöschen sollte mit der Folge, dass sich die Hypothek mit dem Versterben der Berechtigten gemäß §§ 1190, 1163 Abs. 1 Satz 2, § 1177 Abs. 1 BGB in eine Eigentümergrundschuld umwandelt, ist nicht zwingend.
Die Hypothek wurde als auflösend bedingtes Recht bestellt, ohne die Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) inhaltlich zu beschreiben. Diese Gestaltung kann ein Verständnis dahingehend erlauben, dass die Vertragsparteien mit der Hypothek einen Erna R. höchstpersönlich zustehenden und nicht vererblichen vermögenswerten Anspruch absichern wollten und als auflösende Bedingung – unausgesprochen – das Ableben von Erna R. angesehen haben. Andererseits kommt ein Verständnis dahingehend in Betracht, dass die Parteien etwaige bis zum Todesfall fällig gewordene, aber nicht erfüllte Zahlungsansprüche als vererblich angesehen haben, so dass nur das „Stammrecht“ auf den Todesfall befristet sein sollte. Ein solches Verständnis erscheint auch deshalb möglich, weil die Parteien eine erleichterte Löschung durch Todesnachweis nicht vereinbart haben.
Im Grundbuchverfahren sind der Ermittlung des Parteiwillens mit Blick auf den verfahrensbeherrschenden Bestimmtheitsgrundsatz und das grundsätzliche Erfordernis urkundlich belegter Eintragungsunterlagen Grenzen gesetzt (BayObLGZ 1984, 122/124; Senat vom 28.7.2014, 34 Wx 240/14 = FamRZ 2015, 1139). Danach darf auf die Auslegung nur zurückgegriffen werden, wenn sie zu einem zweifelsfreien und eindeutigen Ergebnis führt. Bei der Auslegung ist auf Wortlaut und Sinn abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der Erklärung ergibt. Entsprechend dürfen für die Auslegung Umstände außerhalb der schriftlich niedergelegten Erklärung nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (allgemeine Meinung; vgl. BGHZ 92, 351/355; BGHZ 113, 374/378; BGH ZWE 2013, 402/403; Senat vom 28.7.2015, 34 Wx 106/15 = Rpfleger 2016, 14; Demharter § 19 Rn. 28).
Nach diesen Grundsätzen hat die Beteiligte zu 1 nicht mit der erforderlichen Gewissheit die Möglichkeit widerlegt, dass die Hypothek als Fremdrecht der Erbin nach Erna R. fortbesteht.
c) Eine Auslegung der Hypothek als auf den Tod der Berechtigten Erna R. auflösend bedingtes dingliches Recht (§ 158 Abs. 2 BGB) erscheint aus denselben Gründen als nicht zweifelsfrei. Darüber hinaus hätte bei einer Auslegung des dinglichen Rechts als auflösend bedingt auf den Tod von Erna R. der Eintritt der Bedingung das Erlöschen der Hypothek zur Folge (Palandt/Bassenge § 1113 Rn. 7). Der Annahme einer Eigentümergrundschuld steht dieses Verständnis entgegen.
III.
Von der Erhebung gerichtlicher Kosten wird abgesehen, weil das Rechtsmittel ganz überwiegend Erfolg hat, § 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Auch eine Auferlegung von Kosten auf einzelne Beteiligte erscheint angesichts der schwierigen Sach- und Rechtslage nicht angemessen, § 81 Abs. 1 Satz 1, § 84 FamFG, zumal die Sache familiären Bezug hat und die von den Beteiligten zu 2 bis 4 erwähnten Bemühungen um eine gütliche Einigung nicht durch die Auferlegung von Verfahrenskosten beeinträchtigt werden sollen.
Einer Geschäftswertfestsetzung bedarf es daher nicht.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 GBO) liegen nicht vor.